Aus Plastikmüll wird Rohstoff: Klaus Feichtinger and Manfred Hackl als Finalisten für den Europäischen Erfinderpreis 2019 nominiert
- Die österreichischen Erfinder und Geschäftsführer Klaus Feichtinger und Manfred Hackl mit Kunststoffrecycling-Technologie für Preis des Europäischen Patentamts (EPA) nominiert
- Ihre Erfindungen verwandeln unterschiedlichste Plastikabfälle in hochwertige Kunststoffpellets - als Ausgangsmaterial für die Herstellung neuer Produkte
- Mit mehr als 6 000 eingesetzten Maschinen und 14,5 Millionen Tonnen jährlich produzierter Pellets ist ihr Unternehmen weltweit führend
München, 7. Mai 2019 - Das Europäische Patentamt (EPA) gibt die Nominierung der österreichischen Erfinder und Geschäftsführer Klaus Feichtinger und Manfred Hackl für den Europäischen Erfinderpreis 2019 als Finalisten in der Kategorie „Industrie" bekannt. Damit werden ihre Entwicklungen für ein effektiveres Kunststoffrecycling gewürdigt: Ihre Technologie bereitet Abfälle zu hochwertigen Pellets auf, die das Ausgangsmaterial für neue Produkte bilden.
Ihre Technologie wird über EREMA vermarktet, eine Tochter der EREMA Group GmbH, die Hackl und Feichtinger mehrere Jahre gemeinsam führten. Die Firma betreibt heute in 108 Ländern entsprechende Maschinen und ist Weltmarktführerin für Systeme und Technologien im Bereich des Kunststoffrecycling.
„Die Technologie von Feichtinger und Hackl schließt den Kreislauf beim Kunststoffrecycling. Die Erfinder haben einerseits die Effizienz der Verwertung gesteigert und andererseits ein besseres Endprodukt entwickelt. Das ist für die Wirtschaft eine gute Nachricht", sagte EPA-Präsident António Campinos über die Nominierung des Erfinder-Teams für den Europäischen Erfinderpreis 2019. „Mit ihrem Beispiel zeigen sie, wie Vordenker und Innovationen aus der Industrie dazu beitragen können, ein drängendes ökologisches Problem erfolgreich anzugehen und damit die Gesellschaft grüner zu machen."
Die Gewinner des jährlichen Innovationspreises des EPA werden 2019 im Rahmen einer Galaveranstaltung am 20. Juni in Wien bekannt gegeben.
Innovative Gegenstromtechnologie
Das Recycling von Kunststoffen ist ein ständig wiederkehrendes Thema in der Industrie. Die Aufbereitung gestaltet sich hier im Vergleich zur Wiederverwertung von Glas oder Metall, die im Wesentlichen einfach sortiert, gereinigt und geschmolzen werden, jedoch weitaus komplexer. Jede Art von Kunststoffpolymer erfordert ein spezifisches Verfahren, um daraus verwertbares Material herzustellen. Erschwerend kommt hinzu, dass bei niedrigen Ölpreisen sowohl die Nachfrage nach recyceltem Kunststoff als auch der Preis von nicht aus Abfällen stammendem Neu-Plastik sinken. Folglich werden von den jährlich in der EU anfallenden 58 Millionen Tonnen Kunststoffmüll nur 30 Prozent wiederverwertet.
Zur Bewältigung dieser Probleme konzentrieren sich die österreichischen Erfinder Klaus Feichtinger und Manfred Hackl ganz besonders darauf, den Recycling-Prozess so innovativ und so effizient wie möglich zu gestalten. Dafür entwickeln und bauen sie Maschinen, mit deren Hilfe die Industrie Kunststoffabfälle aufarbeiten und als wertvolle Ressource wiederverwenden kann.
Die Anlagen selbst sind manchmal so groß wie Busse. Sie transportieren den Kunststoffabfall über Förderbänder, schneiden, mischen, erhitzen, trocknen und verdichten ihn. Ein Schneidverdichter dient als Zwischenspeicher, bevor das Material im Extruder plastifiziert, homogenisiert und gereinigt wird. Das zentrale Element in diesem Prozess ist Hackl und Feichtingers patentierte „Counter-Current"-Technologie.
Früher drehte sich das Kunststoffgemenge im Schneidverdichter und die Wellenschnecke im Extruder in derselben Richtung. In der Schnecke wird der Materialfluss dann nur unregelmäßig verdichtet. Die „Counter-Current"-Technologie kehrt das Prinzip um und bewegt das Material entgegengesetzt zum Durchfluss des Extruders. Hackl erklärt das Prinzip an einem Beispiel: „Es ist etwa so, als ob Sie am Bach Wasser schöpfen: in Flussrichtung füllt sich der Becher nur zum Teil. Halten Sie ihn entgegen der Strömung hinein, ist er permanent ganz voll". Feichtinger fährt fort: „Es stellte sich heraus, dass der Füllprozess damit viel besser lief - der Durchfluss war stabiler. Ein weiterer Pluspunkt war die Erkenntnis, dass so auch die Qualität stark verbessert werden kann." Er fügt hinzu: „Die Grundidee zu skizzieren, hat mich nur etwa 15 Minuten gekostet. Der detaillierte Maschinenbau und die Optimierung - sowie die Maßstabsvergrößerung der verfahrenstechnischen Prozesse (Scale up) - dauerten natürlich viel länger. Wir haben es ausprobiert und festgestellt, dass es funktioniert."
Mit dieser Erfindung kann der Extruder in kürzerer Zeit mehr Kunststoff bewältigen . Darüber hinaus ist die Verarbeitung auch bei niedrigen Temperaturen möglich. Das führt insgesamt zu mehr Durchsatz in der Produktionslinie und zu besserer Qualität. Die „Counter-Current"-Technologie steigert die Produktivität und ermöglicht auch bisher nicht verwertbaren Abfall zu nutzen, beispielsweise stark bedruckte Kunststofffolien von Konsumgüterverpackungen.
Mit Innovation die Kreislaufwirtschaft perfektionieren
Das Recycling von Kunststoffen ist ein wachsender Sektor, da zum einen die Öffentlichkeit Einwegverpackungen zunehmend als Problem wahrnimmt. Zum anderen steigt das Bewusstsein auch in der Politik, und Behörden setzen neue Richtlinien und Regularien in Kraft. Dazu gehört die im vergangenen Jahr veröffentlichte EU-Strategie für Kunststoffe: Danach sollen alle Kunststoffverpackungen auf dem EU-Markt bis 2030 recycelbar sein. Derzeit werden in der EU noch rund 39 Prozent des Kunststoffabfalls verbrannt und 31 Prozent landen auf Mülldeponien. Darüber hinaus kündigte China 2018 an, keine Kunststoffabfälle von anderen Ländern mehr anzunehmen, sodass nationale Behörden und Unternehmen künftig ihr Recycling eigenständig planen müssen.
Feichtinger und Hackl haben fast ihre gesamte berufliche Laufbahn der effizienten und technisch ausgereiften Aufbereitung von Kunststoffen gewidmet. Sie haben gemeinsam 37 europäische Patente auf ihre Recycling-Erfindungen. Selbst verstehen sie sich als Pioniere der Kreislaufwirtschaft: ein Konzept, das darauf zielt, Abfall zu minimieren und Ressourcen immer wieder zu nutzen. Für Hersteller bedeutet dies, bei der Entwicklung eines Produkts zugleich dessen Recycling und Wiederverwendung am Ende der Nutzungsphase mit einzuplanen.
Die österreichischen Erfinder fördern diesen Ansatz nicht allein durch ihre Technologie, die immer weitere Arten von Kunststoffabfällen recycelbar macht, sondern auch durch die starke Präsenz von EREMA. Hackl ist bis heute CEO der EREMA Group GmbH, während Feichtinger, kürzlich von der Position des CEOs zurückgetreten, sein Know-how als Manager im Bereich des geistigen Eigentums und der neuen Technologien einbringt. Mehr als 6 000 Recycling-Systeme von EREMA sind heute im Einsatz. Ihre Maschinen produzieren insgesamt jedes Jahr bereits mehr als 14,5 Millionen Tonnen Kunststoffpellets. Der globale Markt für Kunststoffrecycling betrug im Jahr 2017 31,7 Milliarden Euro und soll bis 2024 um rund 6,5 Prozent pro Jahr auf 49,3 Milliarden Euro wachsen.
Über den Europäischen Erfinderpreis
Der Europäische Erfinderpreis ist einer der renommiertesten Innovationspreise Europas. Er wurde 2006 vom EPA ins Leben gerufen und ehrt einzelne Erfinder und Erfinderteams, deren wegweisende Innovationen Antworten auf einige der größten Herausforderungen unserer Zeit geben. Die Finalisten und Gewinner werden von einer unabhängigen Jury bestehend aus internationalen Experten aus Wirtschaft, Politik, Wissenschaft, Akademie und Forschung ausgewählt. Sie prüft die Vorschläge hinsichtlich ihres Beitrags zum technischen Fortschritt, zur gesellschaftlichen Entwicklung, zum wirtschaftlichen Wohlstand und zur Schaffung von Arbeitsplätzen in Europa. Der Preis wird in fünf Kategorien bei einer Galaveranstaltung verliehen, die dieses Jahr am 20. Juni stattfindet. Der Gewinner des Publikumspreises wird von der Öffentlichkeit aus den 15 Finalisten im Vorfeld der Verleihung über ein Online-Voting ermittelt. Die Abstimmung auf der EPA-Website ist bis zum 16. Juni 2019 möglich.
Über das Europäische Patentamt
Das Europäische Patentamt (EPA) ist mit fast 7 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine der größten europäischen Einrichtungen des öffentlichen Dienstes. Der Hauptsitz ist in München; Niederlassungen gibt es in Berlin, Brüssel, Den Haag und Wien. Das EPA wurde gegründet, um die Zusammenarbeit europäischer Staaten im Patentwesen zu fördern. Über das zentrale Erteilungsverfahren beim EPA können Erfinder auf der Grundlage einer einzelnen Patentanmeldung Patentschutz in bis zu 44 Ländern (mit einem Markt von rund 700 Millionen Menschen) erlangen. Das EPA gilt überdies als die weltweit bedeutendste Behörde für Patentrecherchen und Patentinformation.
Weiterführendes Material
Der Blick auf die Patente: EP2766166, EP2689908, EP2766157, EP2766158, EP2766159
Weitere Informationen, Fotos und Videos zum Europäischen Erfinderpreis 2019 sind in der EPA-Mediathek erhältlich. Smart TV-Nutzer können unsere App „Innovation TV" herunterladen und Videos zu allen Finalisten auf ihrem Fernseher anschauen. Die Verleihung am 20. Juni 2019 wird live auf „Innovation TV", der EPA-Website und der Facebook-Seite des EPA übertragen.
Weitere Informationen, Fotos und Videos zum Europäischen Erfinderpreis 2019 sind in der EPA-Mediathek erhältlich. Smart TV-Nutzer können unsere App „Innovation TV" herunterladen und Videos zu allen Finalisten auf ihrem Fernseher anschauen. Die Verleihung am 20. Juni 2019 wird live auf „Innovation TV", der EPA-Website und der Facebook-Seite des EPA übertragen.
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