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T 0249/17 08-02-2022
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Foliensicherheitselement mit Durchbrechungsbereich
Änderungen - zulässig (ja)
Ausreichende Offenbarung - (ja)
Neuheit - (ja)
Erfinderische Tätigkeit - (nein)
Erfinderische Tätigkeit - mehrere mögliche technische Aufgaben
Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde der Einsprechenden richtet sich gegen die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung, das Europäische Patent Nr. EP 2 452 826 in geänderter Form nach dem dortigen Hauptantrag aufrechtzuerhalten.
II. Am Ende der mündlichen Verhandlung vor der Kammer stellten die Beteiligten ihre Anträge wie folgt:
- Die Beschwerdeführerin beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent vollständig zu widerrufen.
- Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen.
III. Es wird auf folgende Dokumente Bezug genommen:
D01: WO 03/097937 A2
D02: WO 02/03104 A2
D03: DE 199 34 434 A1
D09: DE 43 34 847 A1
D12: EP 1 398 174 A1
D13: WO 95/10419 A1
IV. Der unabhängige Anspruch 1 des der Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung zugrunde liegenden und hiesigen Hauptantrags lautet wie folgt:
Datenträger, nämlich Banknote mit einem auf seiner Oberfläche angeordneten Foliensicherheitselement (12; 30 ; 40; 50), wobei das Foliensicherheitselement ein mit einem Sicherheitsmerkmal versehenes Foliensubstrat aufweist und das Foliensicherheitselement einen Durchbrechungsbereich mit zumindest einer das Element durchbrechenden Aussparung aufweist, der Datenträger einen mit dem Durchbrechungsbereich des Foliensicherheitselements deckungsgleichen Durchbrechungsbereich aufweist, und der Durchbrechungsbereich im Datenträger von der Seite, die von der Datenträgerseite, die das Foliensicherheitselement trägt, abgewandt ist, mit einer weiteren Folie abgedeckt ist.
V. Die für die Entscheidung wesentlichen Argumente der Beteiligten betreffen insbesondere die streitige begriffliche Auslegung der "deckungsgleichen Durchbrechungsbereiche" in Anspruch 1, die zu unterschiedlichen Sichtweisen der in den Dokumenten D1 und D2 offenbarten Merkmale im Rahmen der behaupteten mangelnden Neuheit und erfinderischen Tätigkeit nach Artikel 100 a) EPÜ sowie der behaupteten unzulässigen Erweiterung nach Artikel 100 c) EPÜ führen. Überdies ist streitig, welches technische Problem die Unterschiedsmerkmale lösen sollen und können. Daneben verfolgt die Beschwerdeführerin auch ihren Einwand nach Artikel 100 b) EPÜ weiter. Das jeweilige Vorbringen der Beteiligten wird im Detail im Rahmen der Entscheidungsgründe gewürdigt.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Begriffliches Verständnis des Wortlauts von Anspruch 1
2.1 Anspruch 1 betrifft eine Banknote, welche unter anderem ein Foliensicherheitselement aufweist, wobei dieses Foliensicherheitselement einen "Durchbrechungsbereich mit zumindest einer das Element durchbrechenden Aussparung aufweist", welches im Weiteren zu einem Durchbrechungsbereich des Datenträgers "deckungsgleich" sein soll. Sowohl die Bedeutung des Begriffs "Durchbrechungsbereich", als auch die Bedeutung des Worts "deckungsgleich" sind im Patent nicht näher erläutert. Das Wort "deckungsgleich" ist lediglich in den Absätzen [0020] und [0021] der Patentschrift genannt, wobei sich nur der Absatz [0020] auf einen Durchbrechungsbereich bezieht.
Zum Begriff "Durchbrechungsbereich" gibt die Patentschrift lediglich an, dass der Durchbrechungsbereich eine das Foliensicherheitselement durchbrechende Aussparung aufweist und in einer bevorzugten Ausgestaltung eine Mehrzahl von das Element durchbrechenden Aussparungen in Form von Mustern, Zeichen oder Codierungen aufweist. Die genaue Beziehung zwischen dem Durchbrechungsbereich und den Aussparungen, insbesondere im Falle von mehreren Aussparungen im Durchbrechungsbereich, bleibt jedoch in der Patentschrift offen. Es bleibt überdies offen, ob der Durchbrechungsbereich einen zweidimensionalen Bereich, also eine Fläche des jeweiligen Elements, oder einen dreidimensionalen Bereich, bei dem beispielsweise auch Änderungen der Ausdehnungen der Aussparungen über die Dicke des jeweiligen Elements berücksichtigt werden, betreffen soll. Dies ist insbesondere von Bedeutung, da die Durchbrechungsbereiche des Datenträgers und des Foliensicherheitselements deckungsgleich sein sollen, und "deckungsgleich" im geometrischen Sinn eine zweidimensionale Kongruenz zweier Flächen beschreibt. Somit ist eine Vielzahl an Auslegungen des Wortlauts des Anspruchs 1 möglich.
2.2 Die Beschwerdeführerin hat zur Auslegung der deckungsgleichen Durchbrechungsbereiche vorgetragen, dass diese dort gegeben seien, wo die jeweiligen Aussparungen des Datenträgers und des Foliensicherheitselements an den sich berührenden Oberflächen des Datenträgers und des Foliensicherheitselements deckungsgleich im Sinne von kongruent seien. Dies sei unabhängig von einer variierenden oder nicht variierenden Ausdehnung der Aussparungen über die Dicke / Tiefe des Elements / Datenträgers.
2.3 Die Beschwerdegegnerin hat dagegen vorgetragen, dass ein Durchbrechungsbereich nur dort vorliege, wo bei senkrechter Aufsicht die gesamte Dicke des Elements beziehungsweise des Datenträgers durchbrochen werde. Bei einer beispielsweise kegelstumpfförmigen Aussparung sei der Durchbrechungsbereich ein zentral angeordneter Zylinder mit dem kleinsten Querschnitt des Kegelstumpfs als Zylinderquerschnittsfläche. Die seitlichen Bereiche einer kegelstumpfförmigen Aussparung hätten zwar eine verringerte Dicke, wiesen aber keine vollständige Durchbrechung auf und gehörten deswegen nicht zum Durchbrechungsbereich. Eine vollständige Durchbrechung liege somit nur in den Bereichen vor, welche bei einer zum Element / Datenträger senkrechten Projektion der dreidimensionalen Aussparungen auf die Oberfläche des Elements / Datenträgers frei blieben. Diese Durchbrechungsbereiche seien für die Deckungsgleichheit heranzuziehen.
2.4 Die Kammer vertritt hierzu die Auffassung, dass die von den Beteiligten vorgetragenen Auslegungen des Wortlauts des Anspruchs 1 zwei mögliche Auslegungen aus einer Vielzahl an möglichen Auslegungen darstellen.
Eine weitere mögliche Auslegung ist beispielsweise, dass innerhalb eines beliebigen flächigen Bereichs vorliegende Aussparungen den Durchbrechungsbereich definieren, wobei die Form der Aussparungen beliebig sein kann, so dass auch sich in die Tiefe verjüngende oder vergrößernde Aussparungen darunterfallen.
Auch kann der Durchbrechungsbereich derart verstanden werden, dass es sich um einen flächigen Bereich auf dem Element oder Datenträger handelt, innerhalb dessen die Mehrzahl an durchbrechenden Aussparungen vorzusehen sind, ohne dass ausschließlich die Aussparungen den Durchbrechungsbereich bilden. Stattdessen kann dieser durch den gesamten flächigen Bereich gebildet werden, welcher diese Mehrzahl an durchbrechenden Aussparungen einschließt.
Schließlich lässt es der Wortlaut des Anspruchs 1 auch offen, ob es ausreichend ist, dass die wie auch immer gestalteten Durchbrechungsbereiche des Elements und des Datenträgers von der Form her deckungsgleich sind, ohne dass sie im Endprodukt deckungsgleich zueinander angeordnet sind.
Somit zieht die Kammer im Weiteren die Vielzahl an möglichen Auslegungen des Wortlauts von Anspruch 1 in Betracht und berücksichtigt diese entsprechend.
3. Änderungen (Artikel 100 c) und 123 (2) EPÜ)
3.1 Der im Laufe des Verfahrens geänderte und nun vorliegende unabhängige Anspruch 1 basiert auf den ursprünglich eingereichten Ansprüchen 1 und 7, sowie den in der ursprünglich eingereichten Beschreibung, Seite 6, Zeilen 16 bis 23, offenbarten Merkmalen "der Datenträger einen mit dem Durchbrechungsbereich des Foliensicherheitselements deckungsgleichen Durchbrechungsbereich aufweist, und der Durchbrechungsbereich im Datenträger von der Seite, die von der Datenträgerseite, die das Foliensicherheitselement trägt, abgewandt ist, mit einer weiteren Folie abgedeckt ist". Überdies wurde der ursprünglich definierte "Datenträger, wie Banknote, Wertpapier, Ausweiskarte oder dergleichen" nun zu "Datenträger, nämlich Banknote" geändert.
3.2 Die Beschwerdeführerin hat hinsichtlich dieser Änderungen zwei Einwände bezüglich einer angeblich unzulässigen Erweiterung des Anspruchsgegenstandes vorgetragen.
3.2.1 Der erste Einwand betrifft das Aufbringen bzw. Applizieren des Foliensicherheitselements auf den Datenträger, welches, wie die Beschwerdeführerin meint, in der ursprünglichen Offenbarung derart aufgezeigt sei, dass zunächst jeweils der Durchbrechungsbereich im Datenträger und im Foliensicherheitselement ausgestanzt werde und dann das Foliensicherheitselement auf den Datenträger aufgebracht werde. Dieses Herstellungsverfahren könne im Endprodukt, dem Datenträger mit aufgebrachtem Foliensicherheitselement, so wie im streitigen Anspruch 1 definiert, nicht mehr unterschieden werden. Somit sei nun auch das Ausstanzen der Ausnehmungen nach dem Aufbringen des Foliensicherheitselements auf den Datenträger entgegen der ursprünglichen Offenbarung miteingeschlossen.
3.2.2 Der zweite Einwand betrifft eine angebliche Auswahl aus zwei Listen. Die im vorliegenden Anspruch 1 erfolgten Änderungen basierten nach Auffassung der Beschwerdeführerin auf der Auswahl "Banknote" aus einer ersten Liste bestehend aus "Banknote, Wertpapier, Ausweiskarte, oder dergleichen" und der Auswahl "Foliensicherheitselement und Datenträger mit jeweils einem Durchbrechungsbereich" aus einer zweiten Liste bestehend aus "Fenster oder Durchbrechungsbereich im Foliensicherheitselement bzw. Datenträger". Diese spezielle Auswahl aus zwei Listen sei nicht in den ursprünglich eingereichten Unterlagen offenbart gewesen.
3.3 Die Kammer sieht die Sachlage hinsichtlich beider Einwände wie folgt.
3.3.1 In den ursprünglich eingereichten Unterlagen ist ein Datenträger mit einem darauf angeordneten Foliensicherheitselement definiert (siehe ursprüngliche Beschreibung, Seite 3, Zeilen 18 bis 20 und Seite 6, Zeilen 16 bis 23). Somit war bereits in den ursprünglichen Unterlagen ein Datenträger mit einem Foliensicherheitselement, die beide einen deckungsgleichen Durchbrechungsbereich aufweisen, offenbart. Es war also bereits zum Anmeldezeitpunkt die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, dass das Foliensicherheitselement anders als in der Anmeldung offenbart hergestellt werden kann, da bereits damals das Endprodukt als solches offenbart war.
3.3.2 Hinsichtlich des zweiten Einwands (Kombinationsauswahl aus zwei Listen) stellt die vorliegend getroffene Einschränkung entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin keine Auswahl aus zwei Listen gemäß der "Auswahl aus zwei Listen - Herausgreifen einer Kombination von Merkmalen", wie sie in der ständigen Rechtsprechung der Beschwerdekammern, 9. Aufl. 2019, Punkt II.E.1.6.2 dargelegt wird, dar. Stattdessen handelt es sich um zwei voneinander unabhängig ausgewählte Einschränkungen, welche jeweils aus einer sehr limitierten Anzahl von Alternativen ausgewählt wurden. Die erste Liste "Banknote, Wertpapier, Ausweiskarte, oder dergleichen" ist überschaubar, bei der zweiten Liste handelt es sich lediglich um zwei Alternativen, den Fenster- und den Durchbrechungsbereich. Somit stellt die erfolgte Änderung im Wortlaut des Anspruchs 1 kein Herausgreifen einer Kombination von Merkmalen im Sinne der oben erwähnten Rechtsprechung dar. Vielmehr handelt es sich um zwei separate Änderungen durch Auswahl aus jeweils einer geringen Anzahl an Möglichkeiten, welche auf Grund ihrer Überschaubarkeit in der ursprünglich eingereichten Fassung jede für sich zweifelsfrei und unmittelbar offenbart sind.
3.4 Somit geht der in Anspruch 1 definierte Gegenstand nicht über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglichen Fassung hinaus.
4. Offenbarung der Erfindung (Artikel 100 b) und 83 EPÜ)
4.1 Streitig war, ob der Fachmann die Deckungsgleichheit der Durchbrechungsbereiche des Foliensicherheitselements und des Datenträgers bei getrennter Herstellung des Foliensicherheitselements und des Datenträgers ausführen kann.
4.2 Die Beschwerdeführerin vertrat hierzu die Auffassung, dass auf Grund der unterschiedlichen Materialien und Registerungenauigkeiten immer Passungenauigkeiten vorlägen. Ein deckungsgleiches Aufeinanderliegen der beiden Schichten mit zuvor gestanzten Aussparungen und einem darauffolgenden Aufeinanderbringen der beiden Elemente sei nicht ausführbar.
4.3 Die Beschwerdegegnerin trug hierzu vor, dass, obwohl kein Ausführungsbeispiel zur Herstellung des definierten Gegenstands in der Beschreibung aufgezeigt sei, die deckungsgleichen Durchbrechungsbereiche im Datenträger und Foliensicherheitselement bestenfalls bezüglich mangelnder Klarheit zu beanstanden seien. Mangelnde Klarheit sei aber kein Einspruchsgrund. Der in Anspruch 1 definierte Gegenstand stelle den Fachmann bezüglich seiner Herstellung auch nicht vor eine unüberwindliche Schwierigkeit.
4.4 Die Kammer stellt fest, dass zunächst nur das Endprodukt beansprucht wird. Dabei stellt die Herstellung deckungsgleicher Durchbrechungsbereiche nach dem Aufbringen des Foliensicherheitselements auf den Datenträger für den Fachmann keine Schwierigkeit dar.
Die Herstellung deckungsgleicher Durchbrechungsbereiche bei zunächst getrennter Herstellung des Foliensicherheitselements und des Datenträgers hält die Kammer für ausführbar.
Auch die Herstellung zweier Durchbrechungsbereiche in deckungsgleicher Größe und das Aufbringen des Foliensicherheitselements auf den Datenträger, so, dass die Deckungsgleichheit hergestellt wird, stellt für den Fachmann nach Ansicht der Kammer keine Aufgabe dar, die er nicht aufgrund seines allgemeinen Fachwissens bewältigen kann. Warum dies nicht der Fall sein sollte, hat die Beschwerdeführerin nicht überzeugend vorgetragen.
Überdies schließt der Wortlaut des Anspruchs 1 nicht aus, dass bei getrennter Herstellung der Durchbrechungsbereiche und anschließendem Aufbringen des Foliensicherheitselements auf den Datenträger die Durchbrechungsbereiche nachgearbeitet werden.
Auch wenn das nachträgliche Nacharbeiten der Aussparungen, wie von der Beschwerdeführerin vorgetragen, im Rahmen einer Massenherstellung von Banknoten unrealistisch erscheint, so ist dies dennoch grundsätzlich möglich. Artikel 83 EPÜ erfordert nur, dass die Ausführbarkeit an sich gegeben sein muss, aber nicht, dass die Ausführbarkeit unter bestimmten Umständen, welche die industrielle Produktion des beanspruchten Gegenstands betreffen, wirtschaftlich sein muss.
4.5 Somit kommt die Kammer zu dem Schluss, dass die beanspruchte Erfindung so deutlich und vollständig offenbart ist, dass der Fachmann sie ausführen kann.
5. Neuheit (Artikel 100 a) und 54 EPÜ)
5.1 Neuheit gegenüber dem Dokument D1
5.1.1 Das Dokument D1 zeigt (im folgenden Absatz beziehen sich die Verweise in Klammern auf das Dokument D1, in D1 nicht offenbarte Merkmale sind durchgestrichen dargestellt) einen
Datenträger (1), nämlich Banknote (Seite 5, Zeile 20 bis Seite 6, Zeile 2) mit einem auf seiner Oberfläche angeordneten Foliensicherheitselement (5), wobei das Foliensicherheitselement ein mit einem Sicherheitsmerkmal versehenes Foliensubstrat (Anspruch 8) aufweist und das Foliensicherheitselement einen Durchbrechungsbereich (Figuren 4a und 4b) mit zumindest einer das Element durchbrechenden Aussparung (Figur 4a: mittiger Bereich im Patch 5) aufweist, der Datenträger einen [deleted: mit dem Durchbrechungsbereich des Foliensicherheitselements deckungsgleichen] Durchbrechungsbereich aufweist (2; Figuren 4a und 4b), und der Durchbrechungsbereich im Datenträger von der Seite, die von der Datenträgerseite, die das Foliensicherheitselement trägt, abgewandt ist, mit einer weiteren Folie (3) abgedeckt ist (Figur 4b).
5.1.2 Die Beschwerdeführerin hat vorgetragen, dass der Begriff Deckungsgleichheit im Streitpatent ungenau verwendet werde (muss die Aussparung nur in ihrer Form deckungsgleich sein, oder müssen die Aussparungen auch deckungsgleich übereinander liegen ?), dass im Streitpatent kein durch die Deckungsgleichheit erreichter technischer Effekt angeführt werde und dass eine Deckungsgleichheit im Sinne des Streitpatents im Rahmen der Produktionsungenauigkeiten in jedem Fall immer erreicht werde, weswegen die Lehre des Dokuments D1 auf den Anspruchswortlaut gelesen werden könne.
5.1.3 Die Kammer vertritt zur Deckungsgleichheit der Durchbrechungsbereiche in Bezug auf das Dokument D1 folgenden Standpunkt.
Das Dokument D1 zeigt keinen deckungsgleichen Durchbrechungsbereich im Foliensicherheitselement und im Datenträger (siehe Figur 4b). Das Dokument D1 offenbart stattdessen ausdrücklich in Anspruch 7 und auf Seite 4, Zeilen 4 bis 8, dass die Dimensionen des Patchs, welches dem Foliensicherheitselement des Streitpatents entspricht, derart zu wählen sind, dass das darin angeordnete Fenster das faserige Material, welches in die Aussparung / das Loch ("trou") hineinragt, abdeckt. Ebenso offenbaren diese Textstellen, dass die Ränder des transparenten Fensters des Patchs über dem leeren Raum angeordnet sind, welcher durch das im Fasermaterial gebildete Loch entsteht. Hieraus kann aber nicht zwingend eine Deckungsgleichheit der Löcher abgeleitet werden. Das Fenster im Patch muss kleiner sein als die Aussparung im Datenträger, wenn die in die Aussparung hineinragenden faserigen Überstände abgedeckt werden sollen und das Loch im Patch über einem Bereich angebracht werden soll, in den keine Fasern oder faserigen Überstände hineinragen, so wie es in der Figur 4b dargestellt ist. Auch besagen weitere Textstellen des Dokuments D1 (Seite 2, Zeile 21 bis Seite 3, Zeile 6 und Seite 4, Zeilen 7 bis 10), dass die Ränder der Aussparung des Datenträgers / der Banknote durch das Patch abgedeckt werden sollen. Dies impliziert, dass die Aussparung im Patch etwas kleiner sein muss als die im Datenträger, da sonst keine Abdeckung der Ränder möglich ist.
Folglich offenbart das Dokument D1 keine Deckungsgleichheit der Durchbrechungsbereiche, welche eben gerade nicht beabsichtigt und offenbart ist, selbst unter Berücksichtigung eventueller Ungenauigkeiten.
5.1.4 Das Dokument D1 nimmt folglich die Neuheit des in Anspruch 1 definierten Gegenstands nicht vorweg.
5.2 Neuheit gegenüber dem Dokument D2
5.2.1 Die Beschwerdeführerin war der Ansicht, dass das Dokument D2 neuheitsschädlich sei, da in Figur 1 der D2 der Durchbrechungsbereich des Datenträgers dort, wo beide Elemente sich berührten, eine Deckungsgleichheit im Sinne einer Kongruenz gegeben sei.
5.2.2 Die Beschwerdegegnerin vertrat die Auffassung, dass Figur 1 des Dokuments D2 keine Deckungsgleichheit zeige, da diese durch die kleinste Querschnittsfläche, welche den Datenträger / das "paper" 8 durchgängig ausspare, definiert sei (siehe Punkt 2.3 oben). Dies entspreche in Figur 1 der Fläche der Aussparung 3 im Datenträger 8 am unteren Rand. Der Durchbrechungsbereich des Foliensicherheitselements sei folglich durch die Querschnittsfläche in der Aussparung 3 am unteren Rand des Foliensicherheitselements / des "hot stamped diffractive device" 7 (d.h. an der Berührungs- oder Grenzfläche des Foliensicherheitselements 7 mit dem Datenträger 8) definiert. Somit sei in Figur 1 des Dokuments D2 der Durchbrechungsbereich im Foliensicherheitselement 7 größer als der im Datenträger 8, sodass keine Deckungsgleichheit gegeben sei.
5.2.3 Die Kammer versteht die Lehre des Dokuments D2 wie folgt.
Das Dokument D2 zeigt (im folgenden Absatz beziehen sich die Verweise in Klammern auf das Dokument D2, in D2 nicht offenbarte Merkmale sind durchgestrichen aufgeführt) einen Datenträger (8), nämlich Banknote (Seite 5, Zeilen 11 bis 19, Seite 14, Zeilen 8 bis 12) mit einem auf seiner Oberfläche angeordneten Foliensicherheitselement (7), wobei das Foliensicherheitselement ein mit einem Sicherheitsmerkmal versehenes Foliensubstrat aufweist (Seite 14, Zeilen 7 bis 12) und das Foliensicherheitselement einen Durchbrechungsbereich (3, Figur 1) mit zumindest einer das Element durchbrechenden Aussparung (3, Figur 1) aufweist, der Datenträger einen mit dem Durchbrechungsbereich des Foliensicherheitselements deckungsgleichen Durchbrechungsbereich aufweist (3, Figur 1)[deleted: , und der Durchbrechungsbereich im Datenträger von der Seite, die von der Datenträgerseite, die das Foliensicherheitselement trägt, abgewandt ist, mit einer weiteren Folie abgedeckt ist].
Die Kammer hält hier insbesondere die Durchbrechungsbereiche für deckungsgleich, wenn man die von der Beschwerdeführerin vorgetragene Auslegung (siehe Punkt 2.2 oben) heranzieht. Diese sieht eine Deckungsgleichheit der Durchbrechungsbereiche dann als gegeben, wenn die Aussparungen des Foliensicherheitselement und des Datenträgers in der (zweidimensionalen) Grenzfläche deckungsgleich sind, an der sich das Foliensicherheitselement und der Datenträger berühren. Dies ist bei der in Figur 1 gezeigten Aussparung 3 an der Grenzfläche, wo das Foliensicherheitselement 7 auf dem Datenträger 2 aufliegt, der Fall.
Weiter ist die Kammer der Meinung, dass, wie oben unter Punkt 2. ausgeführt, die Auslegung der Beschwerdegegnerin (siehe Punkt 2.3 oben) nur eine mögliche aus einer Vielzahl von möglichen Auslegungen des Wortlauts des Anspruchs 1 darstellt, welche überdies sehr eng ist. Die von der Beschwerdeführerin vorgetragene Auslegung (siehe Punkt 2.2 oben) ist ebenso zutreffend und erscheint obendrein überzeugender.
Die Argumentation der Beschwerdegegnerin basiert auf einer sehr speziellen Auslegung, welche in der Patentschrift so nicht dargelegt ist. Diese ergibt sich auch nicht aus dem allgemeinen Verständnis eines "Durchbrechungsbereichs". Falls die Auslegung der Beschwerdegegnerin im Streitpatent tatsächlich ursprünglich beabsichtigt gewesen sein sollte, so müsste sich hierzu eine weitere Erklärung in der Patentschrift finden. Da die Patentschrift aber zur genauen Bedeutung des Durchbrechungsbereichs keine weiteren Hinweise gibt, kann die Argumentation der Beschwerdegegnerin hier nicht überzeugen.
5.2.4 Das Dokument D2 zeigt folglich alle in Anspruch 1 definierten Merkmale bis auf die weitere Folie, welche den Datenträger auf der Seite abdeckt, die von der Datenträgerseite, die das Foliensicherheitselement trägt, abgewandt ist.
5.2.5 Daher nimmt auch das Dokument D2 die Neuheit des in Anspruch 1 definierten Gegenstands nicht vorweg.
6. Erfinderische Tätigkeit (Artikel 100 a) und 56 EPÜ) ausgehend von Dokument D2
6.1 Nächstliegender Stand der Technik
Das Dokument D2 stellt den nächstliegenden Stand der Technik dar, denn es handelt ebenfalls von einem Sicherheitsdokument, in welchem Durchbrechungsbereiche vorgesehen sind, um die Fälschungssicherheit des Sicherheitsdokuments zu erhöhen. Dies wurde von keiner Beteiligten in Frage gestellt.
6.2 Unterschiedsmerkmal
Wie oben unter Punkt 5.2.4 dargelegt, ist das Unterschiedsmerkmal zwischen dem in Anspruch 1 definierten Gegenstand und dem aus Dokument D2 bekannten in der weiteren Folie zu sehen, welche auf der Datenträgerseite, die der Datenträgerseite mit dem Foliensicherheitselement abgewandt ist, den Durchbrechungsbereich im Datenträger abdeckt.
6.3 Objektives technisches Problem - technischer Effekt
6.3.1 Die Beschwerdeführerin trug hierzu vor, dass dem Unterschiedsmerkmal in der Beschreibung keine besondere technische Wirkung zugesprochen werde. Ob es vor Verschmutzung schützen soll und kann, sei zweifelhaft. Da kein schlüssiger technischer Effekt erkennbar sei, scheine die abdeckende Folie lediglich den Zweck zu haben, eine Alternative zu schaffen. Eine Öffnung mit einer weiteren Folie abzudecken sei aber aus dem Dokument D1 bekannt, sodass das Unterschiedsmerkmal keine erfinderische Tätigkeit begründen könne.
6.3.2 Die Beschwerdegegnerin trug hierzu vor, dass die Kombination der Merkmale der Deckungsgleichheit des Foliensicherheitselements und des Datenträgers einerseits und der Abdeckung des Durchbrechungsbereichs auf der dem Foliensicherheitselement abgewandten Datenträgerseite andererseits einen besonderen synergistischen Effekt bewirke, nämlich den haptischen Kontrast verstärke. Dies sei offensichtlich, da beide Merkmale im gleichen Absatz, Absatz [0020], genannt seien und eine verbesserte Haptik ein wesentliches Thema der gesamten Patentschrift sei. Da dieser verbesserte haptische Effekt mit Hilfe der rückseitig aufgebrachten Folie weder durch den vorliegenden Stand der Technik noch durch allgemeines Fachwissen nahegelegt sei, beruhe der in Anspruch 1 definierte Gegenstand auf einer erfinderischen Tätigkeit.
6.3.3 Die Kammer teilt die Auffassung der Beschwerdegegnerin aus den folgenden Gründen nicht und sieht die Sachlage wie folgt.
Die Patentschrift und die ursprünglich eingereichten Anmeldungsunterlagen geben hinsichtlich des Abdeckens des Durchbrechungsbereichs auf der dem Foliensicherheitselement abgewandten Datenträgerseite keinen beabsichtigten Zweck oder ein dadurch gelöstes technisches Problem an. Es wird auch nirgends angeführt, welchen technischen Vorteil dieses Unterschiedsmerkmal bieten soll. Die Patentschrift und die Anmeldungsunterlagen nennen lediglich allgemein als zu lösendes technisches Problem die Verbesserung der Fälschungssicherheit des Datenträgers.
Für die Formulierung eines auf dem Unterschiedsmerkmal basierenden zu lösenden objektiven technischen Problems gibt es im vorliegenden Fall mehrere Möglichkeiten. Drei Beispiele werden hier wie folgt genannt:
- Bereitstellung einer mechanischen Verstärkung des materiell verdünnten Durchbrechungsbereichs,
- Bereitstellung eines weiteren Sicherheitselements zur Erhöhung der Fälschungssicherheit,
- Schutz des Durchbrechungsbereichs vor Verschmutzung.
Dass dagegen, wie von der Beschwerdegegnerin geltend gemacht, eine verbesserte Haptik das offensichtlich zu lösende technische Problem darstelle, erkennt die Kammer, wie im Folgenden erläutert wird, nicht an.
Wesentliches Ziel der Patentschrift ist die Verbesserung der Fälschungssicherheit des Datenträgers. Hierbei wird ein Durchbrechungsbereich mit mindestens einem weiteren Sicherheitsmerkmal vorgesehen, wobei neben den Sicherheitsmerkmalen auch die Haptik des Durchbrechungsbereichs zur Fälschungssicherheit beitragen kann. Die Haptik ist lediglich in den Absätzen [0009], [0040] und [0042] als weiterer Vorteil des Durchbrechungsbereichs genannt (siehe Patentschrift, Absatz [0009] "[g]leichzeitig" und [0042] "[z]ugleich"), ohne hierbei der vornehmliche Zweck des Vorsehens eines rückseitig abgedeckten Durchbrechungsbereichs zu sein.
Die zwei von der Beschwerdegegnerin genannten relevanten Merkmale (Deckungsgleichheit der Durchbrechungsbereiche und rückseitiges Abdecken des Datenträgers mit einer weiteren Folie) werden tatsächlich im gleichen Absatz [0020] hintereinander aufgezählt. Allerdings ergibt sich hieraus weder, dass diese beiden Merkmale synergistisch zusammenwirken, noch dass sie zwingend die Haptik verbessern oder beeinflussen.
Hierzu schweigt die Beschreibung vielmehr. Weder Absatz [0020] noch ein dazu benachbarter Absatz erwähnt die Haptik überhaupt, geschweige denn eine verbesserte Haptik des Datenträgers. Ganz im Gegenteil, Absatz [0019] bezieht sich auf die visuelle oder maschinelle Erfassung von Sicherheitsinformation im Datenträger durch den Durchbrechungsbereich. Dass der Durchbrechungsbereich als weiteres Sicherheitsmerkmal die Haptik beeinflusst, ist, wie oben bereits ausgeführt, lediglich in den Absätzen [0009], [0040] und [0042] beiläufig als weiterer Vorteil des Durchbrechungsbereichs genannt. Dort sind aber wiederum weder die Deckungsgleichheit der Durchbrechungsbereiche noch das rückseitige Abdecken des Datenträgers mit einer weiteren Folie erwähnt, geschweige denn ein synergistisches Zusammenspiel dieser zwei Merkmale in Hinblick auf die Haptik.
Auch kann ein Synergieeffekt nicht lediglich daraus abgeleitet werden, dass zwei Merkmale im gleichen Absatz hintereinander aufgezählt werden, ohne dabei diesen angeblichen Synergieeffekt näher zu thematisieren. Eine solche Thematisierung ist in der Patentschrift in Bezug auf den haptischen Kontrast an keiner Stelle zu finden.
Schließlich bezweifelt die Kammer auch, dass die beiden relevanten Merkmale (Deckungsgleichheit und rückseitiges Abdecken) in ihrer allgemeinen, im Anspruch formulierten Definition überhaupt die Haptik in generalisierter Weise beeinflussen können. Die Haptik hängt in dem vorliegenden Fall vor allem von den Abmessungen der Aussparungen, ihrem Querschnitt, ihrer Tiefe und dem verwendeten Material des Datenträgers sowie der dahinterliegenden Folie ab.
Somit kommt die Kammer zu dem Schluss, dass das von der Beschwerdegegnerin formulierte Problem gegenüber den von der Kammer formulierten möglichen technischen Problemstellungen ungerechtfertigt einschränkend gefasst ist und deswegen nicht zugrundegelegt werden kann.
6.4 Naheliegen
Die Kammer ist der Meinung, dass für die ersten zwei der drei im vorangehenden Punkt 6.3.3 als Beispiele genannten objektiven technischen Probleme dem Fachmann die Lösung durch Abdecken eines Durchbrechungsbereichs des Datenträgers mit einer Folie aus dem Stand der Technik bekannt ist.
- D1 (Figur 4b): Hier wird ein transparenter Film (3), welcher ein weiteres Sicherheitsmerkmal aufweist, rückseitig angebracht (Seite 10, Zeile 19 bis Seite 11, Zeile 3).
- D3 (Figur 7; Abdeckfolie 18; Spalte 5, Zeilen 49 bis 60): Hier wird durch Auswahl einer IR-transparenten Folie ein weiteres Sicherheitsmerkmal hinzugefügt.
- D9 (Anspruch 1): Hier wird sowohl die Erhöhung der Fälschungssicherheit als auch die mechanische Verstärkung des durchbrochenen Bereichs durch eine zusätzlich aufgebrachte Folie genannt (Seite 3, Zeilen 6 bis 28).
- D12 (Anspruch 3): Hier wird die Verstärkung eines geschwächten, da verdünnten Bereichs des Datenträgers durch Aufbringen einer Folie genannt.
- D13 (Figur 4): Hier wird durch beidseitiges Aufbringen einer Folie auf einen Durchbrechungsbereich die Fälschungssicherheit der Banknote verbessert (Seite 2, Zeilen 5 bis 13 und Seite 3, Zeilen 20 bis 26).
Der Fachmann würde somit für mindestens eines der genannten objektiven technischen Probleme eine Lösung im vorliegenden Stand der Technik finden und diese auch ohne weiteres in Betracht ziehen. Unter Berücksichtigung mindestens eines dieser Hinweise würde er den aus Dokument D2 bekannten Datenträger in naheliegender Weise mit einer weiteren abdeckenden Folie umgestalten. Somit würde der Fachmann unmittelbar ohne Ausübung einer erfinderischen Tätigkeit zu dem in Anspruch 1 definierten Gegenstand gelangen.
6.4.1 Somit ist der in Anspruch 1 definierte Gegenstand dem Fachmann ausgehend von dem Dokument D2 in Kombination mit einem der Dokumente D1, D3, D9, D12 oder D13 nahegelegt.
7. Schlussfolgerung
Da der im unabhängigen Anspruch 1 definierte Gegenstand nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne der Artikel 52 (1) und 56 EPÜ beruht, ist die Beschwerde begründet.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Das Patent wird widerrufen.