T 2220/17 21-04-2021
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VERFAHREN UND VORRICHTUNG ZUM HERSTELLEN EINES KONTINUIERLICHEN GITTERTRÄGERS
EVG Entwicklungs- u. Verwertungs-
Gesellschaft m.b.H.
Änderungen - unzulässige Erweiterung (ja)
Änderung nach Ladung - stichhaltige Gründe (nein)
I. Die Anmelderin (Beschwerdeführerin) legte Beschwerde gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung ein, die streitgegenständliche Patentanmeldung (nachstehend "Streitanmeldung") zurückzuweisen.
II. Die Prüfungsabteilung hatte entschieden, dass der am 20. Juli 2016 eingereichte Anspruchssatz gegen die Bestimmungen des Artikels 123 (2) EPÜ verstoße.
III. In einer Mitteilung nach Artikel 15 (1) VOBK (nachstehend "Ladungsbescheid") erhob die Beschwerdekammer in den Punkten 3.1 bis 3.5 mehrere Einwände nach Artikel 123 (2) EPÜ.
IV. Es fand eine mündliche Verhandlung vor der Kammer statt, die als Videokonferenz durchgeführt wurde.
V. Die Beschwerdeführerin beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Angelegenheit zur weiteren Prüfung auf der Basis des mit Schreiben vom 24. August 2017 eingereichten Anspruchssatzes, hilfsweise auf Basis des während der mündlichen Verhandlung eingereichten Anspruchssatzes, an die Prüfungsabteilung zurückzuverweisen.
VI. Anspruch 1 des Hauptantrags lautet wie folgt (Merkmalsgliederung in eckigen Klammern hinzugefügt):
[M1.1] Anlage zum kontinuierlichen Herstellen von Gitterträgern, welche aus zwei Untergurtdrähten (1, 1') und einem Obergurtdraht (2), sowie aus je einem zwischen dem Obergurt (2) und jedem der beiden Untergurte (1) zickzackförmig hin- und herverlaufenden Diagonalgurtdraht (3 bzw. 3') zusammengeschweißt sind, wobei die Untergurte (1, 1') und der Obergurt (2) im Querschnitt des Gitterträgers an den Ecken eines gleichschenkeligen Dreiecks liegen, an dessen Spitze sich der Obergurt (2) befindet,
[M1.2] mit einer Mehrzahl von Drahteinfädel und -wechseleinrichtungen (4) mit umkehrbarer Laufrichtung für eine entsprechende Zahl von für die Auswahl und Bearbeitung bereitstehenden Obergurtdrähten (2) und Diagonalgurtdrähten (3, 3'),
[M2] welche Drahteinfädel- und -wechseleinrichtungen (4) in ihrer Höhe verstellbar und so in Linie mit einer nachfolgenden Vorschubeinrichtung (6, 6', 6") einstellbar sind,
[M3] wobei die Vorschubeinrichtung (6) für den Obergurtdraht (2) zum Herstellen eines Gitterträgers mit verschiedenen Höhen mitsamt der zugehörigen Schere (5) verstellbar ist,
[M4] und wobei für jeden der Ober- (2) und Diagonalgurtdrähte (3,3') eingangsseitig nach der jeweiligen Drahteinfädel- und -wechseleinrichtung (4) eine Schere (5) angeordnet ist und die Diagonalgurtdrähte (3, 3') einer Biegeeinrichtung (8) zum Herstellen der Zickzackform und sodann alle fünf Gurtdrähte (1, 1', 2, 3, 3') einer Schweißmaschine zuführbar sind,
[M5] wobei die Biegeeinrichtung (8) drei quer zur Produktionsrichtung angeordnete Biegedorne (9 - 11) aufweist, wovon sich zwei Biegedorne (9, 10) in Abstand voneinander und ständig auf dem Höhenniveau des zugeführten Diagonalgurtdrahtes (3 bzw. 3') befinden und sich der dritte Biegedorn (11) zwischen den beiden anderen Biegedornen (9, 10) befindet und aus einer Ausgangslage entlang des Diagonaldrahtes (3 bzw. 3') auf- und abbewegbar ist und aktiv das Biegen mit einer einstellbaren oberen Umkehrhöhe bewirkt,
dadurch gekennzeichnet, daß
[M6.1] auch für die in einer Mehrzahl bereitstehenden Untergurtdrähte (1, 1') die entsprechende Mehrzahl eigener Drahteinfädel- und- wechseleinrichtungen (4) bereitsteht,
[M6.2] die ebenso wie die Drahteinfädel- und -wechseleinrichtungen(4) für die anderen Gurtdrähte (2, 3, 3') zum Auswählen und Bearbeiten des jeweiligen Gurtdrahtes (1, 1', 2, 3, 3') seitlich und in ihrer Höhe verstellbar und so in Linie mit ihrer jeweils nachfolgenden Vorschubeinrichtung (6") bringbar sind, und
[M7] daß sich die drei verschiedenen Vorschubeinrichtungen (6, 6', 6") für den Obergurtdraht (2), die beiden Untergurtdrähte (1, 1') und die Diagonalgurtdrähte (3, 3') seitlich versetzt auf verschiedenen Höhenniveaus befinden.
Anspruch 1 des Hilfsantrags lautet wie folgt (Änderungen gegenüber dem Hauptantrag hervorgehoben; Merkmalsgliederung in eckigen Klammern hinzugefügt):
[M1.1] Anlage zum kontinuierlichen Herstellen von Gitterträgern, welche aus zwei Untergurtdrähten (1, 1') und einem Obergurtdraht (2), sowie aus je einem zwischen dem Obergurt (2) und jedem der beiden Untergurte (1) zickzackförmig hin- und herverlaufenden Diagonalgurtdraht (3 bzw. 3') zusammengeschweißt sind, wobei die Untergurte (1, 1') und der Obergurt (2) im Querschnitt des Gitterträgers an den Ecken eines gleichschenkeligen Dreiecks liegen, an dessen Spitze sich der Obergurt (2) befindet,
[M1.2] mit einer Mehrzahl von Drahteinfädel- und -wechseleinrichtungen (4) mit umkehrbarer Laufrichtung für eine entsprechende Zahl von für die Auswahl und Bearbeitung bereitstehenden Obergurtdrähten (2) und Diagonalgurtdrähten (3, 3'),
[M2'] welche Drahteinfädel- und -wechseleinrichtungen (4) in [deleted: ihrer Höhe verstellbar und so in Linie] Richtung mit einer nachfolgenden Vorschubeinrichtung (6, 6'[deleted: , 6"]) [deleted: einstellbar] bringbar sind,
[M3'] wobei die Vorschubeinrichtung (6) für den Obergurtdraht (2) zum Herstellen eines Gitterträgers mit verschiedenen Höhen mitsamt [deleted: der] einer zugehörigen Schere (5) verstellbar ist,
[M4] und wobei für jeden der Ober- (2) und Diagonalgurtdrähte (3, 3') eingangsseitig nach der jeweiligen Drahteinfädel- und -wechseleinrichtung (4) eine Schere (5) angeordnet ist und die Diagonalgurtdrähte (3, 3') einer Biegeeinrichtung (8) zum Herstellen der Zickzackform und sodann alle fünf Gurtdrähte (1, 1', 2, 3, 3') einer Schweißmaschine zuführbar sind,
[M5] wobei die Biegeeinrichtung (8) drei quer zur Produktionsrichtung angeordnete Biegedorne (9 - 11) aufweist, wovon sich zwei Biegedorne (9, 10) in Abstand voneinander und ständig auf dem Höhenniveau des zugeführten Diagonalgurtdrahtes (3 bzw. 3') befinden und sich der dritte Biegedorn (11) zwischen den beiden anderen Biegedornen (9, 10) befindet und aus einer Ausgangslage entlang des Diagonaldrahtes (3 bzw. 3') auf- und abbewegbar ist und aktiv das Biegen mit einer einstellbaren oberen Umkehrhöhe bewirkt,
[M8] und wobei die Schweiß- und Biegemaschine Schweißeinrichtungen (14 bzw. 16) zum Verschweißen des Obergurtdrahtes (2) mit den oberen Abwinkelungen (12) der Zacken der Diagonalgurtdrähte (3, 3') sowie zum Verschweißen der Untergurtdrähte (1, 1') mit den unteren Abwinkelungen (13) der Zacken der Diagonalgurtdrähte (3, 3') aufweist
dadurch gekennzeichnet, daß
[M6.1] auch für die in einer Mehrzahl bereitstehenden Untergurtdrähte (1, 1') die entsprechende Mehrzahl eigener Drahteinfädel- und- -wechseleinrichtungen (4) bereitsteht,
[M6.2'] die ebenso wie die Drahteinfädel- und -wechseleinrichtungen (4) für die anderen Gurtdrähte (2, 3, 3') zum Auswählen und Bearbeiten des jeweiligen Gurtdrahtes (1, 1', 2, 3, 3') [deleted: seitlich und ][deleted: in ][deleted: ihrer Höhe verstellbar und so in Linie mit] in Richtung ihrer jeweils nachfolgenden Vorschubeinrichtung [deleted: (6")] bringbar sind, und
[deleted: [M7]][deleted: daß sich die drei verschiedenen Vorschubeinrichtungen (6, 6', 6") für den Obergurtdraht (2), die beiden Untergurtdrähte (1, 1') und die Diagonalgurtdrähte (3, 3') seitlich versetzt auf verschiedenen Höhenniveaus befinden.]
[M4.1] und wobei auch für die Untergurtdrähte (1, 1') eine eingangsseitige Schere (5) vorgesehen ist.
VII. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin lässt sich wie folgt zusammenfassen:
Hauptantrag - unzulässige Erweiterung
Die im Ladungsbescheid unter den Punkten 3.1 bis 3.5 erhobenen Einwände unter Artikel 123 (2) EPÜ seien unbegründet.
Zu 3.1: Das Vorhandensein einer Schweißeinrichtung in der beanspruchten Anlage zum kontinuierlichen Herstellen von Gitterträgern sei eine Selbstverständlichkeit. Deshalb sei es nicht nötig, eine Schweißeinrichtung im Anspruch zu erwähnen.
Zu 3.2: Die in den Merkmalen [M1.2] und [M6.1] des Hauptantrags angegebene Mehrzahl von Drahteinfädel- und -wechseleinrichtungen entspreche der im ursprünglichen Anspruch 5 (Seite 13, Zeilen 14-18) offenbarten Mehrzahl. Ferner, da die gemäß Hauptantrag beanspruchte Maschine nur eine einzige Produktionsrichtung habe, seien die Gurtdrähte zwangsläufig - wie im ursprünglichen Anspruch 5 offenbart - parallel in der Produktionsrichtung der Schweiß- und Biegemaschine zuführbar.
Zu 3.3: Die in den Anspruch 1 aufgenommenen Merkmale, dass die Drahteinfädel- und -wechseleinrichtungen in ihrer Höhe verstellbar [M2] bzw. seitlich und in ihrer Höhe verstellbar [M6.2] sind, seien ursprünglich in den Figuren 1 und 2 offenbart.
Zu 3.4: Aus der Beschreibung der Streitanmeldung, Seite 7, Zeilen 16 ff., ergebe sich, dass nicht zwangsläufig für jeden der Gurtdrähte eingangsseitig eine Schere vorhanden sein muss.
Zu 3.5: Die Erwähnung von "drei" verschiedenen Vorschubeinrichtungen in Merkmal [M7] beziehe sich auf die Vorschubeinrichtungen für den Obergurtdraht und die beiden Untergurtdrähte. Das Teilmerkmal, dass sich die drei Vorschubeinrichtungen seitlich versetzt auf verschiedenen Höhenniveaus befinden, sei ursprünglich in den Figuren 1 und 2 offenbart.
Hilfsantrag - Zulassung in das Verfahren
Der Hilfsantrag sei aus Gründen der Verfahrensökonomie erst während der mündlichen Verhandlung eingereicht worden, da nicht absehbar gewesen sei, welche der im Ladungsbescheid erhobenen Einwände die Kammer noch aufrechterhalten würde, nachdem sich die Beschwerdeführerin hierzu geäußert habe.
1. Hauptantrag - unzulässige Erweiterung
1.1 Wie im Ladungsbescheid unter Punkt 3.3 ausgeführt, offenbart die Streitanmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung, dass die Drahteinfädel- und -wechseleinrichtungen jeweils in die Richtung des in der Vorschubeinrichtung befindlichen Drahtes bringbar sind (Anspruch 5, Seite 14, Zeilen 11-13; Beschreibung, Seite 5, Zeilen 7-9), beziehungsweise, dass die Drahteinfädel- und -wechseleinrichtungen jeweils in Richtung der Linie des in nachfolgenden Vorschubeinrichtungen befindlichen Drahtes bringbar sind (Beschreibung, Seite 7, Zeilen 9-13).
1.2 Die diesbezüglich in den Anspruch 1 des Hauptantrags aufgenommenen Merkmale lauten dahingehend, dass die Drahteinfädel- und -wechseleinrichtungen in ihrer Höhe verstellbar [M2] bzw. seitlich und in ihrer Höhe verstellbar [M6.2] sind.
1.3 Die Beschwerdeführerin argumentierte, dass die Merkmale [M2] und [M6.2] ursprünglich in den Figuren 1 und 2 offenbart seien. Zwar handle es sich bei diesen Figuren nur um Schemazeichnungen, die gegenüber maßstabsgetreuen Zeichnungen weniger technische Details enthielten. Dennoch könne den Figuren 1 und 2 das technische Detail entnommen werden, dass für jeden der fünf Gurtdrähte jeweils insgesamt neun Drahteinfädel- und -wechseleinrichtungen 4 vorhanden sind, da die Seitenansicht der Figur 1 jeweils drei übereinander angeordnete und die Draufsicht der Figur 2 jeweils drei nebeneinander angeordnete Drahteinfädel- und -wechseleinrichtungen 4 zeige. Daraus ergebe sich zwangsläufig, dass die Drahteinfädel- und -wechseleinrichtungen 4 seitlich und in ihrer Höhe verstellbar sein müssen.
1.4 Diese Argumentation ist nicht überzeugend. Wie von der Beschwerdeführerin zutreffend ausgeführt, handelt es sich bei den Figuren 1 und 2 um Schemazeichnungen (Streitanmeldung, Seite 6, Zeile 18).
Figur 1 zeigt eine seitliche Ansicht der beanspruchten Anlage, während Figur 2 eine Draufsicht davon zeigt. In beiden Ansichten sind auf der rechten Seite die Drahteinfädel- und -wechseleinrichtungen dargestellt und in beiden Ansichten werden sie mit dem gleichen (unter wiedergegebenen) Symbol sehr schematisch dargestellt:
FORMEL/TABELLE/GRAPHIK
Aus den Figuren ist die tatsächliche räumliche Anordnung der Drahteinfädel- und -wechseleinrichtungen 4 nicht ersichtlich.
Wenn nämlich Figur 1 (Seitenansicht) tatsächlich übereinander angeordnete Drahteinfädel- und -wechseleinrichtungen 4 zeigen würde, wie von der Beschwerdeführerin ausgeführt, so wären deren Transportrollen in der Anlage horizontal angeordnet, nämlich mit einer senkrecht in die Bildebene verlaufenden Rollenachse.
In Figur 2 (Draufsicht), die gemäß dem Argument der Beschwerdeführerin nebeneinander angeordnete Drahteinfädel- und -wechseleinrichtungen zeigt, wären die Transportrollen der Drahteinfädel- und -wechseleinrichtungen in der Anlage vertikal angeordnet, da sie ebenfalls mit einer senkrecht zur Bildebene verlaufenden Rollenachse dargestellt sind.
Hieraus ergibt sich für die in Figur 1 jeweils zuoberst abgebildeten Drahteinfädel- und -wechseleinrichtungen ein technischer Widerspruch, da deren Transportrollen nicht gleichzeitig horizontal und vertikal angeordnet sein können.
Es folgt daraus, dass die Figuren 1 und 2 die Drahteinfädel- und -wechseleinrichtungen nur schematisch und nicht in exakter räumlicher Anordnung zeigen, sodass eine unmittelbare und eindeutige Offenbarung dafür fehlt, dass für jeden der fünf Gurtdrähte jeweils insgesamt neun Drahteinfädel- und -wechseleinrichtungen 4 vorhanden sind. Daher kann auch aus den Figuren 1 und 2 nicht unmittelbar und eindeutig das Merkmal entnommen werden, dass die Drahteinfädel- und -wechseleinrichtungen seitlich und in ihrer Höhe verstellbar sein müssen.
1.5 Anspruch 1 der Streitanmeldung gemäß dem Hauptantrag enthält daher Änderungen, die über den Offenbarungsgehalt der ursprünglich eingereichten Unterlagen hinausgehen.
Gleiches gilt für die Änderungen, die im Ladungsbescheid unter den Punkten 3.1, 3.4 und 3.5 beanstandet wurden.
1.6 Die Streitanmeldung gemäß dem Hauptantrag erfüllt folglich nicht die Erfordernisse des Artikels 123 (2) EPÜ.
2. Hilfsantrag - Zulassung in das Verfahren
2.1 Der Hilfsantrag wurde während der mündlichen Verhandlung und damit nach Zustellung der Ladung zur mündlichen Verhandlung eingereicht. Er bleibt deshalb gemäß Artikel 13 (2) VOBK 2020 grundsätzlich unberücksichtigt, es sei denn, die Beschwerdeführerin zeigt stichhaltige Gründe dafür auf, dass außergewöhnliche Umstände vorliegen.
2.2 Die Beschwerdeführerin argumentierte, sie habe den Hilfsantrag aus Gründen der Verfahrensökonomie nicht früher eingereicht, da nicht absehbar gewesen sei, welche der im Ladungsbescheid erhobenen Einwände die Kammer noch aufrechterhalten würde, nachdem sich die Beschwerdeführerin hierzu geäußert habe.
2.3 Nach ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammern ist die Zulassung neuer Anträge in einem sehr späten Verfahrensstadium nur dann verfahrensökonomisch, wenn sie nicht von vornherein ungeeignet sind, die Zweifel an der Gewährbarkeit von Ansprüchen auszuräumen (Rechtsprechung der Beschwerdekammern, 9. Aufl. 2019, V.A.4.4.2). Dieser Grundsatz gilt vor allem dann, wenn ein Antrag wie im vorliegenden Fall zahlreiche und gravierende Änderungen des Anspruchswortlauts enthält. Zur Überprüfung solcher Änderungen benötigt die Kammer Zeit, die während der mündlichen Verhandlung nur begrenzt zur Verfügung steht. Daher gebietet es die Verfahrensökonomie insbesondere in einem solchen Fall, den Antrag überhaupt nur dann in das Verfahren zuzulassen, wenn er prima facie gewährbar erscheint.
2.4 Die Beschwerdeführerin führte zwar zutreffend aus, dass der Ladungsbescheid nur die vorläufige Meinung der Kammer wiedergibt, und dass die Kammer in der mündlichen Verhandlung durchaus ihre Meinung ändern könne. Dies rechtfertigt jedoch nicht die späte Einreichung des Hilfsantrags.
Die im Ladungsbescheid erhobenen Einwände waren mit einer ausführlichen Begründung versehen. Darüber hinaus hat die Kammer in dem Ladungsbescheid ausdrücklich darauf hingewiesen, dass eventuelles weiteres Vorbringen einen Monat vor der mündlichen Verhandlung einzureichen sei. Dies dient dem Zweck die mündliche Verhandlung ausreichend vorzubereiten, so dass an ihrem Ende die Sache entschieden werden kann. Die Kammer vermag deshalb nicht zu erkennen, inwiefern die Einreichung des Hilfsantrags erst während der mündlichen Verhandlung der Verfahrensökonomie dienen kann.
2.5 Der Hilfsantrag weist darüber hinaus unter anderem folgende Mängel auf, die seiner Gewährbarkeit entgegenstehen:
2.5.1 Im geänderten Merkmal [6.2'] wurde die beanstandete Formulierung "seitlich und in ihrer Höhe verstellbar" gestrichen. Jedoch wurde zugleich eine weitere Änderung vorgenommen, wonach die Drahteinfädel- und -wechseleinrichtungen "in Richtung ihrer jeweils nachfolgenden Vorschubeinrichtung bringbar sind". Diese Änderung geht weder auf den Hauptantrag noch auf die ursprünglich eingereichten Unterlagen zurück. Gemäß der ursprünglich eingereichten Fassung des Anspruchs 5 nämlich, auf dem der Anspruch 1 des Hilfsantrags basiert, sind die Drahteinfädel- und -wechseleinrichtungen jeweils in die Richtung des in der Vorschubeinrichtung befindlichen Drahtes bringbar (siehe Seite 14, Zeilen 11 bis 13). Eine wortidentische Offenbarung findet sich in der Beschreibung auf Seite 5, Zeilen 7-9. Die Beschreibung offenbart diesbezüglich ferner (Seite 7, Zeilen 9-13), dass die Drahteinfädel- und -wechseleinrichtungen jeweils in Richtung der Linie des in nachfolgenden Vorschubeinrichtungen befindlichen Drahtes bringbar sind.
Die Position des Drahtes, der sich in der Vorschubeinrichtung befindet, entspricht aber nicht exakt der Position der Vorschubeinrichtung selbst. Dies gilt besonders dann, wenn der Draht über die Vorschubeinrichtung hinausragt. Deshalb bietet die ursprüngliche Fassung der Streitanmeldung keine unmittelbare und eindeutige Offenbarung dafür, dass die Drahteinfädel- und -wechseleinrichtungen in Richtung ihrer jeweils nachfolgenden Vorschubeinrichtung bringbar sind.
Die Änderungen in Merkmal [M6.2'] des Anspruchs 1 des Hilfsantrags gehen folglich über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus und sind daher gemäß Artikel 123 (2) EPÜ unzulässig.
2.5.2 Anspruch 1 des Hilfsantrags definiert ferner, dass die Drahteinfädel- und -wechseleinrichtungen in Richtung mit einer nachfolgenden Vorschubeinrichtung bringbar sind (Merkmal [M2']). Hierbei könnte es sich um die Richtung der Linie des in der nachfolgenden Vorschubeinrichtung befindlichen Drahtes handeln (Streitanmeldung, Seite 7, Zeilen 9-13). Genauso gut könnte aber auch jede beliebige andere Richtung gemeint sein, die von der jeweiligen Drahteinfädel- und -wechseleinrichtung mit der nachfolgenden Vorschubeinrichtung definiert wird, so dass auch Zweifel an der Deutlichkeit des Anspruchs bestehen (Artikel 84 EPÜ).
2.6 Daher wird der Hilfsantrag nicht in das Verfahren zugelassen.
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.