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T 0470/19 26-04-2022
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VERFAHREN ZUR PRÜFUNG VON WERTDOKUMENTEN
Ausführbarkeit (ja)
Erfinderische Tätigkeit (ja)
Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) richtete ihre Beschwerde gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, den Einspruch gegen das europäische Patent Nr. 2695146 zurückzuweisen.
Mit dem Einspruch war das Streitpatent in vollem Umfang im Hinblick auf die Einspruchsgründe unzureichender Offenbarung (Artikel 100 b) EPÜ) und fehlender erfinderischer Tätigkeit (Artikel 100 a) EPÜ i.V.m. Artikeln 52 (1) und 56 EPÜ) angegriffen worden.
Folgende Dokumente wurden u.a. im erstinstanzlichen Verfahren herangezogen und von den Beteiligten im Beschwerdeverfahren wieder aufgegriffen:
E1: DE 102 56 114 A1
E2: DE 10 2008 028 689 A1
E3: US 2009/0141961 A1
E4: DE 100 07 887 A1.
II. In ihrer Entscheidung vertrat die Einspruchsabteilung u.a. die Auffassung, dass weder der Einspruchsgrund nach Artikel 100 b) EPÜ noch der Einspruchsgrund nach Artikel 100 a) EPÜ i.V.m. Artikeln 52 (1) und 56 EPÜ der Aufrechterhaltung des Streitpatents in der erteilten Fassung entgegenstünden. Insbesondere war die Einspruchsabteilung der Auffassung, dass der Gegenstand der erteilten Ansprüche gegenüber einer Kombination einer der Druckschriften E1, E2 und E3 mit der Druckschrift E4 auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.
III. Mit der Beschwerdeerwiderung vom 5. August 2019 reichte die Beschwerdegegnerin (Pateninhaberin) Ansprüche gemäß Hilfsanträgen 1 bis 5 ein.
IV. Eine mündliche Verhandlung fand am 26. April 2022 statt.
Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents.
Die Beschwerdegegnerin beantragte die Zurückweisung der Beschwerde, d. h. die Aufrechterhaltung des Patents wie erteilt, oder hilfsweise die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Aufrechterhaltung des Patents in geändertem Umfang auf Grundlage der Ansprüche gemäß den Hilfsanträgen 1 bis 5, eingereicht mit der Beschwerdeerwiderung vom 5. August 2019, oder gemäß den Hilfsanträgen 6 bis 8, gestellt mit Schriftsatz vom 17. Juni 2020 und eingereicht als Hilfsanträge 2 bis 4 mit Schriftsatz vom 14. August 2018.
Am Ende der mündlichen Verhandlung verkündete der Vorsitzende die Entscheidung der Kammer.
V. Der erteilte Patentanspruch 1 - vgl. korrigierte Fassung der Patentschrift EP 2695146 B9, veröffentlicht am 9. Januar 2019 - gemäß dem Hauptantrag der Beschwerdeführerin - mit den in eckigen Klammern eingefügten Merkmalskennzeichnungen "1.0" bis "1.5", die während des Verfahrens verwendet wurden - lautet wie folgt:
"[1.0] Verfahren zur Prüfung von Wertdokumenten, mit den Schritten:
- [1.1] Detektieren des von einem Wertdokument ausgehenden Lichts bei mehreren verschiedenen Wellenlängen (lambda1, lambda2, lambda3, ...) zur Aufnahme eines Intensitätsspektrums S(lambda) des Wertdokuments,
- [1.2] Bilden eines korrigierten Intensitätsspektrums S'(c, a, lambda) = c + a·S(lambda) durch Korrigieren des aufgenommenen Intensitätsspektrums S(lambda) mit Hilfe einer linearen Korrekturfunktion, so dass das korrigierte Intensitätsspektrum S'(c, a, lambda) = c + a·S(lambda) eine linear Transformierte des aufgenommenen Intensitätsspektrums S(lambda) ist und von einem ersten Korrekturparameter c und einem zweiten Korrekturparameter a abhängt,
- [1.3] Anpassen des korrigierten Intensitätsspektrums S'(c, a, lambda) an das Referenzspektrum R(lambda), um eine durch ein Abstandsmaß definierte Abweichung, die das korrigierte Intensitätsspektrum S'(c, a, lambda) von dem Referenzspektrum R(lambda) aufweist, zu reduzieren, wobei durch das Anpassen ein an das Referenzspektrum R(lambda) angepasstes korrigiertes Intensitätsspektrum S'(lambda) = c* + a*·S(lambda) ermittelt wird, dessen erster Korrekturparameter c einen Wert c* und dessen zweiter Korrekturparameter a einen Wert a* einnehmen,
- [1.4] Berechnen eines Abstands (A, Ac), den das an das Referenzspektrum R(lambda) angepasste korrigierte Intensitätsspektrum S'(lambda) = c* + a*·S(lambda) von dem Referenzspektrum R(lambda) aufweist,
- [1.5] Verwenden des berechneten Abstands (A, Ac) zur Beurteilung der Ähnlichkeit zwischen dem von dem Wertdokument aufgenommenen Intensitätsspektrum S(lambda) und dem Referenzspektrum R(lambda)."
Die erteilten Patentansprüche 14 und 15 lauten wie folgt:
"14. Sensor zur Prüfung von Wertdokumenten, der dazu ausgebildet ist, das Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche durchzuführen."
"15. Vorrichtung zur Prüfung von Wertdokumenten, die einen Sensor zur Prüfung von Wertdokumenten nach Anspruch 14 aufweist."
Der erteilte Anspruchssatz beinhaltet auch die abhängigen Ansprüche 2 bis 13, die sich auf bevorzugte Ausführungen des Verfahrens gemäß Anspruch 1 richten.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Hauptantrag - Artikel 100 b) EPÜ
2.1 Die Einwände, die die Beschwerdeführerin hinsichtlich der Frage der Ausführbarkeit der beanspruchten Erfindung während des erstinstanzlichen Verfahrens vorgebracht hatte, bezogen sich auf die Ausführbarkeit der Anspruchsmerkmale 1.2 und 1.3 des erteilten Anspruchs 1 (Einspruchsschrift, Abschnitt III, und angefochtene Entscheidung, Entscheidungsgründe, Nr. 15.2 und 15.3).
2.1.1 Die Beschwerdeführerin hat diese Einwände im Beschwerdeverfahren aufrechterhalten und geltend gemacht, dass die doppelte Definition der Korrekturfunktion in den Merkmalen 1.2 und 1.3 des Anspruchs 1 unklar sei und es für den Fachmann unverständlich sei, welche Werte die Parameter a und c annehmen sollen bzw. wie sie zu ermitteln seien, um die im Merkmal 1.5 definierte Beurteilung der Ähnlichkeit von Spektren auszuführen. Insbesondere werde im Merkmal 1.3 in allgemeiner Weise von einem Anpassen eines korrigierten Intensitätsspektrums an das Referenzspektrum gesprochen, und in der Beschreibung fänden sich zwar einige konkrete Ausführungsbeispiele, wie ein solches Anpassen konkret ausgeführt werden könne, aber Anspruch 1 verlange lediglich ein Anpassen, nicht jedoch die konkreten Merkmale der in der Beschreibung angegebenen Ausführungsbeispiele, insbesondere nicht, dass für das Abstandsmaß ein bestimmter Mindestwert erreicht werden solle. Außerdem könne die im Merkmal 1.3 angesprochene Reduktion beliebig klein sein, insbesondere könnten die Parameter a und c die Werte c* = 0 und a* = 0,99999 annehmen. In einem solchen Fall könne die beanspruchte Prüfung von Wertdokumenten bzw. die beanspruchte Beurteilung der Ähnlichkeit von dem aufgenommenen Intensitätsspektrum und dem Referenzspektrum sinnvollerweise in bestimmten Fällen - z.B., wenn die Schwankungen, welche herausgerechnet werden sollen, zum Teil viel größer als die Abweichungen des gemessenen Spektrums von dem Referenzspektrum seien - nicht ohne Weiteres durchgeführt werden. Daher sei der breit gefasste beanspruchte Gegenstand nicht im gesamten beanspruchten Bereich ausführbar.
2.1.2 Die Kammer weist zuerst darauf hin, dass das Merkmal 1.2 zunächst nur eine Definition einer Funktion - d.h. die Definition eines durch Parametrisierung definierten korrigierten Intensitätsspektrums c + a·S(lambda), das von den Parametern a und c abhängt - beinhaltet, während das Merkmal 1.3 dann die Bestimmung konkreter Werte (a* und c*) der Parameter a und c beschreibt, um ein angepasstes korrigiertes Intensitätsspektrum c* + a*·S(lambda) zu ermitteln. Die konkreten Werte a* und c* der Parameter a und c werden so bestimmt, dass eine durch ein Abstandsmaß definierte Abweichung, die das korrigierte Intensitätsspektrum c + a·S(lambda) von dem Referenzspektrum R(lambda) aufweist, reduziert wird. Die Kammer stimmt mit der Beschwerdeführerin insoweit überein, dass Anspruch 1 offen lässt, welches konkrete Abstandsmaß dabei zu verwenden ist und wie weit die durch das Abstandsmaß definierte Abweichung zu reduzieren ist. Die Frage der Ausführbarkeit der beanspruchten Erfindung ist aber in der Zusammenschau der Gesamtoffenbarung des Patents zu beurteilen, und die Patentschrift enthält - wie von der Beschwerdegegnerin vorgebracht und auch von der Einspruchsabteilung erörtert - eine Beschreibung von verschiedenen Methoden (vgl. Absatz [0010]: euklidischer Abstand, Manhattan-Abstand, Chessboard-Abstand), die verwendet werden können, um das Abstandsmaß zu berechnen, und auch eine Beschreibung von Techniken und Kriterien (vgl. Absätze [0010], [0012], [0032] und [0033]: Least-Square-Fit, iterative Ausgleichsrechnung, Festlegung eines Minimums bzw. Schwellenwerts für die Abweichung usw.), die es ermöglichen, einen geeigneten Grad der Reduktion der durch das Abstandmaß definierten Abweichung zu bestimmen und diesen zu erreichen. Daher sind die Merkmale 1.2 und 1.3 des Anspruchs 1 für den Fachmann ausführbar. Die Tatsache, dass Anspruch 1 solche Methoden, Kriterien und Techniken nicht definiert, fällt - wie von der Beschwerdegegnerin geltend gemacht - unter die Frage der Klarheit im Sinne des Artikels 84 EPÜ, die keinen Einspruchsgrund gemäß Artikel 100 EPÜ darstellt.
In diesem Kontext kann die Kammer auch dem weiteren Argument der Beschwerdeführerin, wonach die von den Parameterwerten a* und c* definierte Anpassung (z.B. bei den Werten c* = 0 und a* = 0,99999) bzw. die im Merkmal 1.3 angesprochene Reduzierung beliebig klein sein könne, und Anspruch 1 so breit formuliert sei, dass die beanspruchte Prüfung von Wertdokumenten bzw. die beanspruchte Beurteilung der Ähnlichkeit von Spektren sinnvollerweise in bestimmten Fällen nicht ohne Weiteres durchgeführt werden könne, nicht folgen. Eine Prüfung von Wertdokumenten bzw. eine Beurteilung der Ähnlichkeit zwischen dem aufgenommenen Intensitätsspektrum und dem Referenzspektrum kann - unabhängig von dem Grad der Qualität des Ergebnisses einer solchen Prüfung bzw. Beurteilung - bereits unmittelbar, d.h. ohne jegliche Anpassung bzw. Korrektur des aufgenommenen Intensitätsspektrums, unternommen werden, und die Kammer sieht nicht, in welchem Sinne eine solche Prüfung bzw. eine solche Beurteilung auf Basis des im Anspruch 1 ermittelten angepassten korrigierten Intensitätsspektrums nicht ausführbar wäre, selbst wenn die Anpassung des Intensitätsspektrums bzw. die im Merkmal 1.3 angesprochene Reduzierung klein ist. Es ist in dieser Hinsicht anzumerken, dass Anspruch 1 die Prüfung von Wertdokumenten und die Beurteilung der Ähnlichkeit von Spektren vorsieht, nicht aber, dass das beanspruchte Verfahren so ausgeführt werden soll, dass die Qualität des Ergebnisses einer solchen Prüfung bzw. einer solchen Beurteilung im Vergleich zu einer Prüfung bzw. Beurteilung auf Basis des nicht angepassten Intensitätsspektrums zumindest einen bestimmten Grad erreichen soll. In diesem Sinne erfordert Anspruch 1 keinen technischen Effekt, der nicht im gesamten beanspruchten Bereich ausführbar wäre (siehe auch Nr. 2.2.2 unten).
2.1.3 Die Beschwerdeführerin hat ferner geltend gemacht, dass dem Anspruch 1 nicht entnommen werden könne, wie der berechnete Abstand verwendet werde, um die Ähnlichkeit zwischen dem von dem Wertdokument aufgenommenen Intensitätsspektrum und dem Referenzspektrum zu beurteilen, und somit, wie der Schritt des Prüfens von Wertdokumenten auszuführen sei. Der Schritt des Prüfens stehe in keinem Zusammenhang mit dem Verwenden des berechneten Abstands zur Beurteilung der Ähnlichkeit.
Auch diesen Argumenten kann die Kammer - soweit sie die Frage der Ausführbarkeit und nicht die Frage der Klarheit nach Artikel 84 EPÜ betreffen - nicht folgen. Für den einschlägigen Fachmann ist es im technischen Kontext des Patentanspruchs 1 (und jedenfalls unter Berücksichtigung der Beschreibung der Patentschrift, siehe z.B. Absätze [0017], [0038] und [0039]) ohne Weiteres ersichtlich, dass der Wert des im Anspruch 1 berechneten Abstands zwischen dem angepassten korrigierten Intensitätsspektrum und dem Referenzspektrum (Merkmal 1.4) eine Messung des Ähnlichkeitsgrads und daher eine Beurteilung der Ähnlichkeit zwischen dem von dem Wertdokument aufgenommenen Intensitätsspektrum und dem Referenzspektrum darstellt, und dass die beurteilte Ähnlichkeit in ihrem technischen Kontext eine Prüfung des Wertdokuments darstellt.
2.2 Mit der Beschwerdebegründung hat die Beschwerdeführerin schließlich geltend gemacht, dass die Aufgabe des Patents darin zu sehen sei, Wertdokumente mit akzeptablem Intensitätsspektrum und Wertdokumente mit inakzeptablem Intensitätsspektrum voneinander zu unterscheiden (Patentschrift, Absatz [0006]), und dass der sehr allgemein gefasste Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 diese Aufgabe nicht über den gesamten beanspruchten Bereich lösen könne.
2.2.1 Während des Beschwerdeverfahrens wurde von der Beschwerdegegnerin gerügt, dass dieses Vorbringen der Beschwerdeführerin sich auf eine substanziell unterschiedliche Frage gegenüber denjenigen Fragen, die während des erstinstanzlichen Verfahrens im Rahmen der Beurteilung der Ausführbarkeit der Erfindung diskutiert wurden (vgl. Nr. 2.1 oben), beziehe. Insbesondere wurde seitens der Beschwerdegegnerin geltend gemacht, dass es sich bei diesem Vorbringen hinsichtlich der Frage der Ausführbarkeit um eine neu im Beschwerdeverfahren vorgebrachte Tatsachenbehauptung handele, das Beschwerdevorbringen der Beschwerdeführerin jedoch u.a. auf die Tatsachen zu richten sei, die der angefochtenen Entscheidung zugrunde lagen (Artikel 12 (2) VOBK 2020). Die Beschwerdegegnerin beantragte daher, das Vorbringen der Beschwerdeführerin, soweit es sich auf die behauptete Breite des Anspruchs 1 und die mangelnde Lösung der in der Patentschrift in Absatz [0006] der Beschreibung genannten Aufgabe in ihrer gesamten Breite durch Anspruch 1 beziehe, gemäß Artikel 12 (4) VOBK 2007 nicht in das Verfahren zuzulassen.
Die Beschwerdeführerin war der Ansicht, dass sie keine neue Tatsachen, sondern lediglich neue Argumente vorgebracht habe, und dass diese Argumente sich auf Tatsachen stützten, die in dem Streitpatent enthalten seien.
Die Kammer ist der Ansicht, dass die Frage der Zulassung des von der Beschwerdegegnerin gerügten Vorbringens der Beschwerdeführerin im vorliegenden Fall offen bleiben kann, da - wie im Folgenden erläutert - auch im Falle seiner Zulassung und Berücksichtigung der Einspruchsgrund gemäß Artikel 100 b) EPÜ der Aufrechterhaltung des Patents nicht entgegensteht.
2.2.2 Die Beschwerdeführerin hat in Frage gestellt, dass der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 eine bestimmte technische Aufgabe (d.h. Wertdokumente mit akzeptablem Intensitätsspektrum und Wertdokumente mit inakzeptablem Intensitätsspektrum voneinander zu unterscheiden) über den gesamten beanspruchten Bereich lösen kann. Diese Aufgabe wird zwar im Absatz [0006] der Beschreibung der Patentschrift erwähnt. Dass die beanspruchte Erfindung diese Aufgabe lösen soll, ist aber weder in dem erteilten Patentanspruch 1 noch in den übrigen Patentansprüchen explizit oder implizit verlangt, u.a. weil der erteilte Anspruch 1 nur auf "die Prüfung von Wertdokumenten" und auf die Verwendung des durch das beanspruchte Verfahren berechneten Abstands "zur Beurteilung der Ähnlichkeit" zwischen dem von einem Wertdokument aufgenommenen Intensitätsspektrum und einem Referenzspektrum gerichtet ist. Außerdem bezieht sich Artikel 100 b) EPÜ auf die Offenbarung der Erfindung, und diese wird durch die technischen Merkmale der Ansprüche festgelegt (vgl. Regel 43 (1) Satz 1 EPÜ). Die von der Beschwerdeführerin angesprochene technische Aufgabe ist daher nicht Gegenstand der tatsächlich beanspruchten Erfindung.
Daraus folgt, dass die Frage, ob der beanspruchte Gegenstand die von der Beschwerdeführerin genannte, aber nicht beanspruchte Aufgabe löst oder nicht, zwar für die Beurteilung anderer Erfordernisse des EPÜ - z.B. für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit, insbesondere bei der Formulierung der zu lösenden objektiven Aufgabe - u. U. relevant sein könnte, sie aber für die Ausführbarkeit der in den Patentansprüchen definierten Erfindung im Sinne von Artikel 100 b) EPÜ nicht relevant ist (siehe in dieser Hinsicht "Rechtsprechung der Beschwerdekammern", EPA, 9. Auflage 2019, Abschnitt II.C.3.2). Die Kammer hält daher den auf dieser Basis erhobenen Einwand und die entsprechenden Argumente nicht für überzeugend.
2.3 Die Kammer kommt somit zu dem Schluss, dass der geltend gemachte Einspruchsgrund gemäß Artikel 100 b) EPÜ der Aufrechterhaltung des Patents nicht entgegensteht.
3. Hauptantrag - Anspruch 1 - Erfinderische Tätigkeit
Die Beschwerdeführerin hat geltend gemacht, dass das Verfahren gemäß dem erteilten Anspruch 1 gegenüber der Druckschrift E1 in Kombination mit dem allgemeinen Fachwissen und auch gegenüber jeder der Druckschriften E1, E2 und E3 in Kombination mit der Druckschrift E4 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.
3.1 Druckschrift E1 in Kombination mit dem allgemeinen Fachwissen
3.1.1 Die Druckschrift E1 offenbart ein Verfahren zur Prüfung von Wertdokumenten auf der Basis eines Intensitätsspektrums, das durch Detektion des von einem Wertdokument ausgehenden Lichts bei mehreren verschiedenen Wellenlängen aufgenommen wird (Absatz [0001] und Fig. 1, zusammen mit der entsprechenden Beschreibung im Absatz [0021]). Dabei wird der Abstand zwischen dem aufgenommenen Intensitätsspektrum - als multidimensionalen Messvektor X dargestellt, siehe Absatz [0022] - und einem Referenzspektrum - als multidimensionalen Referenzvektor A dargestellt, siehe Absatz [0023] - berechnet (Absätze [0041] bis [0045]), und mit dem berechneten Abstand wird das Wertdokument geprüft (siehe z.B. Absätze [0009] und [0034]), was einer Beurteilung der Ähnlichkeit zwischen dem Intensitätsspektrum und dem Referenzspektrum gleichkommt (vgl. Nr. 2.1.3 oben, zweiter Absatz, und E1, Absatz [0005], [0040] und [0051]).
3.1.2 Die Beschwerdeführerin hat vorgebracht, dass der in der Druckschrift E1 angegebene Abstand zwischen dem aufgenommenen Intensitätsspektrum und dem Referenzspektrum unter Anpassung des aufgenommenen Intensitätsspektrums berechnet werde (Absätze [0038], [0041], [0043] und [0045]), und diese Anpassung das in den beanspruchten Merkmalen 1.2 und 1.3 definierte angepasste korrigierte Intensitätsspektrum nahelege.
Die Kammer weist darauf hin, dass der im Ansatz [0041] der Druckschrift E1 angegebene Abstand durch die Formel |X/|X| - A/|A|| definiert wird, und dass dabei das aufgenommene Intensitätsspektrum, d. h. der Messvektor X, normiert (Absätze [0014], [0015] und [0038]) und daher durch die Transformation c* + a*·X mit den Werten c* = 0 und a* = 1/|X| korrigiert bzw. angepasst wird. Durch diese Anpassung wird aber keine Anpassung gemäß den beanspruchten Merkmalen 1.2 und 1.3 durchgeführt, insbesondere keine Anpassung des Intensitätsspektrums an das Referenzspektrum, "um eine durch ein Abstandsmaß definierte Abweichung, die das korrigierte Intensitätsspektrum [...] von dem Referenzspektrum [...] aufweist, zu reduzieren", weil die Anpassung des Vektors X durch Normierung unabhängig von dem Referenzspektrum ist. Außerdem wird der im Absatz [0041] angegebene Abstand, d.h. der euklidische Abstand zweier Vektoren, durch die Normierung der Vektoren - entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin und der Einspruchsabteilung (Entscheidungsgründe, Nr. 16.3, erster Absatz, letzter Satz) - nicht stets reduziert. So wird der euklidische Abstand zwischen dem in der Fig. 2 der Druckschrift E1 dargestellten Messvektor X und dem Referenzvektor A durch die Normierung der Vektoren zwar reduziert, bei Messvektoren X mit einem Beitrag kleiner als 1 wird aber der entsprechende Abstand durch Normierung der Vektoren vergrößert. Zum Beispiel wird der euklidische Abstand der Vektoren X = (0.5, 0) und A = (0, 1), d.h. |(0.5, 0)-(0, 1)| = 1.25**(1/2), durch Normierung der Vektoren nicht reduziert, sondern vergrößert (|(1, 0)-(0, 1)| = 2**(1/2). Entsprechendes gilt, wenn statt des euklidischen Abstands eine beliebige streng monotone Funktion des euklidischen Abstands (E1, Absatz [0045]) im Betracht bezogen wird.
Die Druckschrift E1 offenbart alternative Berechnungen des Abstands zwischen dem aufgenommenen Intensitätsspektrum und dem Referenzspektrum, die ebenfalls nicht der beanspruchten Berechnung des Abstands entsprechen und diese auch nicht nahelegen. Insbesondere wird in der Berechnung des Abstands durch die Formel |X - ·A/|A|**(2)| (E1, Absatz [0043]) der Referenzvektor A, nicht aber - wie vom Anspruch 1 erfordert - der Messvektor X, d.h. das aufgenommene Intensitätsspektrum, korrigiert bzw. angepasst.
3.1.3 Außerdem wird in der Druckschrift E1 eine Anpassung des aufgenommenen Intensitätsspektrums durch Verschiebung des Intensitätsspektrums, d.h. durch die Addition eines Wertes c* (vgl. beanspruchte Merkmale 1.2 und 1.3), weder offenbart noch nahegelegt. Insbesondere nimmt der Parameter c im Anspruch 1 - entgegen dem Vorbringen der Beschwerdeführerin - keinen beliebigen Wert c* an, und in dem im Absatz [0033] der Patentschrift dargelegten Iterationsverfahren auch nicht unbedingt den Wert 0, da c0 = 0 nur einen ersten Iterations-Anpassungsschritt und keinen endgültigen angepassten Wert des Parameters c darstellt, sondern einen Wert, der zusammen mit dem zu ermittelnden Wert a* des Parameters a zu einer Reduktion der Abweichung des korrigierten Spektrums (c*+a*·S(lambda)) von dem Referenzspektrum führt. Außerdem kann die mathematische Größe A/|A| in der Definition des euklidischen Abstands im Absatz [0041] der Druckschrift E1 nicht als Parameter c einer linearen Korrekturfunktion des beanspruchten Typs (c + a·S(lambda)) betrachten werden, weil die Größe A/|A| einen Vektor - und zwar das Referenzspektrum - und keinen Wert c* des Korrekturparameters c, der dem ganzen aufgenommenen Intensitätsspektrum S(lambda) hinzuaddiert (c+a·S(lambda)) werden soll, darstellt.
Dem weiteren Argument der Beschwerdeführerin, wonach der Fachmann ohne erfinderisches Zutun erkennen würde, dass durch eine Verschiebung (d.h. durch Addition des Wertes c*) des Intensitätsspektrums die Form des Intensitätsspektrums nicht verändert bzw. verfälscht wird, kann ebenfalls nicht gefolgt werden, weil eine beliebige Verschiebung des Intensitätsspektrums zu einer Veränderung des in der Druckschrift E1 angesprochenen Abstands zwischen dem Intensitätsspektrum und dem Referenzspektrum und damit zu einer qualitativen Wirkung auf die Prüfung des Wertdokuments (E1, Absatz [0001]) führen kann, sodass der Fachmann eine solche Verschiebung im technischen Kontext der Druckschrift E1 - wie von der Beschwerdegegnerin geltend gemacht - als kontraindiziert ansehen würde.
3.1.4 Die Kammer ist daher der Auffassung, dass die Druckschrift E1 weder eine Anpassung bzw. Korrektur eines aufgenommenen Intensitätsspektrums gemäß den beanspruchten Merkmalen 1.2 und 1.3 offenbart noch diese - selbst unter Berücksichtigung des allgemeinen Fachwissens - nahelegt. Es wird in dieser Hinsicht darauf hingewiesen, dass Anspruch 1 nicht auf das Ergebnis eines Verfahrens, sondern auf ein Verfahren mit einer Reihe von unterschiedlichen Schritten gerichtet ist, die u.a. ein Anpassen des aufgenommenen Intensitätsspektrums an das Referenzspektrum unter Berücksichtigung eines Abstandsmaßes (Merkmale 1.2 und 1.3) und die nachfolgende Berechnung eines Abstands zwischen dem angepassten Intensitätsspektrum und dem Referenzspektrum (Merkmal 1.4) erfordern, und dass diese zwei Schritte in der Druckschrift E1 weder offenbart noch nahegelegt werden. Außerdem hat die Beschwerdeführerin kein diesbezügliches konkretes allgemeines Fachwissen vorgetragen, das diese zwei Verfahrensschritte nahelegen würde.
3.1.5 Die Kammer kommt somit zu dem Schluss, dass sich das beanspruchte Verfahren von dem Verfahren der Druckschrift E1 - wie von der Einspruchsabteilung in ihrer Entscheidung bereits festgestellt - durch die Merkmale 1.2, 1.3 und somit auch durch das Merkmal 1.4 unterscheidet, und dass diese Merkmale durch das allgemeine Fachwissen allein nicht nahegelegt sind.
3.2 Druckschrift E1 in Kombination mit der Druckschrift E4
3.2.1 Wie oben unter Nr. 3.1.5 bereits ausgeführt, unterscheidet sich das Verfahren gemäß dem erteilten Anspruch 1 von dem Verfahren der Druckschrift E1 durch die Merkmale 1.2, 1.3 und 1.4.
3.2.2 Die Beschwerdeführerin hat vorgetragen, dass die objektive technische Aufgabe darin bestehe, den Messvektor X der Entgegenhaltung E1 derart zu korrigieren, dass messtechnisch bedingte Schwankungen der detektierten Intensitäten des Messvektors zumindest teilweise ausgeglichen werden, wobei das korrigierte Intensitätsspektrum gegenüber dem aufgenommenen Intensitätsspektrum nicht verfälscht werden solle.
Diese Formulierung der objektiven technischen Aufgabe enthält aber bereits ein Merkmal der beanspruchten Lösung. Es ist in dieser Hinsicht auch anzumerken, dass die in der Druckschrift E1 dargestellte Normierung des Messvektors X zwar eine Anpassung bzw. eine Korrektur des Messvektors darstellt; dabei werden aber Effekte kompensiert (vgl. E1, Absätze [0015] und [0038]), die keine messtechnisch bedingte Schwankungen des detektierten Intensitätsspektrums darstellen (vgl. Patentschrift, Absätze [0008] und [0013] i.V.m. Absatz [0030], erster und zweiter Unterabsatz). Darüber hinaus werden durch das beanspruchte Verfahren nicht nur messtechnisch bedingte Schwankungen im Allgemeinen (Patentschrift, Absatz [0008], letzter Satz, und Absatz [0013], erster Satz), sondern insbesondere Ungenauigkeiten des Detektionsorts auf dem Wertdokument, die durch Transportschwankungen des Wertdokuments hervorgerufen werden (vgl. Patentschrift, Absatz [0013], zweiter Satz, und Absatz [0030], zweiter Unterabsatz), zumindest teilweise ausgeglichen. Daher ist dieser Effekt - auch wenn er, wie von der Beschwerdeführerin vorgetragen, in der Patentschrift nur als Beispiel (Spalte 4, Zeilen 4 bis 9) bezeichnet wird - von dem beanspruchten Verfahren nicht optional, sondern tatsächlich erzielt.
Aus diesen Gründen liegt die objektive Aufgabe nach Auffassung der Kammer darin, ein zumindest teilweises Ausgleichen messtechnisch bedingter Schwankungen im aufgenommenen Intensitätsspektrum, die insbesondere dadurch entstehen, dass das Intensitätsspektrum nicht exakt an der dafür vorgesehenen Stelle des Wertdokuments aufgenommen wird, zu ermöglichen.
3.2.3 Die Druckschrift E4 offenbart ein Verfahren zur Prüfung der Echtheit von Wertdokumenten (Zusammenfassung) auf der Basis der Detektion des vom Wertdokument ausgehenden Lichts an mehreren Stellen des Wertdokuments in zwei ausgewählten Spektralbereichen (1 und 2), wobei für jeden Spektralbereich jeweils eine Messreihe I1 und I2 erzeugt wird, die zwei Messreihen aneinander angepasst werden, und anschließend die Echtheitsprüfung durch Vergleich der beiden aneinander angepassten Messreihen durchgeführt wird (Zusammenfassung i.V.m. Fig. 1 und 4 bis 6 und der entsprechende Beschreibung, insbesondere Spalte 7, Zeile 14, bis Spalte 8, Zeile 49). Die Messreihen I1 und I2 sind daher eine Funktion des Messortes (X), an dem sie auf dem Wertdokument in dem jeweiligen Spektralbereich (1 und 2) detektiert wurden (Fig. 4 und Spalte 7, Zeilen 14 bis 20), und die Anpassung erfolgt durch eine lineare Transformation I'1 = a1I1 + a2 (Spalte 7, Zeilen 31 bis 39), wobei die Parameter a1 und a2 auf Basis der Messreihen I1 und I2 errechnet werden (Fig. 5 und Spalte 7, Zeilen 47, bis Spalte 8, Zeile 41).
3.2.4 Die Kammer weist darauf hin, dass das Verfahren der Druckschrift E1 und die objektive technische Aufgabe auf ein aufgenommenes Intensitätsspektrum gerichtet sind, das mit einem Referenzspektrum zu vergleichen ist, während die Druckschrift E4 eine in einem ersten Spektralbereich aufgenommene räumliche Intensitätsverteilung I1 betrifft, die mit einer anderen, in einem zweiten Spektralbereich aufgenommenen räumlichen Intensitätsverteilung I2 zu vergleichen ist. Außerdem ist der Druckschrift E4 - entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin - kein Ausgleich von messtechnisch bedingten Schwankungen in der Messung von Intensitäten zu entnehmen, zumindest nicht von Schwankungen, die dadurch entstehen, dass die Intensitäten nicht exakt an der dafür vorgesehenen Stelle des Wertdokuments aufgenommen werden, u.a. weil die zwei räumlichen Intensitätsverteilungen der Druckschrift E4 entlang einer gemeinsamen Reihe von Stellen des Wertdokuments gemessen werden (Zusammenfassung, und Spalte 7, Zeilen 14 bis 24) und es dabei auf die relativen Werte der zwei räumlichen Intensitätsverteilungen (Spalte 3, Zeilen 37 bis 57, Spalte 7, Zeilen 24 bis 30, und Spalte 8, Zeilen 42 bis 49), und nicht etwa auf die exakte Position der Stellen, ankommt. Insbesondere werden durch das in der Druckschrift E4 offenbarte Verfahren - wie von der Beschwerdegegnerin vorgetragen - zeitlich variierende Einflüsse - nämlich zeitlich variierende Dunkelströme, Verstärkungsfaktoren und Empfindlichkeiten der Fotodetektoren - eliminiert und eine Verfälschung des Prüfungsergebnisses, insbesondere durch lokal begrenzte Verschmutzungen auf dem Wertdokument, reduziert (E4, Spalte 3, Zeilen 37 bis 57). Die Kammer ist daher der Auffassung, dass unter diesen Umständen der Fachmann in der Druckschrift E4 - wie von der Einspruchsabteilung ausgeführt - keinen Hinweis auf eine Lösung der objektiven technischen Aufgabe gesehen hätte und keine Anwendung der in der Druckschrift E4 offenbarten mathematischen Anpassung auf das Verfahren der Druckschrift E1 in Betracht gezogen hätte.
3.2.5 Den Ausführungen der Beschwerdeführerin, wonach der Fachmann in der Lage wäre, die Offenbarung der Druckschrift E4 betreffend die räumlichen Intensitätsverteilungen auf die Intensitätsspektren der Druckschrift E1 zu adaptieren, kann die Kammer nicht folgen, weil sie voraussetzen, dass der Fachmann in erster Linie eine solche Adaptation ohne Weiteres in Betracht ziehen würde. Der Offenbarung der Druckschrift E4 ist aber - wie oben ausgeführt - kein Hinweis darauf zu entnehmen, die objektive Aufgabe durch eine solche Adaptation zu lösen. Insbesondere müsste der Fachmann aus der Druckschrift E4 eine allgemeine Lehre abstrahieren, bevor er dann in Betracht gezogen hätte, sie auf das Verfahren der Druckschrift E1 anzuwenden, und nach der Auffassung der Kammer würde ein solches Vorgehen einen Grad der Abstraktion erfordern, der die Fähigkeiten des einschlägigen Fachmanns überschreitet.
Die Beschwerdeführerin hat in dieser Hinsicht geltend gemacht, dass es dem Fachmann bekannt sei, dass bei zeitlichen Signalen der Frequenzraum und der dreidimensionale Raum durch die Fourier-Transformation miteinander verknüpft seien. Auch diesem Argument vermag die Kammer nicht zu folgen. Sowohl die Druckschrift E1 als auch die Druckschrift E4 beziehen sich auf die Detektion der Intensität des von einem Wertdokument ausgehenden Lichts bei mehreren Wellenlängen (S(lambda) in E1) oder an mehreren Stellen (I1(x) in E4), und nicht auf die Analyse eines Signals mit einer bestimmten Frequenzverteilung. Außerdem stellt z. B. die Fourier-Transformation der in der Druckschrift E4 aufgenommenen räumlichen Intensitätsverteilung I1(x) (Fig. 4) nicht ein Intensitätsspektrum wie etwa S(lambda) in Anspruch 1 oder X in der Druckschrift E1 dar, sondern eine reine mathematische Funktion der Länge als Funktionsvariable, wobei diese Länge - auch wenn sie mit "lambda" bezeichnet werden kann - mit der Wellenlänge lambda des in der Druckschrift E1 bzw. E4 aufgenommenen Lichts - wie von der Beschwerdegegnerin geltend gemacht - nichts zu tun hat.
Daraus folgt, dass diese Argumente der Beschwerdeführerin auf einer reinen mathematischen Ähnlichkeit zwischen dem Anpassungsverfahren der Druckschrift E4 und dem im Anspruch 1 definierten Anpassung basieren, ohne dabei die technische Natur der jeweiligen Anpassungen im Betracht zu ziehen, und somit auf einer unzulässigen rückschauenden Betrachtungsweise beruhen.
3.2.6 Bereits aus diesen Gründen - und unabhängig davon, ob bzw. inwieweit eine Anwendung der unterschiedlichen in der Druckschrift E4 offenbarten mathematischen Anpassungen auf das Verfahren der Druckschrift E1 zur Lösung der objektiven technischen Aufgabe beitragen könnte - ist die Kammer der Auffassung, dass der einschlägige Fachmann eine Kombination der Druckschrift E1 mit der Druckschrift E4 nicht in Betracht gezogen hätte.
3.2.7 Die Kammer ist daher der Auffassung, dass die Druckschriften E1 und E4 die erfinderische Tätigkeit des Verfahrens gemäß Anspruch 1 im Sinne des Artikels 56 EPÜ nicht in Frage stellen.
3.3 Druckschrift E2 in Kombination mit der Druckschrift E4
3.3.1 Die Druckschrift E2 offenbart ein Verfahren zur Prüfung von Wertdokumenten auf der Basis der Detektion des von einem Wertdokument ausgehenden Lichts bei mehreren Wellenlängen zur Aufnahme eines Intensitätsspektrums (Zusammenfassung und Absätze [0001], [0008] und [0068]). Bei der Prüfung des Wertdokuments wird das aufgenommene Intensitätsspektrum mit einem Referenzspektrum verglichen (Absätze [0079] und [0143]).
Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin ist der Druckschrift E2 kein "Berechnen eines Abstands" zwischen dem aufgenommenen Intensitätsspektrum und dem Referenzspektrum und auch keine Verwendung des berechneten Abstands unmittelbar und eindeutig zu entnehmen (vgl. Merkmale 1.4 und 1.5 des Patentanspruchs 1). Insbesondere offenbart die Druckschrift E2 den Vergleich des aufgenommenen Intensitätsspektrums mit einem Referenzspektrum (Absatz [0079]), und auch eine Steuer- und Auswerteeinrichtung, die prüft, ob das Maximum des aufgenommenen Intensitätsspektrums innerhalb eines vorgegebenen Toleranzbereichs von dem Maximum des Referenzspektrums liegt (Absätze [0085] und [0093]). Der entsprechenden Offenbarung der Druckschrift E2 ist aber weder explizit noch implizit irgendwelche Berechnung, geschweige denn die Berechnung eines Abstands zwischen dem aufgenommenen Intensitätsspektrums und einem Referenzspektrum, entnehmbar, u.a. weil der angesprochene Vergleich - wie von der Beschwerdegegnerin vorgebracht - z.B. rein qualitativ durchgeführt werden kann. Dem weiteren Argument der Beschwerdeführerin, wonach selbst durch einen rein qualitativen Vergleich (z.B. "größere" / "kleinere" Intensitätswerte) implizit stets ein Abstand bestimmt werde, kann die Kammer auch nicht folgen, weil der Fachmann eine solche rein qualitative Bezeichnung des Ergebnisses eines Vergleichs nicht als "Berechnung eines Abstands" verstehen würde.
Außerdem offenbart die Druckschrift E2 eine Korrektur des aufgenommenen Intensitätsspektrums (Absatz [0019], insbesondere "entsprechend einer Verschiebung in der Wellenlängenabhängigkeit" (Absatz [0143]). Eine solche Verschiebung des Intensitätsspektrums S(lambda) auf der Wellenlängeskala (d.h. S(lambda + Deltalambda)) stellt aber keine Verschiebung bzw. keine Skalierung des aufgenommenen Intensitätsspektrums S(lambda) auf der Intensitätsskala (d.h. c + a·S(lambda)) gemäß den beanspruchten Merkmalen 1.2 und 1.3 dar.
Somit unterscheidet sich das Verfahren gemäß dem erteilten Anspruch 1 von dem Verfahren der Druckschrift E2 durch die Merkmale 1.2 bis 1.5.
3.3.2 Die oben unter Nr. 3.2.2 im Hinblick auf die Druckschrift E1 formulierte objektive technische Aufgabe entspricht auch der im Hinblick auf die Druckschrift E2 zu lösenden objektiven technischen Aufgabe.
3.3.3 Die Ausführungen der Kammer unter Nr. 3.2.3 bis 3.2.6 oben gelten im Wesentlichen auch für die Ausführungen der Beschwerdeführerin in Bezug auf die Kombination der Offenbarung der Druckschrift E2 mit der Lehre der Druckschrift E4.
Die Kammer ist daher der Auffassung, dass die Druckschriften E2 und E4 die erfinderische Tätigkeit des Verfahrens gemäß Anspruch 1 im Sinne des Artikels 56 EPÜ nicht in Frage stellen.
3.4 Druckschrift E3 in Kombination mit der Druckschrift E4
3.4.1 Die Druckschrift E3 offenbart ein Verfahren zur Echtheitsprüfung von Artikeln, insbesondere Handelsgütern, durch Authentifizierung einer Markierung bzw. Tagganten auf der Basis von wellenlängenabhängigen Merkmalen (Absätze [0001] bis [0003] und [0079]). Dabei wird ein Intensitätsspektrum durch Detektion des von der Markierung ausgehenden Lichts bei mehreren Wellenlängen aufgenommen [Absatz 0080], und Fig. 1 bis 3 i.V.m. der entsprechenden Beschreibung).
Die Druckschrift E3 bezieht sich generisch auf zu authentifizierende Artikel, insbesondere Handelsartikel, und nach der Auffassung der Kammer kann einer solchen Offenbarung - entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin und unabhängig von dem Wert solcher Artikel - kein "Wertdokument" im Sinne vom Anspruch 1 entnommen werden (vgl. Merkmal 1.0).
Außerdem wird in der Druckschrift E3 zwar ein Abstand auf der Basis eines gemessenen Intensitätsspektrums berechnet (vgl. Absatz [0063], insbesondere die Definition des Mahalanobis-Abstands in den Absätzen [0094] ff.). Dieser Abstand entspricht aber nicht dem Abstand zwischen einem gemessenen Intensitätsspektrum und einem Referenzspektrum und er wird auch nicht zur Beurteilung der Ähnlichkeit zwischen dem gemessenen Intensitätsspektrum und einem Referenzspektrum verwendet (vgl. Merkmal 1.5), weil in der Druckschrift E3 die Berechnung des Abstands bzw. die Beurteilung der Ähnlichkeit in Bezug auf eine Authentifizierungs- bzw. Abstands-Matrix durchgeführt wird, die zwar auf der Basis von Referenzspektren, insbesondere durch Training, erzeugt wird (E3, Absätze [0063], [0095] und [0100]), aber kein Referenzspektrum darstellt.
Daher sind der Druckschrift E3 nicht die Merkmale 1.0, 1.2 und 1.3 sowie - zumindest nicht vollständig - die Merkmale 1.4 und 1.5 entnehmbar.
3.4.2 Hinsichtlich der Frage der erfinderischen Tätigkeit hat die Beschwerdeführerin vorgebracht, dass der Fachmann die Kombination der Druckschrift E3 mit der Lehre der Druckschrift E4 in Betracht gezogen hätte und er auf diese Weise zum beanspruchten Verfahren gelangt wäre. Den entsprechenden Ausführungen der Beschwerdeführerin kann aber die Kammer - selbst unter der Annahme, dass der Fachmann die Kombination des Verfahrens der Druckschrift E3 mit Wertdokumenten gemäß der Druckschrift E4 (Zusammenfassung) in Betracht gezogen hätte - nicht folgen, u.a. weil das beanspruchte Verfahren sich durch eine Kombination der Offenbarung der Druckschriften E3 und E4 nicht ergeben kann. Insbesondere wird weder in der Druckschrift E3 (vgl. Nr. 3.4.1 oben), noch in der Druckschrift E4 (vgl. Nr. 3.2.3 oben) ein Vergleich - geschweige denn die Berechnung eines Abstands - zwischen einem aufgenommenen Intensitätsspektrum und einem konkreten Referenzspektrum im Sinne der beanspruchten Erfindung offenbart (Merkmale 1.4 und 1.5). Außerdem gelten die Ausführungen der Kammer unter Nr. 3.2.3 bis 3.2.6 oben hinsichtlich der Merkmale 1.2 und 1.3 im Wesentlichen ebenfalls für die von der Beschwerdeführerin geltend gemachte Kombination der Druckschriften E3 und E4.
Die Kammer ist daher der Auffassung, dass das beanspruchte Verfahren durch eine Kombination der Druckschriften E3 und E4 nicht nahegelegt wird (Artikel 56 EPÜ).
3.5 Aus diesen Gründen ist die Kammer der Auffassung, dass keine der Argumentationslinien der Beschwerdeführerin rechtfertigt, die erfinderische Tätigkeit des Gegenstands des erteilten Anspruchs 1 in Frage zu stellen (Artikel 56 EPÜ).
4. Hauptantrag - Ansprüche 2 bis 15 - Erfinderische Tätigkeit
Der erteilte Anspruch 14 ist auf einen Sensor zur Prüfung von Wertdokumenten gerichtet, der dazu ausgebildet ist, das Verfahren nach dem Anspruch 1 durchzuführen, und der erteilte Anspruch 15 ist auf eine Vorrichtung gerichtet, die den Sensor nach Anspruch 14 aufweist. Die abhängigen Ansprüche 2 bis 13 richten sich auf bevorzugte Ausführungen des Verfahrens nach Anspruch 1. Somit beruht auch der Gegenstand der Ansprüche 2 bis 15 auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ).
5. Die Kammer kommt somit zu dem Schluss, dass keiner der geltend gemachten Einspruchsgründe der Aufrechterhaltung des Patents entgegensteht. Die Beschwerde ist daher zurückzuweisen.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.