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T 0194/84 (Cellusosefasern) 22-09-1988
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I. Die europäische Patentanmeldung Nr. 80 303 285.3 (Veröffentlichungsnummer 0 028 879) wurde mit Entscheidung der Prüfungsabteilung zurückgewiesen. Der Entscheidung lagen die am 11.10.1983 eingegangenen Ansprüche 1 bis 4 zugrunde.
II. Die Zurückweisung wurde damit begründet, daß die geänderte Anmeldung Gegenstände enthalte, die über den Inhalt der Anmeldung in der eingereichten Fassung hinausgingen, so daß Artikel 123 (2) EPU nicht erfüllt sei.
III. Die Beschwerdeführerin legte gegen diese Entscheidung Beschwerde ein.
IV. Auf einen Bescheid der Kammer hin beantragt die Beschwerdeführerin nunmehr die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Erteilung eines Patents auf der Grundlage
i) der am 11. Oktober 1983 eingereichten Ansprüche 1 bis 4 (Hauptantrag), von denen Anspruch 1 wie folgt lautet:
"Alkalische Nickel-Zink-Elektrospeicherbatteriezelle mit einer Nickelelektrode, einer von der Nickelelektrode beabstandeten Zinkelektrode und einem wäßrigen alkalischen Elektrolyten, der den Abstand zwischen den Elektroden überbrückt, wobei die Zinkelektrode ein leitendes Gitter enthält, das in ein aktives Material aus zinkreichen Teilchen, innig vermischt mit anderen Bestandteilen, eingebettet ist, dadurch gekennzeichnet, daß die anderen Bestandteile eine Kombination aus Calciumoxid und/oder - hydroxid-Teilchen zur Bildung von Calciumzinkat während des Entladens der Zelle sowie ein Geflecht aus genügend beständigen, verstärkenden, hydrophilen, absorbierenden fasrigen Benetzungsmitteln enthalten, die das Gemisch durchziehen und damit die Teilchen auf dem Gitter aneinanderbinden und das Gemisch mit den Elektrolyten so benetzen, daß die Wirksamkeit des darin enthaltenen CaO/Ca(OH)2 erhalten bleibt, wobei die Benetzungsmittel Cellulosefasern aufweisen, deren Saugfähigkeit mit der natürlicher Cellulose im wesentlichen vergleichbar ist, und das aktive Material im wesentlichen keine anderen Bindemittel enthält, die die Fähigkeit der Fasern zur Benetzung des Gemisches erheblich beeinträchtigen oder die Leistung der Zinkelektrode herabsetzen würden"
ii) der am 10. Januar 1985 als "Alternative Nr. 1" (1. Hilfsantrag) eingereichten Ansprüche 1 bis 4, von denen Anspruch 1 wie folgt lautet:
"Alkalische Nickel-Zink-Elektrospeicherbatteriezelle mit einer Nickelelektrode, einer von der Nickelelektrode beabstandeten Zinkelektrode und einem wäßrigen alkalischen Elektrolyten, der den Abstand zwischen den Elektroden überbrückt, wobei die Zinkelektrode ein leitendes Gitter enthält, das in ein aktives Material aus zinkreichen Teilchen, innig vermischt mit anderen Bestandteilen, eingebettet ist, dadurch gekennzeichnet, daß die anderen Bestandteile eine Kombination aus Calciumoxid- und/oder -hydroxid-Teilchen zur Bildung von Calciumzinkat während des Entladens der Zelle sowie ein Geflecht aus genügend beständigen, verstärkenden, hydrophilen Cellulosefasern enthalten, die das Gemisch durchziehen und damit die Teilchen auf dem Gitter aneinanderbinden und das Gemisch mit dem Elektrolyten so benetzen, daß die Wirksamkeit des darin enthaltenen CaO/Ca(OH)2 erhalten bleibt, wobei die Cellulosefasern eine Benetzungsfähigkeit aufweisen, die derjenigen natürlicher Cellulose im wesentlichen gleichkommt, und das Gemisch im wesentlichen keine anderen Bindemittel enthält, die die Benetzungsfähigkeit der Cellulosefasern erheblich beeinträchtigen oder die Leistung der Zinkelektrode herabsetzen würden"
iii) der am 10. Januar 1985 als "Alternative Nr. 2" (2. Hilfsantrag) eingereichten Ansprüche 1 bis 3, von denen Anspruch 1 wie folgt lautet:
"Alkalische Nickel-Zink-Elektrospeicherbatteriezelle mit einer Nickelelektrode, einer von der Nickelelektrode beabstandeten Zinkelektrode und einem wäßrigen alkalischen Elektrolyten, der den Abstand zwischen den Elektroden überbrückt, wobei die Zinkelektrode ein leitendes Gitter umfaßt, das in ein aktives Material aus zinkreichen Teilchen, innig vermischt mit anderen Bestandteilen, eingebettet ist, dadurch gekennzeichnet, daß die anderen Bestandteile eine Kombination aus Calciumoxid- und/oder -hydroxid-Teilchen zur Bildung von Calciumzinkat während des Entladens der Zelle sowie ein Geflecht aus genügend natürlichen Cellulosefasern enthalten, die die Teilchen auf dem Gitter aneinanderbinden und das Gemisch mit dem Elektrolyten so benetzen, daß die Wirksamkeit des darin enthaltenen CaO/Ca(OH)2 erhalten bleibt, wobei das aktive Material im wesentlichen keine anderen Bindemittel enthält, die die Fähigkeit der Cellulose zur Benetzung des Gemisches wesentlich beeinträchtigen oder die Leistung der Zinkelektrode herabsetzen würden".
Die Beschwerdeführerin beantragt ferner,
iv) daß die Sache gegebenenfalls zur weiteren Entscheidung an die Prüfungsabteilung zurückverwiesen wird;
v) daß eine mündliche Verhandlung anberaumt wird, falls die Kammer die Beschwerde zurückzuweisen beabsichtigt;
vi) daß die Beschwerdegebühr zurückgezahlt wird.
V. Die im schriftlichen Vorbringen der Beschwerdeführerin enthaltene Argumentation läßt sich wie folgt zusammenfassen: Bei gründlicher Durchsicht der Beschreibung würde der Fachmann erkennen, daß die Erfindung nicht auf eine Elektrode mit natürlichen Cellulosefasern der in den ursprünglichen Ansprüchen beschriebenen Art beschränkt sei. Der Satz auf Seite 3, Zeilen 20 bis 24 der Beschreibung "Gemäß der vorliegenden Erfindung hat eine Ni-Zn-Batterie eine Zinkelektrode, die im wesentlichen frei von üblichen Bindemitteln ist und deren aktives Material mit einem Geflecht aus beständigen, verstärkenden, hydrophilen Fasern durchzogen ist" enthalte eine allgemeine Feststellung über die Erfindung. Der Satz auf Seite 3, Zeile 35 bis Seite 4, Zeile 6 "Die Erfindung umfaßt ("comprehends") ... miteinander verflochtene natürliche Cellulosefasern ..." beziehe sich eindeutig auf ein bestimmtes Ausführungsbeispiel der Erfindung, weil das Wort "comprehend" in diesem Zusammenhang entsprechend dem American Heritage Dictionary of the English Language "include or embrace; comprise" bedeute. Natürliche Cellulosefasern seien geeignete Beispiele für die auf Seite 3, Zeilen 23 und 24 genannten beständigen, verstärkenden, hydrophilen Fasern, weil die Verflechtung der Fasern wie beim Papier das aktive Material mechanisch zurückhalte und festige, während die Wasseraufnahmefähigkeit der Fasern das aktive Material mit dem Elektrolyten benetze (Seite 4, Zeilen 15 bis 19). Aus dieser Lehre werde der Fachmann den Schluß ziehen, daß auch strukturell ähnliche Fasern mit vergleichbarer Benetzungsfähigkeit (oder Saugfähigkeit) eingesetzt werden könnten. Da bekannt sei, daß Reyon-Fasern (d. h. regenerierte Cellulosefasern) strukturell identisch mit der Cellulose seien, aus der sie gewonnen würden (Golding B., Polymers and Resins, D. Van Nostrand Co. Inc., New York, Toronto and London, 1959, S. 194), führe eine Änderung, durch die Cellulosefasern im allgemeinen mit aufgenommen würden, nicht zu einer Erweiterung des Inhalts der ursprünglich eingereichten Anmeldung. In diesem Zusammenhang werde u. a. auf die Richtlinien C-VI, 5.6, verwiesen; dementsprechend sei der fragliche Gegenstand, d. h. andere als natürliche Cellulosefasern, im Gesamtzusammenhang der Erfindung dem Fachmann so bekannt, daß seine Aufnahme als eine offensichtliche Klarstellung betrachtet werden könne. Die Beschwerdeführerin behauptete ferner, die Änderung erfülle die Bedingungen der Neuheitsprüfung - Richtlinien C-VI, 5.4 und C-IV, 7.2.
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Hauptantrag
2.1. Der Anspruch 1 nach dem Hauptantrag ist weitgehend von einer Kombination der Merkmale der ursprünglichen Ansprüche 1 und 2 abgeleitet, die durch ihre offenbarten Funktionen erweitert worden sind. Er unterscheidet sich von dieser Kombination durch die Forderung nach "genügend beständigen, verstärkenden, hydrophilen, absorbierenden fasrigen Benetzungsmitteln, die das Gemisch durchziehen und damit die Teilchen auf dem Gitter binden ..., wobei die Benetzungsmittel Cellulosefasern aufweisen, deren Saugfähigkeit mit der natürlicher Cellulose im wesentlichen vergleichbar ist", während der ursprüngliche Anspruch 1 ein "Gemisch aus ... genügend natürlicher Cellulose" verlangte, "um die Teilchen auf dem Gitter festzuhalten". Zu diesem Aspekt der Änderung muß untersucht werden, ob das Erfordernis des Artikels 123 (2) EPU erfüllt ist; die Änderung hat diesbezüglich hauptsächlich zur Folge, daß der Anspruch nunmehr neben natürlichen auch andere Cellulosefasern umfaßt.
2.2. Die Beschreibung und die Ansprüche in der ursprünglich eingereichten Fassung stimmen voll und ganz darin überein, daß sie sich nur auf natürliche Cellulosefasern beziehen; die einzige Ausnahme bildet die unter Nummer V zitierte Textpassage auf Seite 3, Zeilen 20 bis 24, die - für sich genommen - darauf hindeuten könnte, daß die Erfindung weder auf natürliche Cellulosefasern noch auf Cellulosefasern überhaupt beschränkt ist. Es muß jedoch der Inhalt der Anmeldung als Ganzes betrachtet und die Passage so ausgelegt werden, wie dies der Fachmann im Gesamtzusammenhang der Beschreibung tun würde. In der übrigen Beschreibung ist wiederholt von natürlichen Cellulosefasern die Rede; wo nur die Ausdrücke "Cellulosefasern" oder "Fasern" vorkommen, geht diesen eine eindeutige Bezugnahme auf natürliche Cellulosefasern voraus. Auch die Beispiele mit geeigneten Fasern auf Seite 7 beschränken sich auf natürliche Cellulosefasern (aus Holz gewonnene Cellulosefasern, Zeitungspapier und hochwertiges Filterpapier). Dementsprechend ist die Kammer der Auffassung, daß die obengenannte Erklärung auf Seite 3, Zeilen 20 bis 24 nur als eine allgemeine Feststellung über die Erfindung ausgelegt werden kann, die einer näheren Erläuterung bedarf, und nicht als Hinweis auf den Umfang der Erfindung.
Dem Argument der Beschwerdeführerin, die Verwendung des Wortes "comprehends" (umfaßt) auf Seite 3, Zeile 35 zeige, daß sich die anschließende Feststellung auf eine besondere Ausführungsart der Erfindung beziehe, die in der Textpassage auf Seite 3, Zeilen 20 bis 24 allgemein dargestellt sei, kann sich die Kammer nicht anschließen. Diese Passage muß vielmehr in Verbindung mit der auf Seite 3, Zeile 35 bis Seite 4, Zeile 6 gelesen werden. Erstere stimmt jedoch mit den Ansprüchen darin überein, daß die Erfindung in der Nickel-Zink-Batterie liegt, während in der letzteren angegeben ist, daß die Erfindung eine Zinkelektrode umfaßt. Für den Leser, für den die Beschreibung bestimmt ist, scheint die Verwendung des Wortes "comprehends" mit der Änderung der Formulierung von "Batterie" in "Elektrode" einherzugehen; da er z. B. aus den Ansprüchen und der Bezeichnung der Erfindung weiß, daß die Erfindung in der Batterie besteht, wird er das Wort "comprehends" so auslegen, als habe es dieselbe Wirkung wie etwa die Formulierung "relates particularly to" ("bezieht sich insbesondere auf"). Außerdem ist die Formulierung "Zinkelektrode für eine alkalische Ni-Zn-Batterie mit einem im wesentlichen homogenen Gemisch aus zinkreichen Teilchen" (S. 3, Zeile 35 bis S. 4, Zeile 4) für den Durchschnittsfachmann lediglich eine ausführlichere Information über die auf Seite 3, Zeile 21 genannte Zinkelektrode. Daraus folgt, daß auch die "miteinander verflochtenen natürlichen Cellulosefasern" auf Seite 4, Zeilen 4 und 5 als nähere Information über die auf Seite 3, Zeile 24 genannten hydrophilen Fasern und nicht als ein Beispiel hierfür zu sehen sind. Dafür spricht auch, daß der Ausdruck "im wesentlichen frei von üblichen Bindemitteln" wiederholt wird, da dieses Merkmal fraglos nicht als Beispiel angegeben wird. Außerdem würde der Fachmann beim Durchlesen der Beschreibung der wiederholten Bezugnahme auf "natürliche Cellulosefasern" in den folgenden Zeilen mehr Bedeutung beimessen als der möglichen Auslegung von "comprehends".
Dem Durchschnittsfachmann liegt somit keine ausdrückliche Angabe darüber vor, daß die Zinkelektrode andere als natürliche Cellulosefasern enthalten könnte.
2.3. Die Kammer kann auch die Argumentation der Beschwerdeführerin nicht gelten lassen, mit der diese zu beweisen versucht, daß der Fachmann der ausdrücklichen Lehre der ursprünglichen Anmeldung implizit entnehmen könne, daß Fasern, die ähnlich strukturiert seien wie natürliche Cellulose und eine vergleichbare Benetzungsfähigkeit aufwiesen, genauso gut verwendet werden könnten wie natürliche Cellulosefasern und deshalb in den Inhalt der ursprünglichen Anmeldung aufgenommen werden sollten. Die Beschreibung enthält vier Bezugnahmen auf die Benetzung, nämlich auf Seite 3, Zeilen 26 und 27 ("diese ... Fasern benetzen das aktive Material"), auf Seite 4, Zeilen 18 und 19 ("die Wasseraufnahmefähigkeit der Fasern benetzt das aktive Material mit dem Elektrolyten"), auf Seite 6, Zeilen 4 und 5 im Zusammenhang mit der Benetzung (von Zink, das als Calciumzinkat eingelagert ist) durch die Cellulosefasern und auf Seite 7, Zeilen 1 bis 3 ("Bindemittel ..., deren Menge allerdings nicht so groß sein darf, daß die Fähigkeit der Cellulose zur Benetzung der Elektrode beeinträchtigt wird"). In keiner dieser Bezugnahmen ist für die Benetzungsfähigkeit natürlicher Cellulosefasern ein Maß angegeben, das als Kriterium für die Eignung alternativer Fasern dienen könnte; somit liegt diesbezüglich keine implizite Lehre und damit keine Analogie zu dem von der Beschwerdeführerin genannten Beispiel aus den Richtlinien C-IV, 7.2 vor, bei dem es um Gummi bzw. elastisches Material geht. Der Beschreibung ist explizit zu entnehmen, daß Zinkelektroden, die natürliche Cellulosefasern enthalten, auch nach mehreren Zyklen ihr Kapazitäts- und Leistungsniveau überdurchschnittlich gut halten (S. 4, Zeilen 9 bis 11) und daß sich nicht genau erklären läßt, nach welchem Mechanismus die natürlichen Cellulosefasern die zinkreichen Teilchen zusammenhalten und das Kapazitäts- und Leistungsniveau aufrechterhalten (S. 4, Zeilen 12 bis 15), obwohl ein denkbarer Mechanismus angegeben wird. Sollte in der Beschreibung als Ganzes und insbesondere auf Seite 3, Zeile 35 bis Seite 5, Zeile 3 implizit eine Lehre enthalten sein, so diejenige, daß die "Natürlichkeit" der natürlichen Cellulosefasern und nicht ihre Benetzungsfähigkeit zu einer Verlängerung der Lebensdauer der Batterie bei hohem Kapazitäts- und Leistungsniveau führt, und zwar insbesondere dann, wenn sie mit Calciumoxid- oder -hydroxid-Teilchen kombiniert werden.
2.4. Das weitere Argument der Beschwerdeführerin, daß die ursprüngliche Anmeldung für einen Gattungsanspruch auf Cellulosefasern neuheitsschädlich wäre, beruht auf einer falschen Anwendung der Neuheitsprüfung zur Feststellung der Zulässigkeit einer Änderung. Andernfalls hätte dies zur Folge, daß Änderungen, die eine Verallgemeinerung oder Auslassung eines Merkmals beinhalten, in jedem Fall zulässig wären. Die Prüfung auf eine Erweiterung entspricht der Neuheitsprüfung nur insoweit, als bei beiden festgestellt werden muß, ob sich aus dem in der ursprünglich eingereichten Anmeldung oder in einer Vorveröffentlichung Offenbarten Informationen unmittelbar und eindeutig ableiten lassen. Demnach ist eine Änderung nicht zulässig, wenn die daraus resultierende Änderung des Inhalts der Anmeldung oder - anders ausgedrückt - der durch die Änderung entstandene Gegenstand gegenüber dem Inhalt der ursprünglichen Anmeldung neu ist oder wenn - unter einem anderen Gesichtspunkt betrachtet - die Änderung des Inhalts für einen hypothetischen künftigen Anspruch neuheitsschädlich wäre, der ursprüngliche Inhalt hingegen nicht. Wichtig ist dabei, daß die Änderung des Inhalt geprüft wird, d. h. der geänderte Inhalt abzüglich des ursprünglichen Inhalts; diese Prüfung ist somit auch auf Änderungen durch Verallgemeinerung oder Auslassung eines Merkmals anwendbar.
"Neuheitsprüfung" bedeutet also, daß bei der Prüfung der Neuheit und der Prüfung auf Zulässigkeit von Änderungen derselbe Maßstab anzulegen ist.
2.5. Im vorliegenden Fall kann der Gegenstand des Anspruchs 1 nach dem Hauptantrag entweder als Verallgemeinerung (Änderung von natürlichen Cellulosefasern in Cellulosefasern im allgemeinen) oder als Auslassung eines Merkmals (natürlich) angesehen werden. In beiden Fällen ergeben sich als Gegenstand andere als natürliche Cellulosefasern; dieser Gegenstand ist gegenüber dem ursprünglichen Inhalt der Anmeldung neu, weil - wie unter Nr. 2.2 und 2.3 dargelegt - andere als natürliche Cellulosefasern weder explizit noch implizit offenbart sind. Außerdem würde ein künftiger Anspruch auf Cellulosefasern, der natürliche Cellulosefasern ausschließt, durch den durch die Änderung entstandenen Gegenstand vorweggenommen, durch die ursprüngliche Anwendung jedoch nicht.
2.6. Anspruch 1 nach dem Hauptantrag enthält auch die Einschränkung, daß die Saugfähigkeit der Cellulosefasern mit der natürlicher Cellulose im wesentlichen vergleichbar sein muß. Diese Einschränkung ändert nichts an der Schlußfolgerung, daß die Änderung von "natürlichen Cellulosefasern" in "Cellulosefasern" gegen Artikel 123 (2) EPU verstößt, weil sie andere als natürliche Cellulosefasern nicht ausschließt. Außerdem scheint die Einschränkung selbst eine Erweiterung zu sein, weil in den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen über die Saugfähigkeit der Fasern nichts ausgesagt wird. Dieser Einwand würde sich auch dann stellen, wenn man gelten ließe, daß die Saugfähigkeit einer Faser, gemessen an ihrer Feuchtigkeitsabgabe, ein - wie von der Beschwerdeführerin behauptet - Indiz für ihre Benetzungsfähigkeit ist, weil, wie unter Nummer 2.3 dargelegt, die ursprüngliche Anmeldung kein Maß für die Benetzungsfähigkeit und damit möglicherweise auch die Saugfähigkeit natürlicher Cellulosefasern offenbart hat, das ein Kriterium für die Eignung alternativer Cellulosefasern bieten könnte.
2.7. Der Hauptantrag muß deshalb zurückgewiesen werden.
3. Erster Hilfsantrag
3.1. Auch in Anspruch 1 dieses Antrags werden "natürliche Cellulosefasern" durch "Cellulosefasern" ersetzt. Die Cellulosefasern sollen anstelle der Saugkraft eine Benetzungsfähigkeit aufweisen, die der natürlicher Cellulose zumindest im wesentlichen gleichkommt. Dementsprechend gelten für diesen Anspruch dieselben Uberlegungen wie für den des Hauptantrags.
3.2. Der erste Hilfsantrag muß daher ebenfalls zurückgewiesen werden.
4. Zweiter Hilfsantrag
4.1. Der Anspruch 1 nach diesem Antrag ist auf natürliche Cellulosefasern beschränkt. Die übrigen Merkmale des Anspruchs werden größtenteils durch die ursprüngliche Offenbarung gestützt, so daß nur das Wort "innig" in dem Ausdruck "innig vermischt" zu beanstanden ist. Dieses Wort erscheint in der Anmeldung in der eingereichten Fassung nicht und scheint auf einen Einwand der Prüfungsabteilung gegen das Wort "homogen" im ursprünglichen Anspruch 1 hin aufgenommen worden zu sein. Die Kammer sieht keine Veranlassung zu einer Beanstandung des Ausdrucks "im wesentlichen homogen", der auf Seite 4, Zeile 2 der ursprünglichen Beschreibung vorkommt und deshalb wieder an die Stelle des Wortes "innig" gesetzt werden sollte. Mit dieser Änderung erfüllt Anspruch 1 nach dem zweiten Hilfsantrag die Erfordernisse des Artikels 123 (2) EPU. Der Anspruch entspricht ferner Artikel 84 EPU. Die Ansprüche 2 und 3 nach dem zweiten Hilfsantrag sind als von Anspruch 1 abhängige Ansprüche gewährbar. Der terminologischen Einheitlichkeit halber ist in Anspruch 2 das Wort "mixture" in Zeile 31 in "admixture" zu ändern.
5. Die Prüfungsabteilung hat in ihrem Bescheid vom 18.1.1983 angegeben, daß der Gegenstand eines unabhängigen Anspruchs, der dem Anspruch 1 nach dem zweiten Hilfsantrag vom Umfang her im wesentlichen entspricht, erfinderische Tätigkeit aufweisen würde. Die Kammer sieht keinen Grund, von der Feststellung der Prüfungsabteilung in dieser Hinsicht abzugehen. Die neueste Fassung der Beschreibung, d. h. die am 3.11.1982 eingegangenen Seiten 3, 5, 6, 8, 9, 10, 12 und 13 und die am 5.3.1983 eingegangenen Seiten 1, 2, 4, 7 und 11, ist jedoch an die gewährbaren Ansprüche noch nicht angepaßt worden. Dementsprechend hat die Kammer beschlossen, von ihrer Befugnis nach Artikel 111 (1) EPU Gebrauch zu machen und die Sache zur weiteren Entscheidung an die Prüfungsabteilung zurückzuverweisen.
6. Angesichts dessen wird die von der Beschwerdeführerin unter bestimmten Bedingungen beantragte mündliche Verhandlung hinfällig.
7. Die Kammer hat den Verlauf, den das Verfahren vor der Prüfungsabteilung genommen hat, anhand der Akten sorgfältig geprüft und konnte keinen Verfahrensmangel, geschweige denn einen "wesentlichen", als Voraussetzung für eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr nach Regel 67 EPU feststellen; auch hat die Beschwerdeführerin ihren Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr nicht begründet.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Sache wird an die Prüfungsabteilung mit der Auflage zurückverwiesen, auf der Grundlage der am 10.1.1985 als Alternative Nr. 2 eingereichten Ansprüche 1 bis 3 mit folgenden Änderungen ein Patent zu erteilen:
Anspruch 1, Zeile 7 - "intimate" ("innig") wird in "substantially homogeneous" ("im wesentlichen homogen") geändert
Anspruch 1, Zeile 12 - die Schreibweise von "entanglement" wird berichtigt.
Anspruch 2, Zeile 31 - "mixture" wird in "admixture" geändert;
die Beschreibung wird an die geänderten Ansprüche angepaßt.
3. Der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird zurückgewiesen.