T 0357/19 16-02-2021
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INTELLIGENTE UND INTERAKTIVE MÖBELANORDNUNG
Neuheit - Hauptantrag (nein)
Neuheit - Hilfsantrag (nein)
I. Die Beschwerdeführerin (Anmelderin) legte Beschwerde gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung ein, die streitgegenständliche Patentanmeldung zurückzuweisen.
II. Die Prüfungsabteilung hatte entschieden, dass der Wortlaut des damaligen unabhängigen Anspruchs 1 nicht ausreichend klar sei (Artikel 84 EPÜ). Zudem sei der Gegenstand des damaligen Anspruchs 1 nicht neu (Artikel 54 EPÜ) gegenüber Dokument
D5 WO 2013/170955.
III. Mit ihrer Beschwerdebegründung beantragte die Beschwerdeführerin die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Erteilung eines Patents auf der Grundlage des mit der Beschwerdebegründung eingereichten Hauptantrags, hilfsweise auf Grundlage des ebenfalls mit der Beschwerdebegründung eingereichten Hilfsantrags 1.
IV. Mit Bescheid vom 26. März 2020 teilte die Kammer der Beschwerdeführerin ihre vorläufigen Meinung mit, wonach der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Haupt- und Hilfsantrag gegenüber D5 nicht neu sei, sowie die auf die Möbelanordnung gerichteten Ansprüche 6 - 15 nicht ausreichend klar seien.
V. In Reaktion auf diesen Bescheid beantragte die Beschwerdeführerin als Hilfsantrag 2 im Schreiben vom 30. Juli 2020, ein Patent mit einem Anspruchssatz bestehend nur aus den Ansprüchen 1 - 4 des Hilfsantrags 1 zu erteilen.
VI. Nachdem sie ordnungsgemäß zur mündlichen Verhandlung geladen wurde, nahm die Beschwerdeführerin mit Schreiben von 27. Januar 2021 ihren Antrag auf mündliche Verhandlung zurück, informierte die Beschwerdekammer dass eine Teilnahme an einer mündlichen Verhandlung nicht beabsichtigt sei und beantragte eine Entscheidung nach Lage der Akte. Die anberaumte mündliche Verhandlung wurde daraufhin aufgehoben.
VII. Anspruch 1 des Hauptantrags lautet wie folgt:
"Verfahren zum Betrieb einer Möbelanordnung, insbesondere für eine Küche oder ein Bad, wobei die Möbelanordnung mindestens zwei Möbelmodule umfasst und die Möbelmodule vorzugsweise in Form von Unterschränken, Oberschränken oder Gesamtschränken sowie Tischplatten oder dergleichen ausgebildet sind, dadurch gekennzeichnet, dass die Möbelmodule der Möbelanordnung möbelfremde Informationen empfangen, auswerten und ausgehend von den empfangenen Informationen möbeleigene oder möbelferne Aktionen ausführen oder Steuerung bzw. Regelaufgaben ausgeben."
Anspruch 1 der Hilfsanträge 1 und 2 unterscheidet sich vom Hauptantrag dadurch, dass zusätzlich das folgende Merkmal verlangt wird:
"die möbelfremden Informationen werden durch Sensoren bereitgestellt"
VIII. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin lässt sich wie folgt zusammenfassen:
a) Das aus D5 vorbekannte Verfahren zum Betrieb einer Mobelanordnung sei nicht neuheitsschädlich, da eine händische Eingabe der gewünschten Höhe eines höhenverstellbaren Möbelmoduls eine möbeleigene Information darstelle und keine "möbelfremde Information" wie im Anspruch verlangt.
b) Zudem sei ein Touchpad kein Sensor im Sinne der Anmeldung.
1. Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag ist nicht neu im Sinne des Artikels 54 EPÜ.
1.1 Das Dokument D5 offenbart in Figur 1 eine Möbelanordnung für eine Küche aus mehreren Möbelmodulen in Form von Unter- und Oberschränken, die Steuerungen (4d, 5d, 6d) mit Bedienelementen (4e, 5e, 6e) umfassen, mit denen der Benutzer die gewünschte Höhe des Oberschranks oder der Arbeitsfläche des Unterschranks nach seiner Vorgabe einstellen kann. Das stellt ein Verfahren zum Betrieb dieser Möbelanordnung dar.
Die Information, die vom Benutzer eingegeben wird, ist als "möbelfremd" im Sinne der Anmeldung anzusehen, da sie auf dem Wunsch des Benutzers beruht und somit nicht eine vom Möbelmodul selbst bereitgestellte Information darstellt. In Abhängigkeit dieser vom Benutzer eingegebenen Information wird dann der Oberschrank oder die Arbeitsfläche des Unterschranks in ihrer Höhe entsprechend angepasst, bis sie der gewünschten Höhe entspricht. Dies stellt eine "möbeleigene Aktion" im Sinne der Anmeldung dar.
1.2 Die Anmelderin argumentiert zwar, dass die Eingabe einer Wunschhöhe der Arbeitsfläche des Unterschranks oder des Oberschranks durch den Benutzer keine möbelfremde Information sei, sondern eine möbeleigene Information. Sie verweist hierbei auf den vierten Absatz auf Seite 2 der Beschreibung der Anmeldung.
Das kann jedoch nicht überzeugen, da die vom Benutzer gewünschte Höhe nicht vom Möbelmodul abhängt, sondern eine nur vom Benutzer abhängige Information ist, die je Benutzer auch unterschiedlich ausfallen kann.
Auf Seite 2 im dritten und vierten Absatz der Beschreibung werden die Begriffe "möbelfremde Information" und "möbeleigene Information" definiert. Dabei wird als Beispiel für möbelfremde Informationen explizit auch Steuerungssignale von Eingabeeinrichtungen (Terminals) genannt. Auch im Abschnitt "Beispiel 3" auf Seite 4 der Beschreibung der Anmeldung wird die Höhenverstellung einer Küchenspüle oder einer Arbeitsfläche bzw. eines Spiegels explizit als unter die Erfindung fallend beschrieben.
Die Tatsache, dass im vierten Absatz auf Seite 2 die Position des Korpus des Möbelmoduls als möbeleigene Information genannt wird, ändert daran nichts. Diese Passage sagt lediglich aus, dass die Höhe einer Arbeitsfläche alternativ oder zusätzlich auch als Eingangsgröße in der Steuerung verwendet werden kann.
1.3 Somit ist der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag bereits aus D5 bekannt.
2. Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 ist ebenfalls nicht neu im Sinne des Artikels 54 EPÜ.
2.1 Dokument D5 offenbart im ersten Absatz auf Seite 5, dass die Bedienung auch über elektronisches Gerät wie beispielsweise ein Touchpad erfolgen kann. Ein Touchpad weist einen berührungssensitiven Bildschirm auf, der einen Sensor darstellt, mit dem die möbelfremden Informationen eingegeben werden können.
2.2 Die Anmelderin argumentiert zwar, dass ein Touchpad kein Sensor im Sinne der Anmeldung sei und verweist dabei auf den Abschnitt "Beispiel 6" auf Seite 7 der Beschreibung. Hier wird eine Vielzahl an Sensoren definiert, jedoch kein Touchpad genannt.
Diese Passage stellt jedoch nur eine exemplarische Ausgestaltung des Sensors gemäß der Erfindung dar.
Zudem wird im Abschnitt "Beispiel 6" unter anderem auch ein Notruftaster genannt, der analog zu einem Touchpad die Berührung einer Schaltfläche mit dem Finger des Benutzers detektieren kann.
Daher stellt auch ein Touchpad einen Sensor im Sinne des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 dar.
2.3 Entsprechend ist auch der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 bereits aus D5 bekannt.
3. Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 ist identisch zum Anspruch 1 des Hilfsantrags 1, so dass der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrags 2 aus den gleichen Gründen wie zum Hilfsantrag 1 ausgeführt nicht neu ist.
4. Die Kammer sieht daher keine Veranlassung, die Entscheidung der Prüfungsabteilung, die Anmeldung zurückzuweisen, aufzuheben.
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.