Pressemitteilung | 6.11.2018
München, 9. November 2018 - Die Innovationen bei den selbstfahrenden Fahrzeugen schreiten rapide voran: Das zeigen aktuelle Patentstatistiken, die damit möglicherweise auf einen bevorstehenden, bedeutenden Wandel im Transportsektor hindeuten. Im Bereich des automatisierten Fahrens ist die Zahl der europäischen Patentanmeldungen in den letzten Jahren zwanzigmal schneller gestiegen als auf anderen technischen Gebieten. Zu diesen Ergebnissen kam eine Studie vom Europäischen Patentamt (EPA), die in Zusammenarbeit mit dem European Council for Automotive R&D (EUCAR) durchgeführt wurde.
Zwischen 2011 und 2017 stiegen danach die Patentanmeldungen beim EPA rund um das automatisierte Fahren um 330 Prozent. Das technologieübergreifende Wachstum betrug im selben Zeitraum gerade einmal 16 Prozent, so die Studie mit dem Titel "Patents and self-driving vehicles". Überdies gingen in den letzten zehn Jahren beim EPA rund 18 000 Patentanmeldungen im Zusammenhang mit selbstfahrenden Fahrzeugen ein, fast 4 000 davon allein in 2017.
Weiterhin zeigte sich, dass in diesem Bereich die Hälfte der 25 aktivsten Anmelder beim EPA, darunter auch die vier Spitzenreiter, nicht aus der klassischen Automobil- und Transportbranche stammen, sondern der Informations- und Kommunikationstechnik (IKT) zuzuordnen sind.
"Diese Studie liefert ein umfassendes Bild der Trends bei Technologien für automatisiertes Fahren, welche sich in den Patenten widerspiegeln", sagte EPA-Präsident António Campinos. "Die Automobil- und die Digitaltechnologie sind traditionell sehr innovative Sektoren. Der Bericht zeigt, dass es einen Bereich gibt, in dem sich beide überschneiden und der sich durch signifikante Veränderungen auszeichnet. Da die Patentanmeldung vor der Markteinführung eines Produktes steht, bieten Informationen aus Patentdokumenten einmalige Erkenntnisse darüber, wohin sich eine Technologie bewegt und welche Unternehmen und Länder darin führend sind." Er fügte hinzu: "Europa ist laut der Studie bei den Schlüsseltechnologien für selbstfahrende Fahrzeuge gut aufgestellt."
Klicken zum Vergrössern: Patentanmeldungen beim EPA für automatisiertes Fahren nach Teilbereichen 2011 - 2017
Mit der Sachkenntnis seiner Patentprüfer und -prüferinnen sowie modernsten Recherchetools hat das EPA alle bis Ende 2017 eingereichten europäischen Patentanmeldungen zu selbstfahrenden Fahrzeugen ermittelt und aufgeschlüsselt. Diese 18 000 Anmeldungen sind die Grundlage für die Herausbildung eines neuen Erfindungstyps, der Merkmale von IKT und herkömmlicher Automobiltechnik vereint. Zur Analyse wurden die Patentanmeldungen in zwei große technische Gebiete unterteilt: Zum einen in automatisierte Fahrzeugplattformen, die im Fahrzeug selbst verankerte Technologien umfassen. Das sind Erfindungen, die Fahrzeuge zu autonomen Entscheidungen befähigen (Wahrnehmung, Analyse und Entscheidung), Erfindungen zu den automatisierten Komponenten des Fahrzeugs (Fahrverhalten) und Erfindungen bezüglich der zugrunde liegenden Hardware- und Softwaretechnik (Informatik). Zum anderen: Smarte Umgebungen als Oberbegriff für Technologien, die selbstfahrende Fahrzeuge zur Interaktion miteinander und mit ihrer Umgebung befähigen. Hierunter fallen Erfindungen bei Fahrzeugkonnektivität und der zugehörigen Infrastruktur (Kommunikation) sowie Entwicklungen in den Bereichen Verkehrsmanagement, Fahrzeugidentifizierung, automatisiertes Parken und Schnittstellen zwischen Fahrzeug und Stromnetz (Smarte Logistik).
Die Erfindungen rund um das automatisierte Fahren stammen von Hunderten verschiedener Unternehmen aus breitgefächerten Branchen. Die Studie zeigt, dass zwischen 2011 und 2017 nahezu 50 Prozent der Anmeldungen, die von den 500 aktivsten Anmeldern beim EPA eingereicht wurden, von Unternehmen stammen, die in der Analyse in folgende Kategorien eingeordnet wurden: "Automobilindustrie" (29,3 Prozent), "Transport, sonstige" (7,7 Prozent) oder "Maschinenbau/Elektrotechnik" (12,1 Prozent). Diese Firmen nehmen im Bereich Fahrverhalten eine deutliche Führungsposition ein und sind in den Bereichen Smarte Logistik, Wahrnehmung, Analyse und Entscheidung sowie Informatik stark vertreten. Unternehmen, die auf Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT für Automobilindustrie) sowie Telekommunikation spezialisiert sind, reichten 32,8 Prozent bzw. 13,6 Prozent der Anmeldungen für automatisiertes Fahren beim EPA ein.
Klicken zum Vergrössern: Aufschlüsselung der beim EPA von den 500 führenden Anmeldern eingereichten Patentanmledungen für automatisiertes Fahren nach Branchen 2011-2017
Die regionale Aufschlüsselung zeigt, dass Europa und die USA an der Spitze bei den Innovationen stehen: Seit 2011 geht jeweils ein Drittel aller Patentanmeldungen beim EPA im Bereich des automatisierten Fahrens auf ihr Konto (rund 1 400 Anmeldungen allein 2017). Damit liegen sie weit vor Japan (13 Prozent), Korea (7 Prozent) und China (3 Prozent). Europäische Unternehmen sind führend auf den Gebieten Fahrverhalten, Smarte Logistik sowie Wahrnehmung, Analyse und Entscheidung. US-Anmelder dominieren dagegen in Kommunikation und Informatik. Innerhalb Europas wird die Innovation beim automatisierten Fahren vor allem von Deutschland vorangetrieben. In den Jahren 2011 - 2017 kamen 14,4 Prozent aller Patentanmeldungen in diesem Sektor (mehr als 500 Anmeldungen allein in 2017) aus der Bundesrepublik. Doch auch Frankreich (4,8 Prozent) und Schweden (4,7 Prozent) sowie in geringerem Umfang das Vereinigte Königreich (2,9 Prozent) und die Niederlande (2,8 Prozent) zeigen signifikante innovative Leistungen.
Klicken zum Vergrössern: Geografische verteilung der Patentanmeldungen beim EPA für automatisiertes Fahren 2011-2017
Patente spielen eine wichtige Rolle bei der Entwicklung des automatisierten Fahrens. Sie sichern die Umsetzung und Vermarktung von Erfindungen und sind entscheidend für den Aufbau neuer Lizenzvereinbarungen und Kooperationen zwischen Spezialisten auf unterschiedlichen technischen Gebieten. Die Studie zeigt, dass sich die Patentstrategien bei selbstfahrenden Fahrzeugen stärker an jenen des IKT-Sektors orientieren als an den Strategien der traditionellen Automobilindustrie. Die Anmelder streben breiten Schutz mit erheblich größeren "Patentfamilien" an. Zudem wird Patentschutz häufiger über den regionalen (EPA) oder den internationalen Weg (Patentkooperationsvertrag, PCT) gesucht und durchschnittlich in einer größeren Anzahl von Staaten beantragt. Dies legt nahe, dass breiter internationaler Schutz auf dem Markt für automatisiertes Fahren noch wichtiger ist als in anderen Bereichen.
Mit fast 7 000 Mitarbeitern ist das Europäische Patentamt (EPA) eine der größten Behörden in Europa. Das EPA, das seinen Hauptsitz in München sowie Niederlassungen in Berlin, Brüssel, Den Haag und Wien hat, wurde mit dem Ziel gegründet, die Zusammenarbeit zwischen den Staaten Europas auf dem Gebiet des Patentwesens zu stärken. Dank des zentralisierten Verfahrens vor dem EPA können Erfinder hochwertigen Patentschutz in bis zu 44 Staaten erlangen, die zusammen einen Markt von rund 700 Millionen Menschen umfassen. Das EPA ist außerdem weltweit führend in den Bereichen Patentinformation und Patentrecherche.
Jana Mittermaier
Direktorin Externe
Kommunikation
Rainer Osterwalder
Pressesprecher
Pressestelle des EPA
Tel: +49 (0)89 2399 1820
Mobil: +49 163 8399527
press@epo.org
Tel.: + 49 (0)89 2399 1833 E-Mail: press@epo.org Rückruf anfordern Weitere Kontaktdaten
Wir verwenden auf unserer Website Cookies, die technische Funktionen für ein verbessertes Nutzererlebnis unterstützen. Außerdem nutzen wir Webanalyse-Cookies. Erfahren Sie mehr über die von uns verwendeten Cookies und wie Sie sie verwalten können. |