T 0032/15 27-09-2019
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Bioreaktor mit Einmalpumpe
Erfinderische Tätigkeit - (nein)
Beschwerdeentscheidung - Zurückverweisung an die erste Instanz (nein)
Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerden richten sich gegen die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung, zur Post gegeben am 4. November 2014, das europäische Patent Nr. 1 087 010 in geändertem Umfang nach Artikel 101(3) a) und 106 (2) EPÜ aufrechtzuerhalten.
II. Der Einspruch gegen das Patent war auf die Gründe von Artikel 100 (a) i.V.m. Artikel 54 und 56, Artikel 100 (b) und Artikel 100 (c) EPÜ gestützt. Die Einspruchsabteilung war der Auffassung, dass das nach dem Hilfsantrag 2 geänderte Patent und die Erfindung, die es zum Gegenstand hat, den Erfordernissen des EPÜ genügen.
In ihrer Entscheidung hat die Einspruchsabteilung unter anderem die folgenden Entgegenhaltungen berücksichtigt:
E1 JP 61-212275
E8 WO 96/31934
Verweise auf den Text der E1 beziehen sich auf die englische Übersetzung, die mit der Einspruchsschrift eingereicht wurde.
III. Gegen diese Entscheidung hat der Einsprechende als Beschwerdeführer am 22. Dezember 2014 Beschwerde eingelegt und am selben Tag die Beschwerdegebühr entrichtet. Die Beschwerdebegründung wurde am 4. März 2015 eingereicht.
IV. Gegen diese Entscheidung hat auch die Patentinhaberin als Beschwerdeführerin am 9. Januar 2015 Beschwerde eingelegt und am selben Tag die Beschwerdegebühr entrichtet. Die Beschwerdebegründung wurde am 27. Februar 2015 eingereicht.
V. In einer Mitteilung der Beschwerdekammer gemäß Artikel 15(1) VOBK vom 16. Januar 2019 nach erfolgter Ladung zur mündlichen Verhandlung teilte die Kammer den Parteien ihre vorläufige Auffassung zu den Sachfragen mit. Die mündliche Verhandlung fand am 27. September 2019 in Anwesenheit aller am Beschwerdeverfahren beteiligten Parteien statt.
VI. Die Patentinhaberin als Beschwerdeführerin (nachfolgend: Patentinhaberin) beantragt die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung, die Feststellung, dass die Ansprüche gemäß Hauptantrag den Anforderungen des Art 54 EPÜ genügen, und die Zurückverweisung der Sache an die Einspruchsabteilung, hilfsweise (als Hilfsantrag 1a bezeichnet) die Aufrechterhaltung des Patents im Umfang des Hauptantrages, der Hilfsanträge 3a oder 3b, alle eingereicht mit der Beschwerdebegründung, oder einer der Hilfsanträge 1b, 1c, 2a, 2b oder 2c eingereicht mit Schreiben vom 19. Juni 2019.
VII. Der Einsprechende als Beschwerdeführer(nachfolgend: Einsprechende) beantragt die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den vollständigen Widerruf des Patents.
VIII. Anspruch 1 der für diese Entscheidung relevanten Anträge hat folgenden Wortlaut:
Hauptantrag, Hilfsantrag 1a
Der Anspruch 1 ist wie erteilt:
"Bioreaktor mit einem Reaktionsbehälter (62) für ein mit einem Fluid zu beaufschlagendes Gut (C;73) und mit einem antreibbaren Flügelrad (65c) aus Kunststoff, dadurch gekennzeichnet, dass das Flügelrad (65c) innerhalb des Reaktionsbehälters (62) angeordnet ist, um im Reaktionsbehälter eine Strömung zu erzeugen, dass das Flügelrad magnetisch an einen ausserhalb des Reaktionsbehälters angeordneten Antrieb gekoppelt ist, und dass der Reaktionsbehälter sowie das Flügelrad als Einmalprodukt ausgebildet sind."
Hilfsantrag 1b
Wie im Hilfsantrag 1a, jedoch mit folgenden Änderungen (von der Kammer mit Unterstreichung hervorgehoben):
"... mit einem über ein rotierbares Teil (65b) antreibbaren Flügelrad (65c) aus Kunststoff, sowie mit einem ausserhalb des Reaktionsbehälters (62) angeordneten Eisenstator (65a), dadurch gekennzeichnet, ..."
Hilfsantrag 1c
Wie im Hilfsantrag 1b, jedoch mit folgenden Änderungen (von der Kammer mit Unterstreichung hervorgehoben):
"Steril verpackter assemblierter Bioreaktor mit einem Reaktionsbehälter ..."
Hilfsantrag 2a
Wie im Hilfsantrag 1a, jedoch mit folgenden Änderungen (von der Kammer mit Unterstreichung hervorgehoben):
"...dass das Flügelrad (65c) magnetisch mittels eines Permanentmagneten an einen ausserhalb..."
Hilfsantrag 2b
Wie im Hilfsantrag 1b, jedoch mit folgenden Änderungen (von der Kammer mit Unterstreichung hervorgehoben):
"...dass das Flügelrad (65c) magnetisch mittels eines Permanentmagneten an einen ausserhalb..."
Hilfsantrag 2c
Wie im Hilfsantrag 1c, jedoch mit folgenden Änderungen (von der Kammer mit Unterstreichung hervorgehoben):
"...dass das Flügelrad (65c) magnetisch mittels eines Permanentmagneten an einen ausserhalb..."
Hilfsantrag 3a
Wie im Hilfsantrag 1a, jedoch mit folgenden Änderungen (von der Kammer mit Durch- und Unterstreichung hervorgehoben):
"Bioreaktor mit einem Reaktionsbehälter (62) für ein mit einem Fluid zu beaufschlagendes Gut (C;73) und mit einem antreibbaren Flügelrad (65c) aus Kunststoff, [deleted: dadurch gekennzeichnet, dass] wobei das Flügelrad (65c) innerhalb des Reaktionsbehälters (62) angeordnet ist, um im Reaktionsbehälter eine Strömung zu erzeugen, [deleted: dass] wobei das Flügelrad magnetisch an einen ausserhalb des Reaktionsbehälters angeordneten Antrieb gekoppelt ist, und [deleted: dass] wobei der Reaktionsbehälter sowie das Flügelrad als Einmalprodukt ausgebildet sind, dadurch gekennzeichnet, dass das Flügelrad (65c) gegen Kippen passiv magnetisch gelagert ist."
Hilfsantrag 3b
Wie im Hilfsantrag 3a, jedoch mit folgenden Änderungen (von der Kammer mit Unterstreichung hervorgehoben):
"Steril verpackter assemblierter Bioreaktor mit einem Reaktionsbehälter ..."
IX. Die Patentinhaberin hat zu den entscheidungserheblichen Punkten folgendes vorgetragen:
Der Gegenstand von Anspruch 1 aller Anträge beruhe auf erfinderischer Tätigkeit im Lichte des genannten Standes der Technik.
X. Der Einsprechende hat zu den entscheidungserheblichen Punkten folgendes vorgetragen:
Der Gegenstand des unabhängigen Anspruchs 1 aller Anträge werde ausgehend von E1 in Zusammenschau mit dem Fachwissen nahegelegt.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Anwendungsgebiet der Erfindung
Das Streitpatent betrifft einen Bioreaktor mit einem Reaktionsbehälter und mit einem antreibbaren Flügelrad aus Kunststoff, das innerhalb des Reaktionsbehälters angeordnet ist, um dort eine Strömung zu erzeugen. Das Flügelrad ist magnetisch an einen außerhalb des Reaktionsbehälters angeordneten Antrieb gekoppelt. Dadurch, dass der Reaktionsbehälter sowie das Flügelrad als Einmalprodukt ausgebildet sind, kann die Sterilität des Bioreaktors gewährleistet werden, indem die kontaminierbaren Teile nach jeder Anwendung ausgewechselt werden können (Patentschrift, Absätze 9 und 13).
3. Zurückverweisung
3.1 Mit der Beschwerdebegründung beantragt die Patentinhaberin die Feststellung, dass die Ansprüche gemäß Hauptantrag den Anforderungen des Artikels 54 EPÜ genügen und die Zurückverweisung an die Einspruchsabteilung.
3.2 In einer Mitteilung der Beschwerdekammer nach erfolgter Ladung, Abschnitt 3, hat die Kammer zur Zurückverweisung die folgende vorläufige Meinung geäußert:
"3.2 Im vorliegenden Fall hat die Einspruchsabteilung zwar nicht die erfinderische Tätigkeit für den Hauptantrag, wohl aber für den zweiten Hilfsantrag geprüft. Außerdem scheinen weder neue Entgegenhaltungen noch wesentliche Anspruchsänderungen vorzuliegen. Unter diesen Umständen ist die Kammer der Ansicht, dass der Gesichtspunkt der Verfahrensökonomie eine entscheidende Rolle spielt. Daher ist sie dazu geneigt, von ihrer Befugnis nach Art 111 (1) EPÜ Gebrauch zu machen und die Sache nicht an die erste Instanz zurückzuverweisen, sondern selbst über die erfinderische Tätigkeit zu entscheiden."
3.3 Da die Patentinhaberin zu dieser Sichtweise nicht weiter Stellung genommen hat, bestätigte die Kammer ihre Absicht, selbst über die erfinderische Tätigkeit zu entscheiden, Artikel 111(1) EPÜ.
4. Hauptantrag, Hilfsantrag 1a - erfinderische Tätigkeit
Im Einspruch war die erfinderische Tätigkeit im Lichte der E1 angegriffen worden. Die angegriffene Entscheidung bejahte dann die erfinderische Tätigkeit des Hilfsantrags 2 (jetziger Hilfsantrag 3a) gegenüber einer Kombination der Dokumente E1 und E8, siehe Punkt 11.3.5 der Entscheidungsbegründung. Die Kammer gelangte in ihrer Mitteilung zur vorläufigen Auffassung, dass es für den Anspruch 1 (wie erteilt) des Hauptantrags gegenüber E1 an erfinderischer Tätigkeit mangelte. In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer griff die Einsprechende diese Sichtweise für den identischen Anspruch 1 des Hilfsantrags 1a auf.
4.1 Im Hinblick auf den erteilten Anspruch 1 sind die Ausführungsbeispiele nach Figur 1 oder 2 der E1 relevant. Figur 1 offenbart, siehe die Seiten 4 und 5 der englischen Übersetzung, unbestritten einen Bioreaktor mit einem Reaktionsbehälter 10 für ein mit einem Fluid zu beaufschlagendes Gut und mit einem antreibbaren Flügelrad 18, das innerhalb des Reaktionsbehälters 10 angeordnet ist, um im Reaktionsbehälter eine Strömung zu erzeugen. Das offenbarte Flügelrad ist magnetisch an einen außerhalb des Reaktionsbehälters angeordneten Antrieb gekoppelt, da das Flügelrad 18 mit dem rotierbaren Teil 16 verbunden ist. Teil 16 enthält eine Spule, die als Teil eines Elektromotors elektromagnetisch an die außerhalb des Behälters angeordneten Statorspule 14 gekoppelt ist. In Figur 2 ist das Flügelrad 18A über ein rotierbares Teil in Form eines Permanentmagneten 16A an die Statorspule 14A gekoppelt.
4.2 Im Hinblick auf die Offenbarung der E1 bestreitet die Patentinhaberin jedoch, dass der Reaktionsbehälter sowie das Flügelrad als Einmalprodukt ausgebildet sind.
4.2.1 Die Kammer stimmt der Patentinhaberin darin zu, dass ein Einmalprodukt dem Zweck dient, einmalig gebraucht und danach ersetzt zu werden. Diese Auslegung wird durch das Streitpatent bestätigt (Absatz 13: "...muss aber nicht ersetzt werden, sondern nur das wenig aufwändige Pumpengehäuse..."). Ein Einmalprodukt ist folglich als ein Erzeugnis für den einmaligen Gebrauch anzusehen. Nach ständiger Rechsprechung der Beschwerdekammern zu Erzeugnisansprüchen mit Zweckmerkmalen ist die Angabe der Zweckbestimmung (mit Ausnahme der medizinischen Verwendung bekannter Stoffe) nur in dem Sinne als Einschränkung anzusehen, dass der Gegenstand für diesen Zweck geeignet sein muss (RdBK, 9. Auflage 2019, I.C.8.1.5, und insbesondere die darin genannte Entscheidung T 523/89). Bei dieser Auslegung ist ein Einmalprodukt lediglich als zum einmaligen Gebrauch des Produktes geeignet anzusehen. Die Eignung zum einmaligen Gebrauch schließt nicht aus, dass das Produkt danach noch weitere Male verwendet werden kann. Jedoch sind z.B. auf dem Gebiet der Medizinprodukte technische Lösungen bekannt, mittels derer die erneute Verwendung eines Einmalproduktes verhindert werden kann. Da Anspruch 1 unbestritten kein Merkmal enthält, das auf eine Verhinderung der erneuten Benutzung der beiden Einmalprodukte gerichtet ist, teilt die Kammer die Auffassung des Einsprechenden, wonach der Begriff "Einmal" im Merkmal Einmalprodukt sinnleer ist, da er keine Beschränkung des Anspruchsgegenstandes bewirkt.
Die Patentinhaberin hat nicht vorgetragen, dass der in E1 offenbarte Bioreaktor zum einmaligen Gebrauch ungeeignet wäre, und das ist aus Sicht der Kammer auch nicht der Fall. Der Bioreaktor ist nämlich - wie jeder andere Gegenstand auch - zum einmaligen Gebrauch geeignet. Somit nimmt die Offenbarung eines gleichwertigen Bioreaktors in E1, der mitsamt seinem Reaktionsbehälter und Flügelrad als Einmalprodukt verwendet werden kann, die beanspruchte Eignung vorweg, selbst wenn E1 nicht explizit auf einen einmaligen Gebrauch hinweist. Das von der Patentinhaberin aufgestellte Kriterium, wonach ein Einmalprodukt bestimmungsgemäß nur ein einziges Mal benutzt werden dürfe, betrifft keine bauliche Beschränkung des Bioreaktors, sondern einen juristischen Aspekt seiner Verwendung. Im Hinblick auf den beanspruchten Bioreaktor spielt dieser Aspekt keine Rolle, da einzig die technischen Merkmale des Vorrichtungsanspruchs mit ihren baulichen Beschränkungen für die Frage der Neuheit relevant sind.
4.2.2 Die Kammer muss daher nun prüfen, ob das Merkmal Einmalprodukt zu baulichen Beschränkungen des Bioreaktors führt, die nicht aus E1 hervorgehen.
Im Gegensatz zur Sichtweise der Patentinhaberin ist Anspruch 1 des Hilfsantrags 1a nicht auf eine Trennbarkeit sowohl des Behälters als auch des Flügelrads vom Antrieb des Bioreaktors beschränkt, da eine solche Trennbarkeit nicht beansprucht wird. Es ist daher unerheblich, ob aus E1 unmittelbar und eindeutig die Trennbarkeit des Reaktionsbehälters von der Statorspule des Antriebs hervorgeht.
Die behauptete Eignung zur Gamma-Sterilisierung führt ebenfalls zu keiner baulichen Beschränkung des beanspruchten Bioreaktors, da zur Gamma-Sterilisierung ungeeignete Materialien von Anspruch 1 nicht ausgeschlossen werden.
Auch die behauptete Kennzeichnung von Einmalprodukten stellt keine bauliche Beschränkung dar, da Anspruch 1 kein Merkmal enthält, das auf eine solche Kennzeichnung gerichtet ist. Der Verweis auf die Richtlinie 93/42/EWG vom 14. Juni 1993 über Medizinprodukte des Rates der Europäischen Gemeinschaften führt zu keiner anderen Sichtweise. Diese unbestritten öffentlich zugängliche Richtlinie verlangt zwar eine Kennzeichnung eines Medizinprodukts mit der CE-Kennzeichnung, welche im Falle eines Einmalprodukts den Hinweis enthalten muss, dass das Produkt für den einmaligen Gebrauch bestimmt ist (Anhang I II.13.3.f)). Die CE-Kennzeichnung kann jedoch statt auf dem Produkt auch auf dessen sterilem Verpackungsmaterial angebracht werden (Artikel 17(2)). Daher verlangt selbst die Richtlinie 93/42/EWG nicht zwingend, dass ein Einmalprodukt auf dem Produkt selbst gekennzeichnet ist. Die Kammer muss daher nicht klären, ob diese Richtlinie überhaupt auf Bioreaktoren anwendbar ist.
4.2.3 Aus diesen Gründen gelangt die Kammer zum Zwischenergebnis, dass E1 in den Ausführungsbeispielen nach Figur 1 oder 2 jeweils einen als Einmalprodukt ausgebildeten Reaktionsbehälter bzw. ein solches Flügelrad offenbart.
4.3 Im Hinblick auf die Offenbarung der E1 vertritt die Einsprechende die Auffassung, dass dort bereits ein Flügelrad aus Kunststoff offenbart wird. Die Kammer sieht das anders, da lediglich der Magnet des Antriebsrotors mit Kunststoff beschichtet ist (Anspruch 4: "rotor surface is coated with a synthetic resin"). Dagegen enthält E1 keine Informationen zum Material des eigentlichen Flügelrades.
4.4 Folglich unterscheidet sich der Gegenstand von Anspruch 1 des Hilfsantrags 1a von der Offenbarung der E1 darin, dass das Flügelrad aus Kunststoff besteht.
Laut dem Streitpatent liegt dem Unterscheidungsmerkmal Kunststoff die technische Wirkung zugrunde, dass solche Teile mit großer Zuverlässigkeit wirtschaftlich hergestellt werden können (Absatz 12). Deswegen kann nach dem Aufgabe-Lösungs-Ansatz die objektive technische Aufgabe darin gesehen werden, das Flügelrad mit großer Zuverlässigkeit wirtschaftlich herzustellen.
4.5 Die Kammer muss darum nun untersuchen, ob ein Fachmann ausgehend von E1 auf naheliegende Weise zu einem anspruchsgemäßen Flügelrad aus Kunststoff gelangt.
Dem Fachmann sind aus seinem Fachwissen die Vorteile von Kunststoff wie z.B. die weitgehend frei gestaltbare Form eines Bauteils bei Verwendung eines Urformverfahrens wie Spritzgießen bekannt. Auch die Patentinhaberin bestreitet nicht, dass Flügelräder aus Kunststoff bekannt sind, und die Platzierung dieses Merkmals im Oberbegriff von Anspruch 1 scheint das zu bestätigen. Zudem offenbart E1 bereits Kunststoff als mögliches Material für den Reaktionsbehälter (Seite 4, Zeile 14: "synthetic resin"), so dass die Eignung von Kunststoff für den Einsatz in einem Bioreaktor außer Frage steht. Daher wird ein Fachmann durch sein Fachwissen dazu veranlasst, die in den Ausführungsbeispielen nach Figur 1 oder 2 der E1 offenbarten Flügelräder 18 bzw. 18A aus Kunststoff herzustellen.
Der Gegenstand von Anspruch 1 des Hilfsantrags 1a wird somit ausgehend von E1 durch das Fachwissen nahegelegt.
5. Hilfsanträge - erfinderische Tätigkeit
Die Patentinhaberin bestreitet nicht, dass keine Synergie zwischen dem Unterscheidungsmerkmal Kunststoff in Anspruch 1 des Hilfsantrags 1a und den zusätzlichen Merkmalen in den Hilfsanträgen 1b, 1c, 2a bis 2c, 3a oder 3b vorliegt. Auch aus Sicht der Kammer gibt es keine Synergie zwischen diesen Merkmalen, so dass nachfolgend nur die zusätzlichen Merkmale dieser Anträge behandelt werden.
5.1 Das Merkmal "rotierbares Teil" in Anspruch 1 des Hilfsantrags 1b, 1c, 2b oder 2c wird bereits in E1 offenbart, da in Figur 1 die Spule im Rotor 16 bzw. in Figur 2 der Permanentmagnet im Rotor 16A ein rotierbares Teil bildet, welches das Flügelrad 18 bzw. 18A antreibt. Da ein rotierbares Teil folglich kein Unterscheidungsmerkmal gegenüber E1 bilden kann, verändert dieses Merkmal im Vergleich zum Hilfsantrag 1a nicht die Basis für den Aufgabe-Lösungs-Ansatz.
5.2 Im Hinblick auf das Merkmal "mit einem ausserhalb des Reaktionsbehälters angeordneten Eisenstator" in Anspruch 1 des Hilfsantrags 1b, 1c, 2b oder 2c offenbart E1 bereits einen Elektromotor zum Antrieb des Flügelrads. In den Figuren 1 und 2 weist dieser Motor einen Stator 14 bzw. 14A in Form einer Spule auf, die außerhalb des Reaktionsbehälters angeordnet ist. Die Spule ist in den Figuren jeweils mit einem Kern dargestellt, was ein Fachmann aus Sicht der Kammer als Eisenkern, und somit als Eisenstator interpretiert. Zudem wird der Elektromotor in der Beschreibung als "squirrel cage induction motor" bzw. als "permanent magnetic synchronous motor" bezeichnet, siehe Seite 4, Zeilen 18 und 19 sowie Seite 5, Zeile 16. Soweit aber der Fachmann dieses Merkmal nicht als Vorhandsein eines zwingend ferromagnetischen Kerns mitliest, legen diese Motortypen die Verwendung eines Eisenstators dann zumindest nahe.
5.3 Das Merkmal "mittels eines Permanentmagneten" in Anspruch 1 des Hilfsantrags 2a, 2b oder 2c wird bereits in Figur 2 der E1 offenbart, wo der Rotor 16A einen Permanentmagneten enthält. Da ein Permanentmagnet folglich kein Unterscheidungsmerkmal gegenüber E1 bilden kann, verändert dieses Merkmal im Vergleich zum Hilfsantrag 1a nicht die Basis für den Aufgabe-Lösungs-Ansatz.
5.4 Im Hinblick auf die Merkmale "steril verpackter assemblierter [Bioreaktor]" in Anspruch 1 des Hilfsantrags 1c, 2c oder 3b offenbart E1 bereits einen assemblierten Bioreaktor, da die Figuren 1 und 2 keinen Bausatz, sondern einen zusammengebauten Reaktor zeigen. Das zusätzliche Merkmal "steril verpackt" hat laut der Patentschrift die technische Wirkung, dass keine Kontaminationsgefahr besteht (Absatz 52). Deswegen kann nach dem Aufgabe-Lösungs-Ansatz die diesem Merkmal zugrunde liegende objektive technische Aufgabe darin gesehen werden, eine Kontamination zu verhindern. Aus Sicht der Kammer stellt eine sterile Verpackung eine absolut fachübliche Lösung dieser Aufgabe dar, da dem Fachmann aus seiner allgemeinen Lebenserfahrung viele Gegenstände wie z.B. Pflaster, Kanülen oder Spritzen bekannt sind, die zur Verhinderung ihrer Kontamination steril verpackt sind.
5.5 Im Hinblick auf das Merkmal "Flügelrad gegen Kippenpassiv magnetisch gelagert" in Anspruch 1 der Hilfsanträge 3a oder 3b wird eine magnetische Lagerung bereits in E1 offenbart, da die Mitte des magnetischen Statorfeldes höher liegt als die Mitte des Rotorfeldes, so dass der Rotor um den Abstand h nach oben gehoben wird (Seite 5, Zeilen 7 bis 12). Die magnetische Lagerung in E1 bewirkt bereits, dass das Flügelrad gegen Kippen passiv magnetisch gelagert ist, da es sich unbestritten um eine inhärente Eigenschaft der magnetischen Lagerung handelt (Beschwerdebegründung der Patentinhaberin, Brückenabsatz zwischen den Seiten 19 und 20). Wegen seiner offenen Formulierung schließt das Merkmal nicht aus, dass zusätzlich zur magnetischen auch noch eine mechanische Lagerung vorhanden ist. Daher ist es unerheblich, ob das Flügelrad bzw. sein zugehöriges rotierbares Teil in E1 (zusätzlich) mechanisch gelagert ist, falls es die Wand des Reaktionsbehälters berührt. Da das Merkmal "Flügelrad gegen Kippen passiv magnetisch gelagert" folglich kein Unterscheidungsmerkmal gegenüber E1 bilden kann, verändert es im Vergleich zum Hilfsantrag 1a nicht die Basis für den Aufgabe-Lösungs-Ansatz.
5.6 Folglich ist keiner der Hilfsanträge 1b-1c, 2a-2c, 3a oder 3b gewährbar, da Anspruch 1 dieser Anträge durch eine Kombination der E1 mit dem Fachwissen nahegelegt wird.
6. Die Kammer schließt aus den obengenannten Gründen, dass
der Gegenstand von Anspruch 1 jedes der Hilfsanträge 1a, 1b, 1c, 2a, 2b, 2c, 3a und 3b nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht, Artikel 56 EPÜ.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Das europäische Patent wird widerrufen.