T 1467/21 (Übertragung von Spielesitzungen/NOVOMATIC) 11-07-2023
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Verfahren zum Übertragen von Unterhaltungsspielesitzungen zwischen Endgeräten
I. Die Beschwerde der Anmelderin richtet sich gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung, die vorliegende europäische Patentanmeldung zurückzuweisen, da der Gegenstand von Anspruch 1 eines einzigen Antrags nicht erfinderisch sei.
II. Der folgende Stand der Technik ist für die vorliegende Entscheidung relevant:
D1: US 2014/0122730 A1.
III. Mit der Beschwerdebegründung reichte die Beschwerdeführerin einen Hauptantrag und Hilfsanträge 1 bis 5 ein und beantragte, die Entscheidung der Prüfungsabteilung aufzuheben und ein Patent auf der Grundlage der folgenden Anspruchssätze zu erteilen:
- Hauptantrag, oder hilfsweise
- Hilfsanträge 1 bis 5
Hilfsanträge 1, 2, 4 und 5 wurden erstmalig mit der Beschwerdebegründung eingereicht und Hilfsantrag 3 entspricht dem Antrag, der der angefochtenen Entscheidung zugrunde lag.
IV. In einer Mitteilung gemäß Artikel 15 (1) VOBK 2020, die der Ladung zur mündlichen Verhandlung beigefügt war, teilte die Kammer ihre negative vorläufige Meinung zur erfinderischen Tätigkeit mit.
V. Am 11. Juli 2023 fand eine mündliche Verhandlung vor der Kammer statt, an deren Ende die Entscheidung der Kammer verkündet wurde.
VI. Anspruch 1 des Hauptantrags hat folgenden Wortlaut (Merkmalsgliederung von der Kammer hinzugefügt):
M1) "Verfahren zum Übertragen einer Unterhaltungsspielesitzung zwischen
Client-Einheiten (C11, C12, C13, C14, C21, C22) in einem server-basierten Unterhaltungsspielsystem, welches eine Servereinheit (SE) und zumindest zwei Client-Einheiten (C11, C12, C13, C14, C21, C22) umfasst, wobei zwischen der Servereinheit (SE) und den zumindest zwei Client-Einheiten (C11, C12, C13, C14, C21, C22) über ein Kommunikationsnetz (KN) Kommunikationsverbindungen (KV1, KV2) aufgebaut werden,
M2) wobei für eine auf der Servereinheit (SE) ausgeführte und auf einer ersten Client-Einheit (C21) ausgegebene Unterhaltungsspielesitzung zentral hinterlegte, nutzerspezifische Daten überprüft werden (1) und
M3) eine Kennung (ID1) der ersten Client-Einheit (C21) bei den nutzerspezifischen Daten gespeichert wird (2),
M4) wobei bei Anforderung eines Wechsels der Ausgabe der Unterhaltungsspielesitzung auf eine zweite Client-Einheit (C22) die Kennung (ID1) der ersten Client-Einheit (C21) angezeigt (3) und
M5) auf der zweiten Client-Einheit (C22) eingegeben wird (4),
M6) wobei ein Zustand der Unterhaltungsspielesitzung zum Zeitpunkt der Anforderung des Wechsels auf der Servereinheit (SE) festgehalten und die Unterhaltungsspielesitzung in diesem Zustand angehalten wird,
M7) wobei eine Kommunikationsverbindung (KV2) von der zweiten Client-Einheit (C22) zur Servereinheit (SE) aufgebaut und
M8) eine Kennung (ID2) der zweiten Client-Einheit
(C22) bei den nutzerspezifischen Daten gespeichert
wird (5),
M9) wobei nach Aufbau der Kommunikationsverbindung
(KV2) zwischen der zweiten Client-Einheit (C22)
und der Servereinheit (SE) die Kennung (ID1) der
ersten Client-Einheit (C21) aus den
nutzerspezifischen Daten gelöscht und
M10) die Unterhaltungsspielesitzung mit dem auf der
Servereinheit (SE) festgehaltenen Zustand
fortgesetzt und auf der zweiten
Client-Einheit (C22) ausgegeben wird (6), und
wobei
M11) eine Kommunikationsverbindung (KV1) der ersten
Client-Einheit (C21) zur Servereinheit (SE)
beendet und
M12) die erste Client-Einheit (C21) freigegeben
wird (7)."
VII. Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hauptantrags dadurch, dass Merkmal M12 wie folgt lautet (Änderungen gegenüber Anspruch 1 des Hauptantrags durch die Kammer kenntlich gemacht):
M12') "die erste Client-Einheit (C21) freigegeben wird
für eine neue Unterhaltungsspielesitzung
von einem anderen Nutzer (7)."
VIII. Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 dadurch, dass zwischen den Merkmalen M6 und M7 folgendes Merkmal hinzugefügt wurde (Merkmalsgliederung von der Kammer):
M13) "wobei die Unterhaltungsspielesitzung ein
Unterhaltungsspiel aufweist und der festgehaltene
Zustand der Unterhaltungsspielesitzung Parameter
für ein Ausführen des Unterhaltungsspiels
umfasst,"
IX. Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hauptantrags dadurch, dass Merkmal M10 wie folgt geändert wurde (Kenntlichmachung der Änderungen und Merkmalsgliederung von der Kammer):
M10') "die Unterhaltungsspielesitzung [deleted: mit dem auf der]
[deleted: Servereinheit (SE) festgehaltenen Zustand fortgesetzt und] auf der zweiten
Client-Einheit (C22) ausgegeben wird (6), und"
und die folgenden Merkmale am Ende hinzugefügt wurden (Merkmalsgliederung von der Kammer hinzugefügt):
M14) "wobei vor Löschen der Kennung (ID1) der ersten
Client-Einheit (C21) aus den nutzerspezifischen
Daten und vor Beenden der
Kommunikationsverbindung (KV1) zwischen der
ersten Client-Einheit (C21) und der
Servereinheit (SE) eine Bestätigung für den
Wechsel auf die zweite Client-Einheit (C22)
abgefragt wird (6) und
M10'') wobei die Unterhaltungsspielesitzung mit dem auf
der Servereinheit (SE) festgehaltenen Zustand
fortgesetzt wird
M15) (a) auf der zweiten Client-Einheit (C22) bei
einer Bestätigung für den Wechsel oder
M16) (b) auf der ersten Client-Einheit (C21) nach
einem Löschen der Kennung (ID2) der zweiten
Client-Einheit (C22) aus den nutzerspezifischen
Daten bei keiner Eingabe einer Bestätigung für
den Wechsel oder bei einem Abbruch der
Übertragung der Unterhaltungsspielesitzung".
X. Anspruch 1 des Hilfsantrags 4 unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 dadurch, dass Merkmal M12 durch Merkmal M12' ersetzt wurde, das im Hilfsantrag 1 erstmalig eingeführt worden ist.
XI. Anspruch 1 des Hilfsantrags 5 unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hilfsantrags 4 dadurch, dass zwischen den Merkmalen M6 und M7 das Merkmal M13 eingefügt wurde, das erstmalig im Hilfsantrag 2 eingeführt worden ist.
1. Gegenstand der Patentanmeldung
Die Erfindung betrifft ein server-basiertes Unterhaltungsspielesystem und insbesondere die Übertragung einer Spielesitzung, die auf einer Servereinheit ausgeführt und von einer Client-Einheit ausgegeben wird, von einer ersten zu einer zweiten Client-Einheit.
2. Hauptantrag - erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ)
2.1 Anspruch 1 des Hauptantrags enthält die folgenden einschränkenden Merkmale (mit einer Nummerierung durch die Kammer in Anlehnung an die Nummerierung in der angefochtenen Entscheidung):
M1) Verfahren zum Übertragen einer Unterhaltungs-spielesitzung zwischen Client-Einheiten in einem server-basierten Unterhaltungsspielsystem, welches eine Servereinheit und zumindest zwei
Client-Einheiten umfasst, wobei zwischen der Servereinheit und den zumindest zwei
Client-Einheiten über ein Kommunikationsnetz Kommunikationsverbindungen aufgebaut werden,
M2) wobei für eine auf der Servereinheit ausgeführte und auf einer ersten Client-Einheit ausgegebene Unterhaltungsspielesitzung zentral hinterlegte, nutzerspezifische Daten überprüft werden und
M3) eine Kennung der ersten Client-Einheit bei den nutzerspezifischen Daten gespeichert wird,
M4) wobei bei Anforderung eines Wechsels der Ausgabe der Unterhaltungsspielesitzung auf eine zweite Client-Einheit die Kennung der ersten
Client-Einheit angezeigt und
M5) auf der zweiten Client-Einheit eingegeben wird,
M6) wobei ein Zustand der Unterhaltungsspielesitzung zum Zeitpunkt der Anforderung des Wechsels auf der Servereinheit festgehalten und die Unterhaltungsspielesitzung in diesem Zustand angehalten wird,
M7) wobei eine Kommunikationsverbindung von der zweiten Client-Einheit zur Servereinheit aufgebaut und
M8) eine Kennung der zweiten Client-Einheit bei den nutzerspezifischen Daten gespeichert wird,
M9) wobei nach Aufbau der Kommunikationsverbindung zwischen der zweiten Client-Einheit und der Servereinheit die Kennung der ersten Client-Einheit aus den nutzerspezifischen Daten gelöscht und
M10) die Unterhaltungsspielesitzung mit dem auf der
Servereinheit festgehaltenen Zustand fortgesetzt
und auf der zweiten Client-Einheit ausgegeben
wird, und
M11) wobei eine Kommunikationsverbindung der ersten
Client-Einheit zur Servereinheit beendet und
M12) die erste Client-Einheit freigegeben wird.
2.2 Die Beschwerdeführerin wies darauf hin, dass Unterhaltungsspielesitzungen auch auf
Client-Server-Verbindungen beruhen und eher die "Streaming"-Technologie für die jeweilige Sitzung verwenden. Wichtig sei hierbei die Identifizierung und eine eindeutige Beziehung zwischen Client, Server und Benutzer.
2.3 Dokument D1 richtet sich ebenfalls auf die Übertragung einer Sitzung von einer ersten Client-Einheit ("original device") zu einer zweiten Client-Einheit ("target device") (vgl. Zusammenfassung). Mit Bezug auf Fig. 1 wird ein Ausführungsbeispiel beschrieben, in dem ein Benutzer seine Arbeit bzw. "Sitzung" an der ersten "Client-Einheit" ("Desktop") unter Verwendung des Firmenintranets ("Server-Einheit") beginnt, zu dem er aufgrund einer Authentifizierung Zugang hat (vgl. Absatz [0022]). Die erste und zweite "Client-Einheit" ist mittels eines Netzwerks und implizit mittels Netzwerkverbindungen über einen "Proxy" mit dem "Innerweb Server" bzw. Firmenintranet verbunden, wobei der "Proxy" mit einem sogenannten "MASS-Server" verbunden ist (Fig. 1 und Absatz [0019]; vgl. Merkmal M1).
Die Sitzung wird auf der "Servereinheit" ausgeführt ("... using his enterprise's Intranet", zudem werden die auf dem Desktop angezeigten HTML-Seiten auf dem Intranet-Server erzeugt) und an der ersten
"Client-Einheit" ausgegeben (Absätze [0022] und [0028]). Die Authentifizierung ist nicht weiter beschrieben, umfasst jedoch implizit eine Überprüfung von nutzerspezifischen Daten und die Speicherung einer Netzwerkadresse bzw. einer "Kennung" der ersten "Client-Einheit" ohne die eine Netzwerkverbindung nicht möglich wäre (vgl. Merkmale M2 und M3).
Um die Arbeit auf einer zweiten "Client-Einheit", d. h. einem mobilen Gerät ("mobile device", "iPad"), fortzusetzen, richtet der Benutzer die Kamera der zweiten "Client-Einheit" auf den Bildschirm der ersten
"Client-Einheit" und kann anschließend die Arbeit, die der Benutzer gerade ausgeführt hat, auf der zweiten "Client-Einheit" fortsetzen (Absatz [0022], letzte zwei Sätze). Für die Übergabe der Sitzung fügt der "Proxy" in die HTML-Seiten ein sichtbares Datensymbol ("glyph") mit Informationen über die angezeigte Webseite und ein Zugangstoken in die dargestellte Webseite ein, das verwendet werden kann, um den Zugang zu der Seite oder Sitzung zu erlauben, die gerade auf dem Desktop des Benutzers ausgeführt wird (Absatz [0028]). Dieses Datensymbol kann hierbei ein QR-Code sein (Absatz [0029]). Das Datensymbol wird ferner mit der Kamera der zweiten "Client-Einheit" eingelesen bzw. dort eingegeben (Absatz [0030]; vgl. Merkmale M4 und M5).
Die gerade am Desktop dargestellte Webseite stellt zudem den Zustand der Sitzung dar und ist im Datensymbol enthalten. Wenn das Datensymbol nun an der zweiten "Client-Einheit" eingelesen wird, wird der Zustand zu diesem Zeitpunkt "festgehalten" (vgl. Merkmal M6).
Zudem wird das Datensymbol mittels einer sogenannten
"MASS-Applikation", die zusätzlich optional die Identität der zweiten "Client-Einheit" bestätigt, an den "MASS-Server" gesendet (Absatz [0030]). Der
"MASS-Server" validiert das Datensymbol und erzeugt, wenn alle Voraussetzungen erfüllt sind, ein Zugangstoken für den "Proxy" und sendet den Zugangstoken an die "MASS-Applikation" auf der zweiten "Client-Einheit", die daraufhin einen neue Sitzung ("new browser session") erzeugt, in der ein "HTTP request" für die am Desktop angesehene Seite an den Proxy gesendet wird (Absatz [0031]). Bei erfolgreich validiertem Zugangstoken erhält der Browser auf der zweiten "Client-Einheit" Zugang zur "Server-Einheit", wozu implizit der Aufbau einer Kommunikationsverbindung erfolgt und eine Netzwerkadresse bzw. "Kennung" der zweiten "Client-Einheit" gespeichert wird (vgl. Merkmale M7 und M8).
Die Sitzung an der zweiten "Client-Einheit" wird somit mit der Webseite bzw. dem Zustand fortgesetzt, die im Datensymbol festgehalten wurde, und wird auf der zweiten "Client-Einheit" ausgegeben (vgl. Merkmal M10).
Wenn die Sitzung erfolgreich übertragen wurde, kann die Sitzung letztlich auf der ersten "Client-Einheit" ausgesetzt bzw. beendet werden (Absatz [0091]; vgl. Merkmal M11).
2.4 Das Verfahren von Anspruch 1 unterscheidet sich von der Offenbarung von D1 dadurch (vgl. angefochtene Entscheidung, Gründe 3.3), dass
a) die Sitzung eine Unterhaltungsspiele-Sitzung ist,
b) die nutzerspezifischen Daten zentral hinterlegt sind,
c) die Kennung der ersten "Client-Einheit" angezeigt und bei der zweiten "Client-Einheit" eingegeben wird,
d) die Adresse der ersten und der zweiten
"Client-Einheit" bei den nutzerspezifischen Daten gespeichert sind,
e) die Sitzung auf der ersten "Client-Einheit" bei angefordertem Wechsel angehalten wird
f) die erste "Client-Einheit" nach der Übertragung der Sitzung freigegeben wird.
2.5 Die obigen Unterscheidungsmerkmale betreffen sehr unterschiedliche und voneinander unabhängige Aspekte auf den folgenden drei Feldern:
- Unterschied a): Art der Sitzung
- Unterschied b): Authentifizierung
- Unterschiede c) bis f): Übertragung der Sitzung.
Nach Auffassung der Kammer liegen diese Unterscheidungsmerkmale offensichtlich der technischen Implementierung von administrativen Erwägungen bzw. Vorgaben in Bezug auf eine Online-Spiele-Plattform zugrunde. Die entsprechenden administrativen Schritte, die von einem Online-Spiele-Anbieter vorgegeben sein könnten, lassen sich folgendermaßen zusammenfassen:
- Ermöglichung des autorisierten Spielens eines Spielers auf einer Online-Spiele-Plattform mit einem (ersten) Gerät;
- Überprüfung, ob der Spieler an einem anderen (zweiten) Gerät weiterspielen will;
- Falls ja, Ermöglichung des Weiterspielens auf dem anderen (zweiten) Gerät, ohne dass der zugehörige Spielstand bzw. Spielstatus des Spielers verlorengeht;
- Sicherstellung, dass ein anderer Spieler auf dem (ersten) Gerät weiterspielen kann.
Diese administrativen Vorgaben, die primär die
Kunden- bzw. Spieler-Freundlichkeit betreffen, sind mithin gemäß dem COMVIK-Ansatz als nicht-technische Rahmenbedingungen bei der Formulierung der objektiven technischen Aufgabe zu berücksichtigen. Die hier zu lösende objektive technische Aufgabe besteht somit in der Implementierung der obigen administrativen Vorgaben im System von D1. Es stellt sich nun die Frage, ob die entsprechenden technischen Implementierungsmaßnahmen naheliegend sind oder nicht.
2.5.1 Unterscheidungsmerkmal a) stellt nur die Anwendung eines für IT-Sitzungen grundsätzlich wohlbekannten Verfahrens, nämlich die Übertragung von einem Gerät auf ein anderes, auf die spezielle Art einer Unterhaltungsspielesitzung dar. Es sind in diesem Kontext keine Besonderheiten dieser Art von Sitzung ersichtlich, die einer Übertragung im Wege stehen und ein Hindernis dafür darstellen könnten.
Die Beschwerdeführerin argumentierte in diesem Zusammenhang, dass es in D1 nicht um "Streaming", sondern um HTML-Seiten gehe und Dokument D1 auch nicht offenbare, dass eine Kommunikationsverbindung aufrechterhalten werden würde.
Die Kammer ist davon nicht überzeugt. Anspruch 1 ist nicht auf "Client-Server-Verbindungen" eingeschränkt, die "Streaming" verwenden. Eine solche Einschränkung ergibt sich auch nicht implizit durch die Art einer Unterhaltungsspielesitzung, da durchaus solche Sitzungen auf der Grundlage von HTML-Seiten denkbar sind. Somit gibt es über die Art der während der Sitzung ausgetauschten Informationen hinaus keine aus Unterscheidungsmerkmal a) resultierenden Unterschiede, die zu einer erfinderischen Tätigkeit beitragen könnten. Da die Kommunikationsverbindung zudem nicht bezüglich der Dynamik genauer spezifiziert ist, sind auch solche Verbindungen mit umfasst, bei denen, solange sie aufrecht erhalten werden, nur in unregelmäßigen Zeitabständen Informationen ausgetauscht werden wie im System von D1.
2.5.2 Unterscheidungsmerkmal b) ist auch ein naheliegendes Merkmal für ein Authentifizierungsverfahren. Auch wenn die Hinterlegung der nutzerspezifischen Daten in D1 nicht spezifiziert ist, liegt es auf der Hand, sensible nutzerspezifische Daten, die für die Authentifizierung verwendet werden, zentral zu speichern.
Nach Ansicht der Beschwerdeführerin wäre die zentrale Ablage für die administrative Sicherheit wichtig, die eben bei Unterhaltungsspielesitzungen eine besondere Rolle spielen würde. Auch würden sich die Benutzer in D1 auf andere Weise authentifizieren, nämlich mit Hilfe der "access token".
Die Kammer stellt die Relevanz der Sicherheit nicht in Abrede, ist aber der Ansicht, dass unabhängig vom Inhalt der Client-Server-Verbindungen die Sicherheit grundsätzlich wichtig ist und man für manche andere Inhalte sogar höhere Sicherheitsanforderungen annehmen kann. Die Kammer ist daher der Ansicht, dass die zentrale Ablage, die die Sicherheit erhöht, auf der Hand liegt und ebenfalls nicht zu einer erfinderischen Tätigkeit beiträgt. Auch die Verwendung von Zugangstoken ("access token") ändert an dieser Einschätzung nichts, da damit ja nur eine bereits erfolgte Authentifizierung übertragen wird, die vorher anhand benutzerspezifischer Daten erfolgt ist.
2.5.3 Unterscheidungsmerkmal c) ist nicht explizit in D1 offenbart. Allerdings enthält das Datensymbol ("glyph") den Zugangstoken ("access token"), der für die Zugangskontrolle bezüglich der Seite verwendet werden kann, die der Benutzer auf der ersten "Client-Einheit" gerade betrachtet (Absatz [0028]). Da Dokument D1 zudem als Aufgabe angibt, dem Benutzer das Fortführen der Sitzung auf der zweiten "Client-Einheit" ohne erneute Authentifizierung zu ermöglichen (Absatz [0002]), stellt sich die Frage, wie die Rechte, die dem Benutzer der ersten "Client-Einheit" eingeräumt wurden, auf den Benutzer der zweiten "Client-Einheit" übertragen werden können. Die Adresse der gerade angezeigten Seite ist dazu nicht ausreichend. Vielmehr ist dazu entweder die Information über den Benutzer und implizit die von ihm verwendete "Client-Einheit" oder direkt über die erste "Client-Einheit" erforderlich, an die die zugänglich gemachten Seiten gesendet werden. Es muss also entweder eine Kennung der ersten "Client-Einheit" oder eine Information, mit der sie gewonnen werden kann, angezeigt und bei der zweiten "Client-Einheit" eingegeben bzw. eingelesen werden, um ein Fortsetzen der Sitzung auf der zweiten "Client-Einheit" mit den korrekten Rechten zu ermöglichen, wie es in D1 auch als Ziel angegeben ist.
Die Beschwerdeführerin hat als Vorteil für dieses Unterscheidungsmerkmal genannt, dass auf diese Weise der Server wüsste, dass nur dieses eine Gerät verwendet wird und die Aufgabe gelöst werde, den Punktestand zu "konservieren", so dass das Spiel sicher auf dem zweiten Gerät fortgeführt werden kann.
Die Kammer ist davon nicht überzeugt, da auch D1 diesen Vorteil bietet. Das mit dem zweiten Gerät eingelesene und damit dort eingegebene Datensymbol muss nämlich notwendigerweise, um eine vorhandene Authentifizierung des Benutzers übertragen zu können, Informationen über das erste Gerät, auf dem sich der Benutzer authentifiziert hat, enthalten. Durch das Einlesen dieses speziellen Datensymbols für ein bestimmtes erstes Gerät mit einem bestimmten zweiten Gerät ist der Server ebenfalls in der Lage, die zwei beteiligten Geräte eindeutig zu identifizieren. Die "Konservierung" eines Spielzustands ist somit in D1 explizit offenbart, wie es auch unmittelbar aus der Möglichkeit hervorgeht, nahtlos auf dem zweiten Gerät weiterarbeiten zu können (Absätze [0022] und [0023]).
2.5.4 Unterscheidungsmerkmal d) betrifft die interne Ablage der verschiedenen Informationen, ohne dass eine für den Benutzer erkennbare Wirkung oder ein vorteilhafter technischer Effekt eintritt. Es handelt sich hierbei um eine von verschiedenen denkbaren Alternativen zur Ablage der Kennung der "Client-Einheiten", die allein zur Übermittlung der in der Sitzung angezeigten Seiten ohnehin gespeichert sein muss.
Dieses Unterscheidungsmerkmal sei nach Ansicht der Beschwerdeführerin relevant, um immer eine eindeutige Korrelation zwischen dem Benutzer, den zwei Geräten und der Sitzung herzustellen.
Nach Ansicht der Kammer ist auch bei D1 diese "Korrelation" gegeben. Dies ergibt sich daraus, dass nur das zweite Gerät Kenntnis von dem vom ersten Gerät dargestellten Datensymbol besitzt und selbstverständlich die auf dem ersten Gerät zum Zeitpunkt der Übergabe dargestellte Seite bzw. Sitzung bekannt ist, sowie der darauf authentifizierte Benutzer. Ob die IDs bzw. Adressen der beiden Geräte bei den nutzerspezifischen Daten oder woanders abgelegt sind, ist - solange sie im System einander zugeordnet sind - bestenfalls ein nachrangiges Implementierungs-detail ohne erfinderischen Beitrag.
2.5.5 Unterscheidungsmerkmal e) hat die Wirkung, dass eine Fortführung der Sitzung auf der ersten "Client-Einheit" nach Anforderung der Übertragung nicht vergebens war, da die Sitzung auf der zweiten "Client-Einheit" ja mit dem Stand zum Zeitpunkt der Anforderung fortgesetzt wird. Auch dies ist ein Detail, das zwar in D1 nicht explizit offenbart ist, aber im Grunde selbstverständlich ist.
Nach Ansicht der Beschwerdeführerin wird in D1 im Unterschied zum Verfahren von Anspruch 1 keine Sitzung angehalten und auch kein Stand festgehalten.
Die Kammer ist davon nur teilweise überzeugt. Dokument D1 offenbart zwar nicht explizit, dass die Sitzung auf dem ersten Gerät "angehalten" wird, aber, dass der Spielstand "festgehalten" wird. Andernfalls wäre es dem Benutzer ja nicht möglich, an dem Bearbeitungsstand auf dem zweiten Gerät weiterzuarbeiten, zu dem er den Wechsel beantragt hat, wie es in Absatz [0022] offenbart ist ("... the next thing he sees is the same browser session that was on his desktop, on his mobile device (seamlessly migrated to his iPad®)").
2.5.6 Unterscheidungsmerkmal f) ist in D1 nicht explizit offenbart. Allerdings offenbart D1 bereits, dass die Sitzung auf der ersten "Client-Einheit" nach der Übertragung ausgesetzt wird (Absatz [0091]). Es liegt somit keine aktive Sitzung mehr auf der ersten
"Client-Einheit" vor und man kann mithin annehmen, dass sie frei für andere Aufgaben, d. h. freigegeben ist.
2.6 Bezüglich der objektiven technischen Aufgabe hat die Beschwerdeführerin vorgebracht, D1 würde nur temporäre Abfragen offenbaren und keine kontinuierliche Verbindung. Die objektive technische Aufgabe sei daher, "eine kontinuierliche Datenübertragung zwischen einem Server und einem Client nur an einen spezifischen Nutzer zu richten".
Die Kammer stimmt dem nicht zu. Wie oben bereits ausgeführt, ist eine kontinuierliche Datenübertragung weder explizit noch implizit Anspruch 1 zu entnehmen, so dass die Aufgabe nicht darauf basieren kann.
2.7 Nach Ansicht der Kammer sind für eine Fachperson auf dem Gebiet der Informationstechnologie die Unterscheidungsmerkmale a) bis f) - soweit sie nicht schon implizit offenbart sind - technische Details, die für eine entsprechende Implementierung des Verfahrens von D1 naheliegend sind, und auch in Summe nicht zu einer erfinderischen Tätigkeit beizutragen vermögen.
2.8 Der Gegenstand von Anspruch 1 beruht daher nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Der Hauptantrag ist folglich nicht nach Artikel 56 EPÜ gewährbar.
3. Hilfsantrag 1 - erfinderische Tätigkeit
3.1 Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hauptantrags dadurch, dass in Merkmal M12 die erste Client-Einheit für eine neue Unterhaltungsspielesitzung von einem anderen Nutzer freigegeben wird.
3.2 Nach Ansicht der Beschwerdeführerin würde dieses Merkmal den "Sicherheitsaspekt" weiter klarstellen, wonach sich an der ersten Client-Einheit nach der Übertragung der Spielesitzung ein anderer Benutzer anmelden kann.
3.3 Selbst wenn man annimmt, dass eine freigegebene
Client-Einheit nicht automatisch für eine neue Sitzung eines anderen Nutzers nutzbar sei, wäre es nach Ansicht der Kammer naheliegend und kein Beitrag zu einer erfinderischen Tätigkeit, die erste "Client-Einheit", die ohnehin vom ersten Nutzer nicht mehr verwendet wird, danach für eine neue Sitzung eines anderen Nutzer nutzbar zu machen. Diese geschaffene Möglichkeit trägt allerdings nicht zur Sicherheit bei der vorangegangenen Übertragung der Spielesitzung bei, sondern betrifft vielmehr eine effiziente Nutzung der danach geschaffenen Situation.
3.4 Hilfsantrag 1 ist daher ebenfalls nicht nach Artikel 56 EPÜ gewährbar.
4. Hilfsantrag 2 - erfinderische Tätigkeit
4.1 Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 dadurch, dass in Merkmal M13 die Unterhaltungsspielesitzung ein Unterhaltungsspiel aufweist und der festgehaltene Zustand der Unterhaltungsspielesitzung Parameter für ein Ausführen des Unterhaltungsspiels umfasst.
4.2 Es entspricht dem Wesen einer "Unterhaltungspiele-sitzung", dass sie ein "Unterhaltungsspiel" aufweist. Ferner umfasst der Zustand der Unterhaltungsspiele-sitzung, der in Merkmal M6 festgehalten wird, Parameter für dessen Ausführung. Zudem schränkt Merkmal M13 Anspruch 1 des Hauptanspruchs nicht weiter ein, so dass die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit von Anspruch 1 des Hauptantrags auch für Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 gilt.
4.3 Die Beschwerdeführerin argumentiert, dass durch die hinzugefügten Merkmale klargestellt werden würde, warum der "Stream" und der Zustand festgehalten werden, und dass eine Unterhaltungsspielesitzung im Gegensatz zur
URL-Adresse einer HTML-Seite Parameter besitze, die festzuhalten seien.
Nach Ansicht der Kammer ist Anspruch 1 von Hilfsantrag 2 nicht auf einen "Stream" begrenzt. Überdies ist der Begriff "Parameter" hinreichend breit, um auch beliebige Informationen zu umfassen, die das Ausführen einer Sitzung ab einem bestimmten Spielstand zu erlauben.
4.4 Hilfsantrag 2 ist daher ebenfalls nicht nach Artikel 56 EPÜ gewährbar.
5. Hilfsantrag 3 - erfinderische Tätigkeit
5.1 Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hauptantrags im Wesentlichen dadurch, dass:
- vor Löschen der Kennung der ersten Client-Einheit
und vor Beenden der Kommunikationsverbindung zwischen der ersten Client-Einheit und der Servereinheit eine Bestätigung für den Wechsel auf die zweite Client-Einheit abgefragt wird, und (Merkmal M14)
- bei Eingabe einer Bestätigung die Unterhaltungsspielesitzung auf der zweiten
Client-Einheit fortgesetzt wird (Merkmal M15)
- bei keiner Eingabe einer Bestätigung oder bei einem Abbruch der Übertragung der Unterhaltungsspiele-sitzung nach dem Löschen der Kennung der zweiten Client-Einheit die Unterhaltungsspielesitzung auf der ersten "Client-Einheit" fortgesetzt wird (Merkmal M16).
5.2 Die hinzugefügten Merkmale stellen im Wesentlichen nur das Einholen einer Bestätigung für die Übertragung der Sitzung vom Benutzer und das Einfügen eines Sicherheitsmechanismus' für den Fall einer gestörten Übertragung der Sitzung dar.
5.3 Den Nutzer vor einer Übertragung der Sitzung sicherheitshalber noch einmal abzufragen war zum Anmeldezeitpunkt eine wohlbekannte und auch naheliegende Maßnahme (siehe beispielsweise die nochmalige Nachfrage beim Löschen einer Datei auf einem Computer), die nicht zu einer erfinderischen Tätigkeit beiträgt.
5.4 Den Fall einer Übertragungsstörung in Betracht zu ziehen, einen Sicherheitsmechanismus dafür zu entwickeln und in diesem Fall von einer Übertragung der Sitzung abzusehen, wäre ebenso eine selbstverständliche und naheliegende Maßnahme, die nicht zu einer erfinderischen Tätigkeit beiträgt.
5.5 Auch wenn die hinzugefügten Merkmale, wie von der Beschwerdeführerin argumentiert, der Sicherheit dienen sollen, liefern sie nach Ansicht der Kammer aus den vorgenannten Gründen dennoch keinen Beitrag zu einer erfinderischen Tätigkeit.
5.6 Hilfsantrag 3 ist somit auch nicht nach Artikel 56 EPÜ gewährbar.
6. Hilfsanträge 4 und 5 - erfinderische Tätigkeit
6.1 Anspruch 1 des Hilfsantrags 4 unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 durch das bereits in Hilfsantrag 1 eingeführte Merkmal M12', dass die erste Client-Einheit nach der Übertragung der Unterhaltungsspielesitzung für eine neue Unterhaltungspielesitzung von einem anderen Nutzer freigegeben wird.
6.2 Anspruch 1 des Hilfsantrags 5 unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hilfsantrags 4 durch das bereits in Hilfsantrag 2 eingeführte Merkmal M13, dass die Unterhaltungsspielesitzung ein Unterhaltungsspiel aufweist und der festgehaltene Zustand der Unterhaltungsspielesitzung Parameter für ein Ausführen des Unterhaltungsspiels umfasst.
6.3 Bezüglich der in Anspruch 1 von Hilfsantrag 4 bzw. 5 hinzugefügten Merkmale wird auf die Punkte 3 und 4 oben verwiesen und die Ansicht vertreten, dass die jeweils hinzugefügten Merkmale auch bei Anspruch 1 der Hilfsanträge 4 und 5 keinen erfinderischen Beitrag entfalten.
6.4 Hilfsanträge 4 und 5 sind daher ebenfalls nicht nach Artikel 56 EPÜ gewährbar.
7. Da kein gewährbarer Anspruchssatz vorliegt, ist die Beschwerde zurückzuweisen.
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.