T 0241/99 06-12-2001
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Explosionsgeschützte elektrische Sicherheitsbarriere
01: MEASUREMENT TECHNOLOGY LIMITED
02: Pepperl + Fuchs GmbH
Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerden richten sich gegen die Zurückweisung der Einsprüche der beiden Beschwerdeführer (Einsprechende 01 und 02) gegen das europäische Patent Nr. 0 359 912.
II. Einspruchsgründe waren mangelnde Neuheit und mangelnde erfinderische Tätigkeit (Artikel 100 a) EPÜ in Verbindung mit den Artikeln 52 (1), 54 und 56) aller Ansprüche.
III. Der Anspruch 1 des Streitpatents lautet:
"Schaltungsanordnung für eine Sicherheitsbarriere (1) zum Begrenzen von Strom und Spannung an einer in einen explosionsgefährdeten Bereich laufenden Zweidrahtleitung, mit einem zwei Eingangsanschlüsse (3, 4) aufweisenden Eingang (2), an dem eine Spannungsquelle anschließbar ist, einem zwei Ausgangsanschlüsse (22, 23) aufweisenden Ausgang (21), der mit der Zweidrahtleitung verbunden ist, einer an den Eingangsanschlüssen (3, 4) angeschalteten und eine erste Sicherung (9) und eine erste Spannungsbegrenzungseinrichtung (12) enthaltende erste Spannungsbegrenzungsschaltung (10), deren Ausgang mit einer Strombegrenzungsschaltung (15) verbunden ist, über die der Ausgang der Spannungsbegrenzungsschaltung (10) mit den Ausgangsklemmen (22, 23) verbunden ist, wobei zumindest einige Teile der Schaltungsanordnung unzugänglich in einem Gehäuse gekapselt sind, dadurch gekennzeichnet, daß zwischen dem Eingang (2) und der ersten Spannungsbegrenzungsschaltung (10) eine Schaltung aus einer zweiten Sicherung (5, 26, 27) und einer zweiten Spannungsbegrenzungseinrichtung (6), die eine einer Z-Diode ähnliche Characteristik aufweist, liegt, daß die erste Spannungsbegrenzungsschaltung (10) eingangsseitig parallel zu der zweiten Spannungsbegrenzungseinrichtung (6) geschaltet ist und über die zweite Sicherung (5) mit dem Eingang (2) verbunden ist und daß zumindest die zweite Sicherung (5, 26, 27) zugänglich ist."
Ansprüche 2 bis 13 sind vom Anspruch 1 abhängig.
Das Streitpatent wurde im Einspruchsverfahren und im Beschwerdeverfahren nicht geändert.
IV. Folgende Dokumente und Beweisstücke aus dem Einspruchsverfahren sind für das Beschwerdeverfahren noch relevant:
D0: Motorola Zener Diode Handbook Mai 1967, Seiten 7-2, 7-3, 7-6 und 7-7; Figuren 7-2 und 7-5
D1: Schaltplan Nr. 16-76-8a vom 5.2.1980 betreffend Sicherheits-Trennschaltverstärker EKSH-01 und 02
K5: Eidestattliche Versicherung von Herrn Dipl.-Ing. Bihl vom 09.12.1994
K6: Computerausdruck "Verkauf aller EKSH-Teile 1979-1983" des Einsprechenden 02 mit Kundennummern
K8: Computerausdruck einer Kundenliste mit den Kundennummern von K6.
D0 wurde mit dem Einspruchsschriftsatz vom Einsprechenden 01 am 9. Dezember 1994 eingereicht; D1 bis K6 wurden mit dem Einspruchsschriftsatz vom Einsprechenden 02 am 9. Dezember 1994 eingereicht; K8 wurde mit Schreiben vom 13. März 1996 (15 Monate nach Ablauf der Einspruchsfrist) eingereicht.
V. Der Einsprechende 02, nunmehr Beschwerdeführer 02, hat seinen Einspruch bezüglich Anspruch 1 ausschließlich darauf gestützt, daß er vor dem Prioritätsdatum Sicherheitsbarrieren gemäß dem Streitpatent gebaut, feilgeboten und verkauft habe (in dem Einspruchs- und Beschwerdeverfahren auch als offenkundige Vorbenutzung bezeichnet).
VI. Der Einsprechende 01 hat seinen Einspruch auf eine (andere) behauptete offenkundige Vorbenutzung und auf verschiedene druckschriftliche Veröffentlichungen gestützt, hat sich aber im Beschwerdeverfahren im wesentlichen auf D0 und die vom Einsprechenden 02 behauptete Zugänglichmachung der Geräte nach D1 durch Verkauf ohne Verpflichtung zur Geheimhaltung berufen.
VII. In einem Bescheid als Anlage zur Ladung zur mündlichen Verhandlung teilte die Kammer den Parteien mit, daß als erstes die Frage der Zulässigkeit des Einspruchs des Einsprechenden 02 zu klären sein werde, da die Kammer nicht davon überzeugt sei, daß die mit der Einspruchschrift eingereichte, mit firmeninternen Kundennummern versehene und nach dem Prioritätsdatum erstellte Computerliste (Anlage K6) die Erfordernisse der Regel 55 c) EPÜ erfülle, was die Angabe der zur Begründung vorgebrachten Tatsachen und Beweismittel, insbesondere die Angabe der Umstände der angeblichen Vorbenutzung betreffe.
VIII. Der Beschwerdeführer 01 nahm dazu keine Stellung, teilte aber der Kammer mit, daß er zu der anberaumten Verhandlung nicht erscheinen werde.
IX. Eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer, der der Beschwerdeführer 01 wie angekündigt fernblieb, fand am 6. Dezember 2001 statt.
X. Die vom Beschwerdeführer 02 vorgebrachten Argumente zur Frage der Zulässigkeit seines Einspruchs lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Die Erfordernisse der Regel 55 c) EPÜ, insbesondere in Bezug auf die Angabe der zur Begründung vorgebrachten Tatsachen und Beweismittel seien erfüllt worden, da die Tatsachen und Beweismittel in dem rechtzeitig am 9. Dezember 1994 eingegangenen Einspruchsschriftsatz ausreichend angegeben worden seien. Dieser habe die Umstände der Zugänglichmachung des Gegenstands des Anspruchs 1 des Streitpatents durch den Verkauf einer Vielzahl von Sicherheitsbarrieren gemäß Schaltplan D1 ausreichend substantiiert und entsprechende Beweise genannt, nämlich den Computerausdruck K6, die eidesstattliche Versicherung K5 von Herrn Bihl und das Zeugenangebot der Herren Bihl und Bahr zum Beweis der Richtigkeit des Computerausdrucks K6. Diese Tatsachen und Beweismittel seien in ihrem Gesamtzusammenhang zu betrachten, wie er sich aus der eidesstattlichen Versicherung K5, Absatz Nr. 3, deutlich ergebe, wo ausgeführt werde:
"Von den Sicherheits-Trennschaltverstärkern Typ EKSH-01/02 hat die Einsprechende gemäß der eingereichten Anlage K6 allein zwischen dem 14.11.1980 und dem 4.5.1983 164 Stück Typ EKSH-01 sowie über 1 000 Stück EKSH-02 an eine Vielzahl von verschiedenen Kunden verkauft. Der hierzu eingereichte Computerausdruck, Anlage K6, beinhaltet die über den Sicherheits-Trennschaltverstärker Typ EKSH-01/02 gespeicherten kaufmännischen Unterlagen, die noch vorhanden sind.
Die genannten Verkäufe in den Jahren 1980 bis 1983 erfolgten entweder durch die Einsprechende direkt oder über die Vertretungen der Einsprechenden im Inland und im Ausland. Im Inland besaß die Einsprechende 1983 neun Vertretungsgebiete; im europäischen Ausland war die Einsprechende 1983 in den Beneluxstaaten, Dänemark, England, Finnland, Frankreich, Italien, Norwegen, Österreich, Schweden und die Schweiz vertreten. Da die Verkaufsvorfälle älter als zehn Jahre sind, sind höchstwahrscheinlich weitere Verkaufsunterlagen nicht mehr vorhanden."
Damit seien die klassischen fünf W-Fragen (Was?, Wann?, Wo?, Wie?, An Wen?) den Umständen entsprechend hinreichend beantwortet worden: Was? - durch den Schaltplan D1; Wann? - 14. November 1980 bis 20. Dezember 1983; Wo? - im Inland und im Ausland; Wie? - Verkauf ohne Verpflichtung zur Geheimhaltung; An Wen? - an eine Vielzahl von Kunden.
Es gehe hier nicht um einen Verkauf an einen einzelnen Kunden, wo die Angabe des Namens der spezifischen Person zum Beweis unabdingbar wäre. Die Situation sei eher vergleichbar mit dem Verkauf über die Theke, wo die Identität der einzelnen Kunden weder bekannt, noch für den Beweis einer Vielzahl von Verkäufen anzugeben sei. Die Aussage eines Geschäftsführers (Herr Bihl in K5) betreffend den Verkauf von über Tausend Stück könne kaum bestritten werden und sei eine ausreichende Angabe zu den Umständen der Verkäufe.
Es dürfe nicht zum Prinzip erhoben werden, daß bei Zugänglichmachung durch Verkauf die Kundennamen immer im Einspruchsschriftsatz zu nennen seien. Der Einsprechende könnte zum Beispiel ein berechtigtes Interesse daran haben, die Kundennamen nicht preiszugeben. Es müsse möglich sein, den Verkauf durch andere gleichwertige Umstandsangaben hinreichend glaubhaft zu machen.
Im vorliegendem Fall habe der Einsprechende nicht versucht, absichtlich die Kundennamen zu verheimlichen; mit der späteren Einreichung der Anlage K8 seien elf Kunden namentlich genannt worden, deren Nummern mit den Angaben in K6 übereinstimmten. Das Dokument K8 sei zu Recht von der Einspruchsabteilung zugelassen worden und sollte auch von der Kammer bei der Beurteilung der Zulässigkeit des Einspruchs berücksichtigt werden.
Das Erfordernis der Regel 55 c) EPÜ bezüglich der Angabe von Tatsachen und Beweismitteln verlange nicht, daß schon allein auf der Basis dieser Angaben eine abschließende Prüfung möglich sei; siehe die unveröffentlichte Entscheidung T 1069/96, Punkt 2.3.2.
Herr Bihl sei als Zeuge angeboten worden und hätte zu Unklarheiten im Zusammenhang mit den Verkäufen befragt werden können. Falls der Einspruch als unzulässig zurückgewiesen werde, würde der Einsprechenden 02 dieser Zeugenbeweis abgeschnitten.
XI. Die vom Beschwerdegegner vorgebrachten Argumente zur Frage der Zulässigkeit des Einspruchs des Einsprechenden 02 und in der Sache zum Einspruch des Einsprechenden 01 lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Die Erfordernisse der Regel 55 c) EPÜ seien vor dem Ablauf der neunmonatigen Einspruchsfrist zu erfüllen und alles was nachher eingereicht worden sei - u. a. die Liste K8 mit den Kundennamen - könne bei der Beurteilung der Zulässigkeit des Einspruchs nicht berücksichtigt werden.
Der Sachvortrag im Einspruchsschriftsatz zur angeblichen offenkundigen Vorbenutzung sei unzureichend, da dieser keine Angaben enthalte über Beweismittel zur Glaubhaftmachung der behaupteten Tatsachen, wie beispielsweise Verkaufskataloge, Lieferscheine, Namen und Anschriften von Kunden bzw. Zeugen; siehe T 328/87, Punkt 3.3.3.
Es sei ein anerkanntes Prinzip in der Rechtsprechung, daß an das Vorbringen offenkundiger Vorbenutzung sehr hohe Anforderungen zu stellen seien, um die Chancengleichheit der Parteien zu wahren, insbesondere wenn alle Beweismittel in den Händen des Einsprechenden liegen. Daher seien alle Umstände der Vorbenutzung (Was?, Wann?, Wo?, Wie?, An Wen?) in der Einspruchsschrift lückenlos anzugeben; siehe T 472/92, Punkt 3.1.
Die Angaben im vorliegenden Fall genügten diesen Erfordernissen nicht. Insbesondere das Zeugenangebot von Herrn Bihl reiche nicht aus, da nicht angegeben war, inwiefern er über persönliches direktes Wissen in Bezug auf die Verkäufe verfüge. Ein solches Detailwissen sei von einem Geschäftsführer auch nicht zu erwarten. In seiner eidesstattlichen Versicherung habe Herr Bihl selbst bestätigt, daß er die Kunden nicht kenne, indem er darauf hingewiesen habe, weitere Unterlagen dazu seien nicht vorhanden.
Der Computerausdruck K6 sei erst lange nach den angeblichen Verkäufen erstellt worden und sei daher kein geeignetes Beweismittel, insbesondere kein Ersatz für direkte Nachweise, wie Lieferscheine oder Rechnungen.
Die eidesstattliche Versicherung sei die schwächste Form des Beweises; die darin enthaltenen Behauptungen würden vom Beschwerdegegner mit Nichtwissen bestritten.
Der Vergleich mit einem Verkauf über die Theke an unbekannte Kunden, wo als einziger Zeuge der Verkäufer in Frage komme, sei fehl am Platz. Es handele sich im vorliegenden Fall nicht um eine Massenware, sondern um Einzelgeräte, für die der Verkäufer eine Haftung für die Sicherheit übernehmen müsse. Um Verkäufe dieser Art nachzuweisen, sei die Nennung von Käufern schon deshalb erforderlich, um der Gegenpartei eine Möglichkeit zur Überprüfung dieser Behauptungen zu geben.
Betreffend die Argumentation des Einsprechenden 01 in der (technischen) Sache verweise der Beschwerdegegner auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung, denen er nichts hinzuzufügen habe.
XII. Im schriftlichen Verfahren vor der Beschwerdekammer hat sich der Beschwerdeführer 01 im wesentlichen auf den Hinweis beschränkt, daß er der Argumentation der Einspruchsabteilung in der angefochtenen Entscheidung nicht zustimme.
XIII. Beide Beschwerdeführer beantragen, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Streitpatent zu widerrufen.
XIV. Der Beschwerdegegner beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerden sind zulässig.
2. Als erstes ist die Frage zu klären, ob der Einspruch des Einsprechenden 02 zulässig war. Diese Frage ist von der Kammer als prozessuale Voraussetzung für die Verfahrensstellung des Einsprechenden 02 im Beschwerdeverfahren von Amtes wegen zu prüfen.
3. Strittig in diesem Fall ist die Frage, ob der Einspruch des Einsprechenden 02 die Erfordernisse des Artikels 99. (1) EPÜ in Verbindung mit den Regeln 56 (1) und 55 c) EPÜ, letzter Halbsatz, (Angabe der zur Begründung des Einspruchs vorgebrachten Tatsachen und Beweismittel) erfüllt.
4. Der genannte Einspruch stützt sich auf den Einspruchsgrund nach Artikel 100 a) EPÜ wegen angeblicher offenkundiger Vorbenutzung, nämlich Zugänglichmachung durch Verkauf ohne Verpflichtung zur Geheimhaltung, eines Geräts, das die beanspruchte Erfindung neuheitsschädlich vorwegnehmen soll.
4.1. Wie der beschwerdeführende Einsprechende 02 zutreffend anmerkt, reicht nach der Rechtsprechung ein einziger bewiesener Verkauf dieser Art aus, um den verkauften Gegenstand der Öffentlichkeit zugänglich zu machen; T 482/89 Power supply unit/Telemechanique ABl. EPA 1992, 646 (Leitsatz III und Punkt 3).
In einem solchen Fall wären die Erfordernisse der Regel 55 c) EPÜ nach Ansicht der Kammer jedoch nur erfüllt, wenn innerhalb der Einspruchsfrist der Name und die Anschrift des einzigen Käufers genannt würden. Dabei sieht die Kammer keinen Unterschied zwischen der Angabe "Kunde X" und dem Fehlen jeglicher Angabe zum Käufer.
4.2. Der Beschwerdeführer 02 betont aber, die Sache sei anders zu beurteilen, wenn es, wie im vorliegendem Fall, um Verkäufe an eine Mehrzahl von Kunden gehe. Unbestreitbar sind Verkäufe am Marktplatz oder Verkäufe über die Theke in Bezug auf die zu erwartenden Angaben von Tatsachen und Beweismitteln anders einzustufen als der Fall des einzigen Verkaufs; der vorliegende Fall gehört aber nach der Beurteilung der Kammer nicht zu dieser Gattung des Verkaufs von Massenware an anonyme Kunden. Die Angaben im Einspruchsschriftsatz des Einsprechenden 02 geben jedenfalls keinen Anhaltspunkt für das Vorliegen einer solchen Fallgestaltung.
Die im vorliegenden Fall zu beantwortende Frage lautet eher: reicht bei einem behaupteten Verkauf an eine kleine geschlossene Kundengruppe die Angabe der Käufer in der Form "Kunden X, Y, Z..." aus? Die Kammer vermag dabei keinen prinzipiellen Unterschied zu sehen zu dem oben (Ziff. 4.1) erwähnten Fall eines einzigen Verkaufs an einen ungenannten einzigen Kunden. Die in dem Computerausdruck K6 enthaltene verschlüsselte Angabe der Kunden (Liste von Kundennummern) ist daher im Ergebnis nicht als Angabe zur Identität der Kunden zu werten.
4.3. Der Beschwerdeführer 02 argumentiert in diesem Zusammenhang, K6 stelle trotzdem eine nachvollziehbare Angabe zu Verkäufen im beträchtlichen Umfang in den Jahren 1979 bis 1983 dar. Dies reiche zusammen mit dem Angebot des Zeugen Herrn Bihl aus zur näheren Erläuterung des Inhalts von K6. Jedenfalls seien damit die Erfordernisse der Regel 55 c) EPÜ, letzter Halbsatz, erfüllt. Dies vermag die Kammer nicht zu überzeugen, da aus dem Einspruchsschriftsatz nicht eindeutig hervorgeht, inwiefern Herr Bihl ein unmittelbares persönliches Wissen über die Umstände der Verkäufe in den Jahren 1979 bis 1983 hat.
In Ziff. 4 des Einspruchsschriftsatzes wird hierzu folgendes ausgeführt:
"Von den Sicherheits-Trennschalterverstärkern Typ EKSH-01/02 hat die Einsprechende allein zwischen dem 14.11.1980. und dem 4.5.1983 164 Stück Typ EKSH-01 sowie über 1 000 Stück EKSH-02 an eine Vielzahl von Kunden verkauft. Es wird dazu ein Computerausdruck des Verkaufs aller ESH(sic!)-Teile in den Jahren 1979 bis 1983 in Kopie als
- Anlage K6, dreifach,
eingereicht, aus der die Kundennummern, die Auftragsnummern, die Liefermengen, das Verkaufsdatum und die Teilbezeichnung hervorgehen. Zum Beweis der Richtigkeit dieses Ausdrucks wird die Zeugenvernehmung der Herren Dieter Bihl und Bernd Bahr, Mitarbeiter der Einsprechenden, angeboten. Herr Bahr hat diesen Ausdruck aus den im Computer gespeicherten kaufmännischen Unterlagen erstellt. Ebenso wird hierzu auf die eidesstattliche Versicherung, K5, von Herrn Dipl.-Ing. Bihl verwiesen."
Das Angebot zweier Zeugen "zum Beweis der Richtigkeit dieses Ausdrucks" stellt nur in Aussicht, daß diese zu den Umständen der Erstellung des Computerausdrucks K6 im November 1994 aussagen könnten. Bei der Auslegung eines solchen Beweisangebotes in einem Einspruchsschriftsatz ist davon auszugehen, daß es die besten dem Einsprechenden zur Verfügung stehenden Beweismittel umfaßt. Da im Interesse der Rechtssicherheit die Zulässigkeit eines Einspruchs auf Grund der Aktenlage am Ende der neunmonatigen Einspruchsfrist entscheidbar sein soll, darf dem Patentinhaber bzw. der Einspruchsabteilung nicht zugemutet werden, daß ein angebotener Zeuge erst vernommen werden muß, um herauszufinden, ob er aus eigenem Wissen überhaupt etwas zu den Verkaufsumständen aussagen kann. Das vorliegende Zeugenangebot ließ dies jedenfalls nicht erkennen, selbst wenn Herr Bihl objektiv solches direktes Wissen gehabt hätte, was somit offen bleiben kann.
Daher enthält der Einspruchsschriftsatz nach der Beurteilung der Kammer weder ausreichende Angaben zu bestimmten Kunden, noch ausreichende Angaben von Beweismitteln, die nachvollziehbar geeignet wären, den Tatbestand eines offenen (frei von Verpflichtung zur Geheimhaltung erfolgten) Verkaufs an eine Vielzahl von unbestimmten Kunden zu belegen. Damit sind die Erfordernisse der Regel 55 c) EPÜ, letzter Halbsatz, nicht erfüllt und der Einspruch des Einsprechenden 02 ist als unzulässig zu verwerfen.
5. Betreffend den Einspruch des Einsprechenden 01 schließt sich die Kammer den Argumenten der angefochtenen Entscheidung an.
Unter Berücksichtigung des aktenkundigen und zu berücksichtigenden Standes der Technik beruht der Patentgegenstand daher auch nach der Beurteilung der Kammer auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ. Das Streitpatent hat mithin in der erteilten Fassung Bestand.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Der Einspruch des Einsprechenden 02 wird als unzulässig verworfen.
2. Die Beschwerden werden zurückgewiesen.