T 0276/17 29-01-2021
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Kraftfahrzeugtürverschluss
Brose Schliesssysteme GmbH & Co. KG
Heffe, Susanne (ehemalige Einsprechende)
Erfinderische Tätigkeit - (nein)
Erfinderische Tätigkeit - naheliegende Lösung
Änderung nach Ladung - berücksichtigt (nein)
Beschwerdebegründung - Gründe deutlich und knapp angegeben (ja)
Änderung des Vorbringens - Gründe warum Änderung im Beschwerdeverfahren erfolgt (nein)
Änderung des Vorbringens - Änderung zugelassen (nein)
Änderung des Vorbringens - Beweismittel
Änderung des Vorbringens - Antrag
Änderung des Vorbringens - in zulässiger Weise vorgebracht und aufrechterhalten (nein)
Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde der Patentinhaberin richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, das Europäische Patent Nr. 1 776 003 zu widerrufen.
II. Der Einspruch richtete sich gegen das Patent im gesamten Umfang, und wurde von der Einsprechenden 1 auf die Einspruchsgründe gemäß Art. 100 (a) und (b) EPÜ in Verbindung mit Artikel 52 (1) EPÜ 1973, Artikel 56 EPÜ und Artikel 83 EPÜ 1973 und von der Einsprechenden 2 auf die Einspruchsgründe gemäß Art. 100 (a) EPÜ in Verbindung mit Artikel 52 (1) EPÜ 1973 und Artikel 56 EPÜ gestützt.
III. Die Einsprechende 2 hat im Laufe des Beschwerdeverfahrens ihren Einspruch zurückgenommen und ist somit nicht mehr am Verfahren beteiligt.
IV. In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer am 29. Januar 2021 stellten die Parteien folgende Anträge:
Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents wie erteilt (Hauptantrag), hilfsweise die Aufrechterhaltung des Patents in geänderter Fassung auf der Grundlage eines der mit dem Schreiben vom 18. Dezember 2020 eingereichten Hilfsanträge 1 oder 2, wobei der vorliegende Hilfsantrag 2 identisch zu dem der Entscheidung der Einspruchsabteilung zu Grunde liegenden Hilfsantrag ist.
V. Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende 1) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde.
VI. Es wird auf folgende Dokumente Bezug genommen, welche bereits im Einspruchsverfahren vorlagen:
El: DE 203 07 111 Ul
E2: DE 89 12 194 Ul
E3: Friedrich Tabellenbuch, Metall - und Maschinentechnik, 1151. - 1165. Auflage, 1999, Ferd. Dümmlers Verlag
E7: Stahl-Eisen-Liste; Liste der in der Bundesrepublik Deutschland hergestellten Eisenwerkstoffe, 4. Auflage, 1972, Verlag Stahleisen m. B. H., Düsseldorf
In Vorbereitung zur mündlichen Verhandlung vor der Kammer hat die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 18. Dezember 2020 folgendes Dokument eingereicht:
E23: DE 35 32 808 A1
VII. Anspruch 1 des Patents und somit des Hauptantrags liest sich wie folgt (die Merkmalsgliederung wurde gemäß der von der Beschwerdegegnerin vorgetragenen Gliederung vom 2. Oktober 2017 von der Kammer hinzugefügt):
a) Kraftfahrzeugtürverschluss mit einem Schlossgehäuse aufweisend
b) wenigstens ein Basiselement (2) und wenigstens ein Leiterbahngebilde (3), wobei das Basiselement (2) eine Aufnahme des Leiterbahngebildes (3) bildet und
c) aus Kunststoff ist,
d) wobei das Leiterbahngebilde mit elektrischen Komponenten des Kraftfahrzeugtürverschlusses verbunden ist,
e) wobei es sich bei dem Leiterbahngebilde um ein Stanzteil handelt,
dadurch gekennzeichnet, dass
f) das Leiterbahngebilde (3) mit Weißblech ausgeführt ist und zwar
g) ein kalt gewalztes Stahlblech (4)
h) mit einer Dicke von bis zu 0,5 mm und
j) einer weiß schimmernden,
k) hauchdünnen
i) Zinnschicht.
VIII. Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 wurde gegenüber Anspruch 1 des Hauptantrags durch folgende Merkmale ergänzt:
wobei die Zinnschicht (6) beidseitig auf beiden Oberflächen (5) des Stahlblechs (4)
elektrolytisch mit einer Schichthöhe von mindestens 5 mym aufgebracht ist.
IX. Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 wurde gegenüber Anspruch 1 des Hauptantrags durch folgende Merkmale ergänzt:
und wobei das Leiterbahngebilde (3) einen metallischen Grundkörper (4) umfasst, der ein dünnes Stahlband mit einem Kohlenstoffgehalt von höchstens 0,08 %, einem Mangangehalt von höchstens 0,4 %, einen Phosphorgehalt von höchstens 0,03 % und einen Schwefelgehalt von höchstens 0,03 % umfasst.
X. Die für die Entscheidung wesentlichen Argumente der Beschwerdeführerin sind im Folgenden zusammengefasst:
a) Zum Hauptantrag:
Bei Verwendung des Dokuments E1 müsse der Fachmann bereits um zum Oberbegriff des Anspruchs zu gelangen eine Vorauswahl treffen, da das Stanzteil in Dokument E1, [0028], nur als eine von drei Möglichkeiten genannt sei. Weiter sei die Kombination der Lehre des Dokuments E1 mit der des Dokuments E2 nicht naheliegend, da
- die Verwendung der Leiterbahngebilde für Kraftfahrzeugtürverschlüsse in Dokument E2 nicht genannt sei,
- Dokument E2 nie in Zusammenhang mit anderen Dokumenten für Kraftfahrzeugtürverschlüsse genannt wurde und
- Dokument E2 sich auf Anwendungen in Innenräumen bezöge, weswegen der Korrosionsschutz dort keine Rolle spiele.
Außerdem würde der Fachmann für elektrische Leitungen Kupfer dem Stahl vorziehen, da Stahl ein schlechterer elektrischer Leiter sei, einen höheren Fertigungsaufwand erfordere, anfälliger für Feuchtigkeit sei und somit einen zusätzlichen Korrosionsschutz erfordere. Letzteres spiele weder in Dokument E1 noch Dokument E2 eine Rolle, da in diesen Dokumenten die Leiterbahngebilde mit Kunststoff umspritzt seien.
Schließlich gebe es in Dokument E2 keinen Hinweis, dass Eisen- und Stahlblech gleichbedeutend seien. Bei Eisen-, Stahl- und Weißblech handele es sich jeweils um ein eigenständiges, nicht mit einem der anderen identisches Material. Schließlich sei Zinn teuer und somit für eine Massenproduktion ungeeignet.
Kombiniere der Fachmann dennoch die Lehre der E1 mit der der E2, böten sich ihm vier gleichartige Alternativen (verzinntes oder vernickeltes Eisen- oder Stahlblech), wobei das Dokument E2 keine Präferenz für die Auswahl "verzinntes Stahlblech" erkennen lässt.
Des Weiteren sei die Auswahl der Verzinnung eben nicht gleichartig zu einer Vernickelung, da eine Verzinnung einen besseren Korrosionsschutz böte und diese Auswahl somit erfinderisch sei. Hierzu solle das Dokument E23 gutachterlich herangezogen werden, welches im Verfahren zu berücksichtigen sei, da dies in Reaktion auf eine von der Kammer in der Mitteilung aufgeworfene Frage (Punkt 3.5, 4. Absatz) geschehe.
Schließlich käme der Fachmann selbst, wenn er die Lehren der Dokumente E1 mit E2 kombiniere, noch nicht zum Anspruchsgegenstand, da noch die Erkenntnis des Dokuments E3 berücksichtigt werden müsse.
b) Zum Hilfsantrag 1:
Dieser Antrag sei eine Reaktion auf die von der Kammer im Bescheid (Punkt 3.5, 4. Absatz) aufgeworfene Frage, ob die Wahl zwischen Verzinnung oder Vernickelung gleichwertig sei. Somit müsse dieser Antrag, da er überdies prima facie gewährbar sei, in das Verfahren zugelassen werden.
c) Zum Hilfsantrag 2:
Hinsichtlich der Zulassung des Hilfsantrags 2 gebe es keine Verpflichtung, die Anträge, die der Entscheidung der Einspruchsabteilung zu Grunde liegen, neu vor der Kammer einzureichen. Somit sei klar, dass der genannte Hilfsantrag nur der der Entscheidung zu Grunde liegende sein könne, da nur ein Hilfsantrag vorlag.
Hinsichtlich der Substantiierung, seien die Argumente der Beschwerdeführerin nicht nur in der Beschwerdebegründung sondern auch im Protokoll zur mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung dargelegt. Somit sollte der in der Beschwerdebegründung erfolgte Hinweis ausreichend sein, insbesondere um unnötige Wiederholungen zu vermeiden.
In der Sache sei die Kombination der Dokumente E1 mit E2, E3 und E7 nicht zulässig. Neben den zum Hauptantrag vorgetragenen Gründen gäbe es bei der Kombination des Dokuments E3 mit dem Dokument E7, wenn sie denn überhaupt naheliegend wäre, Widersprüche, sodass das Dokument E7 nicht die im Anspruch definierte chemische Zusammensetzung, wie von der Beschwerdegegnerin behauptet, zeige.
XI. Die für die Entscheidung wesentlichen Argumente der Beschwerdegegnerin sind kurz zusammengefasst folgende:
a) Hauptantrag
Der in Anspruch 1 des Hauptantrags definierte Gegenstand sei aus der Zusammenschau der Dokumente E1 mit E2 unter Zuhilfenahme des Dokuments E3 nahegelegt und somit nicht erfinderisch. Das verspätet vorgelegte Dokument E23 dürfe nicht im Verfahren berücksichtigt werden.
b) Hilfsantrag 1
Der Hilfsantrag 1 sei verspätet eingereicht und dürfe insbesondere auf Grund der neuen Verfahrensordnung der Beschwerdekammern (VOBK 2020) nicht im Verfahren berücksichtigt werden. Die Beschwerdeführerin hätte nur auf die vorläufige Meinung der Kammer gewartet um zu reagieren.
c) Hilfsantrag 2
Hilfsantrag 2 sei verspätet eingereicht und unsubstantiiert (da er im Schreiben vom 18. Dezember 2020 unkommentiert sei), und dürfe somit gemäß der neuen Verfahrensordnung der Beschwerdekammern (VOBK 2020) nicht im Verfahren berücksichtigt werden.
Hinsichtlich des früheren Hilfsantrags (identisch mit dem jetzigen Hilfsantrag 2) sei nicht klar formuliert, auf welche Anspruchsfassung er sich bezöge.
Auch war der frühere Hilfsantrag nicht ausreichend substantiiert (siehe Beschwerdebegründung, Punkt V.), da der Verweis auf eine "besonders geeignete Materialauswahl" sehr knapp sei und für die neu aufgenommenen Merkmale kein technischer Effekt diskutiert wurde. Somit sei eine Argumentation zur erfinderischen Tätigkeit nicht möglich.
Versuche man dennoch den in Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 definierten Gegenstand sachlich zu diskutieren, so sei dieser durch die Kombination der Dokumente E1 mit E2 unter Zuhilfenahme der E3 kombiniert mit E7 nahegelegt und somit nicht erfinderisch.
Entscheidungsgründe
1. Hauptantrag
1.1 Erfinderische Tätigkeit
1.1.1 Nächstliegender Stand der Technik
Das Dokument E1 wird als nächstliegender Stand der Technik herangezogen.
Dokument E1 offenbart (die Verweise in diesem Absatz in Klammern beziehen sich auf das Dokument E1) einen Kraftfahrzeugtürverschluss mit einem Schlossgehäuse (1, [0021]) aufweisend wenigstens ein Basiselement (4) und wenigstens ein Leiterbahngebilde (2), wobei das Basiselement (4) eine Aufnahme des Leiterbahngebildes (3; Fig. 1) bildet und aus Kunststoff ist ([0032]), wobei das Leiterbahngebilde mit elektrischen Komponenten (3, 5; [0021]) des Kraftfahrzeug-türverschlusses verbunden ist und wobei es sich bei dem Leiterbahngebilde (2) um ein Stanzteil ([0028]) handelt.
1.1.2 Unterscheidende Merkmale
Der in Anspruch 1 definierte Kraftfahrzeugtürverschluss unterscheidet sich von dem aus E1 bekannten durch die Merkmale f) bis k).
1.1.3 Objektive technische Aufgabe
Die objektive technische Aufgabe, welche sich aus den unterscheidenden Merkmalen ergibt, besteht folglich darin, ein für das Stanzteil geeignetes Material zu finden, welches eine kostengünstige Herstellung in großer Stückzahl ermöglicht und gleichzeitig hinsichtlich seiner Robustheit den elektrischen und mechanischen Anforderungen eines Kraftfahrzeugtürverschlusses genügt (siehe [0006] des Streitpatents).
1.1.4 Naheliegen der Kombination der Lehren der Dokumente E1 mit E2
Der Fachmann, welcher nach einem geeigneten Material für das Stanzteil sucht, würde zweifelfrei das Dokument E2 berücksichtigen, da es in der gleichen Patentklasse wie das Dokument E1 klassifiziert ist (H05K7/02). Er würde dieses Dokument E2 wegen seines Titels ("Leiteranordnung aus gestanzten Leiterbahnen") näher betrachten und in der Einleitung erkennen, dass die gesuchten Vorteile, die Herstellung großer Stückzahlen (Seite 1, 2. Absatz) und die Robustheit der Leiteranordnung (Seite 2, 2. Absatz), genannt sind.
Der Fachmann erhält somit aus dem Dokument E2 den Hinweis, dass Stanzteile für Leiterbahnen vorteilhaft aus "verzinntem oder vernickeltem Eisenblech" hergestellt werden können (D2: Seite 3, 4. Absatz). Hierbei darf das in Dokument E2 genannte Eisenblech, welches an anderer Stelle in dem gleichen Dokument auch als "Eisen- oder Stahlblech" (Seite 2, Zeile 4) oder als "Blechstreifen" (Seite 5, Zeile 1) bezeichnet wird, in fachmännisch präziser Formulierung nur im Sinne von "verzinntes oder vernickeltes Stahlblech" verstanden werden, wie im Folgenden erläutert wird.
Es gehört zum allgemeinen Fachwissen, dass sich weder reines Eisen, noch Roheisen zum Ausstanzen eignen, da diese Werkstoffe sehr poröse und brüchig sind. Außerdem stellen reines Eisen und Roheisen nur ein Zwischenprodukt dar, aus welchem Gusseisen oder Stahl hergestellt werden. Dieses allgemeine Fachwissen wird in dem Dokument E3 auf Seite 3-2 in der ersten Grafik oben links unter der Rubrik "Eisenmetalle" illustriert.
Das in Dokument E2 genannte "verzinnte oder vernickelte Eisenblech" kann folglich in der Praxis nur "verzinntes oder vernickeltes Stahlblech" darstellen, weswegen die Formulierung in Dokument E2 nur im Sinne von "Eisenblech auch Stahlblech genannt" verstanden werden darf.
Folglich stehen dem Fachmann ausgehend von dem aus dem Dokument E2 erhaltenen Hinweis nur zwei Alternativen für geeignete Materialien zur Auswahl: entweder verzinntes Stahlblech, welches der Fachmann auch unter dem Fachbegriff "Weißblech" kennt, oder vernickeltes Stahlblech.
Da beide Alternativen in dem gegebenen Zusammenhang gleichwertig sind, was weiter unten noch näher erläutert wird, kann die Wahl einer der beiden Möglichkeiten nicht als erfinderisch angesehen werden (siehe auch "Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts", 9. Auflage 2019, Abschnitt I.D.9.19.8).
Entscheidet sich der Fachmann für die Alternative "verzinntes Stahlblech" hat er sich für Weißblech, also für Merkmal f) in Anspruch 1, entschieden, da "verzinntes Stahlblech" ein Synonym für Weißblech ist.
Weißblech weist als inhärente Eigenschaften die unter den Merkmalspunkten g) bis k) definierten Eigenschaften auf, was in Dokument E3 auf Seite 3-15 in der Mitte belegt ist: Weißblech ist ein kalt gewalztes Stahlblech mit einer Dicke von maximal 0,49 mm, wobei eine Zinnauflage von maximal 11,2 g/m**(2) genannt ist, was bei einer Dichte von 7,31 g/cm**(3) für Zinn einer Zinnauflage von 1,53 mym entspricht. Letzteres ist somit eine hauchdünne Zinnauflage. Schließlich ist das Merkmal "weiß schimmernd" in dieser allgemeinen Formulierung ebenfalls dem Weißblech inhärent, wie bereits der Namen zum Ausdruck bringt.
Folglich ergeben sich die Merkmale g) bis k) dem Fachmann unmittelbar aus der Wahl von "verzinntem Stahlblech", auch Weißblech (Merkmal f)) genannt.
Bleibt noch zu kommentieren, warum die Auswahl zwischen verzinntem oder vernickeltem Stahlblech gleichwertig ist: das Dokument E2 stellt beide Alternativen als gleichwertig dar, und gibt an keiner Stelle eine bevorzugte Materialwahl hierzu an. Auch wird im Dokument E2 keiner der beiden Alternativen ein bestimmtes charakteristisches Merkmal zugesprochen, welches in dem vorliegenden Zusammenhang einen Vorteil böte, auch nicht für eine bestimmte oder besondere Anwendung. Außerdem sind dem Fachmann beide Materialien für einen Korrosionsschutz bekannt, wobei keines der beiden Materialien gegenüber dem anderen zu bevorzugen ist, da sie hinsichtlich des Korrosionsschutzes üblicherweise als gleichwertig genannt werden. Überdies wird der Korrosionsschutz im Streitpatent lediglich als weiterer Vorteil bei der Vorstellung von Weißblech in Absatz [0012] des Streitpatents genannt, sodass es fälschlich wäre, nun rückschauend, die gesamte Argumentation nur auf den Korrosionsschutz zu fokussieren. Der Wortlaut des Anspruchs 1 schließt außerdem eine komplette Kunststoffummantelung nicht aus, so wie bei den Leiterbahngebilden in den Dokumenten E1 und E2, was die Bedeutung des Korrosionsschutzes ebenso in den Hintergrund drängt.
Hieraus ergibt sich, dass im vorliegenden Fall der Fachmann die in Dokument E2 genannten Alternativen des verzinnten oder vernickelten Stahlblechs als gleichwertig erachtet und die Auswahl einer der zwei Alternativen, hier nun des verzinnten Stahlblechs, nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen kann.
1.1.5 Der in Anspruch 1 definierte Gegenstand ist folglich dem Fachmann aus der Zusammenschau der Lehren der Dokumente E1 mit E2 nahegelegt, wobei das allgemeine Fachwissen durch das Dokument E3 belegt ist.
1.1.6 Berücksichtigung der Druckschrift E23 im Verfahren
Die Beschwerdeführerin hat für eine gutachterliche Betrachtung, dass Zinn hinsichtlich des Korrosionsschutzes Nickel vorzuziehen sei, mit Schreiben vom 18. Dezember 2020 das Dokument E23 in Vorbereitung zur mündlichen Verhandlung vor der Kammer vorgelegt.
Die Kammer hat entschieden, dieses Dokument gemäß Artikel 13 (2) VOBK 2020 aus den folgenden Gründen nicht im Verfahren zu berücksichtigen.
Die Einführung dieser Druckschrift stellt eine Änderung des Beschwerdevorbringens im Sinne von Artikel 13 (2) VOBK 2020 dar, da hiermit ein neues Beweismittel und neue Tatsachen vorgelegt werden. Dokument E23 wäre folglich von der Kammer nur zu berücksichtigen, wenn die Beschwerdeführerin stichhaltige Gründe dafür aufzeigen würde.
Ein derartiger Vortrag kann dem Begleitschreiben vom 18. Dezember 2020 nicht entnommen werden, in dem lediglich zur Diskussion der Auswahl von Zinn gegenüber Nickel angeführt wurde, dass die Anlage E23 gutachterlich betrachtet werden solle. In der mündlichen Verhandlung hat die Beschwerdeführerin vorgetragen, dass die Frage, ob Zinn gegenüber Nickel bevorzugt ausgewählt werden sollte, von der Kammer aufgeworfen worden sei, weswegen die Einführung des Dokuments E23 eine Reaktion auf die Mitteilung der Kammer sei, und folglich berücksichtigt werden müsse.
Diese Frage wurde allerdings nicht von der Kammer erstmalig aufgeworfen, da die Gleichartigkeit eines vernickelten gegenüber einem verzinnten Stahlblech bereits von der Einspruchsabteilung in ihrer Entscheidung (Punkt 2.5) vorgetragen wurde.
Auch hat die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde-begründung auf Seite 13, unter Punkt f) die gleichwertige oder eben nicht gleichwertige Auswahl von Zinn gegenüber Nickel diskutiert, sie hat aber keine weiteren Beweismaterialien, wie etwa das Dokument E23, vorgelegt.
Im Schreiben vom 3. Juli 2019 hat die Beschwerdeführerin auf Seite 11 erneut auf die in Dokument E2 gleichberechtigten Alternativen hingewiesen, welche aus ihrer Sicht die Auswahl des verzinnten Stahlblechs nur mit einer rückschauenden Betrachtungsweise zuließen, da diese Auswahl ihrer Meinung nach nicht gleichwertig und somit erfinderisch sei. Somit stand auch zum damaligen Zeitpunkt die Frage, ob und warum Zinn gegenüber Nickel zu bevorzugen sei, bereits im Raum.
Schließlich hat die Kammer in ihrer Mitteilung gemäß Artikel 15 (1) VOBK 2020 die von der Einspruchsabteilung aufgeworfene Frage aufgenommen und ist nicht von der Meinung der Einspruchsabteilung abgewichen (siehe Mitteilung der Kammer, Punkt 3.5, 1. Absatz und 3. Absatz). Sie hat mit der in der Mitteilung, Punkt 3.5, 4. Absatz, vorgetragenen Frage lediglich einen Bezug zum Argument der Beschwerdeführerin, ob die Verwendung von Weißblech aus der Verpackungsindustrie besondere Vorteile böte, hergestellt.
Die Beschwerdeführerin hätte daher ein solches Dokument gleich mit der Beschwerdebegründung einreichen können und sollen und nicht erst am 18. Dezember 2020.
Zusammenfassend wird festgestellt, dass von der Beschwerdeführerin weder stichhaltigen Gründe aufgezeigt wurden noch dass außergewöhnliche Umstände vorliegen, welche die Berücksichtigung des Dokuments E23 in diesem späteren Stadium des Verfahrens rechtfertigen. Somit hat die Kammer entschieden, das Dokument E23 gemäß Artikel 13 (2) VOBK 2020 nicht im Verfahren zu berücksichtigen.
1.1.7 Zu den von der Beschwerdeführerin vorgetragenen Argumenten zur erfinderischen Tätigkeit wird Folgendes angemerkt.
Für den nächstliegenden Stand der Technik wird ein Ausführungsbeispiel des Dokuments E1 (das mit dem Stanzteil) herangezogen, wobei es belanglos ist, ob weitere Ausführungsbeispiele mit anderen Leiterbahngebilden vorliegen. Um den nächstliegenden Stand der Technik festzulegen, muss immer eine gewisse Auswahl getroffen werden.
Die Kombination der Lehren der Dokumente E1 mit E2 ist naheliegend, da, wie oben erläutert, beide Dokumente in der gleichen Patentklasse klassifiziert sind. Für Hinweise zu den Materialien wird der Fachmann auch Leiterbahngebilde für Innenräume berücksichtigen und dann entscheiden, ob diese für seine Anwendung geeignet sind.
Auch kann die Argumentation hinsichtlich des Korrosionsschutzes nicht überzeugen, da dies zunächst im Streitpatent nicht als Hauptaufgabe genannt ist. Vor allem ist aber ein Korrosionsschutz sowohl von Nickel als auch von Zinn geboten, wobei dem Fachmann keines der beiden dem anderen gegenüber als bevorzugt bekannt ist. Auch ist die Möglichkeit einer Kunststoffummantelung für einen noch weiter erhöhten Korrosionsschutz im Streitpatent nicht ausgeschlossen.
Die Behauptung, dass Kupfer Stahl vorzuziehen sei, kann ebenso nicht überzeugen, da weder in Dokument E1 noch in Dokument E2 Kupfer als Leitermaterial genannt ist. Es gibt folglich für den Fachmann keinen Grund, Kupfer in seine Überlegungen einzubeziehen oder gar dem in Dokument E2 genannten Weißblech vorzuziehen.
Warum bei Kombination der Lehren der Dokumente E1 mit E2 die Auswahl der Materialien nur eine Auswahl aus zwei Alternativen und nicht aus vier Alternativen darstellt, da Eisenblech aus fachlich technischer Sicht nur Stahlblech sein kann, wurde oben ausgeführt. Ebenso wurde oben ausgeführt, warum sich der Fachmann, wenn er sich für verzinntes Stahlblech entscheidet, unmittelbar zu den im kennzeichnenden Teil definierten Merkmalen gelangt. Dass verzinntes Stahlblech ein Synonym für Weißblech ist, ist allgemeines Fachwissen, wurde aber auch von der Beschwerdeführerin selbst zugegeben (Schreiben vom 3. Juli 2019, Seite 8, vorletzter Absatz).
Schließlich wurde oben auch ausgeführt, warum die Lehre des Dokuments E3 für eine Argumentation des erfinderischen Schritts nicht für einen zusätzlichen Argumentationsschritt herangezogen werden muss, sondern lediglich die Tatsache belegt, dass die Merkmale g) bis k) dem verzinnten Stahlblech, auch Weißblech genannt (Merkmal f)), zu eigen sind. Somit ergeben sich die Merkmale g) bis k) automatisch bei der Auswahl des Merkmals f).
2. Hilfsantrag 1
Zulassung des Hilfsantrags 1 in das Verfahren
2.1 Hilfsantrag 1 wurde mit Schreiben vom 18. Dezember 2020 eingereicht und somit nach der Zustellung der Ladung zur mündlichen Verhandlung. In diesem Hilfsantrag wurden in Anspruch 1 weitere Merkmale aus dem früheren abhängigen Anspruch 3 und aus der Beschreibung aufgenommen. Dieser Antrag stellt somit eine Änderung des Beschwerdevorbringens dar, deren Berücksichtigung im Verfahren gemäß Artikel 13 (2) VOBK 2020 zu entscheiden ist.
2.2 Die Beschwerdeführerin hat im Begleitschreiben vom 18. Dezember 2020 weder stichhaltigen Gründe vorgetragen, noch hat sie dargelegt, ob und warum außergewöhnliche Umstände vorlägen (siehe Begleitschreiben vom 18. Dezember 2020, Seite 1, untere Hälfte, sowie Seiten 6 bis 8). Der Antrag wurde nur inhaltlich diskutiert und daraus folgend behauptet, dass er prima facie gewährbar sei.
In der mündlichen Verhandlung trug die Beschwerdeführerin vor, dass dieser Antrag eine Reaktion auf die von der Kammer im Bescheid gemäß Artikel 15 (1) VOBK 2020 unter Punkt 3.5, 4. Absatz, aufgeworfene Frage sei, ob die Wahl zwischen Verzinnung oder Vernickelung gleichwertig sei.
2.3 Wie bereits oben unter Punkt 1.1.6 ausgeführt, wurde aber diese Frage nicht erstmals von der Kammer aufgeworfen. Dies wurde bereits in der Entscheidung der Einspruchsabteilung als Argument vorgetragen (Entscheidung, Punkt 2.5). Auch wurde dies in den Eingaben der Beschwerdeführerin mehrfach angesprochen (Beschwerdebegründung, Seite 13, 2. Absatz; Schreiben vom 3. Juli 2019, Seite 11), ohne dass eine entsprechende substantielle Reaktion, wie beispielsweise die Einreichung dieses Hilfsantrags, von Seiten der Beschwerdeführerin erfolgte. Diese Reaktion war somit schon zur Zeit der Beschwerdebegründung zu erwarten gewesen.
Die Kammer kommt folglich zu dem Schluss, dass für das verspätete Vorlegen des Hilfsantrags 1 weder von der Beschwerdeführerin aufgezeigt wurde, dass außergewöhnliche Umstände vorliegen, noch konnte die Kammer selbst solche erkennen.
2.4 Die Kammer hat folglich entschieden Hilfsantrag 1 gemäß Artikel 13 (2) VOBK 2020 im weiteren Verfahren nicht zu berücksichtigen.
3. Hilfsantrag 2
3.1 Zulassung des Hilfsantrags 2 in das Beschwerdeverfahren
3.1.1 Die Beschwerdegegnerin hat beantragt, den Hilfsantrag 2 nicht im Verfahren zuzulassen, weil er verspätet war, d. h. nicht mit der Beschwerdebegründung eingereicht und nicht substantiiert wurde.
3.1.2 Die Kammer hat entschieden, diesen Antrag dennoch aus folgenden Gründen im Verfahren zu berücksichtigen.
3.1.3 In der Beschwerdebegründung verwies die Beschwerdeführerin auf "den Hilfsantrag", obwohl weder mit der Beschwerdeschrift noch mit der Beschwerdebegründung neue Anträge mit Ansprüchen eingereicht wurden. Da zu Beginn des Beschwerdeverfahrens außer dem der Entscheidung zu Grunde liegenden Haupt- und Hilfsantrag kein weiterer Antrag insbesondere kein weiterer Hilfsantrag vorlag, konnte sich der Verweis auf einen Hilfsantrag unmissverständlich nur auf den der Entscheidung zu Grunde liegenden einzigen Hilfsantrag beziehen. Somit war der Antrag klar identifiziert.
Außerdem wurde der Hilfsantrag bereits im Einspruchsverfahren zugelassen und von der Einspruchsabteilung in der Sache entschieden. Der nun vorliegende Hilfsantrag 2 war daher gemäß Artikel 12 (3) a) VOBK 2020, welcher hier gemäß Artikel 25 (1) VOBK 2020 Anwendung findet, mit Beginn des Beschwerdeverfahrens als einziger Hilfsantrag Bestandteil des Verfahrens. Somit fehlt es an einer Rechtsgrundlage, den Hilfsantrag 2 im Beschwerdeverfahren auszuschließen.
3.1.4 Bezüglich des Einwands der Beschwerdegegnerin, der Hilfsantrag 2 sei nicht substantiiert gewesen, ist anzumerken, dass eine wenn auch nur sehr knappe Substantiierung des Beschwerdevorbringens vorliegt. In der Beschwerdebegründung unter Punkt V. wird angemerkt, dass der Gegenstand des Hilfsantrags 2 "eine besonders geeignete Materialauswahl" beträfe, "die aus dem Stand der Technik zur Lösung der objektiven Aufgabe nicht bekannt" sei.
Im Schreiben vom 18. Dezember 2020, mit welchem der Hilfsantrag 2 erneut eingereicht wurde, blieb dieser unkommentiert.
Sowohl die Beschwerdegegnerin in ihrer Erwiderung (Erwiderung vom 2. Oktober 2017, Punkt 7.) als auch die Kammer in ihrer Mitteilung gemäß Artikel 15 (1) VOBK (Punkt 4.4) haben auf diese sehr knappe Argumentation in der Beschwerdebegründung hingewiesen.
Gemäß Artikel 12 (3) VOBK 2020, der inhaltlich
Artikel 12 (2) VOBK 2007 entspricht, soll die Beschwerdebegründung das vollständige Beschwerdevorbringen enthalten und deutlich und knapp angeben, aus welchen Gründen die angefochtene Entscheidung aufzuheben sei.
Es muss somit für die Kammer und die Beschwerdegegnerin ersichtlich sein, aus welchen Gründen die Entscheidung der Einspruchsabteilung aufzuheben sei. Dies ist in vorliegendem Fall gegeben, denn aus dem Vorbringen der Beschwerdeführerin ("wegen einer besonders geeigneten Materialauswahl"), ist - wenn auch knapp formuliert - ersichtlich, warum der Antrag den Einwand der mangelnden erfinderischen Tätigkeit ausräumen soll.
3.1.5 Hinsichtlich des Arguments der Beschwerdeführerin, sie könne ohne Weiteres auf das Vorbringen im Einspruchsverfahren zurückgreifen, weist die Kammer darauf hin, dass gemäß Artikel 12 (3) VOBK 2020 das im Einspruchsverfahren vorgetragene Vorbringen nicht automatisch Teil des Beschwerdeverfahren ist. Ohne explizite Erläuterungen in der Beschwerdebegründung ist ein pauschaler Verweis auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vor der Prüfungsabteilung und auf die darin genannten Argumente oder Sachverhalte nicht ausreichend. Außerdem konnte sich die Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung noch nicht sachlich mit der noch nicht existierenden Entscheidung der Einspruchsabteilung auseinandersetzen.
3.1.6 Die Kammer sieht folglich Hilfsantrag 2 nur mit dem in der Beschwerdebegründung vorgetragenen knappen Argument (Beschwerdebegründung, Punkt V.) am untersten Rand der möglichen Argumentation substantiiert.
3.1.7 Aus dem zuvor Gesagten folgt, dass spätere Tatsachen und Beweismittel zur erfinderischen Tätigkeit des Hilfsantrags 2, insbesondere wenn diese erst in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer vorgelegt werden, als Änderung des Beschwerdevorbringens gemäß Artikel 13 VOBK 2020 anzusehen sind und von der Kammer unberücksichtigt bleiben können.
3.2 Erfinderische Tätigkeit
3.2.1 Nächstliegender Stand der Technik
Das Dokument E1 stellt auch weiterhin den nächstliegenden Stand der Technik dar. Es beschreibt einen Kraftfahrzeugtürverschluss mit den Merkmalen des Oberbegriffs des Anspruchs 1 (siehe Punkt 1.1.1 oben).
3.2.2 Unterscheidende Merkmale
Zusätzlich zu den im Hauptantrag zitierten unterscheidenden Merkmalen f) bis k) definieren die weiteren, nun neu aufgenommenen Merkmale die chemische Zusammensetzung des für das Leiterbahngebilde zu verwendenden Weißblechs.
3.2.3 Objektive technische Aufgabe
Die objektive technische Aufgabe bleibt, wie für den Hauptantrag, ein für das Stanzteil geeignetes Material zu finden. Im speziellen ist nun für das nicht erfinderische verzinnte Stahlblech ein hinsichtlich seiner chemischen Zusammensetzung geeignetes Stahlblech auszuwählen. Ein mit der Auswahl der Zusammensetzung verbundener besonderer technischer Effekt ist in der Beschreibung des Streitpatents nicht genannt, weswegen lediglich eine für verzinntes Stahlblech übliche chemische Zusammensetzung zu finden ist.
3.2.4 Naheliegen
Die in Anspruch 1 definierte chemische Zusammensetzung kann, wie im Folgenden erläutert, keinen erfinderischen Beitrag leisten.
Wie zum Hauptantrag ausgeführt, kombiniert der Fachmann ausgehend von der Lehre der E1 diese mit E2 und gelangt zu einem gestanzten Leiterbahngebilde aus Weißblech mit den Merkmalen g) bis k). Die nun zusätzlich definierte chemische Zusammensetzung des Weißblechs beziehungsweise des Grundkörpers aus Feinstblech ist eine standardmäßige Zusammensetzung, welche keinen erfinderischen Beitrag leisten kann. Dies wird durch die Zusammenschau der Dokumente E3 mit E7 belegt.
In Dokument E3 sind für das Feinstblech die Werkstoffnummern 1.0371, 1.0372, 1.0375, 1.0377 und 1.0378 angegeben. Diese Werkstoffnummern finden sich in Dokument E7, der Stahl-Eisen-Liste für in der Bundesrepublik Deutschland hergestellte Eisenwerkstoffe, wieder. Dort ist zu den gleichen Werkstoffnummern deren chemische Zusammensetzung angegeben. In Dokument E7 ist für Feinstblech mit den relevanten Werkstoffnummern der Kohlenstoffgehalt mit maximal 0.10 %, der Mangangehalt zwischen 0.25 % und 0.50 %, der Phosphorgehalt mit maximal 0.06 % und der Schwefelgehalt mit maximal 0.04 % angegeben.
Da sich diese in E7 zitierte chemische Zusammensetzungen des Feinstblechs mit den in Anspruch 1 definierten Werten überschneidet, definiert die in Anspruch 1 angeführte chemische Zusammensetzung die eines handelsüblichen Feinstblechs gemäß den deutschen Werkstoffnummern.
Da überdies diese im Streitpatent definierte chemische Zusammensetzung offensichtlich keine besondere Wirkung und auch keine besonderen Eigenschaften aufweist (jedenfalls schweigt das Streitpatent hierzu), kann die im Anspruch definierte chemische Zusammensetzung des metallischen Grundkörpers, da sie nicht über eine für Feinstblech handelsübliche Zusammensetzung hinausgeht, keine erfinderische Tätigkeit begründen.
3.2.5 Der in Anspruch 1 definierte Gegenstand ist folglich dem Fachmann aus der Zusammenschau der Lehren der Dokumente E1 mit E2 nahegelegt, wobei die dem Weißblech inhärenten Eigenschaften durch die Dokumente E3 und E7 belegt werden. Das Dokument E7 wird nur herangezogen, um nachzuweisen, dass die definierte chemische Zusammensetzung einer standardmäßigen Zusammensetzung eines handelsüblichen Feinstblechs entspricht.
3.2.6 Folglich beruht der in Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 definierte Gegenstand nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit
3.2.7 Vortrag der Beschwerdeführerin, welcher gemäß Artikel 13 (2) VOBK 2020 unberücksichtigt bleibt
In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer hat die Beschwerdeführerin noch weitere neue Tatsachen und Behauptungen vorgetragen. Da es weder der Kammer, noch der Beschwerdegegnerin in einem angemessenen zeitlichen Rahmen, insbesondere ohne eine Vertagung der mündlichen Verhandlung, möglich erschien, angemessen darauf zu reagieren, beziehungsweise die neuen Tatsachen zu verifizieren, hat die Kammer entschieden diese im Folgenden aufgelisteten unbewiesenen Behauptungen und neuen Sachverhalte gemäß Artikel 13 (2) VOBK 2020 nicht im Verfahren zu berücksichtigen:
- In Dokument E3 bezögen sich die Werkstoffnummern auf Weißblech, in Dokument E7 seien diese mit Feinstblech assoziiert, weswegen der Verweis von E3 auf E7 in sich falsch und widersprüchlich sei und diese beiden Dokumente nicht kombiniert werden dürften.
- Die in den Dokumenten E3 und E7 genannten Werkstoffnummern würden sich über die Jahre ändern, weswegen die in Dokument E3 (aus dem Jahr 1999) genannten Werkstoffnummern nicht zwingend mit den in Dokument E7 (aus dem Jahr 1972) zitierten Werkstoffnummern assoziiert werden dürften.
- Die in Dokument E3 und E7 genannten DIN-Normen seien widersprüchlich.
- Die chemische Zusammensetzung von Mangan in Dokument E7 gibt zwei Werte getrennt durch einen Schrägstrich "/" an. Es handele sich hierbei nicht um einen Wertebereich, sondern um zwei isolierte Werte.
3.2.8 Zu den von der Beschwerdeführerin vorgetragenen Argumenten wird Folgendes angemerkt.
Bis auf das Argument, dass die definierte chemische Zusammensetzung eine "besonders geeignete Materialauswahl" beträfe, war dieser Antrag nicht weiter erläutert. Warum diese chemische Zusammensetzung eine besonders geeignete Materialauswahl sei, wurde von der Beschwerdeführerin nicht dargelegt.
Bereits zum Hauptantrag wurde erörtert, warum die Zusammenschau der Dokumente E1 und E2 unter Zuhilfenahme von E3 in sich schlüssig und begründet ist. Ähnliches gilt auch für die Berücksichtigung des Dokuments E7, welches lediglich belegt, dass die in Anspruch 1 definierte chemische Zusammensetzung die eines handelsüblichen Feinstblechs ist. Somit ist bereits durch die Auswahl eines handelsüblichen Feinstblechs, beziehungsweise eines verzinnten Feinstblechs, basierend auf der Kombination der Dokumente E1 mit E2 die in Anspruch 1 definierte chemische Zusammensetzung gegeben. Dies wird lediglich durch das Dokument E7 in Verknüpfung mit dem Dokument E3 belegt.
4. Zusammenfassend und abschließend bleibt festzustellen, dass keiner der von der Beschwerdeführerin vorgelegten Anträge gewährbar ist.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.