J 0014/00 (Erstreckungsabkommen) 10-05-2001
Download und weitere Informationen:
I. 1. Die Beschwerdeführerin ist Inhaberin der Euro-PCT-Anmeldung Nr. 96 904 978.2. Beim Eintritt dieser Anmeldung in die regionale Phase vor dem EPA beantragte die Beschwerdeführerin am 15. September 1997 die Erstreckung auf Slowenien (Formblatt 1200.5, Feld 11). In Feld 11 dieses Formblatts werden die Anmelder davon in Kenntnis gesetzt, daß die Erstreckung nur wirksam wird, wenn die vorgeschriebene Erstreckungsgebühr entrichtet wird. Am 26. September 1997 entrichtete die Anmelderin sonstige beim Eintritt in die regionale Phase vor dem EPA fällige Gebühren in Höhe von insgesamt 4 850 DEM. Nähere Angaben zu den entrichteten Gebühren (Benennungs-, Anspruchs-, Prüfungs- und nationale Gebühr) wurden auf dem Formblatt 1010 ("Zahlung von Gebühren und Auslagen") gemacht, das vom 25. September 1997 datiert war. Die Erstreckungsgebühr für Slowenien wurde weder auf dem Gebührenblatt vermerkt noch entrichtet.
2. Mit Schreiben vom 13. Dezember 1999 beantragte die Beschwerdeführerin die Berichtigung eines Fehlers nach Regel 88 EPÜ; der Fehler sei die versäumte Entrichtung der Erstreckungsgebühr. Da bei Nichtentrichtung von Erstreckungsgebühren keine entsprechende Mitteilung des EPA ergehe, habe sie ihr Versäumnis erst bemerkt, als sie die Erteilung des Patents beim slowenischen Patentamt habe bestätigen wollen. Der Fehler des für Gebührenzahlungen zuständigen Sachbearbeiters, der Slowenien nicht, wie erforderlich, als Erstreckungsstaat vermerkt habe, könne als Schreibfehler im Sinne der Regel 88 EPÜ betrachtet werden.
Hilfsweise beantragte die Beschwerdeführerin, das Amt solle sein Ermessen nach Artikel 9 (1) der Gebührenordnung (GebO), die in diesem Fall gemäß Artikel 3 (3) der Verordnung über die Erstreckung europäischer Patente auf Slowenien (EV) zur Anwendung komme, zu ihren Gunsten ausüben, da sie lediglich die Zahlung eines geringfügigen Betrags in Höhe von rund 2 % der Gesamtzahlung von 4 850 DEM übersehen habe.
Schließlich verwies die Beschwerdeführerin auf den ihres Erachtens ungerechtfertigten Unterschied zwischen der Praxis bei der Entrichtung von Benennungsgebühren im Rahmen des EPÜ, wo Fehler berichtigt werden könnten, und bei der Entrichtung von Erstreckungsgebühren, wo dies nicht der Fall sei. Ein Grund für diesen Unterschied sei nicht erkennbar.
3. Der Hauptformalsachbearbeiter antwortete hierauf mit Bescheid vom 17. März 2000, daß die Regel 88 EPÜ auf das Erstreckungssystem keine Anwendung finde; Artikel 9 (1) GebO hingegen sei anwendbar, allerdings nur bei geringfügigen Fehlbeträgen. Im vorliegenden Fall sei aber die Entrichtung der gesamten Erstreckungsgebühr versäumt worden. Zugleich wurde darauf hingewiesen, daß die Rechtsbehelfe nach dem EPÜ in Erstreckungsfällen keine Anwendung fänden. Aus diesen Gründen gelte der Erstreckungsantrag nach den Artikeln 2 und 3 EV als zurückgenommen.
II. Am 4. April 2000 legte die Beschwerdeführerin gegen diese "Entscheidung ... im Bescheid" Beschwerde ein und entrichtete die Beschwerdegebühr. Sie beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Erstreckungsgebühr für Slowenien als entrichtet zu betrachten. In ihrer per Telefax am 17. Juli 2000 übermittelten Beschwerdebegründung vom 14. Juli 2000 berief sie sich auf die Entscheidungen der Juristischen Beschwerdekammer in den Sachen Ikaplast (ABl. EPA 1986, 1) und Maxtor (ABl. EPA 1995, 288) und machte geltend, die Erstreckungsgebühr sei ein geringfügiger Betrag im Sinne des Artikels 9 (1) GebO und der Begründung der Ikaplast-Entscheidung. Die Beschwerdeführerin brachte ferner vor, daß in dem angefochtenen Bescheid nicht auf ihren Einwand eingegangen worden sei, das Amt habe sie auf die Nichtentrichtung der Erstreckungsgebühr nicht hingewiesen, während bei Nichtentrichtung einer Benennungsgebühr nach Regel 85a EPÜ ein entsprechender Hinweis ergangen wäre.
In einer Mitteilung vom 29. Januar 2001 legte die Juristische Beschwerdekammer ihre vorläufige, unverbindliche Sicht des Falls dar, die sich wie folgt zusammenfassen läßt:
1. Nach Artikel 10 der Verordnung über die Erstreckung europäischer Patente auf Slowenien (ABl. EPA 1994, 80) kämen im Erstreckungsverfahren das EPÜ und seine Ausführungsordnung nicht zur Anwendung, soweit sich aus der Verordnung nichts anderes ergebe. Da die EV keine Bestimmung enthalte, wonach die Artikel 106 bis 108 EPÜ auch in Erstreckungsverfahren anzuwenden seien, liege in diesem Fall keine beschwerdefähige Entscheidung, sondern nur ein nicht beschwerdefähiger Bescheid vor.
2. Selbst wenn man unterstelle, daß eine Beschwerde zulässig sei, sei fraglich, ob etwas für die Aufhebung der angefochtenen "Entscheidung" spreche. Die Kammer stimmte der Beschwerdeführerin darin zu, daß die Gebührenordnung des EPA, nämlich Artikel 9 (1) GebO, nach Artikel 3 (3) EV entsprechend für die Zahlung von Erstreckungsgebühren gelte. Im Hinblick auf ihren Wortlaut und die Rechtsprechung der Beschwerdekammern (siehe Ikaplast und Maxtor) sei aber festzustellen, daß im vorliegenden Fall kein "geringfügiger" Betrag fehle; wie das Gebührenblatt zeige, sei die Erstreckungsgebühr ganz im Gegenteil überhaupt nicht Bestandteil des Gesamtbetrags. Sie sei zur Gänze nicht entrichtet worden.
3. Auch aus Artikel 9 (2) GebO, der die Verteilung von Benennungsgebühren regele, wenn der gezahlte Betrag nicht ausreiche, lasse sich kein anderes Ergebnis ableiten, weil der gezahlte Betrag im vorliegenden Fall die Gebühren für alle tatsächlich benannten Staaten decke und daher nicht unzureichend sei.
4. Schließlich widersprach die Kammer der Auffassung der Beschwerdeführerin, es gelte der Grundsatz des Vertrauensschutzes, der das Verhältnis zwischen EPA und Anmelder beherrsche. In der Einführung zur Erstreckungsverordnung (ABl. EPA 1994, 75) werde unter II.2 darauf verwiesen, daß ein Hinweis auf die Versäumung der Grundfrist oder den Ablauf der Nachfrist nicht ergehe und daß Wiedereinsetzung nicht möglich sei. Angesichts dieser Aussage seien gegenteilige Erwartungen in keiner Weise berechtigt.
III. Die Beschwerdeführerin wurde aufgefordert, sich spätestens einen Monat vor der mündlichen Verhandlung zu dieser Mitteilung zu äußern. Mit Schreiben vom 25. April 2001 reichte sie weitere Bemerkungen ein, die sich wie folgt zusammenfassen lassen:
1. Die EV stelle eine Regelung dar, der zufolge das EPA im Auftrag von Patentanmeldern und -inhabern handle, die an der sachgerechten Verwaltung ihrer Erstreckungsanträge durch das EPA das Recht eines Dritten hätten. Die Beschwerdeführerin räumte ein, daß Artikel 10 EV keinen spezifischen Querverweis auf die Artikel 106 bis 108 EPÜ enthalte. Um aber alle seine Verpflichtungen im Rahmen der EV erfüllen zu können, ohne seine Befugnisse zu überschreiten, müsse sich das EPA ohnehin implizit auf weitere Bestimmungen des EPÜ stützen (zum Beispiel Artikel 103 und Regel 58 (5) EPÜ). Deshalb müsse sich die Formulierung "sich ... ergibt" in Artikel 10 EV sinngemäß auf alle einzelnen Artikel und Regeln des EPÜ erstrecken, die für die ordnungsgemäße Wahrnehmung der dem EPA im Rahmen der EV zufallenden Pflichten erforderlich seien.
Bliebe die Kammer, so die Beschwerdeführerin, bei ihrer vorläufigen Meinung, so wären die Maßnahmen von Formalsachbearbeitern im Rahmen der EV nicht kontrollierbar, denn sie unterlägen nicht der Zuständigkeit der Kammern. Dies stehe im Widerspruch zum Zweck der Rechtsprechung der Beschwerdekammern, nämlich eine Kontrolle zu gewährleisten. Die Schreiben der Eingangsstelle vom 17. März 2000 seien mithin beschwerdefähige Entscheidungen und keine nicht beschwerdefähigen Bescheide.
2. Bezüglich Artikel 9 (1) GebO betonte die Beschwerdeführerin, sie habe die Erstreckungsgebühr durchaus zahlen wollen. Auf dem Formblatt 1200 sei das Kästchen "Slowenien" angekreuzt, und außerdem gelte nach Artikel 2 (1) EV eine Erstreckung auf Slowenien automatisch als beantragt. Ferner machte die Beschwerdeführerin geltend, die Kammer solle bei der Beurteilung der Zahlungsabsicht den vollständigen Sachverhalt berücksichtigen und sich nicht nur auf das Gebührenblatt stützen. Der Fehlbetrag nach Artikel 9 (1) GebO müsse - wie in der Ikaplast-Entscheidung - vor dem Hintergrund des Gesamtgebührenbetrags gesehen werden, dessen Entrichtung beabsichtigt gewesen sei. Damit nicht willkürlich zwischen einer und mehreren Gebührenzahlungen unterschieden werde, müsse das Wort "Gebühr" in Artikel 9 (1) auch den Plural "Gebühren" umfassen.
3. Was Artikel 9 (2) GebO angehe, so habe das EPA aufgrund der unterschiedlichen Rechtsnatur von EPÜ und EV keine Befugnis, den Geltungsbereich dieser Bestimmung auf Erstreckungsstaaten auszudehnen. Daß Benennung und Erstreckung als konzeptionell ähnliche Methoden zur Erlangung von Patentschutz gesehen werden könnten, sei ohne Belang. Die Anwendung des Artikels 9 (2) GebO sei durch Artikel 3 (3) EV ausgeschlossen; ihm zufolge gelte die Gebührenordnung entsprechend, also mit den erforderlichen Änderungen, was bedeute, daß Artikel 9 (2) GebO keine Anwendung finde.
4. Hilfsweise brachte die Beschwerdeführerin für den Fall, daß die Kammer die Argumente bezüglich des Artikels 9 (2) nicht gelten lasse, vor, daß die in Artikel 2 (1) EV verankerte Fiktion der automatischen Erstreckung auf Slowenien zur Folge haben dürfte, daß die im September 1997 vorgenommenen Zahlungen - vorrangig vor jedem der benannten Staaten - zunächst für Slowenien hätten verbucht werden müssen.
1. Die Beschwerde gilt als eingelegt, zumal die Beschwerdegebühr innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des von der Beschwerdeführerin für beschwerdefähig erachteten Bescheids entrichtet wurde (Art. 108 EPÜ). Sie ist allerdings unzulässig, denn in dem zu entscheidenden Fall besteht kein Recht auf Befassung der Beschwerdekammern des EPA.
1.1 Nach Artikel 106 (1) EPÜ, der erschöpfend festlegt, gegen welche Entscheidungen im Rahmen des EPÜ Beschwerde eingelegt werden kann, sind nicht nur Entscheidungen der Prüfungsabteilungen, der Einspruchsabteilungen und der Rechtsabteilung, sondern auch Entscheidungen der Eingangsstelle mit der Beschwerde anfechtbar.
1.1.1 Daß das Schreiben der Prüfungsabteilung vom 17. März 2000, das Gegenstand der Beschwerde ist, mit "Bescheid" überschrieben war und nicht als Entscheidung bezeichnet wurde, macht in diesem Zusammenhang keinen Unterschied. Der rechtliche Charakter eines amtlichen Dokuments hängt nicht davon ab, wie es überschrieben ist. Entscheidend für seinen Rechtscharakter - und somit dafür, ob es im Sinne des Artikels 106 (1) EPÜ mit der Beschwerde angefochten werden kann - ist sein materieller Inhalt. Wird in dem Dokument lediglich eine Rechtsauffassung mitgeteilt, so kann es nicht als Entscheidung bezeichnet werden. Dasselbe gilt, wenn der Verfasser ganz offensichtlich nicht die erforderliche Befugnis besitzt, das Dokument zu verfassen oder zu versenden. Wird aber das Rechtsverhältnis zwischen dem Amt und einem Anmelder nach den Bestimmungen des EPÜ von einem Dokument bestimmt, so ist dieses Dokument unabhängig von seiner Überschrift nach der ständigen Rechtsprechung der Beschwerdekammern eine beschwerdefähige Entscheidung im Sinne des EPÜ (siehe J 8/81, ABl. EPA 1982, 10; J 2/93, ABl. EPA 1995, 4; J 13/92; J 13/83; J 24/94; T 934/91, ABl. EPA 1994, 184 usw.). Im vorliegenden Fall deuten mehrere Faktoren darauf hin, daß das strittige Schreiben einen das Rechtsverhältnis bestimmenden Inhalt hat und mithin eine Entscheidung ist, denn die Verweigerung der Erstreckung der Patentanmeldung auf Slowenien hat maßgebenden Einfluß auf den territorialen Schutzbereich der Anmeldung.
1.1.2 Die Zulässigkeit dieser Beschwerde wird demnach nicht dadurch beeinträchtigt, daß das strittige Schreiben der Prüfungsabteilung vom 17. März 2000 keine Rechtsmittelbelehrung enthielt (siehe J 26/87, ABl. EPA 1989, 329) und von einem Formalsachbearbeiter der Prüfungsabteilung abgefaßt war. Zum einen stellt sich die Frage, ob eine Beschwerde grundsätzlich zulässig ist, im Fall der Unterlassung einer Rechtsmittelbelehrung nicht, da es in Regel 68 (2) Satz 3 EPÜ ausdrücklich heißt, daß die Beteiligten aus der Unterlassung einer solchen Rechtsmittelbelehrung keine Ansprüche herleiten können. Zum anderen können beschwerdefähige Entscheidungen im Rahmen der Aufgaben der Prüfungsabteilungen von einem Formalsachbearbeiter insoweit mit Rechtswirkung erlassen werden, als dieser durch die Mitteilung des Vizepräsidenten Generaldirektion 2 (letzte Fassung) vom 28. April 1999 (ABl. EPA 1999, 504), der die Befugnis nach Regel 9 (3) EPÜ zugrunde liegt, hierzu ermächtigt ist.
1.2 Die vorliegende Beschwerde ist vielmehr deshalb unzulässig, weil gemäß der erschöpfenden Bestimmung in Artikel 106 (1) EPÜ nur diejenigen Entscheidungen des EPA angefochten werden können, die von den darin aufgeführten Stellen im Rahmen ihrer im EPÜ vorgesehenen Aufgaben getroffen werden. HIerunter fallen jedoch nicht Entscheidungen, die das EPA trifft, wenn es seine Verpflichtungen aus dem Abkommen mit der Republik Slowenien über die Schutzerstreckung europäischer Patente (Erstreckungsabkommen) und der zugehörigen Erstreckungsverordnung (EV) (ABl. EPA 1994, 75) wahrnimmt.
1.2.1 Das Erstreckungsabkommen, das am 1. März 1994 in Kraft getreten ist, beruht seinerseits auf dem Abkommen zwischen der Europäischen Patentorganisation und der Republik Slowenien über die Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Patentwesens, das am 1. September 1993 in Kraft trat. Dieses Abkommen gehört zu den internationalen Verträgen, die der Präsident des Amts zur Erfüllung der ihm durch das EPÜ übertragenen Aufgaben mit Genehmigung des Verwaltungsrats schließen darf (Art. 33 (4) EPÜ). Es dient nicht nur den Interessen der Anmelder, denen es einen einfachen Weg zum Patentschutz in der Republik Slowenien eröffnet, sondern auch denjenigen der Republik Slowenien, die Patentschutz für ihr Hoheitsgebiet bieten kann, indem die Wirkungen von europäischen und Euro-PCT-Anmeldungen und -Patenten einfach auf dieses Gebiet erstreckt werden.
1.2.2 Wie die Beschwerdeführerin ausführt, bestehen - insbesondere hinsichtlich der Gebührenzahlung - bestimmte Parallelen zwischen den formalen Verfahren und namentlich dem Zeitplan für die Vornahme von Verfahrenshandlungen im Zusammenhang mit der Schutzerstreckung nach der EV auf der einen Seite und der Benennung eines Vertragsstaats nach dem EPÜ auf der anderen Seite (Art. 79 (2), 78 (2) EPÜ). Allerdings treten jeweils andere Rechtswirkungen ein. Im Unterschied zum Verfahren für die Benennung von Vertragsstaaten nach dem EPÜ erzeugt das Erstreckungsverfahren nach der EV Rechtswirkungen ausschließlich auf der Grundlage des nationalen slowenischen Rechts. Durch die EV werden keine Hoheitsrechte an das EPA abgetreten. Das EPA übernimmt vielmehr im Wege der Verwaltungshilfe namens der Republik Slowenien die Verwaltungsaufgabe der Gebührenerhebung und erhält zur Deckung seiner Verwaltungskosten einen festen Anteil an der Erstreckungsgebühr, während der größere Teil der Gebühr dem Erstreckungsstaat zufließt.
1.3 Das Verfahren für die Zahlung der Erstreckungsgebühr regelt allein die EV. Trotz bestimmter Ähnlichkeiten mit dem europäischen Recht basiert die Rechtsgültigkeit der EV aber nicht auf den Bestimmungen des EPÜ, sondern ausschließlich auf dem nationalen slowenischen Recht, bei dessen Umsetzung das EPA lediglich Verwaltungshilfe im Rahmen der nationalen Bestimmungen leistet. Diese rechtliche Beurteilung ergibt sich nicht nur aus dem Wortlaut der EV, der selbst hinlänglich klar ist, sondern auch aus ihrer Struktur sowie ihrem Sinn und Zweck.
1.3.1 So läßt Artikel 3 Absatz 2 EV keinen Zweifel daran, daß die Nachfrist nach Regel 85a (2) EPÜ in Anspruch genommen werden kann, wenn die Erstreckungsgebühr nicht rechtzeitig entrichtet worden ist, und nach Artikel 3 Absatz 3 EV gilt die Gebührenordnung des EPA für Zahlungsverfahren entsprechend. Artikel 10 EV besagt hingegen, daß die Bestimmungen des EPÜ und seiner Ausführungsordnung nicht zur Anwendung kommen, soweit sich aus der EV nichts anderes ergibt. Aus der EV geht mithin völlig klar hervor, daß ihre Verweisungen auf Bestimmungen des EPÜ erschöpfend sind und es somit keine entsprechende Anwendung anderer Bestimmungen wie etwa des Artikels 106 ff. EPÜ über das Beschwerdeverfahren geben kann.
1.3.2 Auch die Struktur und die Rechtsnatur der EV enthalten keinen Anhaltspunkt dafür, daß das Schreiben der Eingangsstelle vom 17. März 2000 mit einer Beschwerde angefochten werden könnte. Als bilaterale Verordnung regelt die EV im wesentlichen - erschöpfend und streng getrennt vom EPÜ - Fragen im Zusammenhang mit der Überführung erstreckter europäischer Anmeldungen und Schutzrechte in nationales slowenisches Recht und deren Verhältnis zu nationalen Anmeldungen und Schutzrechten auf der Grundlage des slowenischen Gesetzes über das gewerbliche Eigentum (Blatt für Patent-, Muster- und Zeichenwesen 1993, 303).
Dazu gehört insbesondere die Vorschrift, daß erstreckte Anmeldungen und Patente dieselben Wirkungen wie nationale Anmeldungen und Patente haben, die Verpflichtung, beim slowenischen Patentamt eine Übersetzung der Ansprüche in die slowenische Sprache einzureichen, die im nationalen Bereich verbindliche Fassung erstreckter Anmeldungen und Patente, ihre Wirkung als älteres Recht gegenüber nationalen Anmeldungen und Patenten und schließlich der Doppelschutz. Aus keiner dieser Bestimmungen ergeben sich Verpflichtungen für das EPA. Im Rahmen der EV verpflichtet sich das EPA gegenüber der Republik Slowenien lediglich, bei den Verwaltungsaufgaben im Zusammenhang mit der Erstreckung europäischer Patente behilflich zu sein, d. h., Erstreckungsanträge entgegenzunehmen, die Erstreckungsgebühren zu erheben und, nach Abzug eines Betrags zur Deckung seiner Kosten, den restlichen Betrag an das slowenische Patentamt zu überweisen.
1.3.3 Die Bestimmungen der EV lassen klar erkennen, daß die Verordnung von dem Grundsatz beherrscht wird, daß in die Hoheitsrechte der Republik Slowenien möglichst wenig eingegriffen werden soll. So ist beispielsweise nach Artikel 10 EV die Anwendung der Bestimmungen des EPÜ - einschließlich des Artikels 106 ff. EPÜ über das Beschwerdeverfahren - im Erstreckungsverfahren ausgeschlossen. Aus demselben Grund und im Gegensatz zur Regelung nach dem EPÜ ist in Artikel 9 EV vorgesehen, daß die Jahresgebühren für erstreckte europäische Patente vollständig an das slowenische Patentamt zu entrichten sind.
Demgegenüber beruht das EPÜ unter anderem darauf, daß nationale Hoheitsrechte auf das EPA übertragen werden, daß der Verwaltungsrat an der Verwaltung des EPA mitwirkt und diese kontrolliert und daß die Jahresgebühren zwischen dem EPA und den beteiligten Vertragsstaaten aufgeteilt werden.
1.3.4 Die EV begründet keine Rechte und Pflichten, wie sie mit dem Beitritt zum EPÜ verbunden sind. Entgegen der Behauptung der Beschwerdeführerin schafft sie demnach auch kein Recht Dritter in bezug auf Dienstleistungen, die das EPA in Erfüllung seiner Verpflichtungen aus der EV erbringt. Folglich besteht kein Anspruch darauf, die Beschwerdekammern mit Fragen zu befassen, die sich bei der Erstreckung von Patentanmeldungen und Patenten auf die Republik Slowenien stellen. Vielmehr ist in Fällen wie dem vorliegenden die nationale slowenische Justiz zuständig. Artikel 6 (2) des slowenischen Patentgesetzes sieht ein Beschwerdeverfahren vor, in dem Entscheidungen des slowenischen Patentamts angefochten werden können.
1.4 Die Beschwerdeführerin kann sich auch nicht darauf berufen, daß ihr nach dem Grundsatz des Vertrauensschutzes der Rechtsweg zu den Beschwerdekammern offenstehen müsse. Die Kammer räumt ein, daß dieser Grundsatz zu den fundamentalen Prinzipien des europäischen Patentrechts gehört. Was jedoch das Erstreckungsverfahren angeht, so handelt das EPA nicht im Rahmen des EPÜ, sondern ist lediglich bei der Begründung nationaler Eigentumsrechte in Slowenien behilflich.
Zudem erklärt das EPA in seiner Einführung zur EV ausdrücklich, daß die EV ausschließlich auf nationalem slowenischen Recht beruht (ABl. EPA 1994, 75) und daß sich das Erstreckungsverfahren und seine Wirkungen allein nach slowenischem Recht bestimmen (ABl. EPA 1994, 80).
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird als unzulässig verworfen.