T 1783/17 31-05-2022
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Mehrschichtiges Kunststoffrohr mit Barriereeigenschaften
Klarheit (ja)
Ausführbarkeit (ja)
Erfinderische Tätigkeit (ja)
Sachverhalt und Anträge
I. Die Einsprechende (Beschwerdeführerin) hat gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, das europäische Patent Nr. 1 559 537 in geändertem Umfang aufrechtzuerhalten, Beschwerde eingelegt.
II. Die Einspruchsabteilung war der Auffassung, dass der Gegenstand von Anspruch 1 des während der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung vorgelegten Hauptantrags nicht neu sei gegenüber dem Dokument D2, dass aber der während der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung vorgelegte erste Hilfsantrag den Erfordernissen des EPÜ genüge.
III. In dieser Entscheidung wird auf folgende Dokumente Bezug genommen:
D2: EP 0 673 762 A2
D3: EP 0 559 445 A1
D4: EP 1 162 061 A1
D5: EP 1 216 826 A2
D6: US 6 524 671 B1
D7: US 2003/035914 A1
D8: Versuchsbericht Evonik (September 2017)
IV. Die mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer fand am 31. Mai 2022 mit der Zustimmung der Beteiligten als Videokonferenz statt.
V. Anträge
Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents.
Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte als Hauptantrag, die Beschwerde zurückzuweisen, hilfsweise die Aufrechterhaltung des Patents in der Fassung der Hilfsanträge 1 und 2, eingereicht mit der Beschwerdeerwiderung.
VI. Der Wortlaut des unabhängigen Anspruchs 1 des ersten Hilfsantrags, der der angefochtenen Entscheidung zu Grunde lag, (im Folgenden: "Hauptantrag") hat den folgenden Wortlaut:
"1. Mehrschichtiges Kunststoffrohr, insbesondere mehrschichtige Kraftfahrzeugrohrleitung, - mit der Schichtenfolge von außen nach innen:
eine Trägerschicht aus einem Polyamid oder einem Blend mit einem Polyamid,
eine erste äußere Sperrschicht aus zumindest einem Sperrschichtkunststoff aus der Gruppe "Ethylen-Vinylalkohol-Copolymer (EVOH), Polyvinylidenfluorid (PVDF), Ethylen-Tetrafluorethylen-Copolymer (ETFE)",
zumindest eine Trennschicht aus einem Polyamid oder einem Blend mit einem Polyamid und
eine zweite innere Sperrschicht aus zumindest einem Sperrschichtkunststoff aus der Gruppe "Ethylen-Vinylalkohol-Copolymer (EVOH), Polyvinylidenfluorid (PVDF), Ethylen-Tetrafluorethylen-Copolymer (ETFE)",
wobei die erste Sperrschicht aus einem ersten Sperrschichtkunststoff mit höherer Barrierewirkung gegenüber apolaren Medien und die zweite Sperrschicht aus einem zweiten Sperrschichtkunststoff mit im Vergleich zum ersten Sperrschichtkunststoff geringerer Barrierewirkung gegenüber apolaren Medien besteht,
wobei die erste äußere Sperrschicht aus Ethylen-Vinylalkohol-Copolymer (EVOH) besteht und
wobei die zweite innere Sperrschicht aus Polyvinylidenfluorid (PVDF) oder Ethylen-Tetrafluorethylen-Copolymer (ETFE) besteht."
VII. Der für die Entscheidung relevante Vortrag der Parteien lässt sich wie folgt zusammenfassen:
a) Hauptantrag: Klarheit
i) Beschwerdeführerin (Einsprechende)
Für den Fall, dass Anspruch 6 des Hauptantrags auf Anspruch 3 des Hauptantrags zurückbezogen sei, ergäbe sich ein Klarheitsproblem. Es werde dann ein Gegenstand definiert, in dem die innere Sperrschicht aus Anspruch 1 des Hauptantrags neben dem Kunststoff noch eine leitfähige Substanz enthalte. Dies wäre jedoch durch den Anspruch 1 des Hauptantrags explizit ausgeschlossen, der fordere, dass die zweite innere Sperrschicht aus PVDF oder ETFE bestehe. Im Anspruch 1 des erteilten Patents sei die explizite Definition, dass die innere Sperrschicht aus PVDF und ETFE besteht, nicht vorhanden gewesen, so dass dieser Widerspruch durch die Änderungen bedingt sei. Daher könne der Klarheitseinwand geltend gemacht werden.
ii) Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin)
Es läge keine mangelnde Klarheit vor, da der Begriff "besteht" nur hinsichtlich des verwendeten Polymers abschließend verstanden werden könne. Kunststoffschichten enthielten üblicherweise Zuschlagstoffe, wie beispielsweise auch aus dem Patent Absatz [0020] und den Ausführungsbeispielen ersichtlich sei. Ferner müsse es sich bei der in Anspruch 3 genannten Innenschicht nicht zwangsläufig um die zweite innere Sperrschicht handeln. Es könne eine zusätzliche Sperrschicht vorliegen.
b) Hauptantrag: Ausführbarkeit
i) Beschwerdeführerin (Einsprechende)
Aus den Seiten 10 bis 12 der ursprünglich eingereichten Beschreibung gehe hervor, dass zwischen EVOH und angrenzenden Polyamid-Schichten grundsätzlich ein Haftvermittler erforderlich sei (siehe Ausführungsbeispiele 1 bis 4). Lediglich aus den Ausführungsformen 5 bis 12, insbesondere 5 bis 8, der ursprünglich eingereichten Anmeldung sei ersichtlich, dass zwischen Polyamid und ETFE bzw. PVDF nicht zwangsläufig eine Haftvermittlerschicht vorhanden sein müsse. Da im Hauptantrag die äußere Sperrschicht aus EVOH bestehe, enthalte das Streitpatent keine Informationen, wie eine ausreichende Haftung zwischen den einzelnen Schichten ohne Haftvermittler erreicht werden könne. Ein mehrschichtiges Kunststoffrohr ohne ausreichende Haftung zwischen den einzelnen Schichten könne nicht als Kraftfahrzeugrohrleitung verwendet werden.
Der zur Untermauerung und als Reaktion auf die Feststellung der Einspruchsabteilung, dass der Einwand der unzureichenden Offenbarung nicht belegt wurde, eingereichte Versuchsbericht (Dokument D8) bestätige die Aussagen des Streitpatents, dass bei Verwendung von EVOH als Sperrschicht zwingend der Einsatz von Haftvermittlerschichten zwischen EVOH und Polyamid notwendig sei. Dokument D8 zeige, dass zwischen der äußeren Polyamid-12-Schicht und der EVOH-Schicht ohne Haftvermittlerschicht keine ausreichende Haftung bestehe, da das Rohr beim einfachen Anschneiden bereits wegen fehlender Haftung auseinanderfalle. Ferner werde in der ursprünglich eingereichten Anmeldung beispielsweise Polyamid 12 als bevorzugter Trägerkunststoff erwähnt. Wie allerdings aus dem Dokument D4 bekannt sei, bestehe zwischen Polyamid 12 und einer EVOH-Schicht ein Haftungsproblem (siehe Dokument D4, Absatz [0017]). Für die Haftungsproblematik zwischen der EVOH-Schicht und der PA-Schicht sei weder eine Haftvermittlerschicht noch eine andere Lösung offenbart. Da ein derartiger Gegenstand unter Schutz gestellt werde, sei das Streitpatent nicht über die gesamte beanspruchte Breite ausführbar und verstoße gegen Artikel 83 EPÜ.
ii) Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin)
Gemäß der gängigen Rechtsprechung (siehe Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts, 8. Auflage, Juli 2016, II.C.2., insbesondere dritter Absatz) müsse es im Wesentlichen möglich sein, alle Ausführungsarten der in dem am weitesten gefassten Anspruch definierten Erfindung anhand der Offenbarung auszuführen. Folglich müssten die unabhängigen Ansprüche nicht alle Merkmale der konkreten Vorrichtung umfassen. Die Beschreibung und die Ausführungsbeispiele lehrten die Verwendung von Haftvermittlerschichten. Anspruch 1 des Hauptantrags schließe Haftvermittlerschichten nicht aus und stehe daher nicht im Widerspruch zur Beschreibung. Es gebe kein Ausführungsbeispiel, das nicht ausführbar wäre. Die Patentanmeldung offenbare die Erfindung so deutlich und vollständig, dass ein Fachmann sie ausführen könne. Die Erfordernisse des Artikels 83 EPÜ seien erfüllt.
Bei dem Versuchsbericht (Dokument D8) handle es sich um einen Einzelversuch, bei dem zwischen einer Polyamid-Außenschicht und einer ersten Sperrschicht aus EVOH keine Haftvermittlerschicht angeordnet sei. Die Schlussfolgerung der Beschwerdeführerin, dass zwischen Polyamid und EVOH generell eine Haftvermittlerschicht erforderlich sei, sei nicht zutreffend. Dokument D4, Absatz [0015] stelle explizit fest: "PA 6 und EVAL haften ohne Haftvermittler in direktem Kontakt zueinander." Ferner falle das Kunststoffrohr des Dokuments D8 nicht unter den Anspruch 1 des Hauptantrags, da die zweite innere Sperrschicht nicht aus PVDF oder ETFE, sondern aus EFEP bestehe.
c) Hauptantrag: Erfinderische Tätigkeit
i) Beschwerdeführerin (Einsprechende)
Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags sei nicht erfinderisch ausgehend vom Dokument D3 entweder in Kombination mit dem Dokument D2 oder in Kombination mit den Dokumenten D4 oder D5 und D6 oder D7.
Das Unterscheidungsmerkmal - die zwischen den Sperrschichten eingefügte Polyamid-Schicht - habe keine technische Wirkung. Absatz [0011] des Streitpatents erwähne lediglich die Existenz einer Trennschicht aus Polyamid. Aus dem Streitpatent selbst sei keine Information zum Zweck dieser Schicht ersichtlich. Die Patentinhaberin beziehe sich auf Absatz [0003] des Streitpatents, im dem erstens der Stand der Technik diskutiert werde und zweitens auf die mechanische Festigkeit der Trägerschicht, nicht aber der Trennschicht, eingegangen werde. Daher sei Absatz [0003] nicht zielführend bei der Zweckangabe für die Trennschicht aus Polyamid. Absatz [0006] des Streitpatents offenbare die subjektive Aufgabe, nämlich auf einfache Weise eine Verbesserung der Barriereeigenschaften auch im Hinblick auf die Verwendung unterschiedlicher Kraftstoffe zu erreichen. Da das Dokument D3 bereits unterschiedliche Sperrschichten und ebenfalls die Reihenfolge dieser Sperrschichten vorwegnehme (siehe Dokument D3, Seite 8, Beispiele 4 und 5), könne die objektive technische Aufgabe nur in der Bereitstellung einer Alternative gesehen werden. Die von der Patentinhaberin formulierte objektive technische Aufgabenstellung, eine Verbesserung der mechanischen Festigkeit zu erreichen, werde außerdem nicht gelöst, da die Polyamid-Schicht nicht an der EVOH-Schicht hafte. Ferner enthalte das Streitpatent keine Angabe zur Dicke der Schichten, obwohl letztere ein für die Festigkeit wesentlicher Parameter sei.
Der Fachmann würde eine Alternative in Betracht ziehen, wenn sich im Stand der Technik ein entsprechender Hinweis finde und das Dokument D3 nicht davon abrate. Auf Seite 5, Zeilen 26 bis 28, des Dokuments D3 werde offenbart, dass die anderen Schichten nicht limitiert seien, solange eine Sperrschicht aus EVOH und eine Schicht aus einem Fluorpolymer vorhanden seien. Das Dokument D3 bilde hinsichtlich der Haftvermittlerschichten keine abschließende Lehre. Auf Seite 6, Zeilen 53 bis 56, würden lediglich beispielhaft Haftvermittler vorgeschlagen. Dem Fachmann seien verschiedene Möglichkeiten für Haftvermittlerschichten bekannt.
Das Dokument D2 beschäftige sich ebenfalls mit mehrschichtigen Kunststoffrohren für den Kraftfahrzeugbereich. Daher hätte der Fachmann dieses Dokument in Betracht gezogen. Im Beispiel 8 sei ein Kunststoffrohr mit zwei Sperrschichten Z6 und Z7 und einer dazwischen liegenden Polymaid-Schicht PA3 offenbart (siehe Dokument D2, Seite 13, Tabelle 3). Ausgehend vom Dokument D3 hätte der Fachmann zwei Möglichkeiten gehabt, die Ausführungsbeispiele 4 oder 5 des Dokuments D3 zu modifizieren: entweder durch Hinzufügung einer Polyamid-Schicht oder durch Ersetzen einer Haftvermittlerschicht durch eine Polyamid-Schicht. Beide Möglichkeiten würden zu einem Gegenstand führen, der unter den Gegenstand von Anspruch 1 des Hauptantrags falle. Die Frage, ob eine Haftung existiere, könne keine Rolle spielen, da diese nicht über die gesamte beanspruchte Breite gegeben sei.
Alternativ wäre der Fachmann zum beanspruchten Gegenstand gelangt, indem er ausgehend vom Dokument D3 das Dokument D4 herangezogen hätte. Das Dokument D3 beschäftige sich mit der Haftungsproblematik in mehrschichtigen Kunststoffrohren. Aus den Absätzen [0029] und [0035] des Dokuments D4 hätte der Fachmann erfahren, dass es eine innere Schicht aus bestimmten Polyamiden, beispielsweise Polyamid 66, gäbe, die direkt an EVOH haften würden. Zusätzlich hätte der Fachmann aus dem Dokument D6 erfahren, dass Polyamid und Fluorpolymere direkt aneinander haften würden. Ein spezielles Beispiel wäre Polyamid 66 (siehe Dokument D6, Zusammenfassung, Spalte 3, Zeilen 15 bis 20, und Spalte 6, Beispiel 1). Spalte 5, Zeile 9, des Dokuments D6 erwähne explizit ETFE als Fluorpolymer. Daher hätte der Fachmann Polyamid 66 als alternativen Haftvermittler in den Ausführungsbeispielen 4 oder 5 in Dokument D3 eingesetzt. Analog zu Dokument D4 hätte der Fachmann die gleiche Lehre aus Dokument D5 (siehe Dokument D5, Seite 9, Beispiel 2) und analog zu Dokument D6 aus Dokument D7 (siehe Dokument D7, Zusammenfassung, Absätze [0011] und [0014]) erhalten.
ii) Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin)
Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags beruhe auf einer erfinderischen Tätigkeit. Ausgehend vom Dokument D3 mit dem Unterscheidungsmerkmal der Polyamid-Trennschicht, liege der technische Effekt darin, die mechanische Festigkeit und Widerstandsfähigkeit des Kunststoffrohres positiv zu beeinflussen (siehe Streitpatent, Absatz [0003]). Die Eigenschaften von Polyamid gehörten zum allgemeinen Fachwissen. Ferner sei im Absatz [0011] des Streitpatents ein Zusammenhang der Polyamid-Trennschicht und der Trägerschicht aus Polyamid offenbart. Deshalb bestehe die objektive technische Aufgabe darin, die mechanische Stabilität des Kunststoffrohres weiter zu verbessern.
Dokument D3 offenbare keine zusätzliche Polyamid-Schicht für die Erhöhung der Festigkeit. Vielmehr führe die Lehre des Dokuments D3 davon weg, indem auf Seite 6, Zeile 48, bis Seite 7, Zeile 3, explizit die Haftungsprobleme angesprochen würden. Da Dokument D3 eine abgeschlossene Lehre hinsichtlich der Haftungsproblematik enthielte, wäre der Fachmann nicht davon abgewichen. Um eine bessere mechanische Festigkeit zu erreichen, hätte der Fachmann daher keine zusätzliche innere Schicht vorgesehen, sondern hätte wie es im Dokument D3 auf Seite 7, Zeilen 11 bis 17, vorgeschlagen werde, die äußere Polyamid-Schicht dicker ausgeführt.
Das Dokument D2 beschäftige sich nur mit der Barrierewirkung gegenüber alkoholhaltigen Kraftstoffen und schlage mit zwei Sperrschichten aus PVDF eine andere Lösung vor. Daher hätte der Fachmann Dokument D2 nicht herangezogen. Selbst wenn der Fachmann das Dokument D2 berücksichtigt hätte, hätte er ohne Veranlassung selektiv eine Polyamid-Schicht herausgreifen müssen. Ferner lehre das Dokument D2 eine Haftung von PVDF an Polyamid über Acrylatschichten, die im Dokument D3 nicht vorgesehen seien.
Die zweite Argumentationslinie der Beschwerdeführerin sei ebenso wenig zielführend. Keines der Dokumente D4 bis D7 bilde das Sperrschichtkonstrukt der vorliegenden Erfindung mit zwei verschiedenen Sperrschichten ab. Zwar sei in den Dokumenten D4 oder D5 die Haftung zwischen EVOH und Polyamid und in den Dokumenten D6 oder D7 die Haftung zwischen Fluorpolymeren und Polyamid offenbart, jedoch hätte der Fachmann daraus nicht selektiv eine Zwischenschicht aus Polyamid entnommen und in die Ausführungsbeispiele 4 oder 5 aus Dokument D3 eingebaut. Der Fachmann hätte keine Veranlassung gehabt, mit der Lehre aus Dokument D3 zu brechen.
Entscheidungsgründe
1. Hauptantrag: Klarheit
1.1 Die Beschwerdeführerin erhob einen Einwand der mangelnden Klarheit des Anspruchs 1 im Zusammenhang mit den Ansprüchen 3 und 6 des Hauptantrags. Dieser Einwand war im Einspruchsverfahren nicht vorgebracht worden und ist daher neu im Beschwerdeverfahren. Die Beschwerdegegnerin hat keine Einwände gegen die Zulassung des Einwands erhoben.
1.2 Der abhängige Anspruch 3 des Hauptantrags hängt von Anspruch 1 oder 2 ab und lautet, "wobei die Innenschicht des Rohres eine Sperrschicht ist, die aus einem Sperrschichtkunststoff besteht." Dieser Anspruch entspricht dem erteilten Anspruch 5.
Der abhängige Anspruch 6 des Hauptantrags hängt von einem der Ansprüche 1 bis 5 ab und lautet, "wobei die Innenschicht mit zumindest einer leitfähigen Substanz versehen ist." Dieser Anspruch entspricht dem erteilten Anspruch 8.
1.3 Der abhängige Anspruch 3 des Hauptantrags bezieht sich nicht unbedingt auf die zweite innere Sperrschicht aus Anspruch 1 des Hauptantrags. Vielmehr kann es sich um eine zusätzliche Innenschicht handeln. Daher betrifft der von der Beschwerdeführerin geltend gemachte Klarheitseinwand den abhängigen Anspruch 6 in Zusammenhang mit dem abhängigen Anspruch 3. Da beide Ansprüche bereits in der erteilten Form vorlagen, bedeutet dies, dass der behauptete Klarheitseinwand nicht durch Änderungen bedingt ist. Nach der Entscheidung G 3/14 der Großen Beschwerdekammer werden im Einspruchsverfahren die Ansprüche des Patents nur auf die Erfordernisse des Artikels 84 EPÜ 1973 geprüft, sofern - und dann auch nur soweit - diese Änderung einen Verstoß gegen Artikel 84 EPÜ 1973 herbeiführt.
1.4 Ergebnis bezüglich Klarheit
Die Klarheitseinwände sind im vorliegenden Fall in Anbetracht der Entscheidung G 3/14 nicht überprüfbar.
2. Hauptantrag: Ausführbarkeit
2.1 Nach Artikel 83 EPÜ 1973 ist die Erfindung in der Anmeldung so deutlich und vollständig zu offenbaren, dass ein Fachmann sie ausführen kann. Die Frage, ob eine Erfindung im Sinne von Artikel 83 EPÜ 1973 ausreichend offenbart ist, ist anhand des Gesamtinhalts der Patentanmeldung, also unter Berücksichtigung der Ansprüche, der Beschreibung und der Zeichnungen, zu beantworten; die Frage ausreichender Offenbarung darf jedenfalls nicht allein vom Inhalt der Ansprüche her beurteilt werden (siehe Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts, 9. Auflage, Juli 2019, II.C.3.1.).
Im vorliegenden Fall ist zur Beurteilung der Ausführbarkeit nicht relevant, ob eine Haftvermittlerschicht zwingend erforderlich ist, sondern ob die Patentanmeldung als Ganzes genügend Informationen enthält, ein mehrschichtiges Kunststoffrohr nach Anspruch 1 des Hauptantrags herzustellen. Die ursprünglich eingereichte Anmeldung offenbart in den Ausführungsbeispielen 1 bis 4 jeweils eine Haftvermittlerschicht zwischen der Sperrschicht aus EVOH und der Trennschicht aus Polyamid. Dies bedeutet, dass der Fachmann zumindest mit einer Haftvermittlerschicht die Erfindung ausführen kann.
2.2 Ferner kann nach der ständigen Rechtsprechung der Beschwerdekammern der Fachmann die in der Anmeldung enthaltenen Informationen durch sein allgemeines Fachwissen ergänzen. Dies betrifft vor allem die Feststellung der Beschwerdegegnerin, dass zwischen Polyamid und EVOH nicht generell eine Haftvermittlerschicht erforderlich sei. Dokument D4 erwähne in Absatz [0015] explizit, dass z.B. Polyamid 6 und EVOH ohne Haftvermittler in direktem Kontakt zueinander haften, während zwischen EVOH und Polyamid 12 in der Praxis ohne Haftvermittler keine genügende Haftung erreicht wird. Nach Meinung der Kammer wäre daher der Fachmann in der Lage gewesen, den beanspruchten Gegenstand entsprechend umzusetzen.
2.3 Der Versuchsbericht (Dokument D8) zeigt eine ungenügende Haftung zwischen einer Polyamid- und einer EVOH-Schicht auf. Unabhängig davon, dass das dort hergestellte Rohr nicht unter den Gegenstand von Anspruch 1 des Hauptantrags fällt, ist dieser Versuchsbericht für die Ausführbarkeit der vorliegenden Erfindung nicht relevant, da das Streitpatent explizit die Zwischenschaltung von Haftvermittlerschichten offenbart, um den Verbund der Schichten zu verbessern (siehe ursprünglich eingereichte Beschreibung, Seite 4, Zeilen 1 bis 2; Seite 5, Zeilen 1 bis 3; Seite 8, Zeile 26 bis Seite 9, Zeile 2; Seite 10, Zeile 30 bis Seite 11, Zeile 11).
2.4 Ergebnis bezüglich der Ausführbarkeit
Die Erfindung ist so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen kann. Die Erfordernisse des Artikels 83 EPÜ 1973 sind erfüllt.
3. Hauptantrag: Erfinderische Tätigkeit des Gegenstands von Anspruch 1
Es wurde vorgetragen, dass der Gegenstand von Anspruch 1 des Hauptantrags ausgehend vom Dokument D3 in Kombination mit dem Dokument D2 oder in Kombination mit den Dokumenten D4 oder D5 und D6 oder D7 nicht erfinderisch sei.
3.1 Ausgangspunkt und Unterscheidungsmerkmale
Das Dokument D3 stellt unbestritten einen geeigneten Ausgangspunkt zur Prüfung der erfinderischen Tätigkeit dar. Es offenbart eine mehrschichtige Kraftstoffrohrleitung aus Kunststoff mit einer verbesserten Barrierewirkung gegenüber unterschiedlichen Kraftstoffbestandteilen. Ausführungsbeispiele 4 und 5 zeigen jeweils eine innere Sperrschicht aus PVDF oder ETFE, eine äußere Sperrschicht aus EVOH und eine Trägerschicht aus Polyamid (siehe Dokument D3, Seite 4, Zeilen 6 bis 10 und 45 bis 58).
Die Parteien waren sich einig, dass sich der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags dadurch vom Ausführungsbeispiel 4 oder 5 des Dokuments D3 unterscheidet, dass zwischen der inneren und äußeren Sperrschicht eine Trennschicht aus einem Polyamid oder einem Blend mit einem Polyamid vorgesehen ist.
3.2 Technische Wirkung und objektive technische Aufgabe
Das Streitpatent nennt keine technische Wirkung der Polyamid-Trennschicht. Absatz [0011] des Streitpatents erwähnt deren Vorhandensein, geht aber auf ihren Zweck nicht ein. Auch Absatz [0003] des Streitpatents zeigt die technische Wirkung der Polyamid-Trennschicht nicht auf. Dieser Absatz beschreibt den Stand der Technik und beschäftigt sich darüber hinaus mit der Festigkeit der Polyamid-Trägerschicht. Auch wenn dem Fachmann die Eigenschaften von Polyamid, insbesondere dessen mechanische Festigkeit, allgemein bekannt sind, kann daraus nicht auf den konkreten Zweck der Polyamid-Trennschicht in dem mehrschichtigen Kunststoffrohr geschlossen werden. Die Lehre des Streitpatents zielt außerdem nicht auf die mechanische Festigkeit des Kunststoffrohres ab und nennt keine Details wie z.B. erforderliche Wandstärken. Da die in Absatz [0006] des Streitpatents genannte Aufgabe, "auf einfache Weise eine Verbesserung der Barriereeigenschaften auch im Hinblick auf die Verwendung unterschiedlicher bzw. landestypischer Kraftstoffe" zu erreichen, bereits im Dokument D3 gelöst wird, besteht die objektive technische Aufgabe darin, eine alternative Lösung zu finden.
3.3 Naheliegen des Gegenstands von Anspruch 1 ausgehend von Dokument D3 in Kombination mit dem Dokument D2
3.3.1 Der Gegenstand des Anspruchs 1 wird dem Fachmann, der von Dokument D3 ausgeht und das Dokument D2 in Betracht zieht, nicht nahegelegt. Die Gründe dafür sind wie folgt.
3.3.2 Das Dokument D2 offenbart ein mehrschichtiges Kunststoffrohr mit verbesserter Barrierewirkung und verbesserter mechanischer Festigkeit, insbesondere verbesserter Haftung (siehe Dokument D2, Seite 2, Zeilen 1 bis 21). Daher hätte der Fachmann die Lehre des Dokuments D2 in Betracht gezogen. Das Dokument D2 offenbart eine alternative Lösung zur Verbesserung der Barrierewirkung. Das Kunststoffrohr aus Beispiel 8 (siehe Dokument D2, Seite 13) weist zwei Sperrschichten aus PVDF unterschiedlicher Zusammensetzung und eine Träger- und Zwischenschicht aus Polyamid auf. Es wurde nicht überzeugend dargelegt, dass der Fachmann, der vom Beispiel 4 oder 5 des Dokuments D3 ausging, die Haftvermittlerschicht nicht nur durch die aus Dokument D2 bekannte Polyamid-Zwischenschicht ergänzt oder ersetzt haben könnte, sondern sie auch tatsächlich durch diese Schicht ersetzt hätte. Es ist nicht ersichtlich, warum der Fachmann gerade die Polyamid-Zwischenschicht aus Beispiel 8 des Dokuments D2 ausgewählt hätte. So hätte er auch die aus Dokument D3 bekannten Sperrschichten mit den zwei ähnlich zusammengesetzten PVDF-Sperrschichten aus dem Dokument D2 wählen können, um die Haftung zwischen den Sperrschichten zu verbessern bzw. zu erleichtern oder eine alternative Lösung für die Barrierewirkung zu finden. Daher ist die Kammer zum Schluss gelangt, dass der Fachmann in der Erwartung, eine alternative Lösung zu finden, die Lehre des Dokuments D3 nicht derart abgewandelt hätte, dass er zu dem beanspruchten Gegenstand gelangt wäre. Den Dokumenten D2 und D3 sind keine entsprechenden Anregungen zu entnehmen.
3.3.3 Es wurde vorgetragen, dass der Fachmann bei der Suche nach einer Alternative keine Veranlassung haben müsse und es ausreiche, dass das Dokument D3 nichts Gegenteiliges lehre. In diesem Zusammenhang wurde darauf hingewiesen, dass alle Ausführungsbeispiele des Dokuments D3 fünf oder sechs Schichten umfassen, dass jedoch, solange eine innere Schicht aus Fluorpolymeren und eine äußere Schicht aus Polyamid oder EVOH vorhanden sei, das Vorhandensein von einer oder mehreren anderen Schichten nicht ausgeschlossen sei (siehe Dokument D3 auf Seite 5, Zeilen 26 bis 28). Es ist richtig, dass das Dokument D3 nicht von einer zusätzlichen Schicht abrät. Im vorliegenden Fall bestand auch die technische Möglichkeit, die Haftvermittlerschicht durch eine Polyamid-Trennschicht zu ersetzen oder zu ergänzen. Jedoch ist dies nicht ausreichend, um zu zeigen, dass der Fachmann tatsächlich so gehandelt hätte. Es wurde nicht überzeugend dargelegt, dass der Fachmann selektiv die Polyamid-Trennschicht aus dem Beispiel 8 des Dokuments D2 herausgegriffen hätte. Die Kombination der Dokumente D3 und D2 hätte den Fachmann daher nicht in naheliegender Weise zum Gegenstand von Anspruch 1 des Hauptantrags geführt.
3.4 Naheliegen des Gegenstands von Anspruch 1 ausgehend von Dokument D3 in Kombination mit den Dokumenten D4 oder D5 und D6 oder D7
3.4.1 Der Gegenstand des Anspruchs 1 wird dem Fachmann, der von Dokument D3 ausgeht und die Dokumente D4 oder D5 und D6 oder D7 in Betracht zieht, nicht nahegelegt. Die Gründe dafür sind wie folgt.
3.4.2 Es ist unbestritten, dass die Dokumente D4 oder D5 die Haftung zwischen Polyamid und EVOH offenbaren (siehe Dokument D4, Absätze [0029] und [0035]; siehe Dokument D5, Seite 9, Beispiel 2) und dass die Dokumente D6 oder D7 die Haftung zwischen Polyamid und Fluorpolymeren offenbaren (siehe Dokument D6, Zusammenfassung, Spalte 3, Zeilen 15 bis 20, Spalte 6, Beispiel 1; siehe Dokument D7, Zusammenfassung, Absätze [0011] und [0014]). Wie bereits im Zusammenhang mit der Ausführbarkeit der Erfindung festgestellt wurde (siehe Punkt2.2), gehört dies zum allgemeinen Wissen des Fachmanns. Für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit ist allerdings die Frage zu beantworten, ob der Stand der Technik dem Fachmann Anregungen gab, die beanspruchte Anordnung und Auswahl der Sperrschichten und der Trennschicht zu wählen. Wie unter Punkt3.3.3 dargelegt, reicht es nicht aus, dass einzelne Elemente, wie hier die Haftung von Polyamid einerseits an EVOH und andererseits an Fluorpolymeren, bekannt waren. Es ist vielmehr zu untersuchen, ob der Fachmann die bekannten Lehren so miteinander kombiniert hätte, dass er zu dem beanspruchten Gegenstand gelangt wäre. Die Behauptung, dass die Kombination der verschiedenen Lehren aus den Dokumenten D4 oder D5 und D6 oder D7 mit einem der Ausführungsbeispiele 4 oder 5 aus Dokument D3 den Fachmann zum beanspruchten Gegenstand zu geführt hätte, beruht auf einer rückschauenden Betrachtungsweise.
3.5 Ergebnis bezüglich der erfinderischen Tätigkeit des Gegenstands von Anspruch 1
Der Gegenstand von Anspruch 1 wird weder von Dokument D3 in Kombination mit dem Dokument D2 noch von Dokument D3 in Kombination mit den Dokumenten D4 oder D5 und D6 oder D7 nahegelegt. Er beruht daher auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ 1973).
4. Ergebnis
Da keinem der Einwände gegen den Hauptantrag stattgegeben werden kann, ist die Beschwerde zurückzuweisen.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.