T 1702/17 25-06-2019
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Etikettenfolie für Rundumetiketten
Taghleef Industries LLC
Taghleef Industries S.p.A. (Beigetretene)
Taghleef Industries GmbH (Beigetretene)
Gemeinsamer Beitritt der vermeintlichen Patentverletzer während des Beschwerdeverfahrens - zulässig (ja) - Rückzahlung einer Einspruchsgebühr (ja)
Änderungen - unzulässige Erweiterung (nein)
Ausreichende Offenbarung - Ausführbarkeit (ja)
Neuheit - (ja)
Neuheit - mehrfache Auswahl
Erfinderische Tätigkeit - (ja)
Zurückverweisung an die Einspruchsabteilung - besondere Gründe gegen Zurückverweisung
I. Die Beschwerde der Einsprechenden richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, den Einspruch gegen das europäische Patent Nr. 2 502 744 zurückzuweisen.
II. Die Einsprechende hatte gegen dieses Patent unter Artikel 100 a) EPÜ (mangelnde erfinderische Tätigkeit) Einspruch eingelegt und den Widerruf des Patents in vollem Umfang beantragt.
Das erteilte Patent umfasst zehn Ansprüche. Anspruch 1 hat folgenden Wortlaut:
"Mehrschichtige, opake, biaxial orientierte Polyolefinfolie mit einer Dicke von mindestens 40 mym aus einer vakuolenhaltigen Basisschicht und beidseitig darauf aufgebrachten Zwischenschichten und beidseitigen Deckschichten, dadurch gekennzeichnet, daß [sic] beide Zwischenschichten eine Dicke von mindestens 3 mym aufweisen und mindestens 70 Gew.-% eines Propylen-homopolymeren enthalten und beide Deckschichten weniger als 2 Gew.-% partikelförmige Füllstoffe enthalten und aus einer Mischung aus inkompatiblen Polymeren aufgebaut sind, jeweils eine Oberflächenrauheit Rz von mindestens 2,5 mym (bestimmt bei cut off des RC-Filters gemäß DIN 4768/1 von 0,25 mm) aufweisen, und die Mischung Propylenhomopolymer, Propylencopolymer und/oder Propylenterpolymer und ein Polyethylen enthält."
Ansprüche 2 bis 7 sind von Anspruch 1 abhängig. Der unabhängige Erzeugnisanspruch 8 und die unabhängigen Verfahrensansprüche 9 und 10 umfassen durch Rückbezug die Folie gemäß Anspruch 1.
III. Im Einspruchsverfahren wurden unter anderem folgende Dokumente angeführt:
D2:|US 5,516,563 |
D3:|US 5,618,369 |
D4:|EP 0 622 185 A1 |
D6:|DE 102 35 557 A1|
D7:|EP 0 611 102 A1.|
Die Einspruchsabteilung wies den Einspruch zurück, da der beanspruchte Gegenstand auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Dabei sah sie Beispiel 7 von D2 als den nächstliegenden Stand der Technik an. Selbst wenn man zugunsten der Einsprechenden annehme, dass die dort offenbarte Folie beidseitig eine anspruchsgemäße Oberflächenrauheit Rz aufweise, so verblieben als unterscheidende Merkmale, dass die Folie eine Dicke von mindestens 40 mym aufweise und dass zwei Zwischenschichten vorlägen, mit einer Dicke von jeweils mindestens 3 mym und einem Gehalt von mindestens 70 Gew.-% eines Propylenhomopolymeres. Die objektive technische Aufgabe sei es, die Folie der D2 dergestalt zu modifizieren, dass sich Bögen aus dieser Folie mit höheren Geschwindigkeiten bedrucken und sich Etiketten aus dieser Folie mit höheren Geschwindigkeiten zum Rundumetikettieren einsetzen ließen. Die im Einspruchsverfahren angeführten Dokumente ergäben keinen Hinweis auf die Lösung der technischen Aufgabe.
IV. Gegen diese Entscheidung legte die Einsprechende (Beschwerdeführerin) Beschwerde ein.
V. Mit Schreiben vom 18. Januar 2018 erklärten Taghleef Industries S.p.A. und Taghleef Industries GmbH ihren gemeinsamen Beitritt zum Einspruch nach Artikel 105 EPÜ. In ihrer Begründung erhoben sie Einwände unter Artikel 100 a) (mangelnde Neuheit und mangelnde erfinderische Tätigkeit), 100 b) und 100 c) EPÜ. Sie beantragten auch die Rückerstattung einer der beiden entrichteten Einspruchsgebühren. Folgende Dokumente wurden eingereicht:
B1: |Klageschrift Treofan Germany GmbH und Co. KG gegen die Beitretenden wegen Patentverletzung, 10. Oktober 2017 (LG Düsseldorf, 4a O 117/17)|
B2a:|Zustellungsnachweis Deutsche Post |
B2b:|Versandtasche (Kopie) |
B2c:|Registro presa in carico raccomandate postali in ingresso destinate alla Taghleef 20/11/17 |
B3: |Zustellungsurkunde |
D11:|WO 00/09329 A1 |
D12:|DE 39 40 173 A1 |
D13:|DE 43 13 430 A1 |
D14:|EP 1 224 069 B1 |
D15:|P. Kurth, "BOPP markets and growth - development in technology", Polypropylene'94, 4-5 October, Zürich|
D16 |J. Breil, "Added value speciality films produced with sequential and simultaneous stretching lines", Speciality plastic films 2002, 29-30 October, Zürich|
D17 |WO 2011/068728 A1 |
D18:|EP 0 514 098 A2 |
D19:|DE 41 35 096 A1 |
D20:|DE 20 2006 012 400 U1|
D21:|WO 93/04860 A1 |
D22:|WO 2006/122958 A1 |
D23:|WO 2005/100019 A2 |
D24:|WO 02/45956 A1 |
D25:|EP 0 862 991 A2 |
D26:|US 4,578,316. |
VI. Die Patentinhaberin (Beschwerdegegnerin) nahm zur Beschwerdebegründung sowie zu dem gemeinsamen Beitritt Stellung und reichte mit dem Schreiben vom 18. Mai 2018 einen 1. Hilfsantrag sowie mit dem Schreiben vom 25. Juni 2018 einen 2. und 3. Hilfsantrag ein. Außerdem reichte sie folgende Dokumente ein:
D27:|Klageerwiderung zu 4a O 117/17 vom 6. April 2018 |
D28:|Ausschnitt aus: "Packaging Business Review" |
D29:|Ausschnitt aus: "creditrisk monitor" |
D30:|Taghleff Industries news January 2012_n.7 |
D31:|2013 Environmental Report, edn 01, Taghleef Industries Kft., Hungary.|
VII. Die Beteiligten wurden zur einer (ersten) mündlichen Verhandlung geladen, in welcher die Zulässigkeit der Beitritte sowie die Begründetheit der Beschwerde im Umfang der Beschwerdebegründung und der Beschwerdeerwiderung zu erörtern war.
VIII. Die Beitretenden reichten folgende Dokumente ein:
D32:|Gesellschafterliste der Taghleef Industries GmbH|
D33:|Partecipazioni Taghleef Industries S.p.A. |
D34:|DIN 4768 (August 1974).|
IX. Eine erste mündliche Verhandlung vor der Kammer fand am 7. November 2018 statt.
In dieser Verhandlung entschied die Kammer, dass die Beitritte der Beitretenden (nachfolgend: Beigetretenen) zulässig sind. Außerdem wurde die Beschwerde der Beschwerdeführerin erörtert.
Zudem entschied die Kammer, den durch die Beigetretenen eingeführten Streitstoff, insbesondere die neuen Einspruchsgründe und die neuen Angriffslinien auf die erfinderische Tätigkeit, in einer zweiten Verhandlung zu behandeln, und nicht, wie von den Beigetretenen und der Beschwerdeführerin beantragt, die Sache an die Einspruchsabteilung zurückzuverweisen.
X. Die Beteiligten wurden zu einer zweiten Verhandlung geladen. In ihrem Bescheid vom 17. Januar 2019 erläuterte die Kammer ihre vorläufige Meinung zu den zu erörternden Punkten.
XI. Mit weiteren Schreiben ergänzten bzw. erweiterten die Beteiligten ihren Vortrag.
Unter anderem trugen die Beigetretenen in ihrem Schreiben vom 24. Mai 2019 erstmalig einen Angriff auf die erfinderische Tätigkeit ausgehend von Vergleichsbeispiel 3 des Streitpatents vor.
Die Beschwerdegegnerin reichte mit Schreiben vom 24. Mai 2019 weitere Hilfsanträge ein (4. bis 7. Hilfsantrag).
Folgende Dokumente wurden noch eingereicht:
Beigetretenen:
D36: |Eidesstattliche Versicherung Prof. Dr. Rainer Brandt |
D36a:|WO 99/55518 A1 |
D37: |Reproduction Example 7 of D2 |
D38: |Replik der Patentinhaberin vom 26. November 2018, Seiten 1, 6, 26, 27 im Verletzungsverfahren 4a O 117/17|
D39: |Affidavit Francesca Piasente und Verkaufsdokumente |
D40: |Affidavit Richard Britton. |
Beschwerdegegnerin:
D41:|Affidavit Allan John Crighton.|
XII. Eine zweite mündliche Verhandlung vor der Kammer fand am 25. Juni 2019 statt.
Während der Verhandlung legte die Beschwerdegegnerin folgendes Dokument vor:
|"Vergleich zwischen Beispiel 7 der D2 und D37"(6 Seiten).|
XIII. Anträge
Die Beschwerdeführerin beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent in vollem Umfang zu widerrufen.
Die Beschwerdegegnerin beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen, hilfsweise, das Patent in eingeschränktem Umfang auf der Grundlage des 1. Hilfsantrags, eingereicht mit dem Schreiben vom 18. Mai 2018, oder des 2. oder 3. Hilfsantrags, eingereicht mit dem Schreiben vom 25. Juni 2018, oder des 4. bis 7. Hilfsantrags, eingereicht mit dem Schreiben vom 24. Mai 2019, aufrechtzuerhalten.
Sie beantragte außerdem, ggf. Herrn Kochem zu gestatten, Ausführungen zur Frage der Rauheit und Entstapelbarkeit zu machen, sowie die verspätet eingereichte Anlage D40 mangels Relevanz nicht in das Verfahren zuzulassen.
Die Beigetretenen beantragten, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent zu widerrufen, sowie, den Herren Wieners, Brandt und Heger Ausführungen betreffend die technische Einordnung der Merkmale der Anspruchsgegenstände und des Stands der Technik, den Gepflogenheiten in der Branche sowie den mit der Erfindung erzielten Effekten zu gestatten, sowie Herrn Brandt weitere Erläuterungen zum Inhalt seiner eidesstattlichen Versicherung zu gestatten.
Weiterhin beantragte sie, die Rückerstattung einer der beiden Einspruchsgebühren, sowie den 4. bis 7. Hilfsantrag nicht in das Verfahren zuzulassen.
XIV. Die Argumente der Beschwerdeführerin sowie der Beigetretenen können, soweit für die vorliegende Entscheidung relevant, wie folgt zusammengefasst werden:
Gemeinsamer Beitritt:
Die Beigetretenen haben die Behauptung der Beschwerdegegnerin, sie seien Tochtergesellschaften der Einsprechenden oder dieser gegenüber weisungsgebunden als unzutreffend zurückgewiesen. Die Beigetretenen seien offenkundig unterschiedliche Rechtspersonen, und daher als Dritte im Sinne von Artikel 105 (1) EPÜ anzusehen. Der gemeinsame Beitritt sei daher zulässig.
Artikel 100 c) EPÜ:
Die Beigetretenen waren der Ansicht, dass Anspruch 1 unzulässig erweitert wurde. Aus der ursprünglichen Offenbarung gehe hervor, dass für die Deckschicht mindestens drei Bestandteile erforderlich seien, nämlich ein Propylenhomopolymer, ein Co- und/oder Terpolymer aus Propylen-, Ethylen- und/oder Butylen-Einheiten und ein Polyethylen. Die Beschwerdeführerin hat zusätzlich vorgetragen, auch Anspruch 2 der ursprünglichen Offenbarung stütze nicht die Änderung, weil nach dieser Offenbarung beide Deckschichten aus einer Mischung aus Propylenhomopolymer, Propylencopolymer und/oder Propylenterpolymer und einem Polyethylen bestünden.
Artikel 100 b) EPÜ:
Die Beigetretenen haben argumentiert, die Erfindung sei nicht auf bestimmte Polymeranteile in der Deckschicht sowie auf diejenigen Schichtdicken beschränkt, die für das Erzielen der Oberflächenrauheit erforderlich seien. Damit sei der beanspruchte Gegenstand nicht über den gesamten Anspruchsbereich ausführbar.
Neuheit:
Die Beigetretenen sahen den Gegenstand von Anspruch 1 vorweggenommen sowohl durch D11 (in Zusammenschau mit D13, was die Offenbarung der Oberflächenrauheit der Deckschichten betraf), als auch durch D12.
Erfinderische Tätigkeit:
Ausgehend von Beispiel 7 von D2:
Die Beschwerdeführerin war der Auffassung, die mehrschichtige Folie aus Beispiel 7 von D2 unterscheide sich vom Gegenstand von Anspruch 1 lediglich darin, dass in letzterem die beiden Zwischenschichten mindestens 70 Gew.-% eines Propylenhomopolymeren enthielten und eine Dicke von mindestens 3 mym bei einer Gesamtdicke der beanspruchten Folie von mindesten 40 mym aufwiesen. Der anspruchsgemäße Wert für die Oberflächenrauheit Rz sei hingegen in D2 implizit offenbart. In der Folie von Beispiel 15 von D3 (und von D4) sei eine zu der in Beispiel 7 von D2 identische Mischung aus inkompatiblen Polymeren als Deckschicht verwendet worden. Für diese Folie sei in D3 eine Rauheit beschrieben, die im Hinblick auf die Messmethode (D34) als Oberflächenrauheit Rz anzusehen sei und die den anspruchsgemäßen Rz-Wert vorwegnehme. Die zu lösende technische Aufgabe sei, eine mehrschichtige, opake Folie mit verbesserten, weil störungsfreieren Verarbeitungseigenschaften, insbesondere im Vergleich zu Etiketten, zur Verfügung zu stellen. Der Fachmann wisse, beispielsweise aus D7, dass Folien für Etiketten eine bestimmte Dicke und Steifigkeit benötigten und erhalte aus D6 den Hinweis, die Stabilität solcher Folien, insbesondere für opake, vakuolenhaltige Folien, mit Zwischenschichten aus Propylenpolymeren zu erhöhen. Die Beigetretenen haben sich diesem Vortrag angeschlossen.
Die Beigetretenen haben zusätzlich bestritten, dass die technische Aufgabe, die Entstapelung von Folien oder Bögen zu verbessern, über die gesamte Breite des Anspruchs gelöst sei. Bereits bei Deckschichten mit einer Dicke von etwa 1,5 mym gelinge es nicht mehr, die Oberflächenrauheit Rz durch die Mischung inkompatibler Polymere zu erzeugen.
Die Erfindung sei aber auch in Zusammenschau mit D24 offensichtlich. D24 offenbare mehrschichtige Folien, die gut zu stapeln und zu entstapeln seien und außerdem Zwischenschichten enthielten. Der Fachmann würde Zwischenschichten aus Propylenhomopolymer vorsehen, um die mechanische Festigkeit oder Steifigkeit der Folien und damit die Entstapelbarkeit zu verbessern.
Ausgehend von Vergleichsbeispiel 3:
Die Beigetretenen haben auch Vergleichsbeispiel 3 als nächstliegenden Stand der Technik betrachtet. Das einzige Unterscheidungsmerkmal sei, dass in diesem Beispiel eine Deckschicht eine Oberflächenrauheit Rz von nur 0,4 mym aufwies. Von den Beigetretenen wurden mehrere technische Aufgaben in Betracht gezogen, nämlich: eine matte Oberfläche vorzusehen, die optischen Eigenschaften der Folie zu verbessern oder auch die Entstapelbarkeit der Folie zu verbessern. Wenn als technische Aufgabe angesehen werde, die Entstapelbarkeit der Folie zu verbessern, würde der Fachmann ausgehend von dieser Offenbarung in Zusammenschau mit D12 oder D26 eine zweite, raue Deckschicht mit der anspruchsgemäßen Oberflächenrauheit vorsehen.
Ausgehend von D18 oder D24:
Die Beigetretenen hatten in ihrem Beitrittsschreiben auch D18 als nächstliegenden Stand der Technik (in Zusammenschau mit D14) sowie D24 (in Zusammenschau mit D26) angeführt.
XV. Die Argumente der Beschwerdegegnerin können, soweit für die vorliegende Entscheidung relevant, wie folgt zusammengefasst werden:
Gemeinsamer Beitritt:
Die Beitretenden seien weisungsgebundene, 100%-ige Tochterunternehmen der Beschwerdeführerin. Aufgrund dieser faktischen Personenidentität seien die Beitretenden nicht als Dritte im Sinne von Artikel 105 (1) EPÜ anzusehen, und folglich fehle eine der Voraussetzungen für einen zulässigen Beitritt. Jedenfalls aber sei der Beitritt als rechtsmissbräuch-lich anzusehen, weil sich die Beschwerdeführerin über ihre Töchter einen Einfluss auf den weiteren Ablauf des Verfahrens, insbesondere betreffend über die Töchter in das Verfahren nachgereichte Dokumente, verschaffen würde, der ihr nach dem EPÜ nicht zustehe.
Artikel 100 c) EPÜ:
Die Änderung in dem erteilten Anspruch 1 sei durch die ursprüngliche Offenbarung in Anspruch 2 gestützt. Es sei offensichtlich, dass der Ausdruck "aufgebaut sind" in Anspruch 2 die Zusammensetzung der Deckschichten nicht abschließend definiere. Dies sei auch durch die ursprüngliche Offenbarung, in den abhängigen Ansprüchen und in der Beschreibung gestützt.
Artikel 100 b) EPÜ:
Das Streitpatent enthalte ausreichende Angaben, an denen sich der Fachmann bei der Nacharbeitung der Erfindung orientieren könne, um zu den beanspruchten Ausführungsformen zu gelangen.
Neuheit:
Der Fachmann müsse innerhalb der Offenbarung von D11 und D12 eine Vielzahl von Auswahlschritten aus mehreren Listen vornehmen, um überhaupt zu dem beanspruchten Gegenstand des Streitpatents zu gelangen. Somit sei der Gegenstand von Anspruch 1 neu.
Erfinderische Tätigkeit:
Ausgehend von Beispiel 7 von D2:
Es sei unwahrscheinlich, dass die Folie von Beispiel 7 von D2, selbst unter Berücksichtigung von D3 oder D4 sowie der in D34 beschriebenen Meßmethode die Oberflächenrauheit Rz nach Anspruch 1 offenbare. Der Fachmann erhalte weder in Zusammenschau mit D6 noch mit D7 einen Hinweis, dass die in Anspruch 1 definierten Zwischenschichten mit einer Dicke von jeweils mindestens 3 mym und einem Gehalt von mindestens 70 Gew.-% eines Propylenhomopolymeres zu einer Folie mit einer verbesserten Entstapelbarkeit, insbesondere bei großformatigen Bögen, führen würden. In Bezug auf D24 wurde argumentiert, darin sei ein asymmetrischer Aufbau der Folie bevorzugt, mit einerseits einer matten und andererseits einer glänzenden Oberfläche. Damit beruhe die angeblich gute Entstapelbarkeit der Etiketten in D24 auf der Kombination einer matten (inneren) Oberfläche mit einer glatten (äußeren) Oberfläche. D24 lehre daher vom symmetrischen Aufbau der Folie von Beispiel 7 von D2 weg.
Ausgehend von Vergleichsbeispiel 3:
Ausgehend von diesem Beispiel sei die technische Aufgabe, Folien bereitzustellen, die auch in größeren Zuschnitten eine verbesserte Entstapelbarkeit aufwiesen. Die Beispiele im Streitpatent belegten, dass diese Aufgabe gelöst sei. Allerdings würden weder D12 noch D26 die beanspruchte Lösung nahelegen. D26 betreffe aufgerollte Folien und erwähne weder eine Oberflächenrauheit der Deckschicht noch eine Entstapelung der Folie. In D12 sei zwar die Oberflächenrauheit erwähnt, deren Bedeutung für die Entstapelbarkeit von Folien sei aber nicht erkannt worden.
Ausgehend von D18 oder D24:
Weder D18 noch D24 seien als nächstliegender Stand der Technik geeignet. D18 befasse sich nicht mit Stapelung und Entstapelung von Multilagenfilmen, und D24 befasse sich mit der Haftfähigkeit von Folien gegenüber einer Vielzahl von unterschiedlichen Polymermaterialien.
1. Gemeinsamer Beitritt
1.1 Im Beschwerdeverfahren haben die Beigetretenen ihren gemeinsamen Beitritt zum Einspruchsverfahren gegen das Streitpatent gemäß Artikel 105 (1) a) EPÜ erklärt.
1.2 Gemäß Artikel 105 (1) a) EPÜ kann jeder Dritte nach Ablauf der Einspruchsfrist nach Maßgabe der Ausführungsordnung dem Einspruchsverfahren beitreten, wenn er nachweist, dass gegen ihn Klage wegen Verletzung dieses Patents erhoben worden ist.
1.3 Im Hinblick auf die unstreitig von der Beschwerde-gegnerin gegen die Beigetretenen vor dem Landgericht Düsseldorf zu 4a O 117/17 rechtshängig gemachte Patentverletzungsklage sind die nach Regel 89 (1) EPÜ zu erfüllenden formalen Voraussetzungen für einen Beitritt zum laufenden Einspruchs(beschwerde)verfahren durch B1, B2a, B2b, B2c und B3 belegt.
1.4 Dies wurde von der Beschwerdegegnerin auch nicht bestritten. Sie stellte vielmehr die Rechtswirksamkeit der Beitrittserklärung mit der Begründung in Abrede, dass die Beigetretenen nicht als "Dritte" im Sinne des Artikel 105 (1) EPÜ angesehen werden könnten, weil diese 100-prozentige, weisungsgebundene Tochtergesell-schaften der Beschwerdeführerin seien und daher mit ihr als Einheit anzusehen seien. Insoweit hielt es die Beschwerdegegnerin für verfahrensmissbräuchlich, dass die Beschwerdeführerin über die Beitritte ihrer angeblichen Tochtergesellschaften noch im Beschwerde-verfahren von der Einreichung neuer Entgegenhaltungen durch die Beigetretenen profitieren könne, denn dieses Verhalten wäre der Beschwerdeführerin selbst nicht ohne weiteres möglich gewesen.
1.5 Dem kann die Kammer jedoch nicht folgen. Die Beschwerdegegnerin geht offensichtlich selbst davon aus, dass es sich bei beiden Beigetretenen um rechtlich selbständige Gesellschaften und damit um selbständige juristische Personen handelt. Dies setzt die Beschwerdegegnerin schon für das von ihr angestrengte Patentverletzungsverfahren voraus, nachdem sie dort unstreitig beide Beigetretenen verklagt hat und demnach von deren jeweils eigenständiger Rechts- und Prozessfähigkeit ausgegangen ist.
1.6 Entgegen der Auffassung der Beschwerdegegnerin ist für die Frage, ob die Beigetretenen als Dritte im Sinne von Artikel 105 (1) EPÜ anzusehen sind, allein die Tatsache entscheidend, dass die Beschwerdeführerin und die Beigetretenen rechtlich voneinander getrennte Gesellschaften und damit selbständige juristische Personen sind. Eine wirtschaftliche Verflechtung der drei Gesellschaften, gleich welcher Art, ist dagegen nach dem EPÜ für die Frage der Zulässigkeit der Beitritte unerheblich. Der - qualifiziert bestrittenen - Behauptung der Beschwerdegegnerin, die Beigetretenen seien von der Beschwerdeführerin faktisch abhängig und ihr gegenüber weisungsgebunden, muss also mangels Erheblichkeit nicht weiter nachgegangen werden. Auch die Tatsache, dass mit den Beitritten neue Dokumente in das Verfahren eingereicht worden sind, spricht nicht für einen Rechtsmissbrauch. Es entspricht vielmehr dem Sinn und Zweck des Regelungsgehalts von Artikel 105 EPÜ und ist insoweit Ausdruck des gesetzgeberischen Willens, dass Dritte als Beigetretene neue Einspruchsgründe geltend machen und neue Dokumente einreichen können, um das Patent zu Fall zu bringen.
1.7 Soweit die Beschwerdegegnerin auf die Entscheidung T 384/15 Bezug nimmt und geltend macht, dass danach "bei der Wirksamkeit einer Beitrittserklärung grundsätzlich ein Vertrauensmissbrauch möglich" sei, hat sie keine Erklärungen dazu abgegeben, aus welchem Grunde diese Entscheidung für den vorliegenden Fall einschlägig sein sollte. Auch im Übrigen vermag die Kammer nicht zu erkennen, dass die drei Gesellschaften beanstandungswürdige Absprachen zulasten der Beschwerdegegnerin getroffen haben sollten. Die Beitrittsmöglichkeit ist vielmehr allein durch die Tatsache eröffnet worden, dass die Beschwerdegegnerin die Beigetretenen wegen Patentverletzung gerichtlich in Anspruch genommen hat.
1.8 Der gemeinsame Beitritt zu dem anhängigen Beschwerdeverfahren ist damit zulässig.
2. Einspruchsgrund nach Artikel 100 c) EPÜ
2.1 Das Streitpatent basiert auf einer europäischen Teilanmeldung (EP 12 004 587.7), die auf der Grundlage der früheren Anmeldung (EP 08 842 884.2) eingereicht wurde. Die Teilanmeldung unterscheidet sich von der früheren Anmeldung lediglich darin, dass ein in der früheren Anmeldung enthaltener Verwendungsanspruch gestrichen wurde. Somit enthält die Teilanmeldung dieselbe Beschreibung wie die frühere Anmeldung und ist auch auf dieselben Produkt- und Verfahrensansprüche gerichtet wie die frühere Anmeldung. In der nachfolgenden Erörterung der Zulässigkeit der Änderungen wird die Kammer daher der Einfachheit halber lediglich auf "die ursprüngliche(n) Ansprüche/Beschreibung" verweisen.
2.2 Der ursprüngliche Anspruch 1 fordert lediglich, dass "beide Deckschichten aus einer Mischung aus inkompatiblen Polymeren aufgebaut sind und jeweils eine Oberflächenrauheit Rz von mindestens 2,5 mym (bei cut off 0,25 mm) aufweisen".
Während des Prüfungsverfahrens zur Erteilung des Streitpatents wurde in Anspruch 1 die Mischung aus inkompatiblen Polymere dahingehend eingeschränkt, dass "die Mischung Propylenhomopolymer, Propylencopolymer und/oder Propylenterpolymer und ein Polyethylen enthält". Diese Änderung wurde von den Beigetretenen unter Artikel 100 c) EPÜ angegriffen.
2.3 Diese Änderung scheint durch den ursprünglichen Anspruch 2 gestützt, der wie folgt lautet:
"2. Folie nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß [sic] beide Deckschichten aus einer Mischung aus Propylenhomopolymer, Propylencopolymer und/oder Propylenterpolymer und einem Polyethylen aufgebaut sind."
Bei der Aufnahme der Polymerkomponenten des ursprünglichen Anspruchs 2 in den Anspruch 1 wurde auch der ursprüngliche Wortlaut geändert: Im erteilten Anspruch 1 sind die Deckschichten aus inkompatiblen Polymeren aufgebaut und die Mischung enthält Propylenhomopolymer, Propylencopolymer und/oder Propylenterpolymer und ein Polyethylen, während im ursprünglichen Anspruch 2 beide Deckschichten aus einer Mischung aus Propylenhomopolymer, Propylencopolymer und/oder Propylenterpolymer und einem Polyethylen aufgebaut sind.
Nach Ansicht der Beschwerdeführerin verlangt der ursprüngliche Anspruch 2, dass beide Deckschichten aus einer Mischung aus Propylenhomopolymer, Propylencopolymer und/oder Propylenterpolymer und einem Polyethylen aufgebaut sind, d.h. daraus bestehen. Eine offene Definition gemäß dem erteilten Anspruch 1 des Streitpatents, wonach die genannte Mischung lediglich neben weiteren potentiellen Bestandteilen in der Deckschicht enthalten ist, werde durch die Kombination der ursprünglichen Ansprüche 1 und 2 jedoch nicht gestützt.
2.4 Selbst wenn man der Beschwerdeführerin darin zustimmt, dass der ursprüngliche Anspruch 2 auf den ersten Blick eine geschlossene Formulierung suggeriert, so ist festzustellen, dass die ursprüngliche Anmeldung neben der in Anspruch 2 genannten Mischung sehr wohl die Anwesenheit von weiteren potentiellen Bestandteilen in den Deckschichten erlaubt. So verweisen die ursprünglichen Ansprüche 6 und 7 (rückbezogen auf die Ansprüche 1 bis 5 bzw. 1 bis 6) auf die Anwesenheit von Antiblockmittel (Anspruch 6) und einer bestimmten Maximalmenge an partikelförmigen Zusatzstoffen (Anspruch 7) in den Deckschichten. Weiterhin führt die Passage auf Seite 11, Zeilen 4 bis 8 aus, dass die innere Deckschicht weitere olefinische Polymere enthalten kann, wenn auch nur in geringen Mengen. So stützt der ursprüngliche Anspruch 2 unter Berücksichtigung der gesamten ursprünglichen Offenbarung die im Prüfungsverfahren vorgenommene Änderung im erteilten Anspruch 1.
2.5 In diesem Zusammenhang ist auch anzumerken, dass die Passage auf Seite 8, Zeilen 15 bis 17 der ursprünglichen Anmeldung die Deckschichten ebenfalls in offener Weise definiert:
"Die Deckschichten enthalten als erfindungswesentliche Bestandteile ein Propylenhomopolymer, Co- und/oder Terpolymer aus Propylen, Ethylen und/oder Butylen-Einheiten und ein Polyethylen". (Unterstreichung durch die Kammer)
Nach Ansicht der Beigetretenen und der Beschwerdeführerin könne diese Textstelle die Änderung im erteilten Anspruch nicht stützen, da dort nur ganz bestimmte Co- und/oder Terpolymeren genannt seien. Das beanstandete Merkmal des erteilten Anspruchs 1 stelle somit eine nicht erlaubte Zwischenverallgemeinerung dieser Passage dar.
Diese Argumentation überzeugt nicht. Es gibt im vorliegenden Fall keinen technisch plausiblen Grund, warum die offene Formulierung für die spezifischen Polymere in den Deckschichten nicht auch für die etwas allgemeinere Definition der Polymere gelten soll. Es wäre für den Fachmann offensichtlich, dass beide Fälle gleich zu behandeln sind, was, wie oben gezeigt, auch durch die Gesamtheit der ursprünglichen Offenbahrung bestätigt wird. Somit bestätigt die Textstelle auf Seite 8 die obige Schlussfolgerung, dass der ursprüngliche Anspruch 2 im Kontext der Gesamtoffenbarung die offene Formulierung im erteilten Anspruch 1 stützt.
2.6 Zusammenfassend ist daher festzustellen, dass der Einspruchsgrund nach Artikel 100 c) EPÜ der Aufrechterhaltung des Patents nicht entgegensteht.
3. Interpretation des Anspruchs 1
3.1 Nach Ansicht der Beigetretenen sei die Passage auf Seite 8, Zeilen 15 bis 17 (siehe Punkt 2.5 oben) schon allein deshalb nicht als Basis für das beanstandete Merkmal des erteilten Anspruchs 1 geeignet, da die dortige Aufzählung mit "und" verknüpft sei, so dass drei Bestandteile erforderlich seien:
(1) ein Propylenhomopolymer,
(2) ein Co- und/oder Terpolymer aus Propylen, Ethylen und/oder Butylen-Einheiten und
(3) ein Polyethylen.
3.2 Bei diesem Einwand scheint übersehen worden zu sein, dass auch der erteilte Anspruch 1 und der ursprüngliche Anspruch 2 die gleiche Struktur wie die zitierte Textstelle aufweisen, d.h. auch dort ist die Aufzählung der Komponenten in gleicher Weise mit "und" verbunden:
"... ein Propylenhomopolymer, Propylencopolymer und/oder Propylenterpolymer und ein Polyethylen ...".
Wenn also die Textstelle auf Seite 8 so zu lesen wäre, dass drei Bestandteile erforderlich sind, dann muss logischerweise auch die Mischung im erteilten Anspruch 1 und im ursprünglichen Anspruch 2 zwingend drei Polymerbestandteile aufweisen. Damit wäre dann aber der darauf basierende Einwand unter Artikel 100 c) EPÜ hinfällig.
3.3 Davon abgesehen, kann die Kammer aus folgenden Gründen der Interpretation der Beigetretenen nicht zustimmen. Sowohl die Passage auf Seite 8, der ursprüngliche Anspruch 2 und der erteilte Anspruch 1 sind nach Ansicht der Kammer so zu interpretieren, dass die Deckschichten lediglich zwei Bestandteile zwingend enthalten müssen, nämlich:
(i) ein Propylenhomopolymer, Propylencopolymer und/oder Propylenterpolymer und
(ii) ein Polyethylen.
Die Auslegung der Beigetretenen mag zwar linguistisch auch möglich sein, ist aber im vorliegenden Fall technisch nicht sinnvoll. Es ist für den Fachmann eindeutig, dass hier eine Mischung aus inkompatiblen Polymeren beschrieben wird, die (normalerweise) zu der anspruchsgemäßen Oberflächenrauheit führt. Dies ist aus der Gesamtheit der ursprünglichen Anmeldung ersichtlich, und sowohl der ursprüngliche Anspruch 1 als auch der erteilte Anspruch 1 fordern, dass beide Deckschichten aus einer Mischung aus inkompatiblen Polymeren aufgebaut sind. Da an sich bekannt ist, dass das Abmischen von Propylenpolymeren mit einem unverträglichen Polyethylen zu einer Oberflächenrauheit führt, würde der Fachmann erkennen, dass auf Seite 8, im ursprünglichen Anspruch 2 und im erteilten Anspruch 1 die zwei Polymertypen aufgelistet sind, die dieses Ziel bewirken sollen, nämlich (i) Propylenpolymere auf der einen Seite, und (ii) Polyethylen auf der anderen. Der Fachmann würde also erkennen, dass mit "und" der zweite Polymertyp angezeigt wird.
3.4 Diese Interpretation, dass Propylenhomopolymer nicht zwingend vorhanden sein muss (neben Propylencopolymer und/oder Propylenterpolymer), wird auch durch die Offenbarung auf Seite 9, Zeilen 16 und 17 bestätigt, wo ausgeführt wird, dass "statt oder zusätzlich zu den genannten Co- und/oder Terpolymeren auch Propylenhomopolymer verwendet werden [kann]". Die gleiche Lehre findet sich auf Seite 9, Zeilen 30 bis 31: "... die Anteile an Co- und/oder Terpolymer, gegebenenfalls Homopolymer, und Polyethylen für die Deckschichten ...".
4. Einspruchsgrund nach Artikel 100 b) EPÜ
4.1 Nach Ansicht der Beigetretenen offenbare das Streitpatent die Erfindung nicht so deutlich und vollständig, dass ein Fachmann sie ausführen könne. Zunächst führten sie unter Verweis auf Absatz [0034] des Streitpatents aus, dass es zur Erzielung des technischen Effektes erfindungswesentlich sei, die Anteile der Polymere in den Deckschichten aus den in den Absätzen [0030] und [0031] des Streitpatents angegebenen Mengenbereichen auszuwählen. Dennoch sei Anspruch 1 nicht auf diese Ausführungsformen eingeschränkt. Zudem zeige Vergleichsbeispiel 2, dass bei Reduktion der Dicke der Deckschichten, unter Beibehaltung sämtlicher anderer Parameter, nur eine Oberflächenrauheit Rz unterhalb des anspruchsgemäß geforderten Wertes von mindestens 2,5 mym erzielt werden könne. Dennoch sei Anspruch 1 nicht auf Folien beschränkt, die eine Mindestdicke aufwiesen. Damit sei aber der beanspruchte Gegenstand nicht über den gesamten Anspruchsbereich ausführbar.
4.2 Nach der Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts, 8. Auflage, 2016, (im Folgenden: Rechtsprechung) Kapitel II.C.2, ist die Frage, ob eine Erfindung im Sinne von Art. 83 EPÜ ausreichend offenbart ist, anhand des Gesamtinhalts der Patentanmeldung, also unter Berücksichtigung der Beschreibung und der Zeichnungen, zu beantworten. Dabei darf die Frage ausreichender Offenbarung nicht allein vom Inhalt der Ansprüche her beurteilt werden. Somit kann der Fachmann, falls nötig, auf die Information in den Absätze [0030] und [0031] bezüglich der Mengen der Polymerkomponenten zurückgreifen. Dieses Argument der Beigetretenen scheint eher darauf zu beruhen, dass der erteilte Anspruch 1 nicht alle wesentlichen Merkmale enthält, was unter Artikel 84 EPÜ und nicht unter Artikel 83 EPÜ zu prüfen wäre.
4.3 Auch das auf die Ergebnisse in Vergleichsbeispiel 2 gestützte Argument überzeugt nicht. Zunächst ist anzumerken, dass dieses Beispiel nicht anspruchsgemäß ist: Beide Deckschichten weisen eine Oberflächenrauheit unterhalb der geforderten Oberflächenrauheit Rz von mindestens 2,5 mym auf. Bei der Nacharbeitung der Erfindung kann sich der Fachmann sowohl auf das erfindungsgemäße Beispiel als auch auf die weiteren Angaben im Streitpatent stützen, um zu der beanspruchten Oberflächenrauheit zu gelangen. So finden sich in der Beschreibung an den Fachmann gerichtete Hinweise, unter anderem hinsichtlich der zu verwendenden Polymermaterialien und deren Mischungen. In Absatz [0030] werden bevorzugte Mengen an Propylenhomopolymer, Co- und/oder Terpolymer sowie an Polyethylen angegeben, und in Absatz [0031] wird angegeben, welche Zusammensetzung der Co- oder Terpolymere aus den jeweiligen Monomeren vorteilhaft ist. Bevorzugte Bereiche für die Dicke der Deckschichten sind in Absatz [0038] zu finden. Die Beschreibung des Streitpatents gibt dem Fachmann ausreichend Hinweise, wie anspruchsgemäße Folien hergestellt werden können.
4.4 Daraus folgt, dass der Einspruchsgrund nach Artikel 100 b) EPÜ der Aufrechterhaltung des Patents nicht entgegensteht.
5. Neuheit
5.1 Die Beigetretenen sind der Ansicht, dass sowohl D11 als auch D12 zumindest für den Gegenstand des Anspruchs 1 neuheitsschädlich sei.
5.2 Neuheit gegenüber D11
5.2.1 D11 betrifft eine mehrschichtige biaxial orientierte Polypropylenfolie aus einer Basisschicht, mindestens einer siegelfähigen Deckschicht und mindestens einer Zwischenschicht (Seite 1, Zeilen 7 bis 11). Nach Ansicht der Beigetretenen werden sämtliche Merkmale von Anspruch 1 von dieser Offenbarung vorweggenommen. Die anspruchsgemäße Oberflächenrauheit Rz sei zwar nur in D13 offenbart, auf dieses Dokument werde aber in D11 ausdrücklich Bezug genommen.
5.2.2 Die Kammer kann den Beigetretenen nur insoweit zustimmen, dass die meisten Merkmale aus Anspruch 1 des Streitpatents auch eine Fundstelle in D11 haben. Bei der Auslegung von Entgegenhaltungen ist es jedoch nach Rechtsprechung, Kapitel I.C.4.2., nicht zulässig "verschiedene Bestandteile unterschiedlicher Ausführungsformen, die in ein und demselben Dokument beschrieben sind, miteinander zu verbinden, sofern nicht im Dokument selbst eine solche Verbindung nahegelegt wird". Insbesondere "darf der Inhalt eines Dokuments nicht als so etwas wie ein Reservoir behandelt werden, aus dem Merkmale verschiedener Ausführungsformen entnommen werden können, um künstlich eine bestimmte neuheitsschädliche Ausführungsform zu konstruieren, wenn das Dokument selbst eine solche Merkmalskombination nicht nahelegt."
5.2.3 Vorliegend ist dies aber der Fall. In D11 sind die Merkmale des erteilten Anspruchs 1 nicht unmittelbar und eindeutig in Verbindung miteinander offenbart. Somit muss innerhalb der Beschreibung von D11 mehrmals und gezielt ausgewählt werden, um zum Gegenstand von Anspruch 1 zu gelangen. Es sind nämlich auszuwählen
- eine fünfschichtige Folie mit dem Aufbau Deckschicht/Zwischenschicht/Basisschicht/Zwischenschicht/Deckschicht und nicht eine vierschichtige Folie mit dem Aufbau Deckschicht/Basisschicht/Zwischenschicht/Deckschicht (Seite 3, Zeilen 7 bis 15);
- eine vakuolenhaltige und nicht eine weiße, pigmenthaltige Basisschicht (Seite 8, Zeile 12 bis Seite 9, Zeile 14);
- Zwischenschichten aus Propylenhomopolymer und nicht aus anderen Polymeren aus Olefinen mit 2 bis 10 Kohlenstoffatomen (Seite 10, Zeile 21 bis Seite 12, Zeile 24);
- matte Deckschichten mit Polyethylen und nicht Deckschichten ohne Polyethylen (Seite 18, Zeile 23 bis Seite 19, Zeile 23).
Nach D11 liegt die Dicke der Zwischenschicht im Allgemeinen im Bereich von 0,2 bis 10 mym, vorzugsweise im Bereich von 0,4 bis 5 mym, insbesondere im Bereich von 0,5 bis 3 mym (Seite 14, Zeilen 11 bis 14). Die Gesamtdicke der Polypropylenfolie beträgt für opake/weiße Ausführungsformen im Allgemeinen 10 bis 150 mym, vorzugsweise 15 bis 100 mym, insbesondere 20 bis 80 mym (Seite 20, Zeilen 20 bis 23). Auch für diese Parameter muss wiederum gezielt ausgewählt werden, um zu den beanspruchten Schichtdicken zu gelangen.
5.2.4 Bereits aus diesen Gründen ist der Gegenstand von Anspruch 1 nicht unmittelbar und eindeutig in D11 vorbeschrieben. Vor diesem Hintergrund ist es nicht erforderlich, auch noch zu erörtern, ob der Fachmann in Zusammenschau mit der Offenbarung der Beispiele von D13 zwangsläufig Deckschichten mit der beanspruchten Oberflächenrauheit Rz von mindestens 2,5 mym auswählen würde.
5.3 Neuheit gegenüber D12
5.3.1 Nach Auslegung der Beigetretenen offenbart auch D12 sämtliche Merkmale des erteilten Anspruchs 1.
5.3.2 Allerdings gilt auch hier das im Zusammenhang mit D11 Gesagte über die Kombination von verschiedenen Fundstellen in einem Dokument. Zwar offenbart D12 beidseitig siegelbare, biaxial orientierte Polyolefinfolien aus fünf Schichten (Spalte 1, Zeilen 3 und 4) und die übrigen Merkmale von Anspruch 1. Um allerdings zu genau diesem Gegenstand zu gelangen, muss wiederum mehrfach ausgewählt werden, unter anderem:
- eine porige Struktur der Basisschicht - in Spalte 5, Zeilen 43 und 44, ist dieses Merkmal zwar bevorzugt, aber nicht zwingend;
- eine Gesamtdicke der Folie oberhalb von mindestens 40 mym - gemäß Spalte 5, Zeilen 65 und 66, beträgt die Gesamtdicke im allgemeinen 10 mym und 120 mym, vorzugsweise 20 bis 80 mym;
- eine Dicke beider Zwischenschichten von mindestens 3 mym - gemäß Spalte 5, Zeilen 67 und 68, kann diese Dicke zwischen 0,2 mym bis 4 mym liegen, bevorzugt zwischen 0,5 mym bis 1,5 mym,; und
- eine Oberflächenrauheit Rz von mindestens 2,5 mym - in Spalte 5, Zeilen 38 und 42, ist ein Bereich zwischen 0,5 und 5 mym offenbart.
Zudem sind in D12 die inkompatiblen Polymermischungen aus Propylenhomopolymer, Propylencopolymer und/oder Propylenterpolymer und einem Polyethylen nicht offenbart. In Spalte 2, Zeilen 47 und 55, sind zwar einzelne Homo-, Co- oder Terpolymere für die Deckschicht beschreiben, aber die beanspruchte, spezifische Mischung müsste erst durch mehrfache und gezielte Auswahl innerhalb dieses Abschnitts von Spalte 2 zusammengesucht werden.
5.3.3 Somit ist der Gegenstand von Anspruch 1 auch nicht unmittelbar und eindeutig in D12 vorbeschrieben.
5.4 Daher ist der Gegenstand von Anspruch 1 gegenüber den zitierten Dokumenten neu (Artikel 54 EPÜ).
6. Erfinderische Tätigkeit
6.1 Das Streitpatent betrifft eine mehrschichtige, opake, biaxial orientierte Polyolefinfolie, die zur Verwendung als Rundumetikett geeignet ist (Absatz [0001]). Für das Bedrucken von Rundumetiketten ist es üblich, die Folien zunächst zu großformatigen Bögen zu schneiden, auf denen dann so viele Druckbilder wie möglich untergebracht werden. In diesem Druckprozess werden die gestapelten Bögen mit sehr hohen Taktzahlen vereinzelt, und aus den bedruckten Bögen werden die einzelnen Rundumetiketten ausgestanzt. Größere Bögen verringern zwar die Druckkosten, gleichzeitig wird jedoch deren Handhabung bei hohen Taktzahlen schwieriger. Insbesondere lassen sich die Bögen beim Einführen in die Druckmaschine nicht mehr zuverlässig mit den nötigen Entstapelungsgeschwindigkeiten vereinzeln (Absatz [0013]). So ist die im Streitpatent ausgewiesene technische Aufgabe, eine Folie zur Verfügung zu stellen, die hinsichtlich der Handhabung und Entstapelbarkeit verbessert ist. Dabei muss die Folie sich sowohl in Form großer Zuschnitte (d.h. Bögen oder "Sheets") beim Bedrucken gut vereinzeln als auch im Etikettierverfahren mit hohen Taktzahlen gut entstapeln lassen (Absatz [0022]).
6.2 Die Einspruchsabteilung ging in ihrer Entscheidung von D2 als nächstliegendem Stand der Technik aus. Die Beschwerdeführerin griff die erfinderische Tätigkeit nach wie vor ausgehend von diesen Dokument an, insbesondere ausgehend von Beispiel 7 von D2. Der Hauptangriff der Beigetretenen beruhte auf dem Vergleichsbeispiel 3 des Streitpatents, daneben gingen sie noch von D18 und D24 aus.
7. Erfinderische Tätigkeit ausgehend von D2
7.1 D2 offenbart opake, mehrschichtige Polypropylenfolien (Spalte 1, Zeilen 9 bis 12), die als Etiketten verwendet werden können (Spalte 2, Zeile 53). Die Folien können eine oder mehrere Zwischenschichten enthalten, die sich zwischen der Basisschicht und den äußeren Schichten befinden (Spalte 12, Zeilen 45 bis 51), bevorzugt sind aber Folien, die aus drei Schichten aufgebaut sind (Spalte 12, Zeilen 52 bis 53).
Beispiel 7 von D2 offenbart eine dreischichtige Folie DBD mit einer vakuolenhaltige Basisschicht B, die 92,6 Gew.% Propylenhomopolymer enthält, und zwei Deckschichten D mit gleicher Zusammensetzung, bestehend aus einer Mischung von inkompatiblen Polymeren, nämlich aus HDPE und einem Terpolymer enthaltend Ethylen, Propylen sowie 1-Buten.
Wie die Einspruchsabteilung sieht auch die Kammer das Beispiel 7 von D2 als geeigneten Ausgangspunkt für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit.
7.2 Unterscheidungsmerkmale
7.2.1 Es war unstreitig, dass die Folie des Beispiels 7 keine zwei Zwischenschichten offenbart, die eine Dicke von mindestens 3 mym aufweisen und mindestens 70 Gew.-% eines Propylenhomopolymeren enthalten. Auch die Gesamtdicke der Folie liegt weit unter den anspruchsgemäß geforderten 40 mym.
7.2.2 Umstritten war hingegen, ob die anspruchsgemäße Oberflächenrauheit Rz von mindestens 2,5 mym implizit für die Folie von Beispiel 7 offenbart ist. Für keine der Folien von D2 wurde dieser Wert gemessen. Allerdings wird in den Deckschichten dieser Folie eine Mischung aus inkompatiblen Polymeren verwendet, die auch in Beispiel 15 von D3 (und D4) verwendet worden ist. Für dieses Beispiel 15 wird in der jeweiligen Tabelle 2 von D3 und D4 eine Oberflächenrauheit 3,0 mym angegeben. Aus diesen Angaben leitete die Beschwerdeführerin ab, dass die Folie von Beispiel 7 von D2 implizit eine anspruchsgemäße Oberflächenrauheit Rz haben muss. Diesem Vortrag schlossen sich die Beigetretenen an.
7.2.3 D3 und D4 offenbaren eine "roughness" bzw. "Rauhigkeit" nicht aber Rz. Die Beschwerdegegnerin hat unter anderem vorgetragen, dass die in D3/D4 für die Messung der Rauheit verwendete Methode nach DIN 4768 (D34) drei unterschiedliche Rauheitsmessgrößen liefern könne, nämlich Ra, Rz, und Rmax. Obgleich unwahrscheinlich sei, dass die in D3/D4 angegebenen Werte Ra darstellten, sei es möglich und sogar am wahrscheinlichsten, dass dort Rmax gemeint sei.
7.2.4 Im Zusammenhang mit der Übertragung des Rauheitswertes der D3/D4 auf die Folie des Beispiels 7 der D2 haben die Parteien unter anderem auch sehr kontrovers diskutiert, inwiefern die Schichtdicke der Deckschichten, das Vorhandensein von Zwischenschichten oder die Beschaffenheit der Basisschicht die Oberflächenrauheit Rz beeinflusst, und inwieweit eine Oberflächenrauheit, deren Wert (ausgedrückt in mym) doppelt oder dreimal so groß ist wie die Dicke der Deckschicht an sich, aussagekräftig sein kann.
7.2.5 Die Kammer kann angesichts dieses Vorbringens der Beteiligten nicht abschließend klären, ob die Folie von Beispiel 7 von D2 die in Anspruch 1 angegebene Oberflächenrauheit Rz implizit offenbart. Auch die im Rahmen der zweiten Verhandlung geführte Diskussion konnte die Frage, ob die Folie des Beispiel 7 von D2 die anspruchsgemäße Oberflächenrauheit Rz implizit offenbart, nicht abschließend klären.
7.2.6 Letztendlich braucht aber nicht darüber entschieden werden, ob D2 die anspruchsgemäße Oberflächenrauheit offenbart. Bereits in der angefochtenen Entscheidung war die Einspruchsabteilung zugunsten der damaligen Einsprechenden (nun Beschwerdeführerin) davon ausgegangen, dass Beispiel 7 von D2 diesen Wert offenbart. Trotzdem hat sie entschieden, dass der beanspruchte Gegenstand auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht. Zu dem gleichen Schluss kommt auch die Kammer, wie im Folgenden gezeigt wird.
7.3 Technische Wirkung
7.3.1 In Beispiel 1 des Streitpatents (Absätze [0078] bis [0086]) ist eine erfindungsgemäße fünfschichtige Folie beschrieben. Sie weist hinsichtlich der Deckschichten und der Basisschicht die Merkmale nach Anspruch 1 des Streitpatents auf. Ferner enthält die Folie zwei Zwischenschichten aus Propylenhomopoly-merisat, wobei die zwei Zwischenschichten eine Dicke von 7 mym und 4 mym aufweisen.
7.3.2 Diese Folien werden mit den Folien aus den Vergleichsbeispielen 1 bis 3 verglichen, die jeweils einen anderen, nicht anspruchsgemäßen Aufbau aufweisen.
Die Folie von Vergleichsbeispiel 1 ist dreischichtig, und unterscheidet sich von der in Beispiel 1 darin, dass die zwei Zwischenschichten weggelassen wurden. Ansonsten erfüllt die Folie des Vergleichsbeispiels 1 die Merkmale von Anspruch 1 des Streitpatents hinsichtlich ihrer Deckschichten und der Basisschicht.
Die Folie von Vergleichsbeispiel 2 ist fünfschichtig, und unterscheiden sich von der in Beispiel 1 darin, dass die Dicken der Deckschichten verringert wurden, was zur Folge hat, dass nun beide Deckschichten eine Oberflächenrauheit Rz aufweisen, die kleiner ist als 2,5 mym (nämlich 1,8 und 2,0 mym). Ansonsten erfüllt die Folie dieses Vergleichsbeispiels die Merkmale von Anspruch 1 des Streitpatents.
Die Folie von Vergleichsbeispiel 3 ist fünfschichtig, und unterscheidet sich von der in Beispiel 1 darin, dass die äußere Deckschicht eine glänzende Oberfläche mit einer Oberflächenrauheit Rz von 0,4 mym aufweist. Ansonsten erfüllt die Folie dieses Vergleichsbeispiels die Merkmale von Anspruch 1 des Streitpatents hinsichtlich der Zwischenschichten und der Basisschicht. So weist die zweite Deckschicht eine Oberflächenrauheit Rz von 3,0 mym auf. Der Aufbau dieser Folie entspricht, gemäß Streitpatent (Absatz [0089]), den üblichen In-mould-Etiketten nach dem Stand der Technik (eine raue und eine glatte Deckschicht).
7.3.3 In der Tabelle auf Seite 11 des Streitpatents werden einige technische Eigenschaften dieser Folien angegeben. Die Ergebnisse dieser Tabelle lassen sich wie folgt zusammenfassen:
|Entstapelte Sheets(Bögen) pro Stunde|Entstapeln der Etiketten qualitativ|
Beispiel 1| 8000 | *** |
Vergleichs-beispiel 1| 2500 | ** |
Vergleichs-beispiel 2| 500 | * |
Vergleichs-beispiel 3| 100 | * |
*** Entstapeln ohne Störungen
** gelegentliche Störungen
* häufige Störung
7.3.4 Diese Daten zeigen, dass das Vorhandensein der beiden anspruchsgemäßen Zwischenschichten (die eine Dicke von mindestens 3 mym aufweisen und mindestens 70 Gew.-% eines Propylenhomopolymeren enthalten), sowie der Oberflächenrauheit Rz von mindestens 2,5 mym, und zwar nicht nur auf einer sondern auf beiden Deckschichten, entscheidend ist für die Entstapelbarkeit der Folie. Diese Daten zeigen auch, dass die einzelnen Maßnahmen (zwei Deckschichten mit einer Oberflächenrauheit Rz von mindestens 2,5 mym, wie in Vergleichsbeispiel 1; Vorhandensein von Zwischenschichten, wie in Vergleichsbeispielen 2 und 3) an sich nicht zu dem gewünschten Ergebnis führen. Erst das Zusammenspiel der Maßnahmen ermöglicht eine störungsfreie Entstapelung.
7.4 Objektive technische Aufgabe
7.4.1 Die objektive technische Aufgabe ist daher in der Bereitstellung von Folien zu sehen, die auch in größeren Zuschnitten eine verbesserte Entstapelbarkeit aufweisen. Diese Aufgabe ist im Lichte der oben diskutierten technischen Wirkung der fünflagigen Folie erfolgreich gelöst worden.
7.4.2 Die Beigetretenen bestritten, dass die technische Aufgabe, d.h. die Verbesserung der Entstapelung von Folien oder Bögen, über die gesamte Breite des Anspruchs gelöst werde. Unter Hinweis auf die Schichtdicke von Vergleichsbeispiel 2 trugen sie vor, dass es bereits für Deckschichten mit einer Dicke von etwa 1,5 mym nicht mehr gelinge, die anspruchsgemäße Oberflächenrauheit Rz durch eine Mischung inkompatibler Polymere zu erzeugen. Dieses Argument überzeugt nicht, da das Vergleichsbeispiel 2 nicht anspruchsgemäß ist: Beide Oberflächen besitzen eine Oberflächenrauheit unterhalb der geforderten Oberflächenrauheit Rz von mindestens 2,5 mym. Nicht anspruchsgemäße Ausführungsformen müssen die technische Aufgabe nicht lösen.
7.5 Naheliegen - in Kombination mit D6 oder D7
7.5.1 In ihrer Beschwerdebegründung hatte die Beschwerdeführerin nicht nur die Kombination von D2 mit D6, sondern auch die Kombination von D2 mit D7 herangezogen, um die mangelnde erfinderische Tätigkeit zu begründen.
7.5.2 D6 betrifft eine Polypropylenfolie mit niedriger Dichte sowie deren Verwendung als In-mould-Etikett (Absatz [0001]). D6 befasst sich mit der Bereitstellung einer opaken (vakuolenhaltigen) Folie, welche eine bessere mechanische Stabilität beim In-mould Etikettieren aufweisen soll (Absatz [0018]), d.h. die Spleißneigung der Folie soll verringert werden, so dass es nicht zur Delaminierung der Folie beim Öffnen der Form kommt.
7.5.3 Aus der Lehre von D6 erhält der Fachmann keinerlei Hinweise, wie das Entstapeln der Bögen verbessert werden kann. Umso weniger findet er in D6 die Anregung, dass das Vorhandensein von Zwischenschichten mit einer Dicke von mindestens 3 mym und aus mindestens 70 Gew.-% eines Propylenhomopolymers die objektive technische Aufgabe des Streitpatents lösen können. Die in D6 vorgeschlagenen Zwischenschichten aus Polyprolylen dienen einem anderen Zweck, nämlich das Auseinanderschälen der einzelnen Folienschichten nach dem Gießen des Behälters und beim Öffnen der Form zu vermeiden.
Das Argument der Beschwerdeführerin, dass es im Hinblick der Lehre von D6 für den Fachmann naheliegend sei, die Stabilität von Folien für Etiketten, insbesondere von opaken, vakuolenhaltigen Folien, durch das Einfügen von Zwischenschichten aus Propylenhomopolymeren zu erhöhen, scheint daher auf einer rückschauenden Betrachtungsweise in Kenntnis des Streitpatents zu beruhen.
7.5.4 Im weiteren Verfahren beschränkte sich die Beschwerdeführerin bezüglich der zweiten Angriffslinie darauf zu behaupten, der Fachmann wisse, beispielsweise aus D7, dass Folien für Etiketten eine bestimmte Dicke und Steifigkeit benötigten.
D7 beschreibt aber asymmetrische vierschichtige Folien, die als Etiketten für In-mould-Verfahren geeignet sind (Beispiel), und die eine glänzende Oberfläche aufweisen (Spalte 2, Zeilen 1 bis 13). Eine Kombination von D2 mit D7 würde allein schon aus diesem Grund nicht zum beanspruchten Gegenstand führen. Das Argument, dass der Fachmann Zwischenschichten aus Propylenhomopolymer zur Erhöhung der Steifigkeit einführen würde, scheint wiederum auf einer rückschauenden Betrachtungsweise zu beruhen.
7.5.5 Somit beruht der Gegenstand von Anspruch 1 im Lichte des nächstliegenden Standes der Technik D2 in Zusammenschau mit der Lehre von D6 oder von D7 auf einer erfinderischen Tätigkeit.
7.6 Naheliegen - in Kombination mit D24
Die Beigetretenen haben die erfinderische Tätigkeit auch ausgehend von D2 in Kombination mit D24 angegriffen. Die Beschwerdeführerin hat sich diesem Angriff angeschlossen.
7.6.1 D24 befasst sich mit einer biaxial orientierten Folie aus thermoplastischen Kunststoffen für Etiketten mit verbesserter Haftung gegen verschiedene Materialien (Seite 1, Zeilen 4 bis 6). Die Folie ist, unter anderem, einseitig bedruckbar und als gut zu stapeln und zu entstapeln beschrieben (Seite 5, Zeilen 15 und 16). Die Oberfläche der inneren Deckschicht weist eine erhöhte Oberflächenrauheit auf, welche beim Etikettierprozess das Entstapeln erleichtert (Seite 8, Zeilen 4 bis 8). Die Folie kann (zusätzlich zur Basisschicht) eine äußere Deckschicht (Seite 20, Zeilen 4 bis 6) und eine oder zwei Zwischenschichten, einseitig oder beidseitig der Basisschicht, enthalten (Seite 22, Zeile 9 bis 14).
7.6.2 Der Fachmann, der D24 zurate zieht, würde feststellen, dass die dort beschriebenen Zwischenschichten nicht im Zusammenhang mit einer verbesserten Entstapelbarkeit stehen. Im Gegenteil, eine Zwischenschicht aus Propylenhomopolymer soll bevorzugt zwischen der äußeren Deckschicht und der Basisschicht aufgebracht sein, und soll zu einem hohen Glanz auf der Außenseite des opaken Etiketts beitragen (Seite 23, Zeilen 13 bis 18). Eine Anregung, eine Zwischenschicht vorzusehen, und zwar an der rauen, inneren Deckschicht, und zu dem Zweck, die Entstapelbarkeit von aus der Folie hergestellten Bögen zu verbessern, findet sich in D24 nicht. Vielmehr ist die Lehre von D24, dass eine raue Oberfläche ausreichend ist, um die Entstapelbarkeit der Folie zu gewährleisten. Somit würde die Kombination von D2 mit D24 zu einer asymmetrischen Folie führen, mit einer rauen und mit einer glatten Deckschicht.
7.6.3 Die Beigetretenen und die Beschwerdeführerin haben mit Verweis auf das angebliche allgemeine Fachwissen argumentiert, der Fachmann würde Zwischenschichten aus Propylenhomopolymer vorsehen, um die mechanische Festigkeit oder Steifigkeit der Folien, und damit die Entstapelbarkeit zu verbessern. Dieses Fachwissen wurde jedoch nicht belegt. Außerdem wies die Beschwerdegegnerin darauf hin, dass der Fachmann durch das Einfügen von Zwischenschichten aus Propylenhomopolymer eine Erhöhung des Glanzes der Schicht (wie in D24 tatsächlich beschrieben) und eine Reduzierung der Rauheit erwartet hätte, wie auch im Streitpatent beschrieben (Absatz [0026]). Die Kammer sieht keinen Grund, diese Feststellung anzuzweifeln.
7.6.4 Somit ist die beanspruchte Lösung auch in Zusammenschau mit D24 nicht nahegelegt.
8. Erfinderische Tätigkeit ausgehend von Vergleichsbeispiel 3
8.1 Obwohl die Beigetretenen erstmalig in ihrem Schreiben vom 24. Mai 2019 einen Angriff auf die erfinderische Tätigkeit ausgehend von Vergleichsbeispiel 3 des Streitpatents formuliert haben, erklärte die Beschwerdegegnerin in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich, dass sie gegen die Behandlung dieses Angriffs keine Einwände habe.
8.2 Auch der Kammer erschien die Behandlung dieses Punkts sachgerecht. Wie bereits oben beschrieben (Punkt 7.3), entspricht nach Aussage des Streitpatents selbst (Absatz [0089]) der Aufbau der Folie von Vergleichsbeispiel 3 (eine raue und eine glatte Deckschicht) den üblichen In-mould-Etiketten nach dem Stand der Technik. Insoweit kann Vergleichsbeispiel 3 tatsächlich als ein Repräsentant des Standes der Technik angesehen werden. Zudem hat in diesem Verfahren die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) ausdrücklich zugestimmt, dass Vergleichsbeispiel 3 als nächstliegender Stand der Technik angesehen wird. Somit kann die Kammer diesen Angriff abhandeln.
8.3 Die Folie von Vergleichsbeispiel 3 weist keine zweite Deckschicht mit einer Oberflächenrauheit Rz von mindestens 2,5 mym auf. Dies stellt in Rahmen dieser Diskussion das einzige in Betracht zu ziehende Unterscheidungsmerkmal dar.
8.4 Wie oben bereits gezeigt, führt die Erhöhung der Oberflächenrauheit Rz von 0,4 mym auf 3,0 mym zu einer deutlichen Erhöhung der entstapelten Bögen von 100 pro Stunde auf 8000. Daher bleibt es bei der oben formulierten objektive technischen Aufgabe, nämlich Folien bereitzustellen, die auch in größeren Zuschnitten eine verbesserte Entstapelbarkeit aufweisen. Diese Aufgabe ist als gelöst anzusehen.
8.5 Die von den Beigetretenen herangezogenen technischen Aufgaben können nicht anerkannt werden. Sie sahen zunächst als Aufgabe, eine matte Oberfläche vorzusehen. Diese Aufgabe kann allein deshalb schon nicht in Betracht gezogen werden, weil eine solche Formulierung der Aufgabe Teile des Lösungsgedanken einbezieht, und somit zwangsläufig eine rückschauende Betrachtungsweise darstellt (Rechtsprechung, Kapitel I.D.4.3.1).
Daneben sahen die Beigetretenen die Verbesserung der optischen Eigenschaften der Folie als technische Aufgabe an. Auch diese Formulierung der Aufgabe kann die Kammer nicht anerkennen. Die optischen Eigenschaften werden von der vakuolenhaltigen Basisschicht beeinflusst, und eine solche ist bereits in der Folie von Vergleichsbeispiel 3 vorhanden. Zudem werden die im Streitpatent beschriebenen (und auch gezeigten) Vorteile der besseren Entstapelbarkeit völlig ignoriert.
8.6 Die Beigetretenen haben auf D12 und D26 verweisen, welche die Offensichtlichkeit der beanspruchten Lösung ausgehend von Vergleichsbeispiel 3 zeigen sollen.
8.6.1 D12 beschreibt beidseitig siegelbare, biaxial orientierte Polyolefinfolien aus fünf Schichten. Sie weisen gute Laufeigenschaften auf Verpackungsmaschinen auf und sind bedruckbar (Spalte 1, Zeilen 3 bis 11). In einer Ausführungsform enthält die Folie von D12 inerte Teilchen, die aus der Basisschicht und aus den Zwischenschichten herausragen. Durch Variation der Konzentration der inerten Teilchen, der mittleren Teilchengröße sowie der Dicke der Deckschicht lässt sich die gewünschte Rauheit der Folienoberfläche einstellen. Damit kann eine Oberflächenrauheit Rz von 0,5 bis 5 mym erzielt werden, insbesondere von 1 bis 4 mym (Spalte 5, Zeile 25 bis 42). Es ist unstreitig, dass sowohl in D12 als auch im Streitpatent die Oberflächenrauheit Rz nach derselben Methode gemessen wird.
Selbst wenn man den Beigetretenen zugesteht, dass die Oberflächenrauheit in D12 tatsächlich mit den Laufeigenschaften der Folie in Verbindung zu bringen ist, und die Laufeigenschaften auch mit der Entstapelbarkeit der aus dieser Folie hergestellten Bögen zusammenhängen, ist festzustellen, dass in D12 die Bedeutung der Oberflächenrauheit Rz nicht erkannt wurde. Eine Oberflächenrauheit Rz von 1 mym und von 4 mym werden von der Lehre von D12 als gleichwertig angesehen. Es ist aber aus den Beispielen im Streitpatent offensichtlich (siehe auch Punkt 7.3), dass Deckschichten mit einer Oberflächenrauheit Rz von 2,0 mym nicht zu einer zufriedenstellenden Entstapelung der aus der Folie hergestellten Bögen führt. D12 kann also keinen Hinweis auf die erfindungsgemäße Rauheit geben.
8.6.2 D26 befasst sich mit mehrschichtigen Propylenfolien mit einem niedrigen Reibungskoeffizienten. Diese sind für schnell laufende Verpackungsmaschinen geeignet (Spalte 1, Zeilen 6 bis 21). Die geringe Reibung wird durch eine Mischung von Polypropylen mit MDPE und/oder HDPE erreicht, d.h. durch inkompatible Polymere in den Deckschichten (Spalte 2, Zeilen 23 bis 27).
Die Zusammenschau von Vergleichsbeispiel 3 mit D26 führt allerdings nicht zum Gegenstand von Anspruch 1. Das Argument der Beigetretenen, die in D26 verwendeten inkompatiblen Polymere in den Deckschichten würden zwangsläufig zu einer Oberflächenrauheit Rz von mindestens 2,5 mym führen, ist nicht richtig, wie aus Vergleichsbeispiel 2 des Streitpatents ersichtlich. Obgleich dort die Deckschichten aus inkompatiblen Polymeren aufgebaut sind, ist die Oberflächenrauheit Rz auf beiden Deckschichten unterhalb von 2,5 mym.
Hinzu kommt, dass D26 eine Oberflächenrauheit Rz gar nicht erwähnt. Wenn also die Zusammenschau von Vergleichsbeispiel 3 mit D12 - in welchem die Oberflächenrauheit Rz zwar diskutiert wird, aber deren Bedeutung für die Entstapelbarkeit von Bögen nicht erkannt wurde - nicht zum Gegenstand von Anspruch 1 führt, kann die Zusammenschau von Vergleichsbeispiel 3 mit D26 nicht zu einem anderen Ergebnis führen. Ausgehend von Vergleichsbeispiel 3, welches eine raue und eine glatte Deckschicht offenbart, gibt es in Zusammenschau mit D26 keinen Hinweis, im Hinblick auf eine bessere Entstapelbarkeit eine zweite, raue Deckschicht mit einer Oberflächenrauheit Rz von mindestens 2,5 mym vorzusehen.
8.6.3 Es folgt daraus, dass der Gegenstand von Anspruch 1, ausgehend von Vergleichsbeispiel 3 nicht offensichtlich ist, und zwar weder in Zusammenschau mit D12 noch mit D26.
9. Erfinderische Tätigkeit ausgehend von D18 oder D24
9.1 Die Beigetretenen hatten mit der Begründung ihres Beitritts zwei weitere Dokumente als nächstliegenden Stand der Technik angeführt, nämlich D18 und D24. In der mündlichen Verhandlung verwiesen sie lediglich darauf, dass jedes dieser Dokumente einen gleichwertigen nächstliegenden Stand der Technik darstelle.
9.2 In ihrem Bescheid vom 17. Januar 2019 (Punkt 5.2.1 und 5.2.4) hatte die Kammer darauf hingewiesen, dass in der mündlichen Verhandlung zu diskutieren sei, ob diese Dokumente als nächstliegender Stand der Technik in Frage kämen. Wenn aber der Gegenstand des Anspruchs 1 ausgehend von D2 oder Vergleichsbeispiel 3 des Streitpatents nicht nahegelegt ist, dann ist es denklogisch nicht nachvollziehbar, warum die Erfindung ausgehend von gleichwertigen Dokumenten offensichtlich sein soll. Allein schon aus diesem Grund führen diese Angriffe der Beigetretenen nicht zum Erfolg.
10. Erfinderische Tätigkeit - Zusammenfassung
Der Gegenstand von Anspruch 1 beruht auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ). Dasselbe gilt auch für den Gegenstand der Ansprüche 2 bis 10, welche die Merkmale der Folien gemäß Anspruch 1 umfassen.
11. Antrag auf Zurückverweisung
11.1 In der ersten mündlichen Verhandlung verwiesen die Beteiligten auf eine im August 2019 anberaumte Verhandlung im anhängigen Patentverletzungsverfahren. Die Beschwerdegegnerin hat daher auch eine instanzbeendende Entscheidung ohne Zurückverweisung beantragt. Die Beigetretenen (und die Beschwerdeführerin) haben die Zurückverweisung beantragt, um die mit dem gemeinsamen Beitritt neu in das Verfahren eingeführten Sachverhalte durch die Einspruchsabteilung prüfen zu lassen.
11.2 Die Kammer sah es im vorliegenden Fall als zweckdienlich an, die Sache selbst zu entscheiden, um eine zügige Erledigung und Rechtssicherheit auch und gerade mit Blick auf das anhängige Patentverletzungsverfahren zu gewährleisten. Nur auf diese Weise konnte eine Endentscheidung in der Sache vor August 2019 ergehen. Sie hat daher in der ersten mündlichen Verhandlung entschieden, den Antrag auf Zurückverweisung abzulehnen (Artikel 111 (1), zweiter Satz, EPÜ) und den neuen, von den Beigetretenen eingebrachten Sachverhalt in einer zweiten mündlichen Verhandlung zu behandeln.
12. Antrag auf Rückzahlung einer Einspruchsgebühr
12.1 Die Beigetretenen hatten bei der Einreichung ihres gemeinsamen Beitritts vorsorglich zwei Einspruchsgebühren entrichtet und zugleich die Rückzahlung einer Einspruchsgebühr beantragt.
12.2 Gemäß Leitsatz I. der Entscheidung der Großen Beschwerdekammer G3/99 ist ein Einspruch, der von mehreren Personen gemeinsam eingelegt wird und ansonsten den Erfordernissen des EPÜ genügt, zulässig, wenn nur eine Einspruchsgebühr entrichtet wird. Es steht nach Auffassung der Kammer nichts dagegen, diesen Grundsatz auch im vorliegendem Fall anzuwenden, bei welchem die Beigetretenen einen gemeinsamen Beitritt erklärt und nur vorsorglich eine zweite Einspruchsgebühr entrichtet hatten.
12.3 Daher wird die Rückzahlung einer Einspruchsgebühr der gemeinsam Beigetretenen angeordnet.
13. Da die Beigetretenen D40 in der mündlichen Verhandlung nicht mehr verwendet haben, war eine Entscheidung über die Zulassung dieses Dokuments nicht nötig. Auch eine Entscheidung über die Zulassung des 4. bis 7. Hilfsantrags erübrigte sich, da bereits der Hauptantrag der Beschwerdegegnerin gewährbar ist.
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Der gemeinsame Beitritt zu dem Beschwerdeverfahren ist zulässig.
2. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
3. Die Rückzahlung einer Einspruchsgebühr der gemeinsam Beigetretenen wird angeordnet.