T 2732/17 27-04-2021
Téléchargement et informations complémentaires:
Verfahren zum Aussondern eines Gegenstands
Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde der Einsprechenden richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, mit welcher der Einspruch gegen das europäische Patent Nr. 2 724 790 zurückgewiesen wurde.
II. Die folgenden Dokumente sind für diese Entscheidung relevant:
E1: DE 10 2010 031 298 A1
E2: DE 10 2005 021 109 A1
E3: EP 1 425 238 B1
E4: DE 195 35 514 A1
E8: DE 10 2009 003 844 A1
III. In der angefochtenen Entscheidung war die Einspruchsabteilung zu dem Schluss gelangt, dass die Einspruchsgründe nach Artikel 100 a) in Verbindung mit Artikel 54 und 56 sowie nach Artikel 100 b) EPÜ der Aufrechterhaltung des europäischen Patents nicht entgegenstünden. Insbesondere hat sie festgestellt, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 neu sei gegenüber den Dokumenten El, E2, E3, E4 sowie E8 und ferner auf einer erfinderischen Tätigkeit im Hinblick auf die Dokumente El oder E2 als nächstliegender Stand der Technik beruhe.
IV. In einer Mitteilung nach Artikel 15 (1) VOBK 2020 teilte die Kammer den Parteien ihre vorläufige Meinung mit, wonach sie vorläufig keine Erfolgsaussichten für die Beschwerde sehe.
V. Eine mündliche Verhandlung vor der Kammer fand per Videokonferenz mit Zustimmung der Parteien am 27. April 2021 statt.
Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent zu widerrufen.
Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen (Hauptantrag), hilfsweise die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent in geänderter Fassung auf der Grundlage eines der mit der Beschwerdeerwiderung vom 23. Juli 2018 eingereichten Hilfsanträge 1 bis 5 aufrechtzuerhalten.
VI. Anspruch 1 des Patents in der erteilten Fassung (Hauptantrag) hat den folgenden Wortlaut (Merkmalsbezeichnungen in eckigen Klammern hinzugefügt):
"Verfahren zum Aussondern eines Gegenstands (1), insbesondere einer Flasche, aus einer Abfolge (2) von Gegenständen [Merkmal 1.1] mittels eines Pushers (4) von einem Förderband (9) [Merkmal 1.2], wobei ein Mess-Signal zum Feststellen eines Erstkontakts zwischen dem Pusher und dem auszusondernden Gegenstand überwacht wird [Merkmal 1.3] und der Pusher ausgehend von dem Erstkontakt einen Soll-Hub (10) ausführt [Merkmal 1.4]."
Die Ansprüche 2 bis 13 sind von Anspruch 1 abhängig.
VII. Die relevanten Argumente der Beschwerdeführerin lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Ausführbarkeit
Die beanspruchte Erfindung sei weder mit Hilfe der Beschreibung noch allein aus dem Wortlaut des Anspruchs 1 heraus ausführbar. Die Lehre des Anspruchs 1 stehe im Widerspruch zu der Beschreibung, insbesondere in Absatz [0009], [0014] bis [0016], [0030] sowie [0031], sodass der Fachmann nicht in der Lage sei die Erfindung auszuführen. Insbesondere werde dort ein Verfahren beschrieben, bei dem der Verlauf eines Ist-Wertes mit dem Verlauf eines Soll-Wertes verglichen werde, wohingegen Anspruch 1 die Überwachung eines Messsignals zum Feststellen eines Erstkontakts fordere. Eine entsprechende einen Soll-Ist-Vergleich betreffende Ausführungsform der Erfindung, wie in Figur 2 in Verbindung mit den Absätzen [0030] und [0031] beschrieben, falle nicht unter Anspruch 1. Insbesondere stelle der gemäß Ausführungsbeispiel nach Figur 2 erfasste Ist-Wert kein Messsignal im Sinne von Anspruch 1 dar, weil es nicht den Soll-Hub nach Merkmal 1.4 auslöse, sondern dies folge erst nach weitergehender Berechnung basierend auf dem Ist-Wert. Da der Fachmann erkenne, dass ein klassischer Soll-Ist-Vergleich nicht Gegenstand des Anspruchs 1 sei, wisse er im Lichte der Beschreibung und der Figuren nicht, wie er das beanspruchte Verfahren ausführen könne.
Die Erfindung nach Anspruch 1 löse die in der Beschreibung, Absatz [0003] dargelegte Aufgabe nicht, denn ein gleicher Soll-Hub gemäß Absatz [0009] des angefochtenen Patents für alle auszuleitenden Gegenstände resultiere nicht in einem zuverlässigen und schonenden Aussondern der Gegenstände.
Die Beschreibung offenbare nicht, wie das nach Merkmal 1.3 erfasste Messsignal in einen Soll-Hub umgesetzt werde. Absatz [0009] der Beschreibung des angefochtenen Patents offenbare lediglich das Ausführen eines stets gleichen Soll-Hubs. Dies sei jedoch eine Maßnahme, die in der Beschreibungseinleitung als nachteiliger Stand der Technik beschrieben sei. Das angefochtene Patent liefere keine Hinweise zur Berechnung des Soll-Hubs. Der Fachmann sei sich insgesamt nicht darüber im Klaren, worin der Unterschied zwischen dem Stand der Technik und der Erfindung bestehe.
Insbesondere Absatz [0028] des angefochtenen Patents nehme Bezug auf einen Gesamt-Hub des Pushers, der sich aus einem Blind-Hub und einem Soll-Hub zusammensetze, wobei jedoch kein Weg erläutert sei, wie eine Berechnung des Gesamt-Hubs für jeden Gegenstand individuell durchzuführen sei. Selbst wenn davon ausgegangen werden würde, dass ein Soll-Ist-Vergleich und ein ermittelter Gesamt-Hub Gegenstand des Anspruchs 1 seien, liefere die Beschreibung keine Hinweise dahingehend, wie ein Aussondern zuverlässig erfolgen solle, wenn der Betrag aus Blind- und Soll-Hub geringer sei als der zuvor berechnete Gesamt-Hub.
Das angefochtene Patent enthalte insgesamt viele technische Angaben, diese seien jedoch nicht ausreichend, um das Verfahren nach Anspruch 1 auszuführen. Sie bezögen sich vielmehr auf Verfahren, die aus dem Stand der Technik bekannt seien oder nicht zur Umsetzung der Merkmale des Anspruchs 1 geeignet seien. Jedenfalls offenbare das angefochtene Patent keine Lehre, wie das Messsignal zum Feststellen eines Erstkontaktes zwischen dem Pusher und dem Gegenstand überwacht werde, und wie dann ausgehend von dem Erstkontakt ohne Berücksichtigung einer Soll-Ist-Kurve, ein Soll-Hub ausgeführt werde.
Ein wirksames Aussondern mittels des Pushers funktioniere nur dann, wenn der Pusher mindestens mit einer so großen Geschwindigkeit ausfahre, dass er den Soll-Hub vollständig ausgeführt hat, während der Gegenstand am Pusher anliegt. Es komme daher angesichts der zeitlich sehr begrenzten Zeitspanne, in der der auszusondernde Gegenstand mit dem Pusher in Kontakt stehe, wesentlich auf die Geschwindigkeit des Pushers an. Hinweise betreffend die Geschwindigkeit des Pushers seien somit zwingend notwendig, um die Erfindung auszuführen. Diese fehlten jedoch in der Beschreibung des angefochtenen Patents völlig.
Der beanspruchte Gegenstand sei auch aus dem Wortlaut des Anspruchs 1 heraus nicht ausführbar. Es handele sich vielmehr um ein "vielschrittiges" Verfahren, das neu zu entwickeln sei. Das Verfahren müsse in Echtzeit und in hoher Geschwindigkeit auszuführen sein. Der Pusher habe bereits Erstkontakt mit dem Gegenstand, bevor die Berechnung des Soll-Hubs überhaupt beginnen könne. Da der Gegenstand sich weiter auf dem Förderband relativ zum Pusher bewege, müsse die Berechnung in kürzester Zeit erfolgen, um noch das nach der Aufgabenstellung gewünschte, zuverlässige und schonende Aussondern bei möglichst geringen nominellen Ausleithüben zu gewährleisten. Bekannte Verfahren nach dem Stand der Technik trügen dieser kurzen, zum Aussondern verfügbaren Zeitspanne Rechnung, indem die Berechnung und Steuerung solcher Bewegungen mittels eines Soll-Ist-Vergleichs erfolge. Es erfolge kein durch das Erfassen eines Messsignals ausgelöster Rechenvorgang, der das Aussondern des Gegenstands unterbreche. Da ein Soll-Ist-Vergleich nicht unter den beanspruchten Gegenstand falle, stünden dem Fachmann keine ausreichenden Informationen zur Implementierung der Merkmale 1.3 und 1.4 zur Verfügung.
Neuheit
Die Formulierung des Anspruchs 1 in der erteilten Fassung schließe ein Verfahren nicht aus, das im Rahmen einer Soll-Ist-Wert-Kurve die Bewegung des Pushers in Verbindung mit dem Aussondern eines Gegenstandes erfasse. Nach Merkmal 1.3 des Anspruchs 1 genüge ein Überwachen eines Messsignals, sodass die tatsächliche Feststellung eines Erstkontakts in dem Verfahren nach Anspruch 1 nicht erforderlich sei.
Absatz [0005] des Dokuments E1 lehre das "Bestimmen des zeitlichen Verlaufs eines Ist-Wertes wenigstens einer belastungsabhängigen Größe des Ausleitsystems". Indem der zeitliche Verlauf der Bewegung des Pushers belastungsabhängig erfasst werde, werde selbstverständlich der Moment des Erstkontaktes überwacht und auch erfasst. Auch aus Absatz [0020] werde deutlich, dass ein Erstkontakt zwischen dem Pusher und dem ausgestoßenen Gegenstand festgestellt werde. Figur 2 der E1 zeige, dass eine durchgängige Kurve des Ist-Wertes aufgezeichnet werde. Das Aufzeichnen sei ein Beleg für das Erfassen des Erstkontakts. Es werde ferner auf die Absätze [0027] bis [0029] der E1 verwiesen. Anspruch 1 des angefochtenen Patents enthalte keine besondere Verknüpfung des Merkmals 1.3 mit dem Merkmal 1.4, wonach "der Pusher ausgehend von dem Erstkontakt einen Soll-Hub ausführt". Insbesondere lasse Anspruch 1 keinen Schluss auf die Art des Soll-Hubs, insbesondere nicht auf einen standardisierten Soll-Hub zu. Jeglicher Soll-Hub, der die Strecke vom Erstkontakt zum Gesamt-Hub überbrücke, sei damit ein Soll-Hub im Sinne des Merkmals 1.4 des Anspruchs 1. Aus dem Dokument E1 sei klar ersichtlich, dass auch dort nach dem Erstkontakt ein Soll-Hub des Pushers erfolge, mit dem der Gegenstand durch Auslenken des Pushers bis zum Gesamt-Hub ausgesondert werde. Der Gegenstand des Anspruchs 1 sei daher insgesamt nicht neu gegenüber E1.
Gemäß der Offenbarung des Dokuments E2 werde ein Messsignal zum Feststellen des Erstkontakts überwacht. Absatz [0008] offenbare, dass das ausgestoßene Produkt erkannt und dann von einem Stempel (Pusher) versetzt werde. Absatz [0018] der E2 lehre, einen Messstrahl zur Ermittlung einer Ansetzstelle für den Stempel an einem zugeführten auszusondernden Gegenstand zu nutzen. Eine Steuereinrichtung verarbeite dieses Messsignal, um den Pusher zu steuern. Damit sei das Verfahren nach Anspruch 1 nicht neu gegenüber E2.
Das Dokument E3 offenbare in Absatz [0024], dass ein Stößel (Pusher) dicht an den jeweiligen Gegenstand heranbewegt werde, um anschließend durch Bewegen des Stößels ein wohldefiniertes Schieben des auszusondernden Gegenstandes zu bewirken. Es würde einem definierten Schieben eines Gegenstandes widersprechen, wenn der Stößel in Kontakt mit dem Gegenstand stehen würde, bevor das Schieben einsetze. Die E3 lehre somit das Verfahren nach Anspruch 1.
Das Dokument E4 lehre in Spalte 1, Zeilen 57 und 58 sowie Spalte 2, Zeilen 39 bis 52, dass der Schieber jeweils gegen ein einzelnes Produkt bewegt werde, also einen Erstkontakt herstelle, um es in vorgegebener Weise zu bewegen. Damit sei auch das Dokument E4 neuheitsschädlich für den Gegenstand des Anspruchs 1.
Absatz [0007] des Dokuments E8 offenbare eine Ausleitvorrichtung, die eine Einrichtung zur Lokalisierung eines Kontaktbereichs zwischen der Kontaktfläche des Schiebers und dem aktuell kontaktierten Objekt aufweise. Damit werde ein Erstkontakt zwischen Pusher und Objekt durch diese Einrichtung zur Lokalisierung überwacht. Anschließend werde der Gegenstand ausgeschoben. Es werde im Übrigen auf Absatz [0014] verwiesen, der diesen Vorgang ebenfalls darlege. Damit sei das Verfahren nach Anspruch 1 auch nicht neu gegenüber dem Dokument E8.
Erfinderische Tätigkeit
Das Dokument E2 als nächstliegender Stand der Technik offenbare die Merkmale 1.1 und 1.2. Die Verbesserung des bisherigen Verfahrens werde in Abschnitt [0008] dargelegt, wonach der Stempel ausgelenkt werde (Blind-Hub), dann gegen das Produkt gesetzt werde (Erstkontakt) und das Produkt ferner in Abhängigkeit seiner Abmessungen und seiner Zuführgeschwindigkeit vom Stempel versetzt werde (Soll-Hub). Die E2 lehre damit, den Erstkontakt zwischen Stempel und Produkt zu erfassen und einen Soll-Hub auszuführen. Gemäß Absatz [0015] werde eine Optimierung dadurch erreicht, dass die Steuereinrichtung eine Weg-Zeit-Steuerung die Auslenkung des Stempels umfasse. Nach Absatz [0018] werde ein in horizontaler Richtung ausgerichteter Messstrahl zur Ermittlung einer Ansatzstelle für den Stempel an einem zugeführten Produkt genutzt. Aus dem Dokument E2 gehe damit klar die Unterteilung des Gesamt-Hubs in Blind-Hub und Soll-Hub hervor. Aus Absatz [0028] ergebe sich ferner, dass eine Position des zugeführten Produktes durch eine Detektionsvorrichtung erkannt werde, und dass der Steuereinrichtung eine Information über den Weg des Stempels bis hin zum Entsorgungsbehälter vorgegeben werde. Es werde ferner auf die Absätze [0032] und [0039] im Hinblick auf eine unterschiedlich weite Auslenkung des Stempels sowie eine Weg-Zeit-Steuerung für unterschiedliche Auslenkungen des Stempels Bezug genommen.
Ausgehend von dem Dokument E2 stelle sich im Hinblick auf die Unterscheidungsmerkmale 1.3 und 1.4 die Aufgabe, die Bewegung des Stempels zu optimieren, insbesondere zu präzisieren.
Der Fachmann wisse, dass die Position des Produkts und damit der Erstkontakt bekannt sei. Es sei auch bekannt, dass der Soll-Hub am Erstkontakt beginne, nämlich der Weg zum Entsorgungsbehälter. Wenn die Detektionsvorrichtung unter dem Gesichtspunkt der Präzision verbessert werden solle, würde der Fachmann den Erstkontakt direkt an dem Stempel erfassen. Dies liege nahe und würde sich dem Fachmann gar aufdrängen, sodass der Fachmann geneigt wäre, diese Möglichkeit zu nutzen. Ferner sei keine bauliche Veränderung bis auf die Auswahl einer geeigneten Detektionsvorrichtung nötig. Der Fachmann könne somit ohne Weiteres einen Sensor einsetzen, der eine Last direkt am Stempel erfasse, um sicher zu sein, dass der Erstkontakt zwischen dem Stempel und dem Produkt erfasst werde. Die in dem Dokument E2 offen formulierten Begriffe ließen dem Fachmann die Wahl, diese Begriffe entsprechend zu füllen.
VIII. Die für diese Entscheidung relevanten Argumente der Beschwerdegegnerin sind wie folgt:
Ausführbarkeit
Gemäß Absatz [0008] des angefochtenen Patents könne der Kontakt zwischen dem Stößel und dem auszusondernden Gegenstand durch Überwachen einer oder mehrerer Kenngrößen des Pushers erfolgen. Auch Drucksensoren am Stößel seien denkbar. Als ein Beispiel für die Auswertung einer geeigneten Kenngröße offenbarten die Absätze [0030] und [0031] sowie die Figur 2 die Überwachung des zeitlichen Verlaufs einer Ist-Position des Stößels, während und nach dem Herstellen des Erstkontakts mit einem auszuleitenden Gegenstand sowie den parallelen Vergleich des Ist-Positionsverlaufs mit einem zeitlichen Soll-Positionsverlauf des Stößels. Der Erstkontakt werde dabei dadurch festgestellt, dass eine Abweichung des Ist-Werts vom Soll-Wert einen bestimmten Schwellenwert erreiche. Dies sei in Figur 2 mit dem Zeitpunkt tK bezeichnet, an dem diese Abweichung in Form eines Differenzsignals 23 den zuvor festgelegten Schwellenwert 24 erreiche. Der Soll-Hub 10 starte dann nach einer Zeitspanne Tc, in der die zugehörigen Berechnungen vorgenommen würden. Folglich könne eine zum zuverlässigen Aussondern des jeweiligen Gegenstands geeignete Endposition 17 des Stößels am Ende des Soll-Hubs präzise angefahren werden, obwohl die Spurlagen einzelner auf dem Förderband einlaufender Gegenstände bezüglich einer Ruheposition des Stößels in der Regel variierten.
Ein Widerspruch zwischen dem beanspruchten Verfahren und der Beschreibung in Absatz [0009] bestehe nicht. Bei technisch sinnvoller Lesart des Absatzes [0009] ergebe sich, dass die Ruheposition des Pushers eine Position zum Durchleiten der Abfolge von Gegenständen sei und ferner als Ausgangspunkt für die Ermittlung eines individuellen Gesamthubs für einen bestimmten Gegenstand diene. Zum anderen beziehe sich Absatz [0009] auf eine spezielle Ausführungsform, bei der jeder Gegenstand mittels des gleichen Soll-Hubs auf eine Ausleitbahn geschoben werden könne. Der Soll-Hub könne aber auch an unterschiedliche Behälter angepasst werden (siehe Absatz [0038]). Auch ergebe sich aus dem Wortlaut des Absatzes [0009] kein technischer Widerspruch in sich. Gehe man von unterschiedlichen Blind-Hüben aus, könne man sehr wohl durch individuelles Ermitteln des jeweiligen Gesamthubs mit demselben Soll-Hub Gegenstände ausleiten. Der Soll-Hub müsse nur geeignet vorgegeben werden, also insbesondere groß genug für alle möglichen Blindhübe sein. Die Formulierung "ausgehend von dem Erstkontakt" in Merkmal 1.4 impliziere, dass das Messsignal nicht nur zum Feststellen des Erstkontakts geeignet sei, sondern der Erstkontakt damit tatsächlich festgestellt werde.
Zum anderen sei das Merkmal 1.3 unter Berücksichtigung des Merkmals 1.4 so zu lesen, dass ein Messsignal überwacht werde, um einen Erstkontakt zwischen dem Pusher und dem auszusondernden Gegenstand festzustellen. Eine Auslegung, wonach das Messsignal lediglich zum Feststellen eines Erstkontakts ausgebildet sei und in beliebiger Form überwacht werde, widerspräche inhaltlich dem damit verknüpften Merkmal 1.4 und der Gesamtoffenbarung des angefochtenen Patents.
Das angefochtene Patent müsse einem Fachmann lediglich einen Weg aufzeigen, welches Messsignal verwendet werden könne, wie hieraus der Erstkontakt zwischen Pusher und auszusonderndem Gegenstand bestimmt werden könne, und ein Soll-Hub ausgehend von dem festgestellten Erstkontakt ausgeführt werden könne. Die Absätze [0012] und [0013] offenbarten ein entsprechendes Ausführungsbeispiel der Erfindung. Auch die Absätze [0016] und [0017] offenbarten einen Weg zur Bestimmung des Erstkontakts. Zusätzlich offenbarten die Absätze [0030] bis [0032] ein konkretes Beispiel zur steuerungstechnischen Umsetzung des Verfahrens, wodurch sich die von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Bedenken hinsichtlich technisch möglicher zeitlicher Abläufe bei der Ermittlung des Erstkontakts und der Steuerung des Pushers als unbegründet erwiesen.
Neuheit
Merkmal 1.3 des Anspruchs 1 sei im Zusammenhang mit Merkmal 1.4 so zu lesen, dass das Messsignal überwacht werde, um den Erstkontakt festzustellen. Ausgehend von dem festgestellten Erstkontakt werde dann der Soll-Hub ausgeführt. Es handele sich somit um eine klare Lehre, die keiner Interpretation bedürfe. Diese Lehre sei in keinem der Dokumente E1, E2, E3, E4 und E8 offenbart.
Erfinderische Tätigkeit
Gemäß Absatz [0028] des Dokuments E2 sei ein System 14 von in vertikaler Richtung ausgerichteten Messstrahlen 13 zur Ermittlung einer Ansatzstelle für den Stempel 2 an jeweils einem zugeführten Produkt 1 vorgesehen. Daraus könne eine Sollposition für den Erstkontakt zwar berechnet werden. Ein Feststellen des Erstkontakts sei auf diese Weise jedoch nicht möglich. Zur Berücksichtigung ungenauer Sensorergebnisse werde stattdessen eine Zeitsteuerung zur Ausnutzung einer maximalen zur Verfügung stehenden Ausstoßzeit am Ende des Absatzes [0028] vorgeschlagen. Ein Hinweis auf das Feststellen des Erstkontakts finde sich in der E2 hingegen nicht. Auch habe für den Fachmann kein Anlass bestanden, das Verfahren nach dem Dokument E2 so zu modifizieren, dass ein Messsignal zum Feststellen eines Erstkontaktes überwacht werde, denn die Position des ankommenden Gegenstandes werde bereits über die Messstrahlen erfasst, sodass ihre Position bereits bekannt sei. Das Dokument E2 liefere auch keinerlei Hinweise dahingehend, einen Erstkontakt im Sinne des Merkmals 1.3 zu erfassen. Da weder ein Hinweis in E2 vorhanden sei noch ein Anlass hierzu bestanden habe, habe eine Modifizierung des Verfahrens nach E2 für den Fachmann nicht nahegelegen.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Einspruchsgrund nach Artikel 100 b) EPÜ
2.1 Die Beschwerdeführerin stützt sich im Hinblick auf den Einspruchsgrund nach Artikel 100 b) EPÜ wesentlich auf das Argument, dass ein Soll-Ist-Vergleich, wie im angefochtenen Patent überwiegend beschrieben, nicht unter die Erfindung nach Anspruch 1 falle, der Fachmann aus dem angefochtenen Patent jedoch keine ausreichenden Informationen dahingehend erhalte, wie die Erfindung anders als mit einem Soll-Ist-Vergleich implementiert werden könne.
2.2 Die Kammer vermag sich diesem Argument der Beschwerdeführerin nicht anzuschließen. Es ist ein allgemein anerkannter Grundsatz, dass das Patent mit der Bereitschaft auszulegen ist, es zu verstehen und nicht mit dem Willen, es misszuverstehen (siehe beispielsweise T 0190/99, Punkt 2.4 der Gründe). Die Beschwerdegegnerin hat überzeugend dargelegt, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 dem Wortlaut nach klar ist und gemäß den Merkmalen 1.3 und 1.4 eindeutig auf die Überwachung eines Messsignals zum Feststellen eines Erstkontaktes zwischen dem Pusher und dem auszusondernden Gegenstand gerichtet ist, wobei der Pusher ausgehend von dem festgestellten Erstkontakt einen Soll-Hub ausführt.
Im Lichte dieser eindeutigen Lesart des Anspruchs 1 ist die Kammer davon überzeugt, dass sich für den Fachmann aus der Gesamtoffenbarung des angefochtenen Patents unmittelbar und eindeutig ergibt, dass das Ausführungsbeispiel nach Figur 2 in Verbindung mit der Beschreibung, insbesondere in den Absätzen [0030] und [0031], von Anspruch 1 umfasst ist. Die Bestimmung einer Ist-Position des Stößels, insbesondere wie in Figur 2 dargestellt und in den Absätzen [0030] und [0031] beschrieben, stellt somit ein Messsignal im Sinne des Merkmals 1.3 des Anspruchs 1 dar. Es wird auch auf Absatz [0008] des angefochtenen Patents verwiesen, wonach der Kontakt zwischen dem Stößel und dem Gegenstand durch Überwachen einer oder mehrerer Kenngrößen des Pushers erfolgen kann.
2.3 Die Beschwerdeführerin hat argumentiert, dass es sich bei dem in dem Ausführungsbeispiel nach Figur 2 erfassten Ist-Wert nicht um ein Messsignal im Sinne des Anspruchs 1 handele, da ausgehend von dem erfassten Ist-Wert nicht der Soll-Hub ausgelöst werde. Zu diesem Einwand stellt die Kammer fest, dass der Soll-Hub nach Merkmal 1.4 ausgehend von dem festgestellten Erstkontakt ausgeführt wird und nicht ausgehend von dem Messsignal. Dies entspricht in eindeutiger Weise der Beschreibung in Absatz [0031] des angefochtenen Patents. Das entsprechende Argument der Beschwerdeführerin überzeugt die Kammer daher nicht.
Sämtliche Argumente der Beschwerdeführerin, welche auf der Annahme beruhen, der Fachmann halte angesichts der Gesamtoffenbarung des angefochtenen Patents einen Soll-Ist-Vergleich im Sinne des Ausführungsbeispiels nach Figur 2 und den Absätzen [0030] und [0031] für nicht von Anspruch 1 umfasst, gehen damit fehl.
2.4 Auch das Argument der Beschwerdeführerin, wonach ein individuell für die jeweilige Sorte von Gegenständen festgelegter Gesamt-Hub nicht mit einem gleichen Soll-Hub erreicht werden kann, steht der Ausführbarkeit der Erfindung nicht entgegen. Anspruch 1 betrifft keinen Gesamt-Hub, sondern einen Soll-Hub, der gemäß Merkmal 1.4 ausgehend von dem zuvor festgestellten Erstkontakt ausgeführt wird. Über die Qualität des Soll-Hubs schweigt Anspruch 1. Für die Kammer ist insgesamt nicht ersichtlich, inwiefern die in Absatz [0009] beschriebenen gleichen Soll-Hübe der Ausführbarkeit der Erfindung entgegen stehen könnten. Dass sich aus gleichen Soll-Hüben möglicherweise gewisse Nachteile bei der Durchführung des beanspruchten Verfahrens ergeben können, steht der Ausführbarkeit der Erfindung jedenfalls nicht entgegen. Die Kammer bemerkt in diesem Zusammenhang, dass bei der Frage der Ausführbarkeit das Fachwissen des Fachmanns zu berücksichtigen ist, mit Hilfe dessen er im Patent fehlende Informationen ergänzen kann. Wie die Beschwerdegegnerin zu Recht dargelegt hat, kann das generelle Ziel eines Aussonderns eines Gegenstands im vorliegenden Fall jedenfalls dadurch erreicht werden, dass der Fachmann einen ausreichend großen Soll-Hub auswählt.
2.5 Das Argument der Beschwerdeführerin, wonach die zeitliche Abfolge nicht so ausreichend dargelegt ist, dass der Fachmann angesichts der sehr kurzen Zeiträume die Erfindung implementieren kann, überzeugt die Kammer ebenfalls nicht. Die Kammer stimmt vielmehr mit der Beschwerdegegnerin darin überein, dass das angefochtene Patent, insbesondere in den Absätzen [0030] bis [0032], ein konkretes und detailliertes Beispiel zur steuerungstechnischen Implementierung des beanspruchten Verfahrens offenbart, sodass für die Kammer kein Zweifel daran bestehen kann, dass dem Fachmann ausreichend Informationen zur Verfügung stehen, um die Erfindung auch im Hinblick auf die zeitliche Abfolge der beanspruchten Verfahrensschritte umzusetzen.
2.6 Im Übrigen ist der Beschwerdegegnerin darin zuzustimmen, dass die von der Beschwerdeführerin im Hinblick auf die Geschwindigkeit des Pushers aufgeworfenen hypothetischen Problemstellungen der Ausführbarkeit der Erfindung vorliegend nicht entgegenstehen. Der mit Verfahren zum Aussondern eines Gegenstands befasste Fachmann weiß nach Überzeugung der Kammer jedenfalls um die erforderliche Abstimmung zwischen Fördergeschwindigkeit des auszusondernden Gegenstands und der Geschwindigkeit des Pushers. Für diesen technischen Aspekt bedarf es daher keiner weiteren Erläuterungen.
2.7 Zum Einwand der Beschwerdeführerin, die im Patent genannte Aufgabe werde nicht durch den beanspruchten Gegenstand gelöst, stellt die Kammer Folgendes fest: Artikel 100 b) EPÜ fordert lediglich, dass das europäische Patent die Erfindung so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen kann. Dass die Erfindung gegebenenfalls bestimmte Nachteile gegenüber anderen Lösungen mit sich bringen mag, steht der Ausführbarkeit der Erfindung im vorliegenden Fall nicht entgegen, denn jedenfalls ein beabsichtigtes Aussondern von Gegenständen kann durch die Wahl eines geeigneten Soll-Hubs mit der Erfindung zweifellos erreicht werden. Eine mangelnde Ausführbarkeit der Erfindung kann daher im vorliegenden Fall nicht durch die unbelegte Behauptung begründet werden, dass die in Absatz [0003] des Patents genannte Aufgabe, nämlich ein zuverlässiges und schonendes Aussondern bei möglichst geringen nominellen Ausleithüben zu gewährleisten, nicht erfüllt werde (siehe auch Rechtsprechung der Beschwerdekammern, 9. Auflage 2019, II.C.3.2).
2.8 Zum Argument der Beschwerdeführerin, die Erfindung sei allein durch die Angaben des Anspruchs 1 nicht ausführbar, bemerkt die Kammer, dass die Frage der Ausführbarkeit der Erfindung, d.h. vorliegend das beanspruchte Verfahren nach Anspruch 1, anhand der Gesamtoffenbarung des Streitpatents zu beurteilen ist. Bereits aus diesem Grund überzeugen die von der Beschwerdeführerin dargelegten rein hypothetischen Fragen nicht, die der Fachmann angeblich ohne Hilfe der Beschreibung und der Figuren zu beantworten hätte. Im Hinblick auf die vorstehenden Feststellungen der Kammer unter Punkt 2.1 bis 2.7 erübrigen sich weitere Ausführungen zu diesem Punkt, denn jedenfalls enthält das angefochtene Patent eine klare Lehre, die es dem Fachmann ohne Weiteres ermöglicht, das beanspruchte Verfahren zu implementieren.
2.9 Insgesamt ist die Kammer daher zu dem Schluss gelangt, dass das Patent die Erfindung so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen kann.
Der Einspruchsgrund nach Artikel 100 b) EPÜ steht der Aufrechterhaltung des Patents damit nicht entgegen.
3. Einspruchsgrund nach Artikel 100 a) und 54 EPÜ
3.1 Gegenstand des Anspruchs 1
3.2 Wie bereits unter Punkt 2.2 zur Frage der Ausführbarkeit der Erfindung dargelegt, ist der Wortlaut des Anspruchs 1 klar und bedarf daher keiner weitergehenden Interpretation. Insbesondere die Merkmale 1.3 und 1.4 beziehen sich eindeutig auf die Überwachung eines Messsignals zum Feststellen eines Erstkontaktes zwischen dem Pusher und dem auszusondernden Gegenstand, wobei der Pusher ausgehend von dem festgestellten Erstkontakt einen Soll-Hub ausführt.
Bei technisch sinnvoller Lesart des Anspruchs 1 kann kein Zweifel daran bestehen, dass die Merkmale 1.3 und 1.4 in Zusammenhang stehen. Die Behauptung der Beschwerdeführerin, Anspruch 1 des angefochtenen Patents enthalte keine besondere Verknüpfung dieser Merkmale, geht damit fehl.
Eine Zusammenschau der Merkmale 1.3 und 1.4 lässt ferner keinen anderen Schluss zu als den, dass zum Ausführen des Soll-Hubs ausgehend von dem Erstkontakt der Erstkontakt zunächst aufgrund der Überwachung des Messsignals festgestellt wird. Dieses Merkmal ist vom Inhalt des Anspruchs 1 daher implizit umfasst. Ein Verständnis, nach welchem ein Messsignal, welches geeignet ist zum Feststellen eines Erstkontaktes, überwacht werde, der Erstkontakt aber tatsächlich nicht festgestellt werde, ist technisch sinnlos und würde von einem Fachmann daher nicht ernsthaft als von Anspruch 1 umfasst in Erwägung gezogen werden.
Ferner ist der Wortlaut des Merkmals 1.4 dahingehend klar und unmissverständlich, insbesondere im Hinblick auf die Formulierung "ausgehend von", dass der Soll-Hub erst ab dem festgestellten Erstkontakt und nicht bereits zu einem früheren Zeitpunkt ausgeführt wird.
Aus der Zusammenschau der Merkmale 1.3 und 1.4 ergibt sich somit bei technisch verständiger Lesart insgesamt in eindeutiger Weise, dass ohne die tatsächliche Feststellung des Erstkontakts der Soll-Hub nicht gemäß Merkmal 1.4 ausgehend von dem Erstkontakt ausgeführt werden könnte, denn der Erstkontakt wäre in diesem Fall nicht festgestellt worden. Der Fachmann versteht bei der Lektüre des Anspruchs 1 somit unmittelbar, dass nicht nur ein Messsignal zur Feststellung des Erstsignals überwacht wird, sondern dass der Erstkontakt bei seinem Eintreten selbstverständlich auch festgestellt wird, woraufhin hiervon ausgehend der Soll-Hub ausführbar ist.
3.3 Das unter Punkt 3.2 dargelegte Verständnis hat die Kammer ihrer Bewertung der Neuheit des Gegenstands des Anspruchs 1 gegenüber den Dokumenten E1, E2, E3, E4 und E8 zugrunde gelegt.
3.4 Dokument E1
3.4.1 Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist neu gegenüber dem Dokument E1, denn es offenbart jedenfalls nicht die Merkmale 1.3 und 1.4.
Das Dokument E1 offenbart zwar das "Bestimmen des zeitlichen Verlaufs eines Ist-Wertes wenigstens einer belastungsabhängigen Größe des Ausleitsystems" (siehe E1 insbesondere in den Absätzen [0005], [0027] und [0028]). Die Kammer stimmt jedoch nicht mit der Beschwerdeführerin darin überein, dass allein durch die Bestimmung des zeitlichen Verlaufs der Bewegung des Pushers die Feststellung eines Erstkontaktes impliziert werde. Wie die Beschwerdegegnerin zutreffend ausgeführt hat, enthält E1 diesbezüglich keinerlei Hinweise. Ferner hat sie überzeugend dargelegt, dass gemäß Absatz [0030] das Dokument E1 die Bestimmung einer Differenzkurve dahingehend auswertet, ob die Ausleitung eines Gegenstands korrekt oder nicht durchgeführt wurde, wobei die Differenzkurve als der zeitliche Verlauf der Differenz des Ist-Wertes vom Soll-Wert einer belastungsabhängigen Größe verstanden wird (siehe Absatz [0028]).
Jedweder Hinweis auf die Überwachung eines Messsignals zum Feststellen eines Erstkontaktes zwischen dem Pusher und dem auszusondernden Gegenstand (Merkmal 1.3) sowie auf die Ausführung eines Soll-Hubs ausgehend von dem nach Merkmal 1.3 festgestellten Erstkontakt (Merkmal 1.4) fehlt gänzlich in E1.
3.4.2 Die Kammer ist daher zu dem Schluss gelangt, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 neu ist gegenüber dem Dokument E1.
3.5 Dokument E2
3.5.1 Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist neu gegenüber dem Dokument E2, denn es offenbart jedenfalls nicht die Merkmale 1.3 und 1.4.
3.5.2 Das Dokument E2 mag insbesondere in Absatz [0008] und [0018] die Ermittlung einer "Ansetzstelle für den Stempel an einem zugeführten Produkt" und ein anschließendes Versetzen des Produkts mittels des Stempels offenbaren. Die Ansetzstelle wird jedoch nicht durch Feststellen eines Erstkontakts erfasst, sondern mittels Messstrahlen (siehe Absatz [0018] und [0028]). Das durch die Messstrahleinrichtung erfasste Messsignal kann jedoch nicht als Messsignal zur Erfassung eines Erstkontakts im Sinne des Merkmals 1.3 aufgefasst werden, denn es stellt keinen tatsächlichen Erstkontakt zwischen dem Pusher (Stempel) und dem auszustoßenden Gegenstand fest, sondern eine zu erwartende Position des Kontakts des Pusher mit dem auszustoßenden Gegenstand. Da es bereits an der Überwachung eines Messsignals zur Feststellung eines Erstkontakts fehlt, offenbart das Dokument E2 auch nicht die Ausführung eines Soll-Hubs ausgehend von dem festgestellten Erstkontakt gemäß Merkmal 1.4.
3.5.3 Die Kammer ist daher zu dem Schluss gelangt, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 neu ist gegenüber dem Dokument E2.
3.6 Dokument E3
3.6.1 Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist neu gegenüber dem Dokument E3, denn es offenbart jedenfalls nicht die Merkmale 1.3 und 1.4.
3.6.2 Die Kammer stimmt mit der Beschwerdegegnerin darin überein, das ein in dem Dokument E3 offenbartes "dichtes Heranbewegen" (siehe Absatz [0024]) an den auszusondernden Gegenstand nicht der Feststellung eines Erstkontakts im Sinne des Merkmals 1.3 entspricht. Damit fehlt es zwangsläufig auch an dem Merkmal 1.4, wonach ein Soll-Hub ausgehend von dem festgestellten Erstkontakt ausgeführt wird.
3.6.3 Die Kammer ist daher zu dem Schluss gelangt, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 neu ist gegenüber dem Dokument E3.
3.7 Dokument E4
3.7.1 Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist neu gegenüber dem Dokument E4, denn es offenbart jedenfalls nicht die Merkmale 1.3 und 1.4.
3.7.2 Das Dokument E4 offenbart in Spalte 1, Zeilen 57 bis 58, dass das bewegliche Teil ortsgenau zum Beschleunigungszweck angesetzt und wieder zurückgestellt wird. Gemäß Spalte 2, Zeilen 39 bis 52 wird der Stempel (Pusher) gegen ein Produkt gesetzt und verschoben, wobei die zu korrigierende Position erkannt wird. Die Offenbarung, dass ein Schieber jeweils gegen ein einzelnes Produkt bewegt wird, entspricht nach Überzeugung der Kammer nicht dem Merkmal 1.3, wonach ein Messsignal zur Feststellung eines Erstkontakts überwacht wird, und ferner nach Merkmal 1.4 ausgehend von dem festgestellten Erstkontakt der Soll-Hub ausgeführt wird. Eine entsprechende Offenbarung ergibt sich auch nicht aus Spalte 5, Zeile 60 bis Spalte 6, Zeile 13. Dort mögen Sensoren zur Erkennung der Position der Produkte offenbart sein, wobei die Verschiebung entsprechend der Messwerte des Sensors erfolgt. Die Kammer kann der Beschwerdeführerin jedoch nicht darin folgen, dass das Messsignal der Sensoren zur Feststellung eines Erstkontakts überwacht wird. Vielmehr wird die Position der Produkte erkannt, deren Abstand dann angeglichen wird.
3.7.3 Die Kammer ist daher zu dem Schluss gelangt, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 neu ist gegenüber dem Dokument E4.
3.8 Dokument E8
3.8.1 Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist neu gegenüber dem Dokument E8, denn es offenbart jedenfalls nicht die Merkmale 1.3 und 1.4.
3.8.2 Gemäß Absatz [0007] und [0014] des Dokuments E8 wird ein Kontaktbereich zwischen der Kontaktfläche eines Schiebers (Pushers) und dem zu verschiebenden Objekt lokalisiert. Die Kammer stimmt nicht mit der Beschwerdeführerin darin überein, dass hierdurch die Überwachung eines Messsignals zur Feststellung eines Erstkontakts zwischen einem Pusher und einem auszusondernden Gegenstand offenbart wird. Vielmehr hat die Einspruchsabteilung unter Punkt 13.6 der Entscheidungsgründe zurecht dargelegt, dass das Dokument E8 keinen Erstkontakt feststellt, sondern ein mittiges Treffen des Schiebers auf dem Objekt anstrebt, welches dadurch erzielt werden soll, dass zunächst der Kontaktbereich zwischen dem Schieber und dem Objekt, und somit die Schieberposition und deren Abweichung von einer idealen Positionierung festgestellt wird (siehe Absätze [0010] bis [0012]). Somit wird das in E8 überwachte Signal, auch wenn es grundsätzlich geeignet sein sollte einen Erstkontakt gemäß Merkmal 1.3 festzustellen, nicht dazu genutzt einen Erstkontakt tatsächlich festzustellen und gemäß Merkmal 1.4 ausgehend von dem festgestellten Erstkontakt den Soll-Hub auszuführen.
3.8.3 Die Kammer ist daher zu dem Schluss gelangt, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 neu ist gegenüber dem Dokument E8.
3.9 Ergebnis - Einspruchsgrund nach Artikel 100 a) und 54 EPÜ
Die Kammer ist daher zu dem Schluss gelangt, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 des erteilten Patents neu ist gegenüber den Dokumenten E1, E2, E3, E4 und E8.
Der Einspruchsgrund nach Artikel 100 a) in Verbindung mit Artikel 54 EPÜ steht der Aufrechterhaltung des angefochtenen Patents damit nicht entgegen.
4. Einspruchsgrund nach Artikel 100 a) und 56 EPÜ
4.1 Dokument E2 als nächstliegender Stand der Technik
4.1.1 Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruht auf einer erfinderischen Tätigkeit gegenüber dem Dokument E2 in Verbindung mit dem allgemeinen Fachwissen des Fachmanns.
4.1.2 Wie zum Einspruchsgrund nach Artikel 100 a) und 54 EPÜ unter Punkt 3.5 festgestellt wurde, unterscheidet sich das Dokument E2 von dem Gegenstand des Anspruchs 1 durch die Merkmale 1.3 und 1.4:
- wobei ein Mess-Signal zum Feststellen eines Erstkontakts zwischen dem Pusher und dem auszusondernden Gegenstand überwacht wird (Merkmal 1.3) und
- der Pusher ausgehend von dem Erstkontakt einen Soll-Hub (10) ausführt (Merkmal 1.4)
4.1.3 Ausgehend von dem Dokument E2 und im Hinblick auf die Unterscheidungsmerkmale 1.3 und 1.4 hat die Beschwerdeführerin die objektive technische Aufgabe darin gesehen, ein Verfahren bereitzustellen, bei dem die Bewegung des Stempels optimiert ist, insbesondere im Hinblick auf die Präzision.
4.1.4 Die Kammer ist nicht überzeugt vom Argument der Beschwerdeführerin, wonach der Fachmann, wenn er die Präzision optimieren wolle, den Erstkontakt in naheliegender Weise direkt an dem Stempel (Pusher) erfasst hätte.
Gemäß Absatz [0028] des Dokuments E2 ist ein System 14 von in vertikaler Richtung ausgerichteten Messstrahlen 13 zur Ermittlung einer Ansetzstelle für den Stempel 2 an jeweils einem zugeführten Produkt 1 vorgesehen (siehe Figur 1). Zur Berücksichtigung ungenauer Sensorergebnisse wird in Absatz [0028] ferner eine Zeitsteuerung zur Ausnutzung einer maximalen zur Verfügung stehenden Ausstoßzeit offenbart.
Der Beschwerdegegnerin ist angesichts der klaren Lehre der E2 darin zuzustimmen, dass der Fachmann ausgehend von E2 keinen Anlass hatte, das dort offenbarte Verfahren so zu modifizieren, dass ein Messsignal zum Feststellen eines Erstkontaktes überwacht wird und ausgehend von dem festgestellten Erstkontakt einen Soll-Hub auszuführen, denn in E2 wird die Position des zu versetzenden Objekts bereits über die Messstrahlen erfasst und eine Korrektur der Messergebnisse über eine entsprechende Zeitsteuerung berücksichtigt.
Die bloße Behauptung der Beschwerdeführerin die Feststellung eines Erstkontakts im Sinne des Merkmals 1.3 führe zu einer Optimierung, insbesondere zu einer Präzisierung der Bewegung des Stempels, überzeugt die Kammer nicht. Es fehlt somit nicht nur an einem überzeugenden Argument, weshalb der Fachmann anstelle der in E2 implementierten Lösung eine Modifizierung vorgenommen hätte, sondern darüber hinaus hat die Beschwerdeführerin nicht überzeugend dargelegt, warum er insbesondere die spezielle in den Merkmalen 1.3 und 1.4 definierte Lösung lediglich mit Hilfe seines Fachwissens tatsächlich vorgenommen hätte. Die bloße Behauptung, dass die objektive technische Aufgabe durch die Lösung gemäß den Merkmalen 1.3 und 1.4 nicht nur gelöst würde, sondern diese spezielle Lösung auch tatsächlich von einem Fachmann in Betracht gezogen worden wäre, ist jedenfalls nicht ausreichend, um das Naheliegen der Unterscheidungsmerkmale 1.3 und 1.4 im Hinblick auf das Fachwissen des Fachmanns zu begründen.
Ebenso kann die Kammer der Beschwerdeführerin nicht darin folgen, dass das Dokument E2 gewisse Begriffe offen lasse, und der Fachmann diese Begriffe nach seiner Wahl ausfüllen könne. Auch in diesem Punkt hat die Beschwerdeführerin nicht überzeugend dargelegt, weshalb der Fachmann hierzu nicht nur die Möglichkeit hatte, sondern welchen Anlass er hierfür tatsächlich gehabt hätte.
4.1.5 Die Kammer ist daher zu dem Schluss gelangt, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht durch das Dokument E2 in Verbindung mit dem Fachwissen des Fachwissens nahegelegt ist und folglich auf einer erfinderischen Tätigkeit gegenüber E2 beruht.
4.2 Dokument E1 als nächstliegender Stand der Technik
4.2.1 In der angefochtenen Entscheidung war die Einspruchsabteilung ferner zu dem Schluss gelangt, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 auch gegenüber dem Dokument E1 als nächstliegender Stand der Technik auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht (siehe Punkt 14.2.1 und 14.2.2 der Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung).
4.2.2 Die Beschwerdeführerin hat im gesamten Beschwerdeverfahren keinen substantiierten Sachvortrag im Hinblick auf eine erfinderische Tätigkeit des Gegenstands des Anspruchs 1 gegenüber dem Dokument E1 als nächstliegender Stand der Technik geliefert. Vielmehr hat sie sich auf ihren erstinstanzlichen Vortrag bezogen (siehe Punkt 2 auf Seite 12 der Beschwerdebegründung). Es entspricht der ständigen Rechtsprechung der Beschwerdekammern, dass ein Verweis auf das eigene Vorbringen in der ersten Instanz die explizite Angabe von rechtlichen und tatsächlichen Gründen für die Beschwerde in der Regel nicht ersetzen kann (siehe Rechtsprechung der Beschwerdekammern, 9. Auflage 2019, V.A.2.6.4.a)).
4.2.3 Gemäß den Feststellungen unter Punkt 3.4 unterscheidet sich das Dokument E1 von dem Gegenstand des Anspruchs 1 durch die Merkmale 1.3 und 1.4.
4.2.4 Ungeachtet der Frage, welche objektive technische Aufgabe sich ausgehend von E1 im Hinblick auf die Unterscheidungsmerkmale stellt, hält die Kammer, wie auch unter Punkt 4.1 dargelegt, die Unterscheidungsmerkmale 1.3 und 1.4 jedenfalls nicht für rein fachmännische Maßnahmen, die der Fachmann im Rahmen seiner routinemäßigen Tätigkeit ohne erfinderisch tätig zu werden eingesetzt hätte.
4.2.5 Da die Unterscheidungsmerkmale 1.3 und 1.4 auch den übrigen im Verfahren befindlichen Dokumenten nicht zu entnehmen ist, ist die Kammer zu dem Schluss gelangt, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht durch das Dokument E1 in Verbindung mit dem Fachwissen des Fachmanns nahegelegt ist und folglich auf einer erfinderischen Tätigkeit gegenüber diesem Dokument beruht.
4.3 Ergebnis - Einspruchsgrund nach Artikel 100 a) und 56 EPÜ
Die Kammer ist daher zu dem Schluss gelangt, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 des erteilten Patents auf einer erfinderischen Tätigkeit im Hinblick auf die Dokumenten E1 oder E2 jeweils in Verbindung mit dem Fachwissen des Fachmanns beruht. Der Einspruchsgrund nach Artikel 100 a) und 56 EPÜ steht der Aufrechterhaltung des angefochtenen Patents damit nicht entgegen.
5. Ergebnis
Da die Einspruchsgründe nach Artikel 100 a) EPÜ in Verbindung mit Artikel 54 und 56 EPÜ sowie nach Artikel 100 b) EPÜ der Aufrechterhaltung des angefochtenen Patents nicht entgegenstehen, und da die Beschwerdeführerin keine weiteren Einwände gegen das erteilte Patent vorgebracht hat, war dem Hauptantrag der Beschwerdegegnerin stattzugeben.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.