T 1185/14 23-11-2018
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Landwirtschaftliche Erntemaschine
Neuheit - gegenüber früherer europäischer Anmeldung (nein)
Neuheit - Hauptantrag (nein)
Erfinderische Tätigkeit - Hilfsantrag (ja)
I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, zur Post gegeben am 1. April 2014, das europäische Patent Nr. 2 168 420 in geändertem Umfang nach Artikel 101(3) a) EPÜ aufrechtzuerhalten.
II. Der Einspruch gegen das Patent war auf die Gründe Artikel 100 (a) i.V.m. Artikel 54 und 56 EPÜ gestützt. Die Einspruchsabteilung war der Auffassung, dass das nach dem Hilfsantrag I geänderte Patent und die Erfindung, die es zum Gegenstand hat, den Erfordernissen des EPÜ genügen.
In ihrer Entscheidung hat die Einspruchsabteilung unter anderem die folgenden Entgegenhaltungen zitiert:
D3 US 4 487 002
D4 EP 2 151 156 A2
D6 DE 199 21 466 A1
III. Gegen diese Entscheidung hat die Einsprechende als Beschwerdeführerin am 16. Mai 2014 Beschwerde eingelegt und am selben Tag sowohl die Beschwerdegebühr entrichtet als auch die Beschwerdebegründung eingereicht.
IV. In einer Mitteilung der Beschwerdekammer vom 17. August 2018 gemäß Artikel 15(1) VOBK teilte die Kammer den Parteien ihre vorläufige Auffassung nach erfolgter Ladung zur mündlichen Verhandlung mit. Die mündliche Verhandlung fand am 23. November 2018 in Anwesenheit aller am Beschwerdeverfahren beteiligten Parteien statt.
V. Die Beschwerdeführerin-Einsprechende beantragt die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents in vollem Umfang.
VI. Die Patentinhaberin als Beschwerdegegnerin beantragt die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents in geänderten Umfang auf der Grundlage des Hauptantrags oder hilfsweise eines der Hilfsanträge I bis VII, wobei der Haupt- und Hilfsantrag I mit Schriftsatz vom 6. Oktober 2014 eingereicht wurden, und Hilfsanträge II bis VII mit Schriftsatz vom 22. Oktober 2018 eingereicht wurden.
VII. Der unabhängige Anspruch 1 der für diese Entscheidung relevanten Anträge hat folgenden Wortlaut:
Hauptantrag
"Selbstfahrender Feldhäcksler (2) mit einer Erntegutaufnahmevorrichtung und mit wenigstens einem Arbeitsorgan zur Bearbeitung des Erntegutes und mit einer manuellen und automatischen Steuereinrichtung zur Steuerung der Fahrgeschwindigkeit des Feldhäckslers und wenigstens einer Messeinrichtung zur Ermittlung der Belastung des wenigstens einen Arbeitsorgans, wobei die Steuereinrichtung (20) zur automatischen Steuerung der Fahrgeschwindigkeit mit wenigstens einer Messeinrichtung (21) in Wirkverbindung steht und dass beim Überschreiten einer definierbaren Belastungsgrenze des wenigstens einen Arbeitsorgans (10, 13, 14, 15, 4, 7) die manuelle Steuereinrichtung zur Steuerung der Fahrgeschwindigkeit außer Kraft gesetzt wird, wobei die automatische Steuereinrichtung (20) derart auf den Fahrantrieb einwirkt, dass der Feldhäcksler (2) abgebremst und/oder die Rücknahme wenigstens eines Energiespeichermediums zur Reduzierung der Fahrtgeschwindigkeit erfolgt."
Hilfsantrag I
Wie im Hauptantrag, wobei am Ende der folgende Wortlaut eingefügt wurde: "wobei die Stärke des Abbremsens des Feldhäckslers und/oder die Festlegung des Wertes der Rücknahme des wenigstens einen Energiespeichermediums zur Reduzierung der Fahrtgeschwindigkeit in Abhängigkeit von der Art des einen Belastungssschwellwert überschreitenden Arbeitsorgans erfolgt, so dass je nachdem, welches Arbeitsorgan im Erntebetrieb überbelastet ist, eine daran angepasst differenzierte Fahrgeschwindigkeitsminderung bewirkt werden kann."
VIII. Die Beschwerdeführerin-Einsprechende hat zu den entscheidungserheblichen Punkten folgendes vorgetragen: Der Gegenstand von Anspruch 1 des Hauptantrags sei nicht neu gegenüber der Offenbarung des Dokuments D4. Der Gegenstand von Anspruch 1 des Hilfsantrags I beruhe nicht auf erfinderischer Tätigkeit, da er durch eine Kombination von D6 und D3 nahegelegt werde.
IX. Die Beschwerdegegnerin-Patentinhaberin hat zu den entscheidungserheblichen Punkten folgendes vorgetragen:
Der Gegenstand von Anspruch 1 des Hauptantrags sei neu gegenüber D4, da der in Absatz 15 genannte selbstfahrende Feldhäcksler nicht unmittelbar und eindeutig mit der in den Absätzen 28 und 30 beschriebenen manuellen und automatischen Steuereinrichtung ausgerüstet sei. Der Gegenstand von Anspruch 1 des Hilfsantrags I beruhe auf erfinderischer Tätigkeit.
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Anwendungsgebiet der Erfindung
Die Erfindung betrifft einen selbstfahrenden Feldhäcksler mit einer manuellen und automatischen Steuereinrichtung zur Steuerung der Fahrgeschwindigkeit des Feldhäckslers. Mit wenigstens einer Messeinrichtung wird die Belastung von wenigstens einem Arbeitsorgan des Feldhäckslers ermittelt. Beim Überschreiten einer definierbaren Belastungsgrenze des Arbeitsorgans wird die manuelle Steuereinrichtung zur Steuerung der Fahrgeschwindigkeit außer Kraft gesetzt. Außerdem wirkt dabei die automatische Steuereinrichtung derart auf den Fahrantrieb ein, dass der Feldhäcksler abgebremst und/oder die Rücknahme, d.h. die Reduzierung wenigstens eines Energiespeichermediums (wie Kraftstoff oder Hydrauliköl) zur Reduzierung der Fahrtgeschwindigkeit erfolgt.
Auf diese Weise fällt bei einer Störung keine Reaktionszeit des Bedieners des Feldhäckslers mehr an, und die aufgeschobene Erntegutmenge vor dem Feldhäcksler kann deutlich reduziert werden (Streitpatent, Absatz 6).
3. Hauptantrag - Neuheit
3.1 Der Anspruch 1 des Hauptantrags entspricht inhaltlich dem Anspruch 1 des Hilfsantrag I, auf dessen Basis die angegriffene Entscheidung ergangen ist. Die Beschwerdeführerin-Einsprechende bestreitet den Befund der Entscheidung, wonach der selbstfahrende Feldhäcksler nach Anspruch 1 neu gegenüber D4 sei.
3.2 Das zum Stand der Technik nach Artikel 54(3) EPÜ gehörende Dokument D4 offenbart in seinem Ausführungsbeispiel einen Traktor mit einer Rundballenpresse, die als anspruchsgemäße Erntegutaufnahmevorrichtung mit wenigstens einem Arbeitsorgan zur Bearbeitung des Erntegutes angesehen wird. Der Traktor weist eine Steuereinrichtung zur automatischen Steuerung der Fahrgeschwindigkeit und eine Messeinrichtung (z.B. Sensor 86, Absatz 25 und Figur 2) zur Ermittlung des Drehmoments (und damit der Belastung des wenigstens einen Arbeitsorgans) auf. Die Steuereinrichtung zur automatischen Steuerung der Fahrgeschwindigkeit steht dabei mit der Messeinrichtung in Wirkverbindung und wirkt derart auf den Fahrantrieb ein, dass der Traktor angehalten wird (Absätze 18 und 30, Figur 2).
3.3 Es ist unstrittig, dass im Ausführungsbeispiel der D4 ein Traktor offenbart wird, und nicht ein selbstfahrender Feldhäcksler wie im allgemeinen Teil der Beschreibung (Absatz 15). Die Beschwerdegegnerin-Patentinhaberin bestreitet die Kombinierbarkeit dieser Passagen und argumentiert, dass der Traktor aufgrund einer technischen Inkompatibilität nicht einfach durch den selbstfahrenden Feldhäcksler ersetzt werden könne. Darüber hinaus bildeten das Gaspedal bzw. der Handgashebel des Traktors alleine betrachtet keine anspruchsgemäße manuelle Steuereinrichtung. Zudem wirke die automatische Steuereinrichtung nicht derart auf den Traktor ein, dass er abgebremst werde.
Die Kammer kann sich dieser Sichtweise aus den folgenden Gründen nicht anschließen:
3.3.1 Im Hinblick auf die Kombinierbarkeit von Passagen eines Dokuments gilt zwar, dass sich der beanspruchte Gegenstand "unmittelbar und eindeutig aus dem Stand der Technik ergeben" muss, damit auf fehlende Neuheit geschlossen werden kann. Jedoch darf die technische Lehre von Beispielen mit der an anderer Stelle im selben Dokument - etwa in der Beschreibung einer Patentschrift - offenbarten Lehre kombiniert werden, vorausgesetzt, das betreffende Beispiel ist wirklich repräsentativ oder im Einklang mit der allgemeinen technischen Lehre, die in dem Dokument offenbart wird (Rechtsprechung der Beschwerdekammern, 8. Auflage 2016, I.C.4.1 und 4.2, siehe die darin genannte Entscheidung T 332/87). Somit ist im vorliegenden Fall zu prüfen, ob das Ausführungsbeispiel repräsentativ für die Lehre der D4 ist.
Das Ausführungsbeispiel verweist auf "die Erfindung" (Absatz 16), die in einem Patentdokument stets in den Patentansprüchen definiert wird. Diese müssen nun mit dem Ausführungsbeispiel verglichen werden, um die Kombinierbarkeit zu beurteilen. Der im Ausführungsbeispiel beschriebene Traktor weist die in Anspruch 1 der D4 genannten Merkmale auf (siehe insbesondere die Absätze 25, 29 und 30). Daher ist das Ausführungsbeispiel repräsentativ und steht im Einklang mit der allgemeinen technischen Lehre des Dokuments. Im Gegensatz zur Sichtweise der Beschwerdegegnerin-Patentinhaberin können folglich bei der Neuheitsprüfung der in Absatz 15 genannte selbstfahrende Feldhäcksler und das Ausführungsbeispiel kombiniert werden.
3.3.2 Im Hinblick auf die vermeintlich mangelnde technische Kompatibilität zwischen dem selbstfahrenden Feldhäcksler und dem Ausführungsbeispiel verweist die Beschwerdegegnerin-Patentinhaberin auf die Zapfwelle und die Zapfwellenkupplung, die bei einem selbstfahrenden Feldhäcksler nicht vorhanden seien (Absätze 19 und 20).
Der in D4 offenbarte Traktor weist unbestritten einen Antriebsmotor 36 auf, über den sowohl die Räder 20, 22 des Traktors als auch die Rundballenpresse 12 antreibbar sind (siehe die Figur 1). Die Rundballenpresse ist über eine Zapfwelle 34 und eine schaltbare Zapfwellenkupplung 42 mit dem Motor verbunden, damit sie bei der Ernte vom Motor angetrieben werden kann (Absätze 24 und 27, Figur 2). Für einen Fachmann impliziert diese Lehre, dass die Rundballenpresse im reinen Fahrbetrieb (z.B. auf dem Weg zu einem Feld) nicht angetrieben wird, da die Zapfwellenkupplung dann geöffnet ist. Ein selbstfahrender Feldhäcksler weist denselben prinzipiellen Aufbau auf, damit der Motor im reinen Fahrbetrieb nur die Räder antreiben muss, nicht aber die Arbeitsorgane des Feldhäckslers.
Ein Fachmann kann die Lehre des Ausführungsbeispiels der D4 somit unmittelbar auf einen selbstfahrenden Feldhäcksler übertragen, indem er den Erntevorsatz des Feldhäckslers über eine Zapfwelle und eine Zapfwellenkupplung mit dem Motor des Feldhäckslers verbindet. Aus Sicht der Kammer ist die auf einen Traktor gerichtete Lehre des Ausführungsbeispiels der D4 daher kompatibel mit einem selbstfahrenden Feldhäcksler, so dass diese Stellen bei der Neuheitsprüfung miteinander kombiniert werden können.
3.3.3 Im Hinblick auf die Ausgestaltung der Steuereinrichtung ist Anspruch 1 des Hauptantrags aus Sicht der Kammer nicht auf komplett voneinander getrennte manuelle und automatische Steuereinrichtungen zur Steuerung der Fahrgeschwindigkeit gerichtet. Eine solche Auslegung wäre technisch unsinnig, da die manuelle Steuer-einrichtung beim Überschreiten der Belastungsgrenze des Arbeitsorgans automatisch außer Kraft gesetzt wird. Das Außer-Kraft-Setzen kann nur durch eine automatische Einrichtung des selbstfahrenden Feldhäckslers geschehen, welche auch bei Betrieb der manuellen Steuereinrichtung permanent aktiviert ist, dabei die Belastung des Arbeitsorgans prüft und beim Überschreiten der Belastungsgrenze den Feldhäcksler anhält. Diese automatische Einrichtung bewirkt wegen ihrer genannten Funktionen eine automatische Steuerung der Fahrgeschwindigkeit und ist somit als anspruchs-gemäße automatische Steuereinrichtung anzusehen. Da sie außerdem permanent dazu in der Lage sein muss, die manuelle Steuereinrichtung außer Kraft zu setzen, muss die automatische Steuereinrichtung jederzeit in die Verbindung zwischen der manuellen Steuereinrichtung und der Bremse bzw. dem Motor eingreifen können.
Eine solche Anordnung wird in D4 offenbart, wo ein Gaspedal und ein Handgashebel an eine elektronische Steuereinrichtung angeschlossen sind. Solange die Belastungsgrenze der Arbeitsorgane der Ballenpresse nicht überschritten wird, wirkt diese Steuereinrichtung als manuelle Steuereinrichtung, da sie den Traktor mit der vom Bediener über das Gaspedal/Handgashebel vorgegebenen Geschwindigkeit antreibt (Absatz 28, vorletzter Satz). Erst wenn ein als Belastungsgrenze anzusehender erster Drehmomentschwellenwert überschritten wird, wirkt die Steuereinrichtung als automatische Steuereinrichtung und hält das Fahrzeug an (Absatz 29). Daher ist die in D4 offenbarte Steuereinrichtung ebenfalls permanent aktiviert, um einerseits die Belastung des Arbeitsorgans anhand des gemessenen Drehmoments zu überwachen und andererseits das Gaspedal bzw. den Handgashebel außer Kraft setzen zu können. Auf diese Weise kann sie trotz einer unvermindert vom Bediener vorgegebenen Wunschgeschwindigkeit das Fahrzeug anhalten.
3.3.4 Im Hinblick auf die Einwirkung der automatischen Steuereinrichtung auf das Fahrzeug vertritt die Beschwerdegegnerin-Patentinhaberin die Auffassung, dass D4 kein Anhalten durch Abbremsen offenbare, sondern nur ein unspezifisches Anhalten, beispielsweise durch Auskuppeln.
Die Kammer kann sich dieser Sichtweise nicht anschließen, da das Fahrzeug mit der Absicht angehalten wird, dass es stehen bleibt um das vor dem Fahrzeug liegende Feld nicht unbearbeitet zu lassen (Absatz 14). Vor diesem Hintergrund wird ein Fachmann die Offenbarung der D4 nicht als ein langsames Ausrollen des Fahrzeugs verstehen, sondern unmittelbar und eindeutig als ein Abbremsen.
3.4 Aus diesen Gründen offenbart das Dokument D4 bei einer zulässigen Kombination des Ausführungsbeispiels mit dem allgemeinen Teil der Beschreibung einen selbstfahrenden Feldhäcksler mit einer manuellen und automatischen Steuereinrichtung zur Steuerung der Fahr-geschwindigkeit, so dass der Gegenstand von Anspruch 1 des Hauptantrags nicht neu ist, Artikel 52 und 54 EPÜ. Somit ist der Hauptantrag nicht gewährbar.
4. Hilfsantrag I - Erfinderische Tätigkeit
4.1 Für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit von Anspruch 1 des Hilfsantrags I wird das Dokument D6 als geeigneter Ausgangspunkt angesehen. Es offenbart einen selbstfahrenden Feldhäcksler mit einer als Schnecken-förderer ausgebildeten Erntegutaufnahmevorrichtung und mit einer Häckseltrommel zur Bearbeitung des Erntegutes. Der Feldhäcksler weist eine automatische Steuereinrichtung zur Steuerung der Fahrgeschwindigkeit und eine Messeinrichtung zur Ermittlung des Erntegutdurchsatzes auf, welcher ein Maß für die Belastung der Häckseltrommel darstellt (Spalte 5, Zeile 19 bis Spalte 6, Zeile 14).
4.2 Im Hinblick auf die Unterscheidungsmerkmale bestreitet die Beschwerdeführerin nicht, dass in D6 kein Überschreiten einer Belastungsgrenze überwacht wird. Folglich offenbart D6 auch nicht, dass die Stärke eines Abbremsens des Feldhäckslers und/oder die Festlegung des Wertes der Rücknahme des wenigstens einen Energiespeichermediums zur Reduzierung der Fahrtgeschwindigkeit in Abhängigkeit von der Art des einen Belastungssschwellwert überschreitenden Arbeitsorgans erfolgt, so dass je nachdem, welches Arbeitsorgan im Erntebetrieb überbelastet ist, eine daran angepasst differenzierte Fahrgeschwindigkeits-minderung bewirkt werden kann.
4.3 Die den Unterscheidungsmerkmalen zugrunde liegende objektive technische Aufgabe kann unbestritten darin gesehen werden, eine alternative Steuereinrichtung zur automatischen Steuerung der Fahrgeschwindigkeit vorzuschlagen.
4.4 Zur Lösung dieser Aufgabe wird ein Fachmann das Dokument D3 heranziehen. D3 offenbart einen Mähdrescher mit einem als Arbeitsorgan zur Bearbeitung von Erntegut anzusehenden Einzugsorgan "feeder 86", wobei eine automatische Steuereinrichtung im Falle einer Verstopfung des Einzugsorgans derart auf den Fahrantrieb einwirkt, dass der Mähdrescher stoppt. Dabei dient die Leistungsaufnahme des Einzugsorgans unbestritten als Belastungsschwellwert, dessen Überschreiten eine Verstopfung anzeigt (Spalte 7, Zeilen 29-31; Spalte 9, Zeile 23; Spalte 10, Zeilen 9-18; Figur 4: "is feeder plugged").
4.5 Das Merkmal "je nachdem, welches Arbeitsorgan im Erntebetrieb überlastet ist" in Anspruch 1 des Hilfsantrags I bezieht sich unbestritten auf die Überwachung des jeweiligen Belastungsschwellwertes von zwei oder mehr Arbeitsorganen.
In diesem Zusammenhang kann sich die Kammer nicht der Sichtweise der Beschwerdeführerin anschließen, wonach in D3 neben dem Einzugsorgan "feeder 86" auch der Antriebsmotor "engine 90" als Arbeitsorgan anzusehen sei, dessen Belastungsschwellwert überwacht wird. Der Antriebsmotor kommt nämlich nicht in Kontakt mit dem Erntegut und bildet deswegen kein anspruchsgemäßes Arbeitsorgan zur Bearbeitung des Erntegutes.
Darüber hinaus wird die Drehzahl des Antriebsmotors überwacht, um die Fahrtgeschwindigkeit des Mähdreschers beim Ernten trotz der variierenden Leistungsaufnahme des Einzugsorgans auf einem vom Bediener gewünschten Wert zu halten (Spalte 9, Zeile 11: "engine speed"; Figur 4: "going too fast"). Das dafür in D3 gewählte Kriterium ist kein Überschreiten eines Belastungs-schwellwertes des Antriebsmotors, sondern ein Überschreiten einer vom Bediener gewählten Maximal-drehzahl (Spalte 9, Zeile 11; Spalte 12, Zeilen 63 und 64; Figur 4: "going too fast"). Da der Antriebsmotor kein Arbeitsorgan zur Bearbeitung des Erntegutes bildet, ist es unerheblich, dass der tatsächlich als Arbeitsorgan anzusehende Dreschrotor "threshing rotor 170" über einen Antriebsriemen mit dem Motor gekoppelt ist, so dass eine eine Veränderung der Motordrehzahl auch zu einer Veränderung der Dreschrotordrehzahl führt (Spalte 10, Zeilen 3 und 4). In diesem Zusammenhang ist die Kammer von der Behauptung, dass ein Mähdrescher immer nahe an seiner Belastungsgrenze betrieben werde, nicht überzeugt, da unbelegt.
Daher ist das Einzugsorgan "feeder 86" das einzige Arbeitsorgan, dessen Belastungsschwellwert im Dokument D3 überwacht wird.
4.6 Aus diesen Gründen offenbart selbst eine Kombination der Dokumente D6 und D3 nicht alle Merkmale von Anspruch 1 des Hilfsantrags I, so dass sein Gegenstand auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.
5. Gegen den Hilfsantrag I sind keine weiteren Einwände geltend gemacht worden. Auch die Kammer hat keinen triftigen Grund zu bezweifeln, dass weitere Erfordernisse des EPÜ nicht erfüllt sind. Insbesondere haben die hinzugefügten Merkmale eine klare Grundlage im allgemeinen Absatz 0010 der ursprünglichen Anmeldung. Die entsprechende Passage (Absatz 0011 der Beschreibungsseite 3) ist an den neuen Anspruchswortlaut angepasst worden.
Unter Berücksichtigung der nach Hilfsantrag I vorgenommenen Änderungen ist die Kammer daher der Auffassung, dass das geänderte Patent und sein Erfindungsgegenstand den Erfordernissen des EPÜ genügen, so dass es in geänderter Fassung aufrechterhalten werden kann, Artikel 101(3)(a) EPÜ.
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz mit der Anordnung zurückverwiesen, das Patent in geändertem Umfang mit folgender Fassung aufrechtzuerhalten:
Ansprüche:
Anspruch 1 bis 14 des Hilfsantrags I wie damals als Hilfsantrag eingereicht mit der Beschwerdeerwiderung vom 6 Oktober 2014,
Beschreibung:
Seiten 2,4 und 5 der Patentschrift,
Seite 3 wie eingereicht in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer,
Zeichnungen:
Figur 1 der Patentschrift.