T 0866/03 23-02-2005
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Vorrichtung zur Abkühlung von Strangpreßprofilen
Sachverhalt und Anträge
I. Der von der Beschwerdeführerin (Einsprechenden) gegen das europäische Patent Nr. 0 942 792 eingelegte, auf die Einspruchsgründe gemäß Artikel 100 a) EPÜ (erfinderische Tätigkeit) gestützte Einspruch wurde von der Einspruchsabteilung mit der am 17. Juni 2003 zur Post gegebenen Entscheidung zurückgewiesen.
Der Einspruch wurde auf eine geltend gemachte offenkundige Vorbenutzung und auf den folgenden druckschriftlichen Stand der Technik gestützt:
D1: DE-U-8 810 085
D2: EP-A-0 541 630.
In Zusammenhang mit der geltend gemachten offenkundigen Vorbenutzung wurden folgende Unterlagen überreicht:
D3: Bestellung Nr. 01/45045072/252 der VAW Aluminium vom 8. Januar 1991
D4: Endabnahmeprotokoll vom 15. Dezember 1992
D5: Foto der Intensivkühlung der Anlage nach D3
D6: Eidesstattliche Versicherung von Herrn R. Drach
D7: Eidesstattliche Versicherung von Herrn U. Muschalik
D8: Foto "Kühlkastenaustritt" der Anlage nach D3
D9: Bildschirmdarstellung der Steuerungs- und Bedienungseinstellungen der Anlage nach D3
D10: Darstellung einer Haube "Schnitt durch den Tunnel" der Anlage nach D3
D11: Lechner Katalog, Die ganze Welt der Düsentechnik, 10.92. (5 Seiten)
D12: Telefax von Herrn Just an Herrn Hölzer vom 22. Januar 93
D13: Foto der Haube der Kühlanlage nach D3
Die Beschwerdeführerin hatte vorgebracht, daß eine Intensivkühlanlage gemäß den vorstehenden Unterlagen (nachfolgend VAW-Anlage genannt) vor dem Prioritätstag des angegriffenen Patents an die VAW, Bonn ohne jede Verpflichtung zur Geheimhaltung geliefert wurde. Sowohl zu den technischen Einzelheiten der betriebenen Anlage als auch zu deren Offenkundigkeit wurde von der Beschwerdeführerin Zeugenbeweis angeboten.
II. Gegen diese Entscheidung hat die Beschwerdeführerin unter gleichzeitiger Entrichtung der Beschwerdegebühr am 7. August 2003 Beschwerde eingelegt. Die Beschwerdebegründung ist am 27. Oktober 2003 eingegangen.
In der Beschwerdebegründung wies die Beschwerdeführerin zusätzlich auf folgende Dokumente hin:
D14: Foto "Wahlschalter" der VAW Anlage
D15: Artikel "New technologies for the Cooling and Quenching of Medium-To-Large-Sized Aluminium Extrusions", Seiten 317-325, Mai 14-17, 1996, Chicago
D16: EP-A-0 578 607
D17: DE-A-2 361 305
III. Am 23. Februar 2005 wurde vor der Beschwerdekammer mündlich verhandelt.
Die Beschwerdeführerin beantragte, die Entscheidung der Einspruchabteilung (Zurückweisung des Einspruchs) aufzuheben und das Patent in vollem Umfang zu widerrufen.
Der Beschwerdegegner beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen.
IV. Unter Verwendung der von der Beschwerdeführerin vorgenommenen Merkmalsgliederung lautet der Patentanspruch 1 wie folgt:
a) "Vorrichtung zur Abkühlung von Strangpreßprofilen mit
b) oberhalb und unterhalb des auf einer Auslaufbahn (1) bewegten Strangpreßprofils(2) angeordneten, quer zur Profilbewegungsrichtung verlaufenden Luftdüsen (6u,6o), und mit
c) von den Luftdüsen (6u, 6o) getrennten Wasserbeaufschlagungsdüsen zur Beaufschlagung des Strangpreßprofils (2) mit Wasser,
dadurch gekennzeichnet, daß
d) die Wasserbeaufschlagungsdüsen (12) in Profilbewegungsrichtung verlaufenden Rohren (12) derart angeordnet sind, daß sich die Beaufschlagungsfelder der einzelnen Wasserbeaufschlagungsdüsen (12) zu einer gleichmäßigen Beaufschlagung des Profils (2) ergänzen,
e) daß die Luftdüsen (6u, 6o) Luftschlitzdüsen sind, die für eine Abkühlung der Profile über im wesentlichen die gesamte Länge der Vorrichtung sorgen, und daß
f) die Vorrichtung so ausgestaltet ist, daß die Abkühlung entweder nur mittels der Luftschlitzdüsen oder nur mittels der Wasserbeaufschlagungsdüsen (12) erfolgt."
V. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin läßt sich im wesentlichen wie folgt zusammenfassen:
Aus den Unterlagen D3 bis D14 ergebe sich, daß die vor dem Prioritätszeitpunkt offenkundig vorbenutzte VAW- Anlage folgende Merkmale aufweise:
Merkmal a):
Die VAW-Anlage diene zu Kühlung von Aluminium- Strangpreßprofilen hinter einer Strangpresse (vgl. D3: Blatt 2, Punkt 2.1).
Merkmale b) und c):
Gemäß Blatt 9 der D3 und entsprechend den Schaltstellungen des Wahlschalters der VAW Anlage (vgl. D14) stünden vier Möglichkeiten für die Kühlung des Profils zur Wahl:
- Schaltstellung "Wasserberg": Kühlung mittels einer Wasserwelle;
- Schaltstellung "Wasser": Kühlung mittels Wasserstrahldüsen;
- Schaltstellung "Nebel": Kühlung mittels Nebelwasserdüsen;
- Schaltstellung "Preßluft": Luftkühlung mittels Preßluftdüsen.
Die Preßluftdüsen seien als Flachstrahldüsen der Bauart FUL 1, die Wasserstrahldüsen als Flachstrahldüsen der Bauart FU1 und die Nebelwasserdüsen als Axial- Hohlkegeldüsen der Bauart K1 ausgebildet (vgl. Telefax D12 und dazugehörige Seiten des Lechner Katalogs D11). Diese Düsen seien oberhalb, unterhalb und seitlich einer mit Graphitplatten versehenen Auslaufbahn angeordnet, auf die das Profil gleiten könne (vgl. D3: Blatt 8, Punkt 4.1.1; Foto D8, Skizze D10).
Merkmal d):
Die Düsen, insbesondere die Wasserbeaufschlagungsdüsen, seien in Profilbewegungsrichtung zu Düsenreihen verrohrt. Elf Düsenreihen je Düsenart seien vorgesehen. Insbesondere die Wasserstrahlen der Wasserbeaufschlagungsdüsen befänden sich im wesentlichen in der gleichen Querschnittsebene (3 Düsen von unten, 4 von oben und 4 von den Seiten). Im Boden des trogförmigen Unterteils seien die Düsen in drei aus jeweils 3 Düsen jeder Düsenart (Luft-, Wasser- und Nebeldüsen) bestehenden Gruppen in zwischen den Graphitplatten angeordneten, U-förmigen Taschen eingebaut (vgl. D3: Blatt 9; Fotos D5 und D13, Skizze D10). Die Bildschirmdarstellung der Steuerung D9 und das Foto D13 der Haube der Kühlanlage zeigten, daß die Düsen im Querschnitt der Kühlanlage ringartig um den Umfang des Profils angeordnet seien. Die Wasserbeaufschlagungsdüsen seien Flachstrahldüsen mit einem ausreichenden Spritzwinkel (45°). Bei der gegebenen Anordnung und Bauart der Wasserdüsen ergänzten sich ihre Beaufschlagungsfelder zu einer gleichmäßigen Beaufschlagung des Profils. Diese Anordnung sei vollkommen identisch mit der des Patents und erfülle auch die im Abschnitt [0011] des Patents erwähnte Aufgabe, einen Verzug der Profile beim Abkühlen weitgehend auszuschließen. Im übrigen sei auch Zeugenbeweis zu diesem technischen Aspekt der Wasserbeaufschlagung angeboten worden.
Merkmal e):
Der Begriff "Luftschlitzdüsen" sei unklar. Wenn unter diesem Begriff in Übereinstimmung mit dem Abschnitt [0017] des Patents Schlitzstrahlen erzeugende Luftdüsen gemeint seien, dann könnten die Flachstrahldüsen der Bauart FUL 1 der VAW-Anlage auch als "Luftschlitzdüsen" bezeichnet werden. Sollte die Kammer dieser Ansicht nicht folgen, ergebe sich das Merkmal e) in naheliegender Weise aus der Zusammenschau der offenkundig vorbenutzten VAW-Anlage mit der D2. Stelle sich nämlich der Fachmann die Aufgabe, die Effektivität der Luftdüsen der VAW-Anlage derart zu steigern, daß hohe Abkühlgeschwindigkeiten ermöglicht und einen Verzug der Strangpreßprofile während des Abkühlvorganges zuverlässig vermieden würden (vgl. Abschnitt [0011] des Patents), liege es auf der Hand, die aus der D2 bekannten Luftschlitzdüsen bei der vorbenutzten Anlage einzusetzen, denn gerade diese Aufgabe werde auch in der D2 gelöst (vgl. Seite 2, dritter Absatz).
Merkmal f):
Auch das Merkmal f) sei unklar, weil es als Verfahrensmerkmal formuliert sei. Überdies schließe die gewählte Formulierung eine weitere Kühlmöglichkeit zusätzlich zur Luft- und Wasserkühlung nicht eindeutig aus. Wenn sie gemäß Abschnitt [0011] des Patents so zu verstehen sei, daß nur mit Wasserbeaufschlagungsdüsen oder alternativ nur mit Luftdüsen gekühlt werden solle, dann seien diese Möglichkeiten in der VAW-Anlage auch gegeben (vgl. Wahlschalter in D14). Sollte mit der Formulierung der Ausschluß jedweder zusätzlichen Kühloption gemeint sein, dann sei keine erfinderische Leistung in dem Weglassen einer der weiteren Kühlmöglichkeiten der VAW-Anlage, zum Beispiel die Wassernebelsprühung oder der Wasserberg, zu erkennen.
Zusammenfassend sei eine Vorrichtung mit den Merkmalen a) bis e) aus der Zusammenschau der VAW-Anlage mit der D2 naheliegend gewesen.
Des Weiteren sei auch durch den Inhalt des Artikels D15 eine Kühlanlage nahegelegt, die sämtliche Merkmale des Patentanspruchs 1 aufweise. In dem Abschnitt mit der Überschrift "Air-cooling" von D15 werde Bezug auf eine Kühlanlage des Patentinhabers genommen, die vergleichbar mit der Kühlanlage der D2 sei (vgl. Figur 8). Diese Kühlanlage weise die Merkmale a), b) und e) des Patentanspruchs 1 auf. In einer Zusatzbemerkung auf Seite 321, rechte Spalte, dritter Absatz von D15 werde ausgeführt, daß die Düsenbänke der Luftschlitzdüsen leicht in und aus der Kühllinie verfahren werden könnten, um dann ein Wasserdüsen-System einzufahren. Damit sei aus D15 eindeutig bekannt, in einer Kühlvorrichtung entweder nur Luftschlitzdüsen oder nur Wasserdüsen zu betreiben (Merkmal c) und Merkmal f)). Unter dem Kapitel "Water cooling" auf den Seiten 321-325 der D15 werde ausgeführt, wie die Wasserdüsen entsprechend dem noch fehlenden Merkmal d) des Patents um das abzukühlende Bauteil herum anzuordnen seien, um das Leidenfrost- Phänomen zu verhindern und eine gleichmäßige Wasserbeaufschlagung des Profils zu gewährleisten.
VI. Zu der von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Argumentation lassen sich die vorgetragenen Gegenargumente des Beschwerdegegners wie folgt zusammenfassen:
Auch unter Berücksichtigung der von der Beschwerdeführerin angeführten vorbenutzten VAW-Anlage und der weiter entgegengehaltenen Schriften D2 und D15 beruhe der Gegenstand des Patentanspruchs 1 auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Die vorbenutzte VAW-Anlage zeige nicht die Merkmale b), d), e) und f) des Patentanspruchs 1. Zuerst seien die Preßluftdüsen dieser Anlage keine Luftschlitzdüsen. Überdies sei aus geometrischen Gründen überhaupt nicht möglich, daß das Merkmal d) bei der VAW-Anlage verwirklicht werde. Die Wasserdüsen der VAW-Anlage seien zwar jeweils annähernd in einer Querschnittsebene angeordnet, könnten jedoch wegen der willkürlich ausgewählten Ausrichtung ihrer Flachstrahlen und ihrer Positionierung in quer zur Profilbewegungsrichtung verlaufenden Nischen, die ihre Beaufschlagungsfelder zu einem spitzen Winkel einschränkten, nicht einmal einen Ringbereich des Profils gleichmäßig beaufschlagen.
Auch in Transportrichtung des Profils sei eine gleichmäßige Beaufschlagung der Profiloberfläche nicht möglich, da die Abstände zwischen den einzelnen Beaufschlagungsquerschnitten zu groß seien. Da das Profil zudem auf der Graphitplattenauskleidung des Trägers aufliege, sei eine Spritzbeaufschlagung der Profilunterseite im Bereich dieser Platten nicht möglich. Das Merkmal f) des Patentanspruchs 1 schränke eindeutig die Erfindung auf die ausschließliche Anwendung von nur zwei Kühltechniken ein, nämlich entweder reine Wasserkühlung mit Wasserbeaufschlagungsdüsen oder reine Luftkühlung mit Luftschlitzdüsen. Eine dritte unabhängige Kühlungsart sei ausgeschlossen.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde entspricht den Artikeln 106 bis 108 EPÜ sowie der Regel 64 EPÜ; sie ist zulässig.
2. Zur öffentlichen Zugänglichkeit der geltend gemachten Vorbenutzung
Der Beschwerdegegner und Patentinhaber hat in Begleitung von Herrn Dipl.-Ing. Stengel, Spezialist auf dem Gebiet der Konstruktionen von Kühlanlagen für Strangpreßprofile, die VAW-Anlage am 6. Februar 2003 in Augenschein genommen. Dipl.-Ing. Stengel fertigte nach dem Besuch eine Besprechungs- und Besichtigungsnotiz. Diese ist mit weiteren Zeichnungen und Fotos als Anlage zur Eingabe vom 19. März 2003 beigefügt. Nach diesem Besuch hat der Beschwerdegegner die öffentliche Zugänglichkeit der oben beschriebenen Anlage sowie die wesentlichen Aspekte ihrer Betriebsweise nicht mehr in Frage gestellt.
3. Verspätet vorgebrachte Beweismittel
Die Schriften D16 und D17 sind nach der neunmonatigen Frist für das Einlegen eines Einspruchs (Artikel 99 EPÜ) eingegangen und gelten somit als verspätet im Sinne von Artikel 114 (2) EPÜ. Nach der Rechtsprechung der Beschwerdekammern hängt die Entscheidung, ob ein verspätet im Beschwerdeverfahren vorgebrachtes Dokument berücksichtigt wird, vor allem von der Relevanz des Dokuments für die Entscheidung ab (vgl. z. B. T 1002/92, ABl. EPA 1995, 615).
Die verspätet vorgebrachte Patentschriften D16 und D17 sind nicht relevanter als der bereits vorliegende Stand der Technik, denn die darin beschriebenen Kühlanlagen entsprechen nicht der im Oberbegriff des Patentanspruchs 1. angegebenen Gattung, wonach die Luftdüsen oberhalb und unterhalb des bewegten Strangpreßprofils angeordnet sind und quer zur Profilbewegungsrichtung verlaufen.
Bei der Sprayanlage nach der D16 werden Sprühdüsen 28 auf in Profilbewegungsrichtung verlaufenden Düsenleisten 22. angeordnet, wobei die Düsenleisten wenigstens einen längslaufenden Wasserkanal W',W" und zwei längslaufende Luftkanäle A',A" umfassen. Die Luftkanäle enden in auf die Düsenaustrittsöffnungen gerichteten Luftspalten 39,41. Durch unterschiedliche Druckluftbeaufschlagung kann das Sprühbild der Düsen 28 beeinflußt werden.
Auch die Kühlanlage nach der D17 zeigt Luftschlitzdüsen 5,14, die in Profilbewegungsrichtung verlaufen.
4. Erfinderische Tätigkeit
4.1 Aufgabe und Lösung
Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, den gesamten Kühlbereich von mäßiger Luftkühlung bis zu intensiver Luftkühlung und dann von mäßiger Wasserkühlung bis zu hochintensiver Wasserkühlung abzudecken, (vgl. Abschnitte [0009] und [0010] des Patents). Diese Aufgabe wird in der Spalte 3, Zeilen 5-14 der Patentschrift nochmals betont.
Der Grundgedanke der Erfindung liegt in der ausschließlichen Anwendung von nur zwei Kühltechniken (vgl. Abschnitte [0011] und [0012] des Patents), nämlich entweder reine Wasserkühlung mit Wasserbeaufschlagungsdüsen oder reine Luftkühlung mit Luftschlitzdüsen (vgl. Merkmale e) und f)) in Verbindung mit einer Anordnung der Wasserbeaufschlagungsdüsen nach den Angaben des Merkmals d).
4.2 Die VAW-Anlage
4.2.1 Merkmale b) und e)
Das Teilmerkmal b) des Oberbegriffs des Patentanspruchs 1, wonach die Luftdüsen quer zur Profilbewegungsrichtung verlaufen, bezieht sich nicht auf die Beaufschlagungsrichtung der Düsen, sondern auf den Verlauf der Düsenöffnung (vgl. auch Anspruch 1 wie ursprünglich eingereicht). Dieser Sachverhalt wird durch die Angabe des Merkmals e), daß die Düsen Luftschlitzdüsen sind, noch näher präzisiert.
Luftschlitzdüsen besitzen einen langen sich quer zur Profilbewegungsrichtung erstreckenden Spalt zum Erzeugen eines Luftstroms mit sehr hohem Durchsatz. Ihre Funktion besteht darin, einen sich quer zur Profilbewegungsrichtung erstreckenden, homogenen Luftstrom so zu verteilen, daß er in der erforderlichen Menge und Geschwindigkeit für die gewünschte Abkühlung des Strangpreßprofils zur Verfügung steht. Diese Kriterien (Geschwindigkeit, Luftmenge, Luftrichtung) gewinnen beim Kühlen von thermisch beaufschlagten Oberflächen eine erhebliche Bedeutung.
Die Preßluftdüsen der VAW-Anlage sind als Flachstrahldüsen ausgebildet und werden über einen Kompressor und einen Akkumulator gespeist. Flachstrahldüsen sind Lochdüsen, die durch eine entsprechende Gestaltung des Loches einen abgeflachten Luftstrahl abgeben. Die Orientierung des Flachstrahls jeder dieser Düsen ist in der VAW-Anlage dem Zufall überlassen. Es kann keine Rede davon sein - und dies wurde von der Beschwerdeführerin auch niemals behauptet-, daß ihre Löcher quer zur Profilbewegungsrichtung verlaufen.
4.2.2 Merkmal f)
Merkmal f) verlangt, daß die Abkühlung entweder mittels der Luftschlitzdüsen oder nur mittels der Wasserbeaufschlagungsdüsen erfolgt. Die Kammer teilt nicht die Ansicht der Beschwerdeführerin, daß dieses Merkmal als reines Verfahrensmerkmal zu werten ist, denn durch diese Formulierung wird eine ganze Reihe von technischen Anforderungen an die Vorrichtung gestellt.
Im Wort "entweder" liegt der Sinn "eins von beiden". Sowohl im umgangssprachlichen als auch im wissenschaftlich-akademischen Sprachgebrauch bedeutet die Formulierung "entweder ... oder" die Darstellung von zwei gegensätzlichen, nicht miteinander zu verbindenden Alternativen. Die Formulierung ist nur so zu verstehen, daß keine weitere Kühltechnik eingesetzt werden soll. Durch das zusätzliche Wort "nur" wird noch betont, daß nur eine der beiden zuvor angegebenen Kühltechniken angewandt wird, nämlich reine Luftkühlung mit Schlitzdüsen oder reine Wasserkühlung mit Wasserspritzdüsen.
Diese im Patentanspruch 1 klar zum Ausdruck kommende Einschränkung wird auch durch die Beschreibung gestützt, wo mehrmals (vgl. Abschnitte [0004], [0005], [0009], [0011] und [0012] des Patents) die ausschließliche Verwendung dieser beiden Kühltechniken und die Nachteile einer gleichzeitigen Verwendung von Luft und Wasser angesprochen werden.
Bei der VAW-Anlage werden mehrere unterschiedliche Kühltechniken angewendet, um die erforderliche Kühlleistung bei gleichzeitigem Abdecken eines breiten Kühlleistungsbereichs zu gewährleisten. Gemäß dem Wahlschalter von D14 sowie D3, Blatt 9 erfolgt die Abkühlung nur mittels des Wasserberges oder nur mittels der Wasserbeaufschlagungsdüsen oder nur mittels der Nebelwasserdüsen oder nur mittels der Preßluftdüsen. Merkmal f) ist daher in der VAW-Anlage nicht verwirklicht.
4.2.3 Wechselwirkung zwischen den Merkmalen d), e) und f)
Durch das Merkmal d) soll vermieden werden, daß sich in ungleichmäßig mit Wasser beaufschlagten Bereichen der Profiloberfläche eine Rückerwärmung durch Wärmeleitung aus dem Materialkern ergeben kann. Diese Rückerwärmung ist aus metallurgischen Gründen auszuschließen (vgl. die beiden letzten Zeilen vom Abschnitt [0019] des Patents).
Zu dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, daß in dem Weglassen einer der Kühlmöglichkeiten der VAW-Anlage, zum Beispiel die Wassernebelsprühung oder der Wasserberg, keine erfinderische Leistung erkennbar sei, möchte die Kammer folgendes bemerken.
Im Patent wird gezeigt, wie im Rahmen der Anwendung von je einer der zwei beanspruchten Kühltechniken die Kühlleistung variiert werden kann, ohne daß dabei die Gleichmäßigkeit der Kühlung beeinträchtigt wird. Der Kühlbereich von mäßiger Luftkühlung bis zu intensiver Luftkühlung wird durch Anpassung der Ausblasgeschwindigkeit der Luftschlitzdüsen mit Hilfe von Drosseleinrichtungen abgedeckt (vgl. Abschnitt [0018] des Patents). Der Bereich von mäßiger Wasserkühlung bis zu hochintensiver Wasserkühlung wird durch eine Variation der Wasserbeaufschlagungsdichte der Wasserdüsen unter Beibehaltung der gleichmäßigen Beaufschlagung gedeckt. Dies wird durch die Verwendung von Doppelrohren oder Veränderung des Pumpendruckes erreicht (vgl. Spalte 3, Zeilen 21-26 und Abschnitt [0019] des Patents).
Dergleichen ist in der VAW-Anlage nicht möglich. Die Preßluftdüsen der VAW-Anlage werden über einen Akkumulator gespeist und sind durch Magnetventile reihenweise abschaltbar. Eine Variation der mit Luft arbeitenden Kühlleistung wäre somit lediglich über das Abschalten der Düsen einer Reihe mit der entsprechenden Reduzierung der Kühlluftmenge möglich. Durch ein solches Abschalten ist jedoch die Gleichmäßigkeit der Kühlung über dem Umfang des Strangpreßprofils beeinträchtigt. Das gleiche gilt bei Änderung der Wasserkühlleistung über das Abschalten von Wasserdüsen. Bei der VAW-Anlage scheint jede der eingesetzten Kühltechniken einem bestimmten Wärmeübergangsbereich gewidmet zu sein und nur die Auswahl zwischen allen vorhandenen unterschiedlichen Kühltechniken gestattet es, den gesamten Kühlleistungsbereich abzudecken. Das Weglassen einer der Kühltechniken würde daher eine Lücke im Kühlleistungsbereich der VAW-Anlage verursachen und der zu lösenden Aufgabe zuwiderlaufen. Der Fachmann würde daher ein solches Weglassen nicht in Betracht ziehen.
4.3 Zusammenschau der VAW-Anlage mit der D2
Die Auffassung der Beschwerdeführerin, daß der Gegenstand des Patentanspruchs 1 aus der Zusammenschau der VAW-Anlage mit der D2 naheliegend gewesen sei, wird von der Kammer nicht geteilt.
Die Anordnung von quer zur Profilbewegungsrichtung verlaufenden Luftschlitzdüsen für eine Kühlung der Profile im wesentlichen über die gesamte Länge der Vorrichtung würde in der VAW-Anlage umfangreiche konstruktive Umgestaltungen der Anlage erfordern, die weit über eine fachübliche Weiterentwicklung hinausgehen. Mithin beruhen die Kühltechniken der VAW-Anlage und der D2 auf einem derartig grundverschiedenen Aufbau, daß sie nicht ohne weiteres miteinander kombiniert werden können. Es entbehrt jeder sachlich begründeten Motivation ein einzelnes Merkmal der D2 (Luftschlitzdüsen) aus seinem technischen Gesamtzusammenhang herauszureißen und es in die VAW-Anlage zu übertragen. Die VAW-Anlage deckt nämlich bereits über Luftkühlung, Nebelkühlung, Vollstrahldüsenkühlung und Wasserwellenkühlung den gesamten Kühlbereich (Wärmeübergangsbereich von 100 W/(m2K) bis ca. 6000 W/(m2K)). Die willkürliche Übertragung dieses Merkmals ist somit von einer rückschauenden Betrachtungsweise geprägt. In der D2 wurde schon der Gedanke entwickelt, Wasser in Verbindung mit Luftschlitzdüsen zu Kühlzwecken zu kombinieren. Dieser Vorschlag ging jedoch nicht über eine Zweiphasen- Kühlung (Luft/Wasser Gemisch) hinaus.
4.4 D15
D15 enthält eine Aussage der Verfasser des Artikels über die Einsatzfähigkeit einer Intensivluft-Kühlvorrichtung nach Art der D2 (Seite 321, rechte Spalte, dritter Absatz). Die Beschwerdeführerin hat sich auf diese Textstelle bezogen, um eine Argumentationslinie zu entwickeln, die eine mangelnde erfinderische Tätigkeit der beanspruchten Vorrichtung begründen soll. Dabei war sie der Auffassung, daß die zitierte Textstelle eine Kühlanlage beschreibt, die sämtliche Merkmale des Oberbegriffs des Anspruchs 1 aufweist.
Die Kammer ist nicht dieser Ansicht. Der erste Teil des Anspruchs 1 verlangt, daß ein und dasselbe auf einer Auslaufbahn bewegtes Strangpreßprofil mit den Luftdüsen und den Wasserbeaufschlagungsdüsen der beanspruchten Vorrichtung abgekühlt werden kann. Aus dem Gesamtinhalt der Patentschrift aber insbesondere aus der Spalte 5, Zeilen 55 ff. ist offensichtlich, daß es dieselbe Vorrichtung ist, die ohne nennenswerte Umstellung sowohl mit Luft als auch mit Wasser arbeiten kann, um den gesamten Kühlbereich von mäßiger Luftkühlung bis zur intensiven Wasserkühlung zu überdecken. Die von der Beschwerdeführerin zitierte Stelle der D15 schlägt dagegen vor, eine auf Schiene bewegbare und ausschließlich für Luftkühlung konzipierte Vorrichtung durch eine getrennte, ausschließlich mit Wasserkühlung arbeitende Vorrichtung zu ersetzen.
4.5 Daraus folgt, daß der Gegenstand des unabhängigen Patentanspruchs 1 auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.
5. Die abhängigen Ansprüche betreffen zweckmäßige Ausgestaltungen des Gegenstands des Patentanspruchs 1 und haben in Zusammenhang mit diesem Bestand.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.