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T 1018/09 ([Ir(cod)Cl]2/HERAEUS) 28-08-2012
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Verfahren zur Herstellung von [IrCODCl]2
Neuheit (ja)
Hauptantrag, 1. und 2. Hilfsantrag: Erfinderische Tätigkeit (nein) - positiver Effekt nicht über den gesamten Umfang der Ansprüche glaubhaft gemacht; naheliegende Alternative
3. Hilfsantrag: Erfinderische Tätigkeit (ja)
Sachverhalt und Anträge
I. Die Patentinhaberin legte Beschwerde ein gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, das Europäische Patent Nr. 1 116 724 zu widerrufen.
II. Der Einspruch richtete sich gegen das Patent im gesamten Umfang und war gestützt auf Einspruchsgründe gemäß Artikel 100(a) EPÜ (mangelnde Neuheit und mangelnde erfinderische Tätigkeit).
III. Das Streitpatent betrifft die Herstellung eines chlorhaltigen Komplexes von Iridium mit Cycloocta-1,5-dien.
Der einzige unabhängige Patentanspruch in der erteilten Fassung lautet wie folgt:
"1. Verfahren zur Herstellung von [Ir(cod)Cl]2, mit
a) Lösen von IrCl4 x nH2O und/oder IrCl3 x nH2O und/oder H2IrCl6 in Wasser;
b) Zugabe eines Alkohols und Cycloocta-1,5-dien und
c) Rühren der Lösung bei Siedetemperatur,
dadurch gekennzeichnet, daß im Schritt b) mindestens ein Alkohol der Formel R-OH, mit R = CnH2n+1 und n = 3 - 9, verwendet wird."
Wie in diesem Anspruch, so wird auch im folgenden "cod" als Abkürzung für Cycloocta-1,5-dien gebraucht.
IV. Im Einspruchsverfahren wurden u. a. die folgenden Schriftstücke zitiert:
(D1) R. H. Crabtree und G. E. Morris, Journal of Organometallic Chemistry, Band 135 (1977), 395-403
(D2) J. L. Herde et al., Inorganic Syntheses (1974), Band 15, 18-20
(D6) R. H. Crabtree und J. M. Quirk, Synthesis and Reactivity in Inorganic and Metallorganic Chemistry, Marcel Dekker Inc., New York/US, Band 12, Nr. 4 (1982), 407-413
(D7) G, Pannetier et al., Journal of the Less-Common Metals, Band 21 (1970), 437-438
(D10a) Sicherheitsdatenblatt für die Hexachloro-iridium(IV)-säurelösung "4 x 40" der Firma dmc**(2), Druckdatum: 23.04.2001, mit dem Vermerk "Gültig ab: 22.11.1994" oben auf der ersten Seite, neun Seiten
(D13) S. D. Robinson und B. L. Shaw, Tetrahedron Letters, Nr. 20 (1964), 1301
V. Der angefochtenen Entscheidung zugrunde lagen die Ansprüche in der erteilten Fassung (Hauptantrag; siehe oben unter Punkt III) bzw. die in der mündlichen Verhandlung vom 11. Februar 2009 eingereichten Ansprüche 1 bis 9 des Hilfsantrags. Die Einspruchsabteilung hielt den Gegenstand der Ansprüche für neu, da die Dokumente (D1), (D2) und (D6) den Schritt a) des vorliegenden Anspruchs 1 nicht offenbarten.
Das Dokument (D2) sei als nächstliegender Stand der Technik anzusehen. Objektive Aufgabe sei es gewesen, ein alternatives, für industrielle Maßstäbe geeignetes Verfahren zu Herstellung von [Ir(cod)Cl]2 bereitzustellen. Einerseits sei von dem Lösen von H2IrCl6 in Wasser kein Effekt zu erwarten, andererseits seien solche Lösungen schon bekannt gewesen, wie Dokument (D10a) belegt. Somit sei der Gegenstand des Hauptantrags nicht erfinderisch. Der damals vorliegende Hilfsantrag verstoße gegen Artikel 123(2) und (3) EPÜ.
VI. Im Beschwerdeverfahren wurden u. a. die folgenden Schriftstücke zusätzlich zitiert:
(D14) R. T. Morrison und R. N. Boyd, Lehrbuch der Organischen Chemie, 2. Auflage, Verlag Chemie, Weinheim/DE 1983, 546-548
(D15) Aldrich Katalog Feinchemikalien 1999-2000 Deutschland, Sigma-Aldrich Chemie GmbH, Deisenhofen/DE, 995
(D16) Katalog "Edelmetallpräparate" der Degussa AG, Hanau/DE, undatiert, 1, 32-35
(D18) Erklärung von Ralf Karch zur "Verfügbarkeit von wässrigen Iridiumchloridlösungen", eingereicht als Anlage zum Schreiben der Beschwerdegegnerin vom 27. Juli 2012, eine Seite
(D20) Versuche B01, B02 und B03, eingereicht von der Beschwerdeführerin als Anlage zur Beschwerdebegründung mit Datum vom 2. Juli 2009, 17 Seiten
(D21) Auszug aus dem Verkaufskatalog "Edelmetallchemikalien Precious Metal Chemicals" der W. C. Heraeus GmbH, vier Seiten, mit der Fußnote "D/E 5C1.98/N T&D" auf der zweiten Seite
VII. Die vorliegende Entscheidung basiert auf den folgenden Patentansprüchen:
- Ansprüche 1 bis 9 wie erteilt (Hauptantrag);
- Ansprüche 1 bis 6 des mit dem Schreiben mit Datum vom 2. Juli 2009 eingereichten ersten Hilfsantrags;
- Ansprüche 1 bis 6 des zweiten Hilfsantrags und Ansprüche 1 bis 5 des dritten Hilfsantrags, jeweils eingereicht mit dem Schreiben mit Datum vom 23. Juli 2012.
a) Der einzige unabhängige Anspruch des Hauptantrags ist oben unter Punkt III wiedergegeben.
b) Der einzige unabhängige Anspruch des ersten Hilfsantrags lautet wie folgt (wobei die Kammer die Änderungen gegenüber Anspruch 1 des Hauptantrags durch Fettdruck hervorgehoben hat):
"1. Verfahren zur Herstellung von [Ir(cod)Cl]2, mit
a) Lösen von IrCl4 x nH2O und/oder IrCl3 x nH2O
und/oder H2IrCl6 in Wasser;
b) Zugabe eines Alkohols und Cycloocta-1,5-dien und
c) Rühren der Lösung bei Siedetemperatur, dadurch gekennzeichnet, daß im Schritt b) mindestens ein Alkohol der Formel R-OH, mit R = CnH2n+1 und
n = 3 - 9, verwendet wird,
und in Schritt c) nach Rühren der Lösung bei Siedetemperatur die Lösung zunächst auf Raumtemperatur abgekühlt wird und das entstandene [Ir(cod)Cl]2 abfiltriert, gewaschen und getrocknet wird."
c) Der einzige unabhängige Anspruch des zweiten Hilfsantrags lautet wie folgt (wobei die Kammer die Änderungen gegenüber Anspruch 1 des Hauptantrags durch Fettdruck hervorgehoben hat):
"1. Verfahren zur Herstellung von [Ir(cod)Cl]2, mit
a) Lösen von IrCl4 x nH2O und/oder IrCl3 x nH2O
und/oder H2IrCl6 in Wasser;
b) Zugabe eines Alkohols und Cycloocta-1,5-dien und
c) Rühren der Lösung bei Siedetemperatur, dadurch gekennzeichnet, daß im Schritt b) Isopropanol als Alkohol verwendet wird, wobei das Volumenverhältnis von Isopropanol, zu Wasser 2 : 1 bis 1 : 1 beträgt,
und in Schritt c) nach Rühren der Lösung bei Siedetemperatur die Lösung zunächst auf Raumtemperatur abgekühlt wird und das entstandene [Ir(cod)Cl]2 abfiltriert, gewaschen und getrocknet wird."
d) Der einzige unabhängige Anspruch des dritten Hilfsantrags lautet wie folgt (wobei die Kammer die Änderungen gegenüber Anspruch 1 des Hauptantrags durch Fettdruck hervorgehoben hat):
"1. Verfahren zur Herstellung von [Ir(cod)Cl]2, mit
a) Lösen von IrCl4 x nH2O und/oder IrCl3 x nH2O
und/oder H2IrCl6 in Wasser;
b) Zugabe eines Alkohols und Cycloocta-1,5-dien und
c) Rühren der Lösung bei Siedetemperatur,
dadurch gekennzeichnet, daß im Schritt b) Isopropanol als Alkohol verwendet wird, wobei das Volumenverhältnis von Isopropanol, zu Wasser 2 : 1 bis 1 : 1 beträgt, im Schritt c) auf ca. 30 bis 50 % ihres ursprünglichen Volumens eingeengt wird und im Schritt c) nach Rühren der Lösung bei Siedetemperatur die Lösung zunächst auf Raumtemperatur abgekühlt und das entstandene [Ir(cod)Cl]2 abfiltriert, gewaschen und getrocknet wird."
VIII. Die Beschwerdeführerin schloss sich dem Urteil der Einspruchsabteilung an, dass der Gegenstand der Ansprüche neu sei. Sie hielt Dokument (D2) für den nächstliegenden Stand der Technik. Die Vergleichsversuche (D20) zeigten, dass die Reaktion in Isopropanol zu höheren Ausbeuten führe. Da bereits viele sehr ähnliche Verfahren bekannt waren, hätte der Fachmann nicht dazu geneigt, den Stand der Technik zu verbessern.
IX. Die Beschwerdegegnerin hielt den Gegenstand der Ansprüche für nicht neu im Hinblick auf das im Dokument (D1).
Eines der Dokumente (D1), (D2) oder (D6) könne als der nächstliegenden Stand der Technik angesehen werden. Ausgehend vom Dokument (D2) als dem nächstliegenden Stand der Technik habe die Aufgabe darin bestanden, ein gegenüber (D2) alternatives Verfahren zur Verfügung zu stellen. Der beanspruchten Lösung mangele es an erfinderischer Tätigkeit. Die als Ausgangsstoffe eingesetzten Iridiumverbindungen seien als wässrige Lösungen üblicher und kostengünstiger gewesen als in fester Form. Daher hätte der Fachmann diese Lösungen eingesetzt. Das vorherige Auflösen der Iridiumverbindung in Wasser beeinflusse die Reaktion nicht. Die in den Ansprüche der Hilfsanträge eingefügten Aufarbeitungsschritte seien trivial. Die Vergleichsversuche (D20) seien nicht relevant, da sie bevorzugte Verfahrensbedingungen aufwiesen, die im Anspruch 1 nicht erwähnt sind.
Während der mündlichen Verhandlung vor der Kammer hat sie auch die Zulässigkeit der im Anspruch 1 der Hilfsanträge vorgenommenen Änderungen und die Klarheit von Anspruch 1 des dritten Hilfsantrags bezweifelt.
X. Die Beschwerdeführerin hat beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und den Einspruch zurückzuweisen, hilfsweise das Patent aufrechtzuerhalten auf der Grundlage
- des Hilfsantrags, eingereicht mit dem Schreiben mit Datum vom 2. Juli 2009, bzw.
- eines der Hilfsanträge 2 und 3, eingereicht mit dem Schreiben mit Datum vom 23. Juli 2012.
Die Beschwerdegegnerin beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen.
XI. Am Ende der mündlichen Verhandlung verkündete der Vorsitzende die Entscheidung der Kammer.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Artikel 123(2) EPÜ
2.1 Hauptantrag
Die Ansprüche des Hauptantrags, d.h. die erteilten Ansprüche 1 bis 9, sind identisch mit den ursprünglich eingereichten Ansprüchen.
2.2 Hilfsanträge
2.2.1 Der Anspruch 1 des ersten Hilfsantrags basiert auf dem ursprünglichen Anspruch 1 und Seite 3, Zeilen 4-7 der ursprünglichen Beschreibung. Die Ansprüche 2 bis 6 dieses Antrags entsprechen den ursprünglichen Ansprüchen 2, 4, 5, 7 und 9.
In den Anspruch 1 des zweiten Hilfsantrags wurden zusätzlich die Merkmale der ursprünglichen Ansprüche 2 und 4 übernommen, in den Anspruch 1 des dritten Hilfsantrags die Merkmale der ursprünglichen Ansprüche 2 bis 4, wobei die diese Merkmale enthaltenden Unteransprüche gestrichen wurden.
2.2.2 Einerseits monierte die Beschwerdegegnerin, dass die ursprüngliche Anmeldung das Abkühlen, Abfiltrieren, Waschen und Trocknen des Niederschlags erst nach dem Schritt c) vorsieht, während diese Maßnahmen laut Anspruch 1 der Hilfsanträge im Schritt c) ergriffen werden sollen.
Der ursprüngliche Anspruch 1 beschreibt die Stufe c) als "Rühren der Lösung bei Siedetemperatur". Die ursprüngliche Beschreibung offenbart das Abkühlen, Abfiltrieren, Waschen und Trocknen des Niederschlags "Nach Rühren der Lösung bei Siedetemperatur" (siehe den zweiten Absatz auf Seite 3). Der Anspruch 1 der vorliegenden Hilfsanträge sieht das Abfiltrieren, Waschen und Trocknen des Niederschlags "nach dem Rühren der Lösung bei Siedetemperatur" vor, also nach der ursprünglich offenbarten Stufe c). Er ist daher im Einklang mit der ursprünglichen Offenbarung. Für den Gegenstand des Anspruchs ist es unbeachtlich, ob das Abkühlen, Abfiltrieren, Waschen und Trocknen des Niederschlags als Teil der Stufe c) oder einer nachfolgenden Stufe (beispielsweise einer Stufe d))formuliert wird.
2.2.3 Andererseits war die Beschwerdegegnerin der Ansicht, die in die Hilfsanträge zusätzlich eingeführten Merkmale seien aufgrund der teilweise mehrfachen Abhängigkeiten der sie enthaltenden ursprünglichen Ansprüche nicht in Kombination offenbart.
2.2.4 Die Merkmale der ursprünglichen Ansprüche 2 und 4 sind auch im letzten Absatz der ursprünglichen Seite 2 offenbart. Dort ist angegeben, dass diese Maßnahmen die Löslichkeit des Iridiumchlorids und die Fällungseigenschaften des Produkts verbessern.
Die auf Seite 3, Zeilen 4-7 (d.h. im zweiten Absatz) der ursprünglichen Beschreibung geschilderten Maßnahmen sollen "eine ausgezeichnete Abtrennung des entstandenen [Ir(cod)Cl]2 von der Lösung" erlauben.
Das im vierten Absatz der ursprünglichen Seite 3 geschilderte Einengen der Reaktionsmischung gemäß dem ursprünglichen Anspruch 3 wird empfohlen "um somit die Gesamtausbeute zu erhöhen".
Der Fachmann hätte diesen Textstellen entnommen, dass nur die Kombination aller dieser Maßnahmen ihn in den Genuss dieser Vorteile bringen würde.
Für die in der ursprünglichen Beschreibung zwischen den genannten Textstellen geschilderten Maßnahmen sind jedoch keine konkreten Vorteile in Aussicht gestellt. Es wird lediglich behauptet, dass sie sich bewährt hätten. Der Fachmann hätte daher diese Maßnahmen nicht für wesentlich erachtet. Er hätte also nur die in den Anspruch 1 der vorliegenden Hilfsanträge eingeführten Merkmale als Einheit betrachtet.
Folglich offenbart die Anmeldung in ihrer ursprünglichen Fassung die in den Anspruch 1 der Hilfsanträge als Änderungen eingeführten Merkmale in Kombination.
2.2.5 Aus diesen Gründen erfüllen die gemäß den Hilfsanträgen geänderten Ansprüche die Erfordernisse von Artikel 123(2) EPÜ.
3. Klarheit der Ansprüche
Mangelnde Klarheit der Ansprüche ist kein Einspruchsgrund. Im Einspruchsbeschwerdeverfahren ist folglich die Klarheit der Ansprüche nur insoweit zu prüfen, als der vermeintliche Mangel auf Änderungen der erteilten Ansprüche zurückzuführen ist.
Die Beschwerdegegnerin monierte, im Anspruch 1 des dritten Hilfsantrags sei nicht klar, in welcher Reihenfolge die zusätzlichen Verfahrensschritte durchzuführen seien.
Dieser Einwand bezieht sich auf die folgenden in den Anspruch aufgenommenen Verfahrensschritte, nämlich
- erstens "im Schritt c) auf ca. 30 bis 50 % ihres ursprünglichen Volumens eingeengt wird" und
- zweitens "in Schritt c) nach Rühren der Lösung bei Siedetemperatur die Lösung zunächst auf Raumtemperatur abgekühlt und das entstandene [Ir(cod)Cl]2 abfiltriert, gewaschen und getrocknet wird."
Der erste dieser Verfahrensschritte wurde aus dem erteilten Anspruch 3 in den Anspruch 1 aufgenommen. Das unter zweitens zitierte Bündel von Verfahrensschritten war - mit Ausnahme des Abkühlens auf Raumtemperatur - Gegenstand des erteilten Anspruchs 6.
Soweit trat der gerügte Mangel an Klarheit bereits in der erteilten Fassung der Ansprüche auf. Ferner geht aus dem Anspruch klar hervor, dass das Abkühlen auf Raumtemperatur nach dem Rühren bei Siedetemperatur und vor dem Abfiltrieren des Niederschlags zu erfolgen hat. Dieses nicht in den erteilten Ansprüchen enthaltene Merkmal kann also nicht zu dem gerügten Mangel an Klarheit beitragen.
Auch wurde weder behauptet, noch kann die Kammer erkennen, dass allein die Tatsache, dass diese Merkmale in den Anspruch 1 aufgenommen wurden, oder die Art, wie dies geschah, zu einem Mangel an Klarheit beitragen könne.
Daher kommt die Kammer zu dem Schluss, dass der angebliche Mangel an Klarheit des Anspruchs 1 des dritten Hilfsantrags einer Aufrechterhaltung des Patents nicht entgegensteht.
4. Neuheit
4.1 Der Journalartikel (D1) offenbart die Herstellung des Komplexes der Formel [IrCl(cod)]2 (siehe den ersten Satz unter der Überschrift "Summary" auf Seite 395. Diese Formel ist nur eine andere Schreibweise für die gemäß den Ansprüchen des Streitpatents herzustellende Verbindung der Formel "[Ir(cod)Cl]2".
Der Neuheitseinwand stützte sich auf zwei Stellen des Artikels (D1),
- einerseits auf Seite 396, Zeilen 2-4,
- andererseits auf den Absatz, der die Seiten 400 und 401 verbindet.
4.1.1 Auf Seite 396, Zeilen 2-4, heißt es wie folgt:
"The best yields were obtained from H2IrCl6 or IrCl3 and (cod) in refluxing isopropanol/water [9]. We have preferred a two-step synthesis from H2IrCl6 and (cod) in refluxing isopropanol to give [IrHCl2(cod)]2 [10]."
Hier werden also zwei Synthesewege vorgestellt, wobei der erste in einem Isopropanol/Wasser-Gemisch und der erste Schritt des zweiten in Isopropanol durchgeführt wird. Die Bezugsziffern [9] bzw. [10] verweisen hier auf die am Ende des Artikels aufgeführten Literaturzitate, nämlich [9] auf (D7) bzw. [10] auf (D13).
4.1.2 Der Absatz, der die Seiten 400 und 401 verbindet, beschreibt ein Verfahren, bei dem im ersten Schritt eine Lösung von H2IrCl6 mit cod in Isopropanol zur Reaktion gebracht wird, und anschließend die Lösungsmittel abgezogen wurden ("A solution of H2IrCl6 ... was treated with 20 ml of (cod) in refluxing i-PrOH ... . The volatile solvents were removed in vacuo ...").
4.1.3 Es war strittig, ob diese Textstellen dem Fachmann direkt und unmittelbar den Schritt a) des Anspruchs 1 jedes der vorliegenden Anträge offenbart, nämlich das Lösen der dort genannten Iridiumverbindungen in Wasser.
Die Beschwerdegegnerin belegte ihr Argument, die eingesetzten Iridiumverbindungen seien als wässrige Lösungen üblicher und kostengünstiger mit der Erklärung (D18) und dem Dokument (D21)(siehe oben unter Punkt IX). Sie schloss daraus, dass der Fachmann die im Dokument (D2) enthaltenen Hinweise auf H2IrCl6 bzw. IrCl3 als auf wässrige Lösungen dieser Verbindungen verstanden hätte. Dies sei besonders bei der oben unter Punkt 4.1.2 zitierten Textstelle der Fall, wo
- von einer Lösung von H2IrCl6 die Rede ist und
- und die Wörter " The volatile solvents were removed" auf ein weiteres Lösungsmittel neben Isopropanol hinweisen.
4.1.4 Jedoch war H2IrCl6 auch als Feststoff vor dem Prioritätstag des Streitpatents erhältlich (siehe (D15)). Somit ist nicht ausgeschlossen, dass dieser Feststoff in einem anderen Lösungsmittel als Wasser gelöst wurde. Dies ist auch nicht unwahrscheinlich, da die übrigen Lösungsmittel im ersten Schritt des auf den Seiten 400-401 beschriebenen Verfahrens ausschließlich organische sind, nämlich Isopropanol und Hexan. Schließlich ist ansonsten, wo Wasser als Lösemittel für eine Komponente verwendet wurde, dies auch angegeben (siehe den Satz, der die Seiten 400 und 401 verbindet: "... with a solution of sodium acetate (4.2 g) in water ...").
Daher geht die Kammer nicht davon aus, dass der Fachmann beim Lesen des Dokuments (D1) das Auflösen der Iridiumverbindung in Wasser als ersten Schritt unzweifelhaft mitgelesen hätte.
4.2 Der Gegenstand der Ansprüche 1 aller vorliegenden Anträge unterscheidet somit von der Offenbarung des Dokuments (D1). Weder wurden weitere Neuheitseinwände vorgebracht, noch kann die Kammer nach Prüfung der zitierten Dokumente eine neuheitsschädliche Offenbarung erkennen.
4.3 Daher ist der Gegenstand des Anspruchs 1 aller Anträge neu. Da in diesen Anträgen der Anspruch 1 jeweils der einzige unabhängige Anspruch ist, ist der Gegenstand aller Ansprüche des Hauptantrags und der Hilfsanträge neu.
5. Erfinderische Tätigkeit
5.1 Nächstliegender Stand der Technik
Strittig war, welches der Dokumente (D1), (D2) oder (D6) als nächstliegender Stand der Technik anzusehen sei.
Dokument (D2) beschreibt die Herstellung von [Ir(cod)Cl]2 durch Umsetzung von IrCl3 als Hydrat mit Cycloocta-1,5-dien (cod) in einem Gemisch von Ethanol mit Wasser (siehe Seite 19, erster Absatz). Hier findet die chemische Reaktion wie in dem im Streitpatent beanspruchten Verfahren in einer einzigen Stufe statt; sie unterscheidet sich nur durch die Wahl des Alkohols von dem in den vorliegenden Ansprüchen beschriebenen Verfahren.
Dahingegen
- geht Dokument (D6) von einer anderen Iridiumkomponente aus, nämlich von (NH4)2IrCl6 , und
- offenbart Dokument (D1) ein Verfahren, in dem die chemische Reaktion in zwei Stufen abläuft, wobei in einer
- ersten Stufe H2IrCl6 mit cod in Isopropanol unter Rückfluss zu [IrHCl2(cod)]2 umgesetzt, und in einer
- zweiten Stufe mit wässriger Natriumacetat-Lösung HCl entfernt wird (siehe (D1), der Absatz, der die Seiten 400 und 401 verbindet).
Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die oben unter Punkt 4.1.1 zitierte Passage aus dem Dokument (D1) zwar auf eine einstufige Reaktion in Gegenwart von Isopropanol hinweist ("...obtained from H2IrCl6 or IrCl3 and (cod) in refluxing isopropanol/water [9]"). Die dort referierte Literaturstelle [9], nämlich Dokument (D7), enthüllt jedoch, dass dort die Reaktion in einem Ethanol/Wasser-Gemisch durchgeführt wurde. Eine Arbeitsvorschrift für ein solches Verfahren enthält Dokument (D1) nicht, im Gegensatz zu (D2).
Daher kommt das im Dokument (D2) beschriebene Verfahren dem im Streitpatent beanspruchten Verfahren näher als die in den Dokumenten (D1) und (D6) offenbarten Verfahren. Folglich wird das Dokument (D2) als nächstliegender Stand der Technik angesehen.
5.2 Zu lösende Aufgabe
Im Streitpatent wird die zu lösende Aufgabe darin gesehen, "ein einfaches und somit kostengünstiges Verfahren zur Herstellung von [Ir(cod)Cl]2 bei gleichzeitig hoher Ausbeute bereitzustellen." (siehe Absatz [0013]; vergleiche den dritten Absatz auf Seite 2 der entsprechenden Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung).
Die Beschwerdeführerin sah die gegenüber dem Verfahren gemäß Dokument (D2) zu lösende Aufgabe darin, höhere Ausbeuten zu erzielen.
So ist nun zu ermitteln, inwiefern diese Aufgabe über den gesamten Umfang der Ansprüche der vorliegenden Anträge gelöst wird, und ob die in diesen Ansprüchen vorgeschlagenen Lösungen in diesem Zusammenhang nahelagen.
5.3 Objektive Aufgabe und Lösung / Hauptantrag und erster Hilfsantrag
5.3.1 Der Gegenstand des Anspruchs 1 dieser Anträge unterscheidet sich vom im Dokument (D2) beschriebenen Verfahren, dass die vorliegenden Ansprüche vorschreiben,
- die Iridiumkomponenten erst in Wasser zu lösen und dann den Alkohol zuzugeben, und
- statt Ethanol einen Alkohol der Formel R-OH einzusetzen, worin R = CnH2n+1 und n = 3 - 9 bedeuten.
5.3.2 Es wurde nicht behauptet, dass das erstgenannte Merkmal zu einer Erhöhung der Ausbeute beitrage. Dies ist auch nicht wahrscheinlich, da die Reihenfolge der Zugabe von Wasser bzw. Alkohol im Hinblick auf die langen Reaktionszeiten (Beispiel 1 des Patents: 19 Stunden; Beispiel 2: 6 Stunden) keine Rolle spielen dürfte.
Die obige Formel R-OH umfasst Alkanole mit 3 bis 9 Kohlenstoffatomen. Von diesen hat die Beschwerdeführerin nur Beispiele mit einem Alkanol mit drei Kohlenstoffatomen, nämlich Isopropanol, vorgelegt (siehe die beiden Beispiele des Streitpatents und der Versuch B03 im Dokument (D20)).
Ein technischer Effekt taugt nur dann als Beleg für erfinderische Tätigkeit, wenn er über die gesamte Breite des beanspruchten Gegenstands auftritt (siehe T 583/93, ABl. EPA 1996, 496, Punkt 7.5 der Entscheidungsgründe).
Es stellt sich daher die Frage, inwiefern davon auszugehen ist, dass sich mit Isopropanol erzielte hohe Ausbeuten auch mit anderen Alkanolen mit 3 bis 9 Kohlenstoffatomen erzielen lassen.
Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Alkanole nicht nur als Reduktionsmittel für die als Ausgangsstoffe verwendeten Iridiumverbindungen wirken (siehe Dokument (D6), Formel (1) auf Seite 409), sondern auch als Lösungsmittel. Während jedoch Isopropanol unbegrenzt mit Wasser mischbar ist, nimmt die Löslichkeit der Alkanole mit der Länge der Alkankette ab vier Kohlenstoffatomen stark ab (siehe Dokument (D14), die Tabelle auf Seite 546). Dies kann zur Folge haben, dass sich mit dem in der Reaktionsmischung enthaltenden Wasser Mehrphasengemische bilden bzw. dass sich die Löslichkeit der Ausgangsstoffe oder der Endprodukte im Reaktionsgemisch stark ändert, was die Ausbeute beeinflussen kann.
Daher kann nicht davon ausgegangen werden, dass die oben angegebene Aufgabe vom Gegenstand der Ansprüche des Hauptantrags oder des ersten Hilfsantrags in deren vollen Breite gelöst wird.
5.3.3 Es ist nicht ersichtlich, welche andere spezifische Aufgabe vom Gegenstand der Ansprüche des Hauptantrags und des ersten Hilfsantrags gelöst wird. Folglich kann die Aufgabe nur darin gesehen werden, ein alternatives Verfahren bereitzustellen. Die im Patent enthaltenen Beispiele belegen, dass diese Aufgabe gelöst wird.
Bei der Suche nach Alternativen hätte der Fachmann einerseits dazu geneigt, wässrige Lösungen von H2IrCl6 bzw. der Hydrate von IrCl3 oder IrCl4 einzusetzen, da diese Iridiumverbindungen während ihrer Herstellung als wässrige Lösungen anfallen und auch als solche zum fraglichen Zeitpunkt käuflich erhältlich waren (siehe die Dokumente (D18) und (D16)).
Andererseits hätte er Ethanol durch Isopropanol ersetzt, da Isopropanol für vergleichbare Reaktionen gemäß den Dokumenten (D1) und (D6) eingesetzt wurden.
Somit wäre er zum Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags und des ersten Hilfsantrags gelangt. Der Gegenstand dieser Ansprüche beruht daher nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
5.4 Objektive Aufgabe und Lösung / zweiter Hilfsantrag
Gemäß Anspruch 1 dieses Antrags wird als Alkanol Isopropanol eingesetzt, wobei das Volumenverhältnis Isopropanol zu Wasser von 2 : 1 bis 1 : 1 betragen soll.
Dass dieses Volumenverhältnis zu einem spezifischen technischen Effekt beiträgt, hat die Beschwerdeführerin nicht belegt. Ein positiver Effekt des Isopropanols auf die Ausbeute tritt nur auf, wenn das Reaktionsgemisch vor dem Abfiltrieren eingeengt wurde (vergleiche die Beispiele 1 und 2 des Patents und die Beispiele B02 und B03 des Dokuments (D20)). So erhält man gemäß dem Dokument (D20) im Versuch B02 bei der Reaktion in Ethanol/Wasser ohne Einengen eine Ausbeute von 60,36 %, während beim entsprechenden Versuch B03 in Isopropanol/Wasser die Ausbeute ohne Einengen nur 29,8 % beträgt (siehe die oben auf der achten Seite angegebene Ir-Ausbeute für den Versuch B02 und die oben auf der 14. Seite angegebene Ir-Ausbeute für den Versuch B03).
Folglich kann auch in diesem Fall die Aufgabe nur darin gesehen werden, ein alternatives Verfahren bereitzustellen.
Somit lag der Einsatz der Iridiumkomponente als wässrige Lösung und der Ersatz von Ethanol durch Isopropanol im Verfahren gemäß Dokument (D2) nahe aus den oben unter Punkt 5.3.3 genannten Gründen.
Demnach bleibt noch zu ermitteln, ob es dem Fachmann auch nahelag, ein Volumenverhältnis Isopropanol zu Wasser von 2 : 1 bis 1 : 1 einzustellen.
Im nächstliegenden Stand der Technik (D2) ist auf Seite 19 ein konkretes Arbeitsbeispiel offenbart. In diesem werden zwei Volumenteile (34 ml) an 95 %igem Ethanol auf ein Volumenteil (17 ml) Wasser eingesetzt. Aufgrund des 5%igen Wasseranteils im Ethanol liegt hier das Volumenverhältnis Ethanol zu Wasser bei 32,3 ml zu 18,7 ml, nämlich bei 1,7 zu 1. Es lag dem Fachmann nahe, dieses Volumenverhältnis auch bei Verwendung von Isopropanol als Alkohol beizubehalten, und somit innerhalb des im vorliegenden Anspruch 1 genannten Bereichs zu arbeiten.
Daher beruht auch der Gegenstand des Anspruchs 1 des zweiten Hilfsantrags nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
5.5 Objektive Aufgabe und Lösung / dritter Hilfsantrag
5.5.1 Der Anspruch 1 dieses Antrags sieht im Vergleich zu dem des zweiten Hilfsantrags zusätzlich vor, dass "im Schritt c) auf ca. 30 bis 50 % ihres ursprünglichen Volumens eingeengt wird".
5.5.2 Die Beschwerdeführerin war der Ansicht, die Versuche B02 und B03 des Dokuments (D20) zeigten, dass der Gegenstand der Ansprüche dieses Antrags die Aufgabe löse, höhere Ausbeuten am gewünschten Produkt zu erzielen. Die Beschwerdegegnerin verneinte dies, da diese Versuche nicht erfindungsgemäß seien und in ihnen in unterschiedlichem Maße eingeengt worden sei.
5.5.3 Im Versuch B02 wurde das
Hydrat von IrCl3 (18,00 g, entsprechend 9,06 g Ir) in
306 ml Ethanol suspendiert, anschließend
153 ml Wasser und
54 ml cod hinzugefügt und
24 Stunden bei Siedetemperatur gerührt, und schließlich die Reaktionsmischung auf
107 g eingeengt. Die Ir-Ausbeute betrug 71,53 % (siehe die sechste, siebte und neunte Seite des Dokuments (D20)).
Im Versuch B03 wurde das
Hydrat von IrCl3 (19,87 g, entsprechend 10,00 g Ir) in
340 ml Isopropanol suspendiert, anschließend
170 ml Wasser und
60 ml cod hinzugefügt und
24 Stunden bei Siedetemperatur gerührt, und schließlich die Reaktionsmischung auf
120 g eingeengt. Die Ir-Ausbeute betrug 81,7 % (siehe 12., 13., 15. und 16. Seite des Dokuments (D20)).
Folglich unterscheidet sich der Versuch B02 von B03 im Wesentlichen dadurch, dass in ersterem
- nur 90 % der Stoffmengen (IrCl3, Alkanol, Wasser und cod) eingesetzt wurden und entsprechend auf 90 % der Stoffmenge eingeengt wurde, und
- dass im Versuch B02 Ethanol statt Isopropanol als Alkanol eingesetzt wurde.
5.5.4 Dass in den Versuchen B02 und B03 auf unterschiedliche Stoffmengen eingedampft wurde, ist also darauf zurückzuführen, dass der Versuch B02 in etwas kleinerem Maßstab durchgeführt wurde. Weder wurde behauptet, noch erscheint es glaubhaft, dass dieser Unterschied im Maßstab der Reaktion einen merklichen Einfluss auf die Ausbeute haben könne.
Es ist daher offensichtlich, dass die beobachtete Erhöhung der Ausbeute auf den Ersatz von Ethanol durch Isopropanol zurückzuführen ist.
5.5.5 Der Beschwerdegegnerin ist zuzustimmen, dass keines der Versuche B02 und B03 gemäß Anspruch 1 des dritten Hilfsantrags durchgeführt wurde, da die Iridiumkomponente nicht zuerst in Wasser gelöst wurde.
Dieser Unterschied ist, wie die Beschwerdeführerin während der mündlichen Verhandlung selbst vorgebracht hat, ohne Belang, da erst beim Aufheizen des dann ohnehin Wasser enthaltenden Reaktionsgemisches auf Siedetemperatur die Reaktion anspringt (siehe oben unter Punkt IX).
5.5.6 Folglich zeigen die Versuche B02 und B03 des Dokuments (D20), dass der Gegenstand der Ansprüche gegenüber dem im Dokument (D2) offenbarten Verfahren die Aufgabe löst, die Ausbeute am gewünschten Produkt zu erhöhen.
5.5.7 Die Beschwerdegegnerin war der Auffassung, der Fachmann hätte bei der Lösung dieser Aufgabe statt Ethanol Isopropanol verwendet, da gemäß Dokument (D6) Isopropanol ein stärkeres Reduktionsmittel ist als Ethanol und so zu höheren Ausbeuten führe (siehe (D6), Seite 408, dritter Satz unter der Unterschrift "RESULTS AND DISCUSSION").
Der entsprechende Absatz sollte jedoch im Zusammenhang gelesen werden. Hier heißt es wie folgt:
"In the usual synthese of [Ir(cod)Cl]2 (1), yields are probably reduced by the high solubility of 1 in organic solvents. For this reason we have used a substantially higher proportion, both of water and (NH4)2IrCl6, relative to the reducing agent and cod, than previously. We also used the stronger reductant Pr-i-OH rather than the EtOH usually employed. Yields are improved from the usual 45-85% to 90-95%."
Dokument (D6) führt also die geringen Ausbeuten bei den vormals bekannten Verfahren auf die hohen Anteile an Ethanol als organischem Lösungsmittel zurück. Um die Ausbeute zu erhöhen, wird dort mehr Wasser und weniger Alkohol eingesetzt und dies geringere Angebot am als Reduktionsmittel wirkenden Alkohol durch den Ersatz von Ethanol durch das stärkere Reduktionsmittel Isopropanol kompensiert. So werden im experimentellen Teil auf 100 ml Wasser nur 35 ml Isopropanol eingesetzt (siehe die Mitte der Seite 411).
Einerseits führt also die Anwendung dieser Lehre aus dem Dokument (D6) auf das Verfahren gemäß (D2) dazu, im Vergleich zu Wasser nur geringe Mengen an Isopropanol einzusetzen, etwa, wie im konkreten Beispiel, 35 Volumenteile Isopropanol auf 100 Volumenteile Wasser, also in einem Volumenverhältnis Isopropanol zu Wasser von 0,35 : 1. Dies würde den Fachmann von der Lehre der vorliegenden Ansprüche wegführen, die für dieses Volumenverhältnis Werte von 2 : 1 bis 1 : 1 verlangen.
Andererseits hätte der Fachmann bei dem im einzigen relevanten Beispiel des Dokuments (D2) verwendeten hohen Überschuss an Ethanol nicht ohne Weiteres erwarten können, dass der Ersatz von Ethanol durch das stärkere Reduktionsmittel Isopropanol die Ausbeute erhöht (siehe Dokument (D2), Seite 19, erster Satz unter der Überschrift "Procedure"; 2,0 g Iridiumtrichloridhydrat entsprechen etwa 1 g Ir oder 5 mmol; 34 ml 95%igem Ethanol entsprechen etwa 700 mmol Ethanol).
Der Fachmann hätte daher ausgehend vom Dokument (D2) aufgrund der Kenntnis des Dokuments (D6) nicht damit rechnen können, mit den Mitteln der vorliegenden Ansprüche die Ausbeute zu erhöhen.
Der Kammer ist auch kein weiteres Dokument des Standes der Technik bekannt, das ausgehend vom Dokument (D2) den Gegenstand des Anspruchs 1 nahelegen könnte.
5.5.8 Somit beruht der Gegenstand des Anspruchs 1 des dritten Hilfsantrags auf einer erfinderischen Tätigkeit. Gleiches gilt für den Gegenstand der vom Anspruch 1 abhängigen Ansprüche 2 bis 5.
6. Folglich erfüllen die Ansprüche des dritten Hilfsantrages die Erfordernisse des EPÜ.
7. Zurückverweisung zur Anpassung der Beschreibung
Die Ansprüche des dritten Hilfsantrags enthalten mehrere wesentliche Änderungen, die eine sorgfältige Anpassung der Beschreibung erfordern. Bei dieser Anpassung ist zu berücksichtigen, dass in den im Streitpatent enthaltenen Beispielen das Volumenverhältnis von Isopropanol zu Wasser außerhalb dem beanspruchten Bereich liegt.
Die Kammer macht daher von ihrem Ermessen gemäß Artikel 111(1) EPÜ Gebrauch und verweist die Angelegenheit an die erste Instanz zur Anpassung der Beschreibung zurück.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz mit der Anordnung zurückverwiesen, das Patent auf der Grundlage des dritten Hilfsantrags (Ansprüche 1 bis 5), eingereicht mit Schreiben vom 23. Juli 2012, mit einer daran noch anzupassenden Beschreibung aufrechtzuerhalten.