T 0185/88 (Tenside) 22-06-1989
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I. Auf die am 2. Mai 1981 unter Beanspruchung der Priorität einer Voranmeldung in der Bundesrepublik Deutschland vom 12. Mai 1980 eingereichte europäische Patentanmeldung 81 103 329.9 wurde das europäische Patent 39 859 auf der Grundlage von fünf Patentansprüchen erteilt. Patent anspruch 1 lautet wie folgt:
"1. Verfahren zur Herstellung von Polyglykolethermisch formalen der Formeln I oder II,
FORMELN
in denen R1 für einen geradkettigen oder verzweigten Alkylrest mit 1 bis 18 Kohlenstoffatomen und R2 für Wasserstoff oder einen geradkettigen oder verzweigten Alkylrest mit 1 bis 17 Kohlenstoffatomen steht,
wobei die Summe der Kohlenstoffatome in R1 und R2 6 bis 18 beträgt,
R3 einen Mono-, Di- oder Trialkylphenylrest mit 14 bis 26 Kohlenstoffatomen, einen geradkettigen oder verzweigten Alkylrest mit 8 bis 22 Kohlenstoffatomen oder einen Rest der Formel III bedeutet,
FORMEL
in der R1 und R2 die oben angegebene Bedeutung haben und R5 einen geradkettigen oder verzweigten Alkylrest mit 1 bis 5 Kohlenstoffatomen, einen Aryl- oder Alkylarylrest mit 6 bis 9 Kohlenstoffatomen darstellt, während
R4 einen geradkettigen oder verzweigten Alkylrest mit 1 bis 5 Kohlenstoffatomen,
A und B Ethylen- oder Isopropylenreste,
m und n Zahlen von 0 bis 50, p eine Zahl von 2 bis 50 und q eine Zahl von 0 bis 3 bedeuten, wobei die Summe von m + n 2 bis 50 beträgt,
dadurch gekennzeichnet, daß man Polyglykolether der Formel IV oder V,
FORMELN
in denen R1, R2, R3, A, m, n und p die oben angegebene Bedeutung haben,
mit einem Diformal der Formel VI,
FORMEL
in der R4, B und q die oben angegebene Bedeutung haben, bei 60 bis 150 °C in Gegenwart einer starken Säure umsetzt, wobei pro Mol in IV oder V vorhandener Hydroxylgruppen 2 bis 10 Mol Diformal eingesetzt werden, den bei der Reaktion entstandenen Alkohol R4-O-(B-O)qH, gegebenenfalls zusammen mit Diformal aus dem Reaktionsgemisch abdestilliert, die im Rückstand vorhandene Säure neutralisiert oder gegebenen falls durch Filtration entfernt, das noch vorhandene Diformal abdestilliert und gegebenenfalls die anwesenden Salze durch Filtration entfernt.
Anspruch 4 betrifft diejenigen Polyglykolethermischformale der Formel I und II, in denen R3 einen Rest der Formel III bedeutet.
Der Hinweis auf die Patenterteilung wurde am 16. Juli 1986 im Patentblatt 86/29 bekanntgemacht.
II. Am 28. März 1987 wurde ein Einspruch eingelegt und unter ausschließlichem Hinweis auf die nachveröffentlichte DE-C- 2 523 588 der Widerruf des Patents in vollem Umfang wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit beantragt. Der relevante Inhalt dieser Druckschrift ist mit der vor dem Prioritätsdatum des angegriffenen Patents veröffentlichten DE-A gleicher Nummer, die im folgenden mit (1) bezeichnet wird, identisch.
III. Mit Entscheidung vom 16. März 1988 wurde der Einspruch, dessen Zulässigkeit trotz erheblicher Bedenken aus verfahrensökonomischen Gründen bejaht wurde, zurückgewiesen. Gegenüber dem nächstvergleichbaren Beispiel 6 aus (1) habe die Aufgabe bestanden, Produkte mit verbesserter Alkalistabilität und vermindertem Formaldehydgeruch herzustellen. Der Lösungsvorschlag nach dem angegriffenen Patent, die Abfolge der Verfahrensschritte, die Mengenverhältnisse der Reaktionspartner und die Reaktionstemperatur zu verändern, sei durch (1) nicht nahegelegt worden, wenn man nicht unzulässige, auf rückschauender Betrachtungsweise beruhende Uberlegungen anstellen wolle.
IV. Am 29. April 1988 wurde gegen diese Entscheidung unter gleichzeitiger Zahlung der vorgeschriebenen Gebühr Beschwerde erhoben. In der am 8. Juli 1988 eingegangenen Beschwerdebegründung wurde vorgetragen, daß die Entscheidung der Vorinstanz auf einer unvollständigen Würdigung von (1) beruhe, da lediglich Beispiel 6 dieser Druckschrift mit Beispiel 1 des angegriffenen Patents verglichen worden sei. Die allgemeine Lehre von (1) umfasse jedoch vollständig den beanspruchten Temperaturbereich und die im Beispiel 6 angegebene Menge an Dibutylformal liege im beanspruchten Bereich. Die spezielle Verfahrensführung nach dem angegriffenen Patent ergebe sich aus einfachen, dem allgemeinen Fachwissen zuzurechnenden reaktionskinetischen Uberlegungen. In der mündlichen Verhandlung am 22. Juni 1989 wurde außerdem darauf hingewiesen, daß diese Verfahrensweise, nämlich das Entfernen eines flüchtigen Reaktionsprodukts zur Verschiebung des Reaktionsgleich gewichts in die gewünschte Richtung, auch durch Beispiel 1 von (1) nahegelegt worden sei, bei dem das Reaktionswasser "ausgekreist" werde. Den geltend gemachten - zu erwartenden - Vorteilen des Verfahrens nach dem angegriffenen Patent stünde der Nachteil des höheren apparativen Aufwands entgegen.
V. Die Beschwerdegegnerin bestritt die Zulässigkeit des Einspruchs mit dem Hinweis darauf, daß dieser ausschließlich auf eine nachveröffentlichte Druckschrift gestützt worden sei. Die Vorinstanz sei zu Recht von Beispiel 6 des Dokuments (1) als nächstem Stand der Technik ausgegangen, denn nur dort seien konkrete Reaktionsbedingungen für die Herstellung der in (1) offenbarten Mischformale aus einem Dialkylformal angegeben. Die allgemeine Lehre von (1) sehe hingegen Formaldehyd und Alkohle als Ausgangsmaterialien vor. Das Verfahren gemäß dem angegriffenen Patent unterscheide sich vom Stande der Technik ferner durch die andersartige Aufarbeitung des Reaktionsgemischs. Dieser Unterschied könne sich schon deshalb nicht in naheliegender Weise aus einfachen reaktionskinetischen Uberlegungen ergeben, da der Entgegenhaltung dieselbe Aufgabenstellung, nämlich die Herstellung eines möglichst alkalistabilen Produkts, zugrunde lag und dennoch die angeblich so naheliegende optimale Lösung nicht verwirklicht worden sei. In (1) sei übrigens keine einfache Apparatur beschrieben; die Behauptung, daß das Verfahren nach dem angegriffenen Patent einen größeren apparativen Aufwand bedinge, sei daher nicht substantiiert. Druckschrift (1) lehre, pro Molfreier Hydroxylgruppen mindestens 0,5 Mol Formaldehyd einzusetzen, so daß sich das Problem der Entfernung von Butanol aus dem Gleichgewicht gar nicht gestellt habe, da dieses vollständig umgesetzt werde. Im übrigen seien bei Uberlegungen über das Reaktionsgleichgewicht noch weitere Reaktionen zu berücksichtigen, so daß ohne Kenntnis aller zugehörigen Gleichgewichtskonstanten keine Vorhersagen möglich gewesen seien.
VI. Die Beschwerdeführerin beantragt die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des angegriffenen Patents nur noch im Umfang der Verfahrensansprüche 1 bis 3, soweit sie die Herstellung von Verbindungen der Formel II betreffen, in der R3 eine andere Bedeutung als den Rest der Formel III hat.
Die Beschwerdegegnerin beantragt die Zurückweisung der Beschwerde.
1.Die Beschwerde entspricht den Erfordernissen der Artikel 106 bis 108 und Regel 64 EPU. Sie ist daher zulässig.
2. Bevor geprüft werden kann, ob die Beschwerde Erfolg haben kann, d. h. ob der Aufrechterhaltung des angegriffenen Patents die geltend gemachten Einspruchsgründe entgegenstehen, ist im vorliegenden Falle zu entscheiden, ob der Einspruch zulässig war, da dies von der Beschwerdegegnerin bestritten wurde.
2.1 Nach Artikel 99 (1) Satz 2 EPU ist der Einspruch zu begründen. Dies erfordert die Angabe der patenthindernden Tatsachen für den geltend gemachten Einspruchsgrund, insbesondere das Nennen der Beweismittel. Beruft sich die Einsprechende auf fehlende erfinderische Tätigkeit gegenüber dem Stande der Technik, so eignen sich hierfür in aller Regel nachveröffentlichte Druckschriften nicht, da diese nicht zum Stande der Technik gehören und somit den behaupteten Einspruchsgrund nicht dartun können. Insoweit qualifiziert sich die einzige, innerhalb der Einspruchsfrist genannte nachveröffentlichte DE-C-2 523 588 selbst nicht als Beweismittel.
2.2 Indes enthält diese Druckschrift im Kopf der Frontseite den nicht zu übersehenden Hinweis auf den vor dem Prioritäts zeitpunkt des Streitpatents liegenden Offenlegungstag der korrespondierenden Offenlegungsschrift. Es ist daher auf den ersten Blick erkennbar, daß es sich bei der Zitierung des Beweismittels um einen Mißgriff in der Wahl der Druckschrift handelt, und daß anstelle der nachveröffentlichten Patentschrift die darauf basiernde Offenlegungsschrift genannt werden sollte.
Dieser Sachverhalt wird auch dadurch deutlich, daß im Einspruchsschriftsatz auf Seite 2 unten auf die "vorveröffentlichte DE-PS 25 23 588" Bezug genommen ist, die "im angegriffenen Patent abgehandelt" sei. Die diesbezügliche Uberprüfung ergibt aber, daß im Streitpatent in Spalte 1 Zeile 9 die DE-OS gleicher Nummer, also tatsächlich die vorveröffentlichte Offenlegungsschrift erwähnt ist.
2.3 Es bedurfte auch für die Patentinhaberin und das Europäische Patentamt keiner unzumutbaren Mühe, anstelle der zitierten Passagen in der zweispaltigen Patentschrift die jenigen der nicht in Spalten gedruckten Offenlegungsschrift aufzufinden. Im übrigen stützt sich das Einspruchsvorbringen vorrangig auf das in beiden Druckschriften identische Beispiel 6.
2.4 Zusammenfassend ergibt sich, daß eine formgerechte Einspruchsbegründung jedenfalls dann vorliegt, wenn die einzige, zum Beleg für das ausschließlich behauptete Fehlen erfinderischer Tätigkeit zitierte Nachveröffentlichung einen Hinweis auf die entsprechende Vorveröffentlichung enthält.
Unter diesen Umständen ist der Einspruch ausreichend begründet und daher zulässig.
3. Der Gegenstand des angegriffenen Patents ist gegenüber dem entgegengehaltenen Stande der Technik unstreitig neu; nähere Ausführungen hierzu erübrigen sich daher.
4. Es ist somit zu untersuchen, ob er auch auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.
4.1 Hierbei geht die Kammer von (1) aus. In diesem Dokument werden alkalibeständige Polyglykolether-Mischformale und deren Herstellung beschrieben. Gemäß (1), Seiten 2 und 3 werden diese Mischformale, die von der Formel II gemäß dem angegriffenen Patent umfaßt werden, dadurch hergestellt, daß man den entsprechenden Polyglykolether mit mindestens 3 Mol eines Alkohols mit bis zu 5 Kohlenstoffatomen pro Mol Polyglykolether und Formaldehyd in mindestens der stöchiometrisch zu Acetalisierung aller im Reaktionsgemisch vorhandenen Hydroxylgruppen erforderlichen Menge in Gegenwart eines sauren Katalysators umsetzt. Das dabei gebildete Dialkylformal wird als Schleppmittel benutzt, um das bei der Reaktion entstehende Wasser "auszukreisen", d. h. als azeotropes Gemisch mit dem Dialkylformal abzudestillieren, wobei nach Phasentrennung die organische Phase in das Rektionsgefäß zurückgeleitet wird (siehe Seite 3, erster vollständiger Absatz). Das nach Beendigung der Umsetzung und Neutralisierung des sauren Katalysators im Reaktionsansatz verbliebene Dialkylformal wird abdestilliert und kann anstelle der entsprechenden Mengen an Alkohol und Formaldehyd in weiteren Reaktionsansätzen eingesetzt werden.
Die Patentinhaberin hat festgestellt, daß die in (1) beschriebenen Produkte noch erhebliche Mengen an nicht acetalisierten ethoxylierten Fettalkoholen der Formel V, erkennbar an den relativ hohen OH-Zahlen, enthalten. Diese Verunreinigungen sind, wie aus dem die Seiten 1 und 2 überbrückenden Absatz von (1) und den Angaben in der angegriffenen Patentschrift, Spalte 1, Zeilen 30 bis 38 hervorgeht, nicht alkalibeständig.
4.2 Gegenüber (1) kann daher - in Ubereinstimmung mit den Feststellungen der Einspruchsabteilung und den Angaben in der angegriffenen Patentschrift, Spalte 1, Zeilen 40 bis 45 - die dem angegriffenen Patent zugrundeliegende Aufgabe in erster Linie darin gesehen werden, ein Verfahren anzugeben, daß zu Produkten mit verbesserter Alkalibeständigkeit führt.
Zur Lösung dieser Aufgabe wird im wesentlichen vorgeschlagen, zur Acetalisierung statt eines Gemisches aus Formaldehyd und Alkohol das entsprechende Dialkylformal der Formel VI einzusetzen, den bei der Reaktion entstehenden Alkohol aus dem Reaktionsgemisch abzudestillieren, anschließend den sauren Katalysator zu neutralisieren und dann das überschüssige Diformal durch Destillation zu entfernen.
Wie sich aus den zahlreichen, in Beispiel 25 des Streit patentschrift wiedergebenen Vergleichsversuchen entnehmen läßt, wird die bestehende Aufgabe hierdurch glaubhaft gelöst.
4.3 Diese Lösung ergibt sich nicht in naheliegender Weise aus der allgemeinen Lehre von (1) in Verbindung mit dem allgemeinen Fachwissen, da nach Uberzeugung der Kammer aufgrund der von der Beschwerdeführerin geltend gemachten "einfachen reaktionskinetischen Uberlegungen" nicht erwartet werden konnte, daß mit der Arbeitsweise nach dem angegriffenen Patent Produkte mit wesentlich geringeren Hydroxylzahlen erhalten werden können und daß demzufolge die so erhaltenen Produkte eine ganz erheblich verbesserte Alkalibeständigkeit und Farbstabilität aufweisen würden.
Nach der allgemeinen, in (1) angegebenen Arbeitsweise wird ein Reaktionsprodukt, nämlich das gebildete Reaktions wasser laufend abdestilliert, so daß nach dem Massenwirkungsgesetz eine praktisch vollständige Verschiebung des Reaktionsgleichgewichts auf die Seite der gewünschten Mischformale eintreten sollte. Die nach dieser Arbeitsweise erhaltenen Produkte weisen jedoch Hydroxylzahlen von bestenfalls 11.5 bis 12.5 auf (siehe Beispiele 1 bis 5). Die von der Beschwerdeführerin angestellten "einfachen reaktionskinetischen Uberlegungen", mit denen die vorstehenden Gleichgewichtsbetrachtungen gemeint waren, gelten jedoch für die Reaktion von Formaldehyd, Butanol und ethoxyliertem Fettalkohol unter "Auskreisen" von Wasser gemäß (1), Beispiele 1 bis 5 ebenso wie für die Umsetzung von Dibutylformal mit dem ethoxylierten Fettalkohol unter Abdestillieren von Butanol gemäß dem angegriffenen Patent. Sie lassen somit nicht die Schlußfolgerung zu, daß aus den letzteren Ausgangsmaterialien Produkte mit Hydroxylzahlen von 0 bis 2, d. h. mit etwa um den Faktor 10 geringeren Mengen an nicht umgesetztem ethoxyliertem Fettalkohol, erhalten werden konnten. Von derartigen Uberlegungen konnte daher keine Anregung ausgehen, die bestehende Aufgabe gerade gemäß dem Vorschlag des angegriffenen Patents zu lösen.
4.4 Zu keinem anderen Ergebnis gelangt man, wenn man das von der in (1) gegebenen allgemeinen Lehre nicht umfaßte Beispiel 6 mit heranzieht. Gemäß diesem Beispiel werden 2.7 Mol Dibutylformal mit 1 Mol eines C10/C12-Fettalkohols in Gegenwart von para-Toluolsulfonsäure bei 160 °C umgesetzt, ohne daß irgendwelche Stoffe aus dem Reaktionsansatz entfernt werden. Nach Neutralisation der Säure werden dann überschüssiges Dibutylformal und das entstandene Butanol abdestilliert. Das erhaltene Produkt hat eine OH-Zahl von 18. Bei dieser Reaktion ist also - im Gegensatz zur allgemeinen Lehre - nicht genügend Formaldehyd vorhanden, um alle Hydroxylgruppen zu acetalisieren und das erhaltene Produkt ist unreiner als die gemäß der allgemeinen Lehre erhaltenen Produkte der Beispiele 1 bis 5.
Diese von der allgemeinen Lehre abweichende Verfahrensweise bietet sich einem Fachmann unter diesen Umständen nicht als Ausgangspunkt an, wenn er nach einer Lösung der bestehenden Aufgabe sucht. Das erhaltene schlechtere Ergebnis deutet eher darauf hin, daß tatsächlich zur Erzielung ausreichend reiner Produkte wenigstens 0.5 Mol Formaldehyd je Mol vorhandener OH-Gruppen eingesetzt werden muß. Wie bereits erwähnt, bieten die dem allgemeinen Fachwissen zuzurechnenden Gleichgewichtsbetrachtungen keinen Anreiz dafür, statt Wasser nunmehr Butanol als gleichgewichtsrelevante Komponente des Reaktionssystems zu wählen und durch dessen Entfernen das Gleichgewicht in die gewünschte Richtung zu verschieben, da diese Betrachtungen keine Anhaltspunkte dafür bieten, daß man auf diese Weise zu Produkten mit wesentlich geringeren OH-Zahlen als nach der Verfahrens weise der Beispiele 1 bis 5 kommen würde. Hierzu bedurfte es zusätzlich der dieser Druckschrift nicht zu entnehmenden Erkenntnis, daß Wasser in Dibutylformal in geringen Mengen löslich ist und somit, wie die Beschwerdeführerin vorgetragen hat, unter den Bedingungen gemäß den Beispielen 1 bis 5 von (1) nicht vollständig entfernt werden kann.
4.5 Es ist ferner nicht zu übersehen, daß die dem angegriffenen Verfahren zugrundeliegende Aufgabe auch schon bei der Entwicklung des Verfahrens nach (1) bestand und daß dennoch in (1) der optimale Lösungsweg nicht angegeben worden ist. Die Erklärungen, die die Beschwerdeführerin hierfür gegeben hat, nämlich das Erfordernis, eine möglichst einfache Apparatur zu verwenden und die zum Prioritätstag von (1) geringeren Anforderungen an die Produktqualität, sind nach Auffassung der Kammer nicht überzeugend, da es sich beim "Auskreisen" von Wasser ebenso um eine Destillation handelt wie beim Abdestillieren von z. B. Butanol nach dem angegriffenen Patent, der apparative Aufwand also durchaus vergleichbar ist. Das Prioritätsdatum von (1) (Mai 1975) ist außerdem nicht so weit entfernt von demjenigen des angegriffenen Patents, daß es ohne weiteres glaubhaft wäre, daß sich inzwischen die Qualitätsanforderungen an alkalibeständige Tenside wesentlich geändert hätten. Die Kammer betrachtet daher den Umstand, daß trotz Bestehens der Aufgabe die unbestritten wesentlich bessere Lösung in (1) verfehlt worden ist, als ein Anzeichen dafür, daß es nicht nur der Anwendung allgemeinen Fachwissens bedurfte, um diese verbesserte Lösung des Problems aufzufinden.
4.6 Das allgemeine Fachwissen über Reaktionsgleichgewichte vermag somit zwar - insbesondere unter Berücksichtigung der nachträglich festgestellten Löslichkeit von Wasser in Dibutylformal - zu erklären, warum der vorgeschlagene Weg zur Lösung der bestehenden Aufgabe erfolgreich war. Eine solche nachträgliche Erklärbarkeit der gefundenen Problemlösung ist jedoch, selbst wenn dabei allgemeines Fachwissen eine Rolle spielt, in der Regel nicht ausreichend, das Naheliegen dieser Lösung darzutun, da es sich bei diesem Vorgehen um eine unzulässige rückschauende Betrachtungsweise handelt.
4.7 Auch der Gegenstand des gegenüber den gemäß Anspruch 1 erhältlichen Produkten wesentlich enger gefaßten Stoffanspruchs 4 beruht auf einer erfinderischen Tätigkeit, da unstreitig ist, daß die von diesem Anspruch umfaßten Produkte wesentlich alkalibeständiger sind als die in (1) beschriebenen, ohne daß - wie ausgeführt - fachmännische Voraussagen über diese Qualitätsverbesserung möglich waren. Im übrigen war die Vereinbarkeit dieses Anspruchs mit den Vorschriften des EPU zuletzt nicht mehr strittig, so daß sich eingehendere Darlegungen erübrigen.
5.Die abhängigen Patentansprüche 2, 3 und 5 betreffen besondere Ausführungsformen der Gegenstände der unabhängigen Patentansprüche 1 und 4 und werden daher von deren Patentierbarkeit getragen.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird wie folgt entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.