Neue Studie zeigt: Startups mit Patent- und Markenrechten sind zehn Mal erfolgreicher bei der Beschaffung von Finanzmitteln
- Der Besitz von geistigen Eigentumsrechten (Intellectual Property – IP) machen es Startups leichter, sich Finanzierungen zu sichern, vor allem in Hightech-Branchen mit höherem Kapitalbedarf
- Biotechnologieunternehmen sind führend bei der Nutzung von Patenten und Marken: Fast jedes zweite Startup in diesem Sektor erwirbt diese Rechte an
- Vor allem in Deutschland, Österreich, Frankreich, Italien, Finnland, der Schweiz und der Tschechischen Republik melden immer mehr Startups Patente und Marken an
München, 17. Oktober 2023 – Eine neue Studie des Europäischen Patentamts (EPA) und des Amts der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EU-Markenamt, EUIPO) zeigt, wie sehr Patent- und Markenrechte den wirtschaftlichen Erfolg europäischer Startups beeinflussen können. Dem Bericht zufolge ist es für Startups, die in der Gründungs- oder der frühen Wachstumsphase über solche Rechte verfügen, durchschnittlich über 10,2 mal wahrscheinlicher, sich eine Finanzierung zu sichern
Durchschnittlich haben 29 Prozent der europäischen Startups geistige Eigentumsrechte angemeldet, wobei es große Unterschiede zwischen den einzelnen Branchen gibt. Der Biotechnologie-Sektor macht von diesen Schutzrechten am häufigsten Gebrauch. Fast die Hälfte der neugegründeten Unternehmen verfügt über Patente oder Marken. Weitere schutzrechtsintensive Felder sind Wissenschaft und Technik (25 Prozent der Patentnutzer, 38 Prozent der Markennutzer), das Gesundheitswesen (20 Prozent der Patentnutzer, 40 Prozent der Markennutzer) und das verarbeitende Gewerbe (20 Prozent der Patentnutzer, 36 Prozent der Markennutzer).
Noch deutlicher wird der Vorteil von europäischen Patenten und Marken: Die Wahrscheinlichkeit, in der Frühphase eine Finanzierung zu erhalten, ist mehr als fünfmal so hoch im Vergleich zu rein nationalen Rechten an geistigem Eigentum – 6,1 mal häufiger bei Marken und 5,3 mal häufiger bei Patenten. Davon können so genannte "Deep-Tech"-Startups besonders profitieren, denn die Entwicklung bahnbrechender Technologien erfordert oftmals hohe Investitionen und lange Vorlaufzeiten – so können die Unternehmen Patente und Marken nutzen, um "geduldige" Investoren anzuziehen.
Der Präsident des Europäischen Patentamts, António Campinos, sagt: "Startups sind dynamische Katalysatoren für Innovation und wirtschaftliches Wachstum. Sie haben das Potenzial, neue Lösungen zu entwickeln, mit denen wir die drängendsten Herausforderungen unserer Gesellschaft angehen können und die eine nachhaltigere Zukunft ermöglichen. Wir müssen also Wege finden, um unsere Startups zu unterstützen. In diesem Jahr hat das EPA mit der Einführung des Einheitspatents einen wichtigen Schritt gemacht. Mit dem EPO Deep Tech Finder wird unsere neue Beobachtungsstelle für Patente und Technologie nun ein wegweisendes Instrument einführen: Damit können potenzielle Investoren Start-ups mit bahnbrechenden oder vielversprechenden neuen Technologien identifizieren und bewerten. Wir bringen die kreativen Köpfe mit denjenigen zusammen, die über Mittel verfügen, um den Innovationsmotor am Laufen zu halten. Das könnte ein Gewinn für alle sein.“
Der Exekutivdirektor des Amtes der Europäischen Union für geistiges Eigentum, João Negrão, sagt: "Immaterielle Vermögenswerte machen heute den größten Teil des Wertes eines Unternehmens aus. Formale Rechte an geistigem Eigentum, wie beispielsweise Marken, sind nicht nur ein rechtlicher Schutz für Investitionen in immaterielle Vermögenswerte, sondern auch der Schlüssel zu Finanzierungen und Kooperationen. Dies ist besonders wichtig für neu gegründete, innovative Unternehmen, die in der Regel in der Anfangsphase außer ihrem geistigen Kapital nur wenige Vermögenswerte besitzen. Die aktuelle Studie zeigt, dass 27 Prozent der untersuchten Startups eine Marke angemeldet haben – mehr als jedes andere Schutzrecht. Deshalb ist die Unterstützung, die wir ihnen geben können, so wichtig: einerseits, um den ersten Schritt zu tun und ihr Recht auf geistiges Eigentum anzumelden. Hier ist der KMU-Fonds der EU-Kommission, der vom EUIPO zusammen mit den nationalen und regionalen Ämtern für geistiges Eigentum der EU umgesetzt wird, ein wichtiger Baustein. Andererseits geht es im weiteren Verlauf um Initiativen wie die Bewertung von geistigem Eigentum und die Durchsetzung von IP-Scans. Wir sehen jedoch, dass Europa bei der Finanzierung von Unternehmensgründungen hinter anderen Regionen in der Welt zurückbleibt. Deswegen müssen wir unsere Anstrengungen verstärken, um das geistige Eigentum als Instrument für den Zugang zu Finanzmitteln, Wachstum und nachhaltiger Entwicklung für Unternehmen in der EU insbesondere für KMU zu fördern, damit unsere innovativen Startups florieren können."
Besitz von geistigem Eigentum in den verschiedenen Ländern
Bei der Nutzung von geistigen Eigentumsrechten gibt es erhebliche Unterschiede zwischen den europäischen Ländern, wie die Studie zeigt. Finnland und Frankreich weisen mit jeweils 42 Prozent den höchsten Prozentsatz an Startups auf, die ein Schutzrecht angemeldet haben. Startups in Deutschland (40 Prozent), Österreich (40 Prozent), Italien (39 Prozent), Norwegen (37 Prozent), Schweden (34 Prozent), Dänemark (34 Prozent), der Schweiz (32 Prozent) und der Tschechischen Republik (31 Prozent) melden im Schnitt mehr Schutzrechte an. Unternehmen aus diesen Ländern melden auch am häufigsten Marken und Patente an und bündeln diese beiden Schutzrechte. Dies gilt insbesondere für Startups aus Österreich, der Schweiz, Frankreich und den nordischen Ländern.
Geistige Eigentumsrechte in verschiedenen Branchen
Nach Branchen betrachtet ist die Biotechnologie das Segment, in dem Patente und Marken am intensivsten genutzt werden: Fast die Hälfte der europäischen Biotech-Startups meldet eines oder beide Schutzrechte an – 48 Prozent der Startups in diesem Bereich haben ein Patent angemeldet, 47 Prozent eine Marke. Und mit 31 Prozent ist dies der Sektor mit dem höchsten Anteil an jungen Unternehmen, die sowohl ein Patent als auch eine Marke besitzen. Der Sektor mit dem zweithöchsten Anteil an Startups mit IP ist der Bereich Wissenschaft und Technik (47 Prozent), in dem 38 Prozent der Unternehmen eine Marke und 25 Prozent ein Patent angemeldet haben. Ähnlich sind die Ergebnisse im Gesundheitswesen und im verarbeitenden Gewerbe, wo jeweils 40 Prozent der Unternehmen entweder ein Patent oder eine Marke angemeldet haben.
Nach den oben genannten Sektoren sind weitere Branchen mit intensiver Nutzung von Patenten die Bereiche Medien und Unterhaltung (21 Prozent), Informationstechnologie (20 Prozent), Energie (19 Prozent), Rohstoffe (18 Prozent) und Nachhaltigkeit (17 Prozent). Bei den Marken sind weitere Branchen mit sehr intensiver Nutzung Nachhaltigkeit (37 Prozent), Energie (36 Prozent), künstliche Intelligenz (36 Prozent), Landwirtschaft (36 Prozent) und Rohstoffe (35 Prozent).
Die Grundlage der modernen Wirtschaft
Das Startup-Ökosystem ist in den letzten Jahren in Europa ein exponentiell gewachsen. Laut der OECD-Analyse "Financing SMEs and Entrepreneurs 2023" verzeichneten alle Volkswirtschaften in Folge der COVID-19-Krise einen erheblichen Anstieg der Risikokapitalaktivitäten (VC), wobei der Medianwert 2021 um 58,6 Prozent anstieg (gegenüber einem Wachstum von 4,18 Prozent im Jahr 2020). Die nationalen Risikokapitalverbände sagen jedoch im selben Bericht, dass der Anstieg der Venture Capital-Investitionen vor allem in der Spätphase und bei konsolidierten Unternehmen bemerkenswert war, während er in der Seed- und Frühphase weniger stark ausfiel.
Ein Berichtsentwurf des Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie des Europäischen Parlaments, der im September 2023 veröffentlicht worden ist, unterstreicht, dass der Zugang zu Kapital nach wie vor eine große Hürde für Startups und Scale-Ups darstellt. Viele haben Schwierigkeiten, sich in der Frühphase Investitionen zu sichern, insbesondere Risikokapital und Wagniskapital, die für die Ausweitung ihres Geschäfts, die Entwicklung von Produkten und die Erschließung neuer Märkte entscheidend sind. Verschiedene EU-Initiativen wurden bereits auf den Weg gebracht, um diese Herausforderungen zu bewältigen, darunter die Gründung des Europäischen Innovationsrats (EIC) als zentrale Anlaufstelle für die Ermittlung, Entwicklung und Skalierung neuer, tiefgreifender Technologien und bahnbrechender Innovationen.
In der etwas unübersichtlichen Landschaft neu gegründeter Unternehmen werden Patente und Marken zu entscheidenden Instrumenten für deren Wettbewerbsfähigkeit. Patente verleihen diesen aufstrebenden Unternehmen das elementare Recht, andere von der Aneignung ihrer bahnbrechenden Technologien abzuhalten. Dies sichert nicht nur ihren Innovationsvorsprung, sondern verschafft ihnen auch einen strategischen Vorteil auf dem Markt. Marken dienen als robuster rechtlicher Schutz von Investitionen in immaterielle Vermögenswerte. Diese unverwechselbaren Symbole oder Namen werden, wenn sie rechtlich geschützt sind, zu einem wirksamen Schutzschild der Markenidentität eines Startups vor Rechtsverletzungen bewahrt.
Neue Beobachtungsstelle und digitales Tool gestartet
Die neue Beobachtungsstelle für Patente und Technologie des EPA lädt heute zu ihrer offiziellen Eröffnung ein, bei der die Chefökonomen des EPA und des EUIPO die Ergebnisse des gemeinsamen Berichts weiter erörtern werden. Der Workshop wird von VIVA Technologies moderiert. Außerdem wird der Deep Tech Finder des EPA vorgestellt, ein neues, kostenloses digitales Tool, das potenziellen Investoren helfen soll, Startups zu erkennen und zu bewerten, die in kritischen Technologiebereichen bahnbrechende Erfindungen auf den Markt bringen. Wenn Sie mehr erfahren oder sich anmelden möchten, klicken Sie bitte hier.
Weitere Informationen
- zur EPA-Beobachtungsstelle für Patente und Technologie stehen hier
- und zum EPA-Tool Deep Tech Finder hier zur Verfügung
Medienkontakte
Luis Berenguer Giménez
Principal Director Communication / Spokesperson
EPO Press Desk
Tel.: +49 89 2399 1833
press@epo.org
Julio Laporta Insa
Head of Communication / Spokesperson
Tel.: +34 653 674 113
press@euipo.europa.eu
Über die Studie
Für die Erstellung dieser Studie mit dem Titel „Patente, Marken und die Startup-Finanzierung“ haben das EPA und das EUIPO nationale und europäische Patent- und Markenanmeldungen mit der Datenbank Crunchbase abgeglichen, um einen Überblick über die Beziehung zwischen den Aktivitäten von Startups im Bereich geistiges Eigentum und ihrer Finanzierung zu erhalten. Diese Studie ergänzt die Ergebnisse früherer EPA-EUIPO-Berichte, die sich auf die Beziehung zwischen dem Verhalten bei Rechten zum Schutz geistigen Eigentums einerseits und Umsatz und Wachstum andererseits konzentrierten.
Über das Europäische Patentamt
Mit 6.300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist das Europäische Patentamt (EPA) eine der größten Behörden in Europa. Das EPA, das seinen Hauptsitz in München sowie Niederlassungen in Berlin, Brüssel, Den Haag und Wien hat, wurde mit dem Ziel gegründet, die Zusammenarbeit zwischen den Staaten Europas auf dem Gebiet des Patentwesens zu stärken. Dank des zentralisierten Verfahrens vor dem EPA können Erfinder hochwertigen Patentschutz in bis zu 44 Staaten erlangen, die zusammen einen Markt von rund 700 Millionen Menschen umfassen. Das EPA ist außerdem weltweit führend in den Bereichen Patentinformation und Patentrecherche.
Über das EUIPO
Das EUIPO ist eine der größten dezentralen Agenturen der EU mit Sitz in Alicante, Spanien. Das EUIPO, das zu einem der weltweit innovativsten Ämter für geistiges Eigentum gekürt wurde, ist für die Eintragung von Unionsmarken (UM) und Gemeinschaftsgeschmacksmustern (GGM) zuständig, die den Schutz von Rechten des geistigen Eigentums in allen Mitgliedstaaten der EU gewährleisten. Zudem arbeitet es mit den nationalen und regionalen Ämtern für geistiges Eigentum in der EU zusammen. Beim Amt angesiedelt ist auch die Europäische Beobachtungsstelle für Verletzungen von Rechten