T 1440/04 06-02-2007
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Hausgerät, insbesondere Kühl- und/oder Gefriergerät
Verspätetes Vorbringen
Offenkundige Vorbenutzung
Erfinderische Tätigkeit (ja)
Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerdegegnerin ist Patentinhaberin des europäischen Patents No. 0 867 671. Die Bekanntmachung des Hinweises auf die Erteilung des Patents erfolgte am 28. August 2002.
II. Im erteilten Patent wurde das Schutzbegehren in 2 Ansprüchen angegeben.
Anspruch 1 lautet wie folgt:
"Hausgerät, insbesondere Kühl- und/oder Gefriergerät (2), mit einem oben aufgesetzten Deckel (6) und einem vorderseitig unten angebrachten Lüftungsgitter (24) oder einer vorderseitig unten angebrachten Sichtblende, bei dem der hintere Kantenbereich (14) des Deckels (6) und der untere Bereich des Lüftungsgitters (24) oder der untere Bereich der Sichtblende zumindest in den seitlichen Bereichen (16,26) verstärkt ausgeführt sind, wobei den seitlichen Bereichen (16,26) sich in das Gerätinnere ausdehnende Hohlräume (18,22) zugeordnet sind."
III. Einspruch gegen das Patent wurde von der Beschwerdeführerin am 28. Mai 2003 eingelegt. Sie hat den Widerruf des Patents beantragt und damit begründet, dass dessen Gegenstand durch eine offenkundige Vorbenutzung neuheitsschädlich vorweggenommen und auch durch den Stand der Technik nahegelegt sei.
Mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung vom 21. Juli 2004 hat die Einspruchsabteilung darauf hingewiesen, dass in der Einspruchsschrift keine Beweismittel zur Glaubhaftmachung der behaupteten Tatsache, dass das in den Detailfotos (A2) gezeigte Gefriergerät mit den Geräten auf Seite 10 des Prospekts (A1) und mit dem gelieferten Geräts GSS2266-23 übereinstimmt, zu finden seien.
Mit Schreiben vom 15. Oktober 2004 reichte die Beschwerdeführerin eine Eidesstattliche Versicherung von Herrn Volker Friedmann (A6) ein, die "den Vortrag der Einsprechenden im Einspruchsschriftsatz vom 28. Mai 2003 belegt".
Da die Einspruchsabteilung in ihrer Entscheidung zu dem Ergebnis gekommen war, dass die angebliche offenkundige Vorbenutzung dem Gegenstand des Anspruchs 1 nicht neuheitsschädlich entgegenstehe, hat sie nicht darüber entschieden, ob die Vorbenutzung tatsächlich stattgefunden hat.
IV. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) hat gegen die am 30. November 2004 zur Post gegebene Entscheidung der Einspruchsabteilung über die Zurückweisung des Einspruchs gegen das Patent Nr. 0867671 am 17. Dezember 2004 Beschwerde eingelegt, am gleichen Tag die Beschwerdegebühr bezahlt und am 29. März 2005 die Beschwerdebegründung eingereicht.
Die Beschwerdeführerin beantragte, die Entscheidung aufzuheben und das Patent in vollem Umfang zu widerrufen, hilfsweise eine mündliche Verhandlung anzuberaumen.
Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde und ebenfalls hilfsweise eine mündliche Verhandlung.
V. Die Beschwerdeführerin bezieht sich zum Stand der Technik auf das folgende Dokument:
D1: Patent Abstracts of Japan, vol. 014, no 460(M-1032), 4. Oktober 1990 & JP 02 183786 A (Sanyo Electric Co Ltd), 18 Juli 1990.
Weiterhin macht sie geltend, dass der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 des angefochtenen Patents offenkundig vorbenutzt worden sei, und bezieht sich zum Nachweis auf folgende bereits im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegte Unterlagen:
A1: Hausprospekt der Firma Liebherr-Hausgeräte GmbH "40 Jahre jung" mit Druckdatum 08.95;
A2: Farbkopien von Seite 10 des Prospekts und von vier Detailfotos, die das in diesem Prospekt abgebildete Kühlgerät zeigen bzw. diesem entsprechen sollen;
A3: Lieferschein eines Geräts GSS 2266-23 an Friedmann H vom 02.08.1995;
A4: Rechnung vom 04.08.1995, auf Friedmann H. ausgestellt;
A5: Gebrauchsanleitung für Gefrierschrank 7081 322 / GSS...6 495;
A6: Eidesstattliche Versicherung von Herrn Volker Friedmann vom 07.10.2004.
Die Beschwerdegegnerin bestreitet die Gültigkeit der offenkundigen Vorbenutzung. Sie macht auch geltend, dass der Prospekt A1 nicht als Stand der Technik betrachtet werden könne, da nicht bewiesen worden sei, dass er der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde, und verweist hierzu auf die Entscheidung T 77/94.
VI. Mit der Ladung vom 21. September 2006 zur mündlichen Verhandlung versandte die Kammer eine Mitteilung gemäß Artikel 11 (1) VOBK, in welcher darauf hingewiesen wurde, dass es sich bei den Bildern auf den Seiten 2 bis 5 der Anlage 2 offensichtlich nicht um das auf Seite 10 des Prospekts A1 abgebildete Gerät handeln könne. Weiterhin wies die Kammer darauf hin, dass ein auf einer Werbebroschüre aufgedrucktes Datum nicht ohne weiteres ihre tatsächliche Verteilung beweist.
VII. Mit Schreiben vom 22. Dezember 2006 räumte die Beschwerdeführerin ein, dass es sich bei dem auf den Seiten 2 bis 5 der Anlage 2 abgebildeten Gerät nicht um genau dasselbe Gerät, wie es auf dem Prospekt der Anlage 1 gezeigt sei, sondern um einen verwandten Gerätetypus einer ältere Baureihe, handele. Gleichzeitig reichte die Beschwerdeführerin folgende weitere Beweismittel ein:
A7: Auszug aus der Schwäbischen Zeitung vom 30. September 1995;
A8: fünf Fotos, die während des Tages der offenen Tür am 30. September 1995 im Hause der Liebherr- Hausgeräte GmbH in Ochsenhausen aufgenommen wurden;
A9: Eidesstattliche Versicherung von Herrn Bernd Kröll;
A10: Eidesstattliche Versicherung von Herrn Gerhard Gruber;
A11: Anmeldebestätigung von Herrn Volker Friedmann;
A12: Anlagenkonvolut 12 -Fotos des tatsächlich an Herrn Friedmann ausgelieferten und angeblichen vorbenutzten Geräts.
Darüber hinaus wurde die Teilnahme von Herrn Volker Friedmann als "präsentem Zeugen" an der mündlichen Verhandlung angekündigt und darauf hingewiesen, dass die Beschwerdeführerin das Originalgefriergerät, zu dem die Rechnung vom 04. August 1995 gemäß Anlage 4 sowie die ausgelieferte Gebrauchsanleitung gemäß Anlage 5 gehören, zur Verhandlung mitbringen wird.
VIII. In einer weiteren Mitteilung vom 11. Januar 07 teilte die Kammer mit, dass die Anwesenheit des Zeugen nicht erforderlich sei, weil die Frage, ob die angebliche Vorbenutzung tatsächlich stattgefunden hat, noch nicht von der Einspruchsabteilung entschieden worden ist. Sollte es in der mündlichen Verhandlung auf diese Frage ankommen, so beabsichtige die Kammer den Fall an die Erstinstanz zurückzuverweisen.
Die mündliche Verhandlung fand am 6. Februar 2007 statt. Die Beschwerdeführerin brachte das Gefriergerät der angeblichen offenkundigen Vorbenutzung mit.
IX. Die Argumente der Parteien können wie folgt zusammengefasst werden:
Beschwerdeführerin
Die mit Schreiben vom 22. Dezember 2006 eingereichten Anlagen A7 bis A10 beweisen, dass der Prospekt A1 der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde. Weil sie dazu dienten, die in der Mitteilung der Kammer vom 21. September 2006 vorgebrachten Zweifel auszuräumen, seien sie in dem Verfahren zuzulassen.
Das mit Schreiben vom 22. Dezember eingereichte Anlagekonvolut A12 begründe keine neue Sachlage. Vielmehr diene dieses Beweismittel dazu, die von der Kammer hervorgehobene Lücke in der bisherigen Beweisführung auszufüllen. Es könne sein, dass das Gerät gemäß Anlage 2 und das Gerät gemäß Anlagenkonvolut 12 sich im Design voneinander unterscheiden, aber es sei von Anfang an klar gewesen, dass für die offenkundige Vorbenutzung nur das Gerät, das an Herrn Friedmann ausgeliefert worden ist, in Frage käme. Die Eidesstattliche Versicherung von Herrn Friedmann vom 7. Oktober 2004 (Anlage 6) sage nur aus, dass "das ausgelieferte Gefriergerät entspricht der bildlichen Darstellung gemäß Anlage 2" und nicht, dass die Fotos der Anlage 2 tatsächlich Fotos des ausgelieferten Geräts seien. Die beiden Geräte gehörten eindeutig zur gleichen Gruppe und seien baugleich. Gerade weil eine für den Gegenstand des Anspruchs 1 nicht wesentliche Diskrepanz im Design zwischen dem in A2 und dem auf Seite 10 der A1 dargestellten Gerät die Kammer offensichtlich beunruhigt habe, sei das Anlagenkonvolut 12 eingereicht sowie das Gefriergerät selbst zur Verhandlung mitgebracht worden.
Sollte die Kammer die Vorbenutzung des Geräts gemäß A12 nicht zulassen und desjenigen nach Anlage 2 als unbewiesen betrachten, sei immerhin die Gültigkeit der Gebrauchsanweisung A5, die eindeutig zu dem an Herrn Friedmann ausgelieferten Gerät gehöre, unbestreitbar. Die A5 zeige auf Seite 2, Bild C:
ein Gefriergerät, mit einem oben aufgesetzten Deckel und einem vorderseitig unten angebrachten Lüftungsgitter (2), bei dem der hintere Kantenbereich des Deckels und der untere Bereich des Lüftungsgitters zumindest in den seitlichen Bereichen verstärkt ausgeführt sind, wobei den seitlichen Bereichen sich in das Gerätinnere ausdehnende Hohlräume zugeordnet sind.
Die Handgriffe am hinteren Kantenbereich des Deckels seien klar erkennbar und diese seien mit der Blende(1) abgedeckt, so dass Hohlräume entstünden. An der vorderen unteren Seite seien klar zwei Handgriffe abgebildet, denen zwangsläufig sich in das Gerätinnere ausdehnende Hohlräume zugeordnet seien.
Damit sei der Gegenstand des Anspruchs 1 neuheitsschädlich getroffen.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 sei auch nicht erfinderisch angesichts D1 und A1.
Bei einem Kühlgerät mit den üblichen Merkmalen, die einen oben aufgesetzten Deckel und unten vorne angebrachte Sichtblende umfassen, sei es aus der D1 bekannt, im vorderen Bereich des Sockels U-förmige Verstärkungen mit einer griffförmigen Ausnehmung und einem dahinterliegenden Hohlraum vorzusehen. Aus der A1 seien griffförmige trommelartige Verstärkungen mit entsprechenden Hohlräumen im hinteren Kantenbereich des Deckels ersichtlich. Der Durchschnittsfachmann, ein Ingenieur mit Konstruktionserfahrung auf dem Gebiet der Kühlgeräte, würde eine Kombination beider Maßnahmen zur Erleichterung des Transports des Kühlgeräts in Betracht ziehen und damit zum Gegenstand des Anspruchs 1 gelangen, ohne erfinderisch tätig zu sein.
Beschwerdegegnerin
Auch wenn die erste Seite der, wie in den Bildern der A8 gezeigt, auf dem Tisch liegenden Prospekte derjenigen der A1 ähnlich sei, sei damit noch nicht mit Sicherheit nachgewiesen, dass der Inhalt dieser und insbesondere der Seite 10 gleich dem der A1 sei.
Mit dem Schreiben der Beschwerdeführerin vom 22. Dezember 2006 sei der Gegenstand der angeblichen Lieferung geändert worden. Die Fotografien des Anlagekonvoluts 12 stellten ein neues Vorbringen dar, weil die Auslegung der Handgriffe bzw. des Bodenbereichs des Geräts offensichtlich völlig anders als bei dem in der bildlichen Darstellung gemäß Anlage 2 dargestellten Gerät sei.
Das Bild C auf Seite 2 der A5 lasse keine an der vorderen unteren Seite des Geräts angeordneten Handgriffe erkennen. Vielmehr deute die Darstellung auf eine Art Schnappverbindung zur Anbringung des Lüftungsgitters (2) hin.
D1 stelle den nächstliegenden Stand der Technik dar. Diese Druckschrift zeige ein Kühl- und/oder Gefriergerät, das durch zwei zwischen dem Geräteboden und den Seiten des Sockels angebrachte Handgriffe verstärkt wird. Diese Handgriffe seien nahe der Mitte jeder Seite des Gerätes angeordnet und sollen eine Verformung des Gerätes vermeiden, falls das Gerät beim Transport fallen gelassen werden sollte.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheide sich davon dadurch, dass die unteren Handgriffe vorderseitig angeordnet sind und dass das Gerät einen Deckel aufweist, wobei der hintere Kantenbereich des Deckels verstärkt ausgeführt ist und den seitlichen Bereichen sich in das Gerätinnere ausdehnende Hohlräume zugeordnet sind.
Eine Kombination der D1 mit A1 führe jedoch nicht zu einer vorderseitigen Anordnung der unteren Handgriffe und auch nicht zu sich in das Gerätinnere ausdehnenden Hohlräumen im Bereich der Tragegriffe, da diese Merkmale aus keinem der Dokumente hervorgehen.
Insbesondere sei der Deckel des Geräts auf Seite 10 der A1 bei einer Länge von 7/8 geschlossen, so dass der hintere Eckbereich nicht zum Deckel gehöre. Auf der vorderen unteren Seite des Geräts sei weder ein Lüftungsgitter noch eine Sichtblende erkennbar. Wie bei dem Gerät der A5 seien auf der hintern unteren Seite Räder zu sehen, was darauf hindeute, dass die oben angebrachten Handgriffe nicht zum Tragen geeignet seien, sondern nur zum Kippen und Rollen dienten.
Entscheidungsgründe
1. Zur offenkundigen Vorbenutzung
Die Beschwerdeführerin hat eingeräumt, dass das auf den Seiten 2 bis 5 der A2 dargestellte Gerät nicht mit dem tatsächlich an Herrn Friedmann ausgelieferten Gerät identisch ist. Infolgedessen muss diese bildliche Darstellung des angeblichen vorbenutzten Gerät unberücksichtigt bleiben.
Diese Unstimmigkeit hätte der Beschwerdeführerin spätestens mit dem Erhalt der Einladung zur mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung bewusst sein müssen, nicht nur weil die Einspruchsabteilung ihre Aufmerksamkeit darauf gelenkt hat, sondern auch weil sie darauf mit der Einreichung der Eidesstattlichen Versicherung von Herrn Friedmann (A6) reagiert hat.
Die Erklärung der Beschwerdeführerin, dass A6 eigentlich einen Hinweis gebe, dass das auf den Seiten 2 bis 5 der A2 dargestellte Gerät nicht das tatsächlich an Herrn Friedmann aufgelieferte Gerät sei, weil hier nur bestätigt wird, dass "das ausgelieferte Gefriergerät entspricht der bildlichen Darstellung gemäß Anlage 2", kann nicht weiterhelfen.
Es muss nämlich bei jeder behaupteten Vorbenutzung klar angegeben werden, welcher Gegenstand wann und unter welchen Umständen der Öffentlichkeit zugänglich geworden ist. Für den Nachweis dieser Angaben können Beweismittel wie zum Beispiel eine eidesstattliche Versicherung eingereicht werden. Wenn wie im vorliegenden Fall in einer derartigen eidesstattlichen Versicherung ausgesagt wird, dass das gelieferte Gerät der bildlichen Darstellung gemäß Anlage 2 entspricht, dann kann das im Hinblick auf den genannten Zweck der eidesstattlichen Versicherung nur so verstanden werden, dass das Gerät auf den Fotografien gemäß Anlage 2 abgebildet ist. Für eine weitergehende Interpretation auf der Grundlage konstruierter sprachlicher Zweideutigkeiten ist hier kein Raum. Sollte sich diese Aussage in der eidesstattliche Versicherung im Nachhinein als unzutreffend herausstellen, dann ist zumindest die eidesstattliche Versicherung als Ganzes wertlos. Darüber hinaus ist damit aber völlig offen, welche Merkmale das angeblich vorbenutzte Gerät tatsächlich hatte.
Diese Merkmale sollen sich nun aus dem Anlagenkonvolut 12 und dem mitgebrachten Gefriergerät ergeben. Die Fotografien des Anlagekonvoluts 12 lassen klar erkennen, dass das dort dargestellte Gerät sich insbesondere hinsichtlich der Auslegung der Handgriffe im Bodenbereich von dem in der gemäß Anlage 2 dargestellten Gerät unterscheidet. Weil damit wesentliche Merkmale des erteilten Anspruch 1 betroffen sind, ändert sich der der Vorbenutzung zugrundeliegende Sachverhalt, sodass die Einreichung des Anlagenkonvoluts 12 sowie die Präsentation des zur mündlichen Verhandlung mitgebrachten Gefriergeräts ein neues Vorbringen darstellen.
Abgesehen davon, dass eine solche Änderung des Sachvortrag Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Vorbringens insgesamt hervorruft, ist es der Beschwerdegegnerin nicht zuzumuten, über drei Jahre nach Ablauf der Einspruchsfrist auf ein derartiges kurz vor oder - für das Gerät selbst - sogar während der mündlichen Verhandlung vorgelegtes neues Vorbringen im Falle einer offenkundigen Vorbenutzung zu reagieren, deren Umstände völlig in den Händen der Beschwerdeführerin liegen. Zudem ist kein Grund erkennbar, warum die Beschwerdeführerin nicht bereits früher den Sachverhalt hätte klarstellen und die neuen Beweismittel vorlegen können. Die Kammer sieht daher keine andere Möglichkeit, als das auf das Anlagenkonvolut 12 gestützte neue Vorbringen unter Artikel 114 (2) EPÜ nicht zuzulassen (siehe hierzu T 17/91, Punkt 5 der Entscheidungsgründe).
2. Öffentliche Zugänglichkeit des Prospekts A1
Das Prospekt A1 weist auf der Rückseite ein Druckdatum auf (siehe letzte Seite "Printed in Germany by Wolf 08.95"). Dieses allein reicht jedoch nicht aus, um im Streitfall zu beweisen, dass der Prospekt der Öffentlichkeit tatsächlich zugänglich gemacht wurde, weil ein auf einer Werbebroschüre aufgedrucktes Druckdatum nicht unmittelbar ihre tatsächliche Verteilung beweist (siehe T 77/94).
Da die Anlagen A7 bis A10 dazu dienen, diese in der Mitteilung der Kammer vom 21. September 2006 vorgebrachten Zweifel auszuräumen, sind sie in dem Verfahren zuzulassen.
Die Anlagen A7 bis A10 zeigen, dass die "40 Jahre Liebherr-Hausgeräte" Geburtstagfeier für die Öffentlichkeit zugänglich war (siehe A7) und dass der Prospekt A1 dabei an die Öffentlichkeit verteilt wurde (siehe Fotos der Anlage 8). Dem Argument der Beschwerdegegnerin, dass in A8 lediglich die Seite 1 des Prospekts zu sehen sei und daher die Veröffentlichung der Seite 10 des A1 nicht nachgewiesen sei, weil es sich um einen anderen Prospekt handeln könne, kann die Kammer nicht folgen. Ein derartiger Fall widerspricht der Erfahrung und ist daher als höchst unwahrscheinlich anzusehen, sodass die Erfordernisse für einen über alle vernünftigen Zweifel hinaus gehenden Beweis erfüllt sind.
Das Prospekt A1 ist daher als Stand der Technik zu betrachten.
3. Neuheit
Die Beschwerdeführerin hat vorgetragen, dass die Gebrauchsanleitung A5 die Neuheit des Gegenstands des Anspruchs 1 vorwegnehme. Die Kammer kann diese Meinung nicht teilen. Die Abbildung C auf Seite 2 der A5 ist eine schematisch vereinfachte Darstellung eines Gefriergeräts, die lediglich einmal (auf Seite 3, rechte Spalte unter "Aufstellen") ohne irgendwelchen Hinweis auf Tragegriffe bzw. Griffmöglichkeiten in der Anleitung erwähnt wird. Es sind zwar hinter dem Deckel oben bügelförmige Anbauten und vorne unten seitliche horizontale Striche gezeigt. Die Behauptung, dass die Abbildung C allein die Gegenwart von Tragegriffen bzw. Griffmöglichkeiten oben hinten oder unten vorne zeige, lässt sich damit allein aber nicht belegen.
Da die A5 nicht relevant ist, erübrigt sich die Beantwortung der Frage nach deren Gültigkeit als Stand der Technik.
Damit erfüllt der Gegenstand des Anspruchs 1 die Erfordernisse des Artikels 54 EPÜ.
4. Erfinderische Tätigkeit
Die Beschwerdeführerin hat geltend gemacht, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 angesichts einer Kombination der D1 und A1 nicht erfinderisch sei. Die Kammer kann auch diese Auffassung nicht teilen.
D1, insbesondere die Figuren der japanischen Patentschrift selbst, offenbart ein Kühl- und/oder Gefriergerät, das zwei durch zwischen dem Geräteboden (2) und einem von Winkeleisen (12) gebildeten Sockel angebrachte Handgriffe (18) verstärkte Bereiche aufweist. Jeder Handgriff wird durch eine U-förmige Platte gebildet, die an ihrer unteren Seite eine Öffnung (19) aufweist. Die Handgriffe sind an den linken und rechten Seiten näher an der vorderen Seite des Geräts angeordnet und derart gebildet, dass sie nur von der vorderen Seite aus zu begreifen sind. Die Handgriffe erfüllen jedoch nicht die Erfordernisse des Anspruchs 1, wonach sie derart ausgeführt sein sollen, dass sie den unteren Bereich eines Lüftungsgitters oder den unteren Bereich einer Sichtblende zumindest in den seitlichen Bereichen verstärken.
Darüber hinaus zeigt D1 nur den unteren Teil eines Kühlgerätes und offenbart keine Griffmöglichkeit im oberen hinteren Bereich des Deckels.
Der Prospekt A1 zeigt auf Seite 10 ein Gerät mit einem oben aufgesetzten Deckel, bei dem zwischen dem hinteren Kantenbereich des Deckels und dem hinteren Teil des Geräts zwei Haltegriffe vorgesehen sind. Eine Art von Verstärkung des Geräts im Bereich hinter dem Deckel ist zu erkennen, aber diese ist nicht klar und eindeutig als eine Verstärkung des seitlichen Bereichs des Kantenbereichs des Deckels selbst zu bewerten.
A1 zeigt auch kein vorderseitig unten angebrachtes Lüftungsgitter oder unten angebrachte Sichtblende und offenbart keine Griffmöglichkeit im unteren vorderen Bereich des Geräts.
Im Ergebnis gibt weder D1 noch A1 einen Hinweis auf ein Hausgerät, bei dem der untere Bereich des Lüftungsgitters oder der untere Bereich der Sichtblende zumindest in den seitlichen Bereichen verstärkt ausgeführt sind und den seitlichen Bereichen sich in das Gerätinnere ausdehnende Hohlräume zugeordnet sind. Weiterhin ist weder D1 noch A1 zu entnehmen, dass bei einem Hausgerät Handgriffe vorne unten und oben hinten, vorgesehen sein können.
Mit einer derartigen Anordnung von Griffmöglichkeiten vorne unten und oben hinten ist es möglich, das Gerät von zwei Personen rückseitig am Deckel und frontseitig am Lüftungsgitter/Sichtblende zu tragen (siehe Figur 4 des angefochtenen Patents).
Die Ausbildung der Tragebereiche durch Verstärkung der seitlichen Bereiche und die Zuordnung von sich in das Gerätinnere ausdehnende Hohlräume zu diesen seitlichen Bereichen erleichtert die Herstellung des Geräts, da die aufwendigere Anformung von besonderen Handgriffen wie bei A1 und D1 vermieden werden kann.
Damit erfüllt der Gegenstand des Anspruchs 1 die Erfordernisse des Artikels 56 EPÜ.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.