T 0193/84 22-01-1985
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Verfahren und Vorrichtung zur Gewinnung von Phosphor- pentasulfid mit gleichbleibend niedriger Reaktivität
Erfinderische Tätigkeit - Übertragungserfindung
inventive step - transfer invention
I. Die am 26. Januar 1981 angemeldete und am 7. Oktober 1981 veröffentlichte Patentanmeldung 81 100 543.8 mit der Veröffentlichungsnummer 36 924, für welche die Priorität der Voranmeldung in der Bundesrepublik Deutschland vom 22. Februar 1980 in Anspruch genommen wird, wurde durch die Entscheidung der Prüfungsabteilung des Europäischen Patentamts vom 15. März 1984 zurückgewiesen. Der Entscheidung liegen die mit der Eingabe vom 7. Juli 1983 eingereichten 3 Patentansprüche zugrunde, von denen Anspruch 1 folgenden Wortlaut hat:
"Verfahren zur Kontrolle und Regelung der Standhöhe von Phosphorpentasulfid (P2S5) in einem geneigten Schneckenkühler, an dessen unterem Ende P2S5 in schmelzflüssiger Form zugeführt und an dessen oberem Ende das verfestigte Produkt ausgetragen wird, dadurch gekennzeichnet, daß man am unteren Kühlerende in einem Bereich, der unterhalb der Schneckenachse und innerhalb des Schneckenumfangs liegt, ein inertes Gas einleitet, dieses durch das an dieser Stelle noch mehr oder minder feste P2S5 perlen läßt, die sich dabei in Abhängigkeit von der jeweiligen Höhe des P2S5-Füllsandes ergebende Druckdifferenz mißt, die Änderungen dieser Druckdiffrerenz zur Regelung des Zuflusses an flüssigem P2S5 in den Schneckenkühler auf einen vorher bestimmten Bereich der Höhe des Füllstandes in dem Kühler benutzt und damit den Austrag des gekühlten und verfestigten Materials am oberen Ende des Kühlers steuert".
II. Die Zurückweisung wird mit mangelnder erfinderischer Tätigkeit begründet und auf die folgenden Entgegenhaltungen Bezug genommen:
(1) Chemie-Ing.-Tech. 37. Jahrg. 1965 Nr. 7, Seite 707 (2) US-A- 3 200 971 und (3) FR-A- 1 407 850.
Aus (1) sei die Steuerung der Reaktivität von P2S5 über die Abkühlung von flüssigem P2S5 bekannt.
Dem Anmeldungsgegenstand liege die Aufgabe zugrunde, eine gleichbleibend niedrige Reaktivität von P2S5 durch gleichbleibend langsame Kühlung in einem Schneckenkühler zu erzielen. Dazu müsse die Füllung des Schneckentroges möglichst gleich bleiben, was durch eine Materialstandsregelung über die Stromaufnahme des Schneckenantriebs bisher nur unzureichend möglich gewesen sei. In dieser Situation sei es nicht außergewöhnlich, das aus (2) und (3) bekannte Prinzip der Niveauregelung durch eine Flüssigstandsmessung über den Druck des in die Flüssigkeit einperlenden Gases auch bei flüssigem P2S5 anzuwenden. Dabei ergäben sich die kennzeichnenden Maßnahmen des Anspruchs 1, wie die Zuführung eines inerten Meßgases an geeigneter Stelle und die Regelung des Zuflusses an flüssigem P2S5 in das Kühlaggregat auf einen vorher bestimmten Bereich der Höhe des Flüssigkeitsspiegels aus Gründen der Anpassung von selbst. Wenngleich sich im Kühler überwiegend ein festes Produkt befinde, so bleibe doch in unmittelbarer Nähe des Einleitungsrohres die flüssige Phase erhalten; auch wenn diese infolge eingelagerten erstarrten Materials höher viskos sei, so sei doch zu erwarten gewesen, daß die bekannte Niveaustandsregulierung ebenso gelingt wie bei hochviskosen Glasschmelzen nach (2).
Analoges gelte für die beanspruchte Vorrichtung, die nur Merkmale enthalte, die angesichts der bestehenden Aufgabe im Bereich üblichen fachmännischen Handelns lägen. Im übrigen sei in (2) bereits eine Vorrichtung beschrieben, mit der die Standhöhe einer Glasschmelze durch geregelte Materialzufuhr aufgrund der Gasdruckmessung eingestellt wird.
III. Gegen diese Entscheidung wurde am 18. Mai 1984 Beschwerde eingelegt; gleichzeitig wurde die Beschwerdegebühr entrichtet und die Beschwerde am 23. Juli 1984 etwa wie folgt begründet:
Zweifellos sei es bekannt, die Niveauregulierung von echten Flüssigkeiten oder durch entsprechendes Beheizen flüssig gehaltenen Schmelzen durch Perlstandmessung durchzuführen; jedoch sei bislang kein Fall bekannt geworden, in dem diese bekannte Methode auf ein Verfahren übertragen wurde, in dessen Verlauf das anfangs flüssige Produkt in den festen Aggregatzustand übergeht, so daß letzten Endes nicht der Füllstand des flüssigen, sondern des festen Produkts gemessen und geregelt werde.
Während nach den bekannten Verfahren die zugeführte Flüssigkeit oder Schmelze den Behälter im unveränderten Aggregatzustand verlasse, erfolge beim erfindungsgemäßen Verfahren eine rasche Abkühlung des eingetragenen Produktes, wobei letzteres erstarrt.
Um eine Fortbewegung des erstarrten Produkts zu ermöglichen, sei es daher erforderlich, daß die Behälter mit gekühlten Transportschnecken ausgerüstet sind.
Kein Fachmann habe erwarten können, daß unter solchen Bedingungen Meß- und Regelmethoden anwendbar sind, die nur in echten Flüssigkeiten eingesetzt werden.
Abgesehen davon, daß ein Fachmann normalerweise gar nicht erst den Versuch gemacht hätte, Perlstandmessungen in einer erstarrenden Schmelze durchzuführen, habe sich gezeigt, daß diese Messungen nur mit einer ganz speziellen Meßanordnung möglich sind, die zu finden einer erfinderischen Tätigkeit bedurfte.
IV. In der mündlichen Verhandlung, die am 22.1.1985 stattgefunden hat, wurde zusätzlich vorgetragen, daß sich die im Oberbegriff der Patentansprüche angegebenen Merkmale nur auf betriebsinterne Versuche bezögen und daher nicht dem Stande der Technik zuzurechnen seien.
Im übrigen werde das Überraschende an der Erfindung besonders dadurch unterstrichen, daß das Funktionieren der Erfindung erst durch die nachveröffentlichte Literaturstelle "Phosphorus and Sulfur 1981, Vol. 11, S. 65-69" verständlich werde, wonach unter den Verfahrensbedingungen kein reiner Stoff mit einem exakten Schmelzpunkt, sondern ein aus P4S9 und Schwefel bestehendes Phasengemisch mit einem Schmelzpunktbereich vorliege.
Die Beschwerdeführerin beantragt daher die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Patenterteilung auf der Grundlage der beiden Patentansprüche folgender Fassung:
1. "Verfahren zur Gewinnung von Phosphorpentasulfid (P2S5) mit gleichbleibend niedriger Reaktivität aus einer 300 bis 400°C heißen Phosphorpentasulfidschmelze in einem Kühlaggregat, dadurch gekennzeichnet, daß als Kühlaggregat ein geneigter Schneckenkühler benutzt wird, wobei die Phosphorpentasulfidschmelze an dessen unterem Ende zugeführt und an dessen oberen Ende das feste Phosphorpentasulfid ausgetragen wird und daß man am unteren Kühlerende in unmittelbarer Nähe des dort zufließenden P2S5 in einem Bereich zwischen der Achse und der Unterkante der Schnecke ein inertes Gas einleitet, dieses durch das flüssige P2S5 perlen läßt, die sich dabei in Abhängigkeit von der jeweiligen Höhe des P2S5-Flüssigkeitsspiegels ergebende Druckdifferenz mißt und die Änderungen dieser Druckdifferenz zur Regelung des Zuflusses an flüssigem P2S5 in den Schneckenkühler auf einen vorher bestimmten Bereich der Höhe des Flüssigkeitsspiegels in dem Schneckenkühler benutzt.
2. Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach Anspruch 1 in einem geneigten Schneckenkühler (1), der mit einem Kühlmantel (2), einer Zuführung (3) für flüssiges P2S5 am unteren Kühlerende sowie einem Austragsstutzen (4) für festes P2S5 am oberen Kühlerende versehen und mit mindestens einer gekühlten Schnecke (5) bestückt ist, die durch ein Antriebsaggregat (6) bewegt wird, wobei in den Schneckenkühler (1) eine Inertgasleitung (7) führt, welche mit einem Gerät (8) zur Druckmessung und Füllstandsanzeige verbunden ist, wobei die Inertgasleitung (7) in unmittelbarer Nähe der Zuführungsleitung (3) für das flüssige P2S5 am unteren Kühlerende angeordnet und so angebracht ist, daß sie im Beeich zwischen der Achse und der Unterkante der Schnecke endet und das Gerät (8) zur Druckmessung und Füllstandsanzeige über eine Verbindung (9) mit einem in die Zuleitung (3) für das flüssige P2S5 eingebauten Regelventil (10) in Kontakt steht".
1. Die Beschwerde entspricht den Erfordernissen von Artikeln 106 bis 108 und der Regel 64 EPÜ; sie ist daher zulässig.
2. Die geltenden Patentansprüche sind in formaler Hinsicht nicht zu beanstanden, weil sie ihre Stütze in den Erstunterlagen finden (zu Anspruch 1 vgl. den ursprünglichen Anspruch 1 i.V.m. S. 2, Abs. 4, S. 3, Z. 14-16, Seite 4, Zeilen 4/5, sowie Zeilen 10-15, zu Anspruch 2 vgl. Ansprüche 2 und 3 i.V.m. S. 3, Z. 15/16 und S. 4, Z. 10-15).
3. Im Gegensatz zu dem der Zurückweisung zugrunde liegenden Anspruch 1 vermeidet der Oberbegriff dieses Anspruchs nach der Neuformulierung die Aufzählung von Merkmalen lediglich betriebsinterner, aber nicht zum Stand der Technik i.S.v. Art. 54 (2) EPÜ gehörender Vorschläge. Gleichzeitig ist dort der technische Gegenstand, auf den sich die vorliegende Anmeldung bezieht, besser bezeichnet; denn dieser betrifft im Grunde nicht - wie ursprünglich formuliert - ein Verfahren zur Kontrolle und Regelung der Standhöhe von flüssigem Phosphorpentasulfid, nachfolgend abgekürzt in PS, sondern das damit erhaltene technische Ergebnis, d.h. die Gewinnung von PS mit gleichbleibend niedriger Reaktivität.
4. Mit einem ähnlichen Gegenstand befaßt sich die Entgegenhaltung (1). Dort ist angegeben, daß eine langsame Abkühlung der PS-Schmelze zu wenig reaktivem Material führt (vgl. S. 707, re. Sp. Z. 5-7). Zur Verfestigung der Schmelze werden meist Kühlwalzen verwendet, die als Doppel- oder Einzelwalzen mit Eintauchung oder Aufgabe am Scheitelpunkt ausgebildet sind. Das erstarrte Produkt löst sich weitgehend von selbst in großen Schollen von der umlaufenden Walze ab, und zersplittert bei der anschließenden Förderung in den Vorratsbehälter zu kleineren Schuppen. Durch Veränderung der Umlaufgeschwindigkeit der Walzen und Temperatur des Kühlmittels kann die Reaktivität des P2S10 beeinflußt werden.
Die Anmelderin hat festgestellt, daß bei diesem Verfahren in der Praxis ein PS anfällt, dessen Reaktivität größeren Schwankungen unterliegt.
Es bestand daher die technische Aufgabe, ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Erzielung von PS mit gleichbleibend niedriger Reaktivität anzugeben. Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt die Anmelderin in erster Linie die Abkühlung der 300-400°C heißen PS-Schmelze in einem Kühlaggregat mit den folgenden - vereinfacht dargestellten- Merkmalen vor:
a) Verwendung eines geneigten Schneckenkühlers,
b) PS-Zufuhr an dessen unteren und PS-Austrag am oberen Kühlerende,
c) Einleiten eines Inertgases am unteren Kühlerende in unmittelbarer Nähe des zufließenden PS im Bereich zwischen Achse und Unterkante der Schnecke, d) Messung der sich dabei einstellenden Druckdifferenz (des Inertgases über und unter dem Flüssigkeitspegel) und damit gekoppelte Regelung des PS-Zuflusses auf ein vorbestimmtes Flüssigkeitsniveau im Kühler.
5. Es ist auch durch einen Versuch glaubhaft gemacht worden, daß die bestehende Aufgabe durch diese Merkmalskombination tatsächlich gelöst wird; denn die anmeldungsgemäß vorgeschlagene Füllstandsregelung liefert PS mit einer Reaktivität von 0,8 - 0.9°C/min., während die Reaktivität des PS ohne diese Regelung zwischen 0,8 und 1,5°C/min. schwankt (vgl. S. 5 die letzten beiden Absätze i.V.m. S. 2, Abs. 1).
6. Es ist nicht streitig, daß die anmeldungsgemäße Lehre im angezogenen Stand der Technik nicht vorbeschrieben, also neu ist.
Indes hat die Vorinstanz die erfinderische Tätigkeit des anmeldungsgemäßen Lösungsvorschlags im wesentlichen deshalb verneint, weil die Anwendung des aus (2) und (3) bekannten Messprinzips und die damit gekoppelte und in (3) beschriebene Mengenregelung über den Materialzufluß auf die anmeldungsgemäß vorzusehende Niveaustandsregelung nahegelegen habe. Der Beschwerdeführerin räumt ein, daß die Meß- und Regeltechnik, von der anmeldungsgemäß Gebrauch gemacht wird, für Flüssigkeiten und Schmelzen, wie Glasschmelzen nach (3) prinzipiell bekannt ist (vgl. auch S. 3, Abs. 1 der vorliegenden Beschreibung). Die hier zu entscheidende Frage kann sich daher darauf konzentrieren, ob die Übertragung dieser bekannten Technik auf PS-Schmelzen aus fachmännischer Sicht angesichts der bestehenden Aufgabe nahelag.
7. Hierbei dürfen die Unterschiede nicht außer Acht gelassen werden, die zwischen Flüssigkeiten und Schmelzen einerseits und in den hier interessierenden erstarrenden Schmelzen andererseits bestehen. Die o.g. Meß- und Regeltechnik ist - derzeit unwiderlegbar - nur im Zusammenhang mit echten Flüssigkeiten und Schmelzen beschrieben worden; dabei findet die Messung in Abwesenheit von Feststoffen statt.
Solche Verhältnisse liegen auch beim Verfahren nach (3) vor. Dort wird die Oberfläche von Glasschmelzen in einem Schmelzofen durch Differenzdruckmessung (sog. Perlstandmessung) kontrolliert, wobei eine durch konstanten Abzug der Glasschmelze bedingte Druckänderung das Einspeisen von neuem Material auslöst und so für einen konstanten Flüssigkeitsspiegel im Ofen sorgt (vgl. Ansprüche 1 und 8). Obwohl der Glasschmelze zur Ergänzung des flüssig abgezogenen Glases pulverisiertes Glas zugeführt wird (vg. Sp. 4, Zeile 74 bis Sp. 5, Z. 7) taucht das Meßrohr, durch welches Gas geleitet wird, in das schmelzflüssige Glas ein (vgl. z.B. Sp. 3, Zeilen 24-26, 41/12 und 70/71).
Dies ist auch in den Figuren 1 und 5 besonders anschaulich dargestellt; dort liegt die Zuführung für das Glaspulver weit ab vom Tauchrohr der Meßvorrichtung. Daraus ergibt sich, daß am Ort der Perlstandmessung eine Glasschmelze vorliegt, die frei ist von fester Phase.
8. Völlig andere physikalische Bedingungen herrschen beim anmeldungsgemäßen Verfahren; denn hierbei ist, nicht wie in (3), wärmeverbrauchendes Aufschmelzen im Spiel, sondern - genau entgegengesetzt - ein zur Verfestigung des Schmelzflusses führender Abkühlvorgang. Dabei tritt im hierzu verwendeten geneigten Schneckenkühler neben der Abkühlung der mit 300-400°C zugeführten heißen Schmelze nach den Angaben der Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung bei 265-285°C Verfestigung der Masse ein, die dann am Kühlerende mit ca. 130-140°C austritt (vgl. das Beispiel). Das hieraus zu entnehmende Temperaturgefälle im Kühler, besonders das geringe Temperaturintervall zwischen der Erstarrungstemperatur und der Temperatur des PS am Kühlereingang läßt eine Verfestigung der Schmelze im Kühler sogar nahe dem Einlaß erwarten, zumal die Vorrichtung üblicherweise nicht nur (mittels Schnecke) von innen, sondern auch von außen, also in der Nähe der Zufuhr der Schmelze gekühlt wird. Dies hat zur Folge, daß eine Kontrolle des Flüssigkeitsstandes im Schneckenkühler nach der Methode der Perlstandmessung selbst an dieser Stelle in einer Dispersion von festem in flüssigem PS stattfindet. Dieser Sachverhalt wurde auch von der Vorinstanz eingeräumt. Auf den Umstand, daß Glas- und PS-Schmelzen möglicherweise vergleichbare Viskosität besitzen, wie die Vorinstanz weiter meint, kommt es bei den prinzipiellen Unterschieden zwischen einem Einphasen- und einem Zweiphasensystem nicht an.
9. Wie bereits ausgeführt, gibt es für die Anwendung der Perlstandmessung in einer Fest-Flüssig-Mischphase im Stande der Technik kein Vorbild. Dies ist nicht verwunderlich, wenn man bedenkt, daß hierbei die Gefahr der Verstopfung des Meßrohrs durch die feste Phase besteht. Es ist daher aus fachmännischer Sicht überraschend, daß eine solche Meßmethode bei einem - ausweislich (1) - im großtechnischen Maßstab ausgeübten Verfahren nicht nur funktioniert, sondern das Wesentiche zur Lösung der hier bestehenden Aufgabe beisteuert. Diese Aufgabe besteht - wie angeführt - darin, PS mit gleichbleibend niedriger Reaktivität zu liefern. Es war in der Tat nicht vorauszusehen, daß die in den Augen des Fachmannes nicht funktionstüchtige Perlstandmeßmethode im Fest-Flüssig-System des PS diese Aufgabe löst, wozu das Verfahren nach (1) trotz der dort möglichen Steuerbarkeit der Reaktivität des PS, also offensichtlich auch im engen Bereich, über die Umlaufgeschwindigkeit der Kühlwalze nicht imstande war. Die Übertragung der bekannten Perlstandmessung echter Flüssigkeiten auf das Fest-Flüssig-PS-System kann daher nicht nahegelegen haben, sie hat vielmehr erfinderischen Rang.
Wenn es aber nicht nahelag, die nur bei echten Flüssigkeiten übliche Meß- und Regeltechnik bei erstarrenden PS-Schmelzen anzuwenden, so ist auch die konkrete Ausgestaltung dieser Idee, wie sie in den Merkmalen des Anspruchs 1 ihren Niederschlag findet, als erfinderisch zu beurteilen.
10. Das anmeldungsgemäße Verfahren lag etwa auch nicht deshalb nahe, weil der Fachmann beim Experimentieren auf gut Glück zwangsläufig darauf stoßen mußte; denn es gibt im vorliegenden Fall für den Fachmann zahlreiche Möglichkeiten, sein Glück zu versuchen, wie der in der Beschreibungseinleitung angegebene interne Vorschlag der Amelderin zeigt (vgl. S. 2, letzter Abs.). Aber selbst bei dem von der Fachwelt bislang nicht beschrittenen Weg der Kontrolle der Oberfläche der PS-Schmelze in einem Kühlaggregat hätte der Fachmann vorrangig eine radioaktive Standmessung oder eine Überlaufsmessung versucht, wie in der mündlichen Verhandlung zur Überzeugung der Kammer vorgetragen wurde.
Die vorstehenden Ausführungen gelten sinngemäß auch für den Gegenstand nach Anspruch 2, der eine Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach Anspruch 1 betrifft. Denn das Zusammenfügen einzelner fur sich zwar bekannter Bauteile oder Baugruppen zu einer - unstreitig - neuen Vorrichtung in der Weise, daß deren Elemente funktionell zu einer Einheit verbunden sind, mit deren Hilfe eine bislang unbefriedigend lösbare Aufgabe überraschend gelöst wird, rechtfertigt Patentschutz auch für diese besondere Ausgestaltung derselben erfinderischen Idee.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Sache wird an die Vorinstanz zurückverwiesen, mit der Auflage, ein europäisches Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:
- Patentansprüche 1 und 2,
- daran angepaßte vollständige Beschreibung
- berichtigte Zeichnung,
alle vorgelegt in der mündlichen Verhandlung vom 22. Januar 1985.