T 2245/17 (Filter/Witzenmann) 17-11-2020
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Filter zum Einsetzen in eine fluidführende Rohrleitung
Volkswagen Aktiengesellschaft
Continental Automotive GmbH
Neuheit - (ja)
Erfinderische Tätigkeit - (ja)
Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde der Einsprechenden 1 (Beschwerdeführerin) betrifft die Entscheidung der Einspruchsabteilung, den Einspruch gegen das europäische Patent Nr. EP 2 589 423 B1 (Streitpatent) zurückzuweisen.
Die folgenden in der Entscheidung zitierten Dokumente sind hier von Relevanz:
E1: DE 10 2010 050 393 A1
D4: FR 1 029 088
II. Der unabhängige Anspruch 1 des Streitpatents lautet wie folgt:
"1. Filter zum Einsetzen in eine fluidführende Rohrleitung, insbesondere in eine gasführende Rohrleitung eines Verbrennungsmotors, umfassend ein Trägerrohr (1) und ein flächiges Filterelement (9), das am Trägerrohr (1) fixiert ist und dessen lichten Innenquerschnitt überdeckt, wobei das Trägerrohr (1) einen Rohrstutzen (2) mit einem Endbereich (5), einem den Endbereich (5) abschließenden Rand (4) und eine vom Rand (4) umschriebene Rohröffnung (3) aufweist, wobei das Filterelement (9) die Rohröffnung (3) des Rohrstutzens (2) überdeckt, indem es auf den Rand (4) der Rohröffnung (3) aufgesetzt ist, sich radial über den Rand (4) hinaus erstreckt und nach hinten umgebogen ist, so dass es im Endbereich (5) des Rohrstutzens (2) an dessen Außenfläche anliegt, und wobei eine auf die Außenfläche des Endbereichs (5) des Rohrstutzens (2) aufsetzbare und das Filterelement (9) zwischen sich und dem Endbereich (5) des Rohrstutzens (2) klemmende Hülse (7) vorgesehen ist, dadurch gekennzeichnet, dass der Rand (4) des Rohrstutzens (2) nach innen umgebogen ist, so dass ein Radius (R) zum Anlegen des Filterelements (9) gebildet ist, und dass die Hülse (7) im Bereich des Randes (4) des Rohrstutzens nach innen umgebogen ist, so dass ein Radius zum Anlegen des Filterelements (9) gebildet ist."
Der unabhängige Anspruch 2 des Streitpatents lautet wie folgt:
"2. Filter zum Einsetzen in eine fluidführende Rohrleitung, insbesondere in eine gasführende Rohrleitung eines Verbrennungsmotors, umfassend ein Trägerrohr (1) und ein flächiges Filterelement (9), das am Trägerrohr (1) fixiert ist und dessen lichten Innenquerschnitt überdeckt, wobei das Trägerrohr (1) einen Rohrstutzen (2) mit einem Endbereich (5), einem den Endbereich (5) abschließenden Rand (4) und eine vom Rand (4) umschriebene Rohröffnung (3) aufweist, dadurch gekennzeichnet, dass das Filterelement (9) die Rohröffnung (3) des Rohrstutzens (2) überdeckt, indem es von innen an den Rand (4) der Rohröffnung (3) angrenzt und randseitig nach hinten umgebogen ist, so dass es im Endbereich (5) des Rohrstutzens (2) an dessen Innenfläche anliegt, dass eine an die Innenfläche des Endbereichs (5) des Rohrstutzens (2) ansetzbare und das Filterelement (9) zwischen sich und dem Endbereich (5) des Rohrstutzens (2) klemmende Hülse (7) vorgesehen ist, dass der Rand (4) des Rohrstutzens (2) nach innen umgebogen ist, so dass ein Radius (R) zum Anlegen des Filterelements (9) gebildet ist, und dass die Hülse (7) im Bereich des Randes (4) des Rohrstutzens nach innen umgebogen ist, so dass ein Radius zum Anlegen des Filterelements (9) gebildet ist."
Die Ansprüche 3 bis 14 beziehen sich direkt oder indirekt zumindest auf einen der Ansprüche 1 oder 2.
III. Die mündliche Verhandlung fand am 17. November 2020 statt.
IV. Die Argumente der Beschwerdeführerin können kurz wie folgt zusammengefasst werden:
Der Gegenstand der Ansprüche 1 und 2 sei nicht neu gegenüber E1. Das für Anspruch 1 Vorgetragene gelte auch für Anspruch 2, wie korrekterweise von der Einspruchsabteilung in Abschnitt 4.3.1 ihrer Entscheidung dargelegt.
Der allgemeine Teil des Dokumentes E1 und insbesondere Absatz [0014] offenbare alle Merkmale der unabhängigen Ansprüche des Streitpatents. In Absatz [0014] werde ausdrücklich die Möglichkeit genannt, die Vlieslage mit dem Zylinderabschnitt zu verbinden. Die Vlieslage zwischen Boden und Deckel sei nach Absatz [0014] geklemmt, und am verjüngten Abschnitt klemme der Deckel von außen gegen den Zylinderabschnitt, wie aus Absatz [0016] hervorgehe. Die Ränder des Zylinderabschnitts und des Deckels seien nach innen umgebogen, wie auch in Figur 2 gezeigt. Aus Absätzen [0012] und [0014] sei ersichtlich, dass der Boden und der Deckel außerdem außen jeweils flächige Stützelemente aufweisen würden, an denen die Vlieslage zwischen dem Boden und dem Deckel angeordnet sei.
Da unbestritten die Priorität für den Gegenstand der Ansprüche 1 und 2 nicht gültig sei, sei E1 Stand der Technik unter Artikel 54(2) EPÜ. Ferner beinhalte der Gegenstand der Ansprüche 1 und 2 keine erfinderische Tätigkeit. Ausgehend von dem in Figuren 2 und 3 des E1 gezeigten Ausführungsbeispiel sei die Lösung der Aufgabe, eine verbesserte Befestigung des Filtermaterials zu erreichen, nahegelegt angesichts der Offenbarung in Absatz [0014] des E1. Auch zeige D4 in den Figuren 1 und 2 die vorgeschlagene Lösung.
V. Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) wies diese Argumente zurück.
VI. Die Beschwerdeführerin beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent zu widerrufen.
Die Beschwerdegegnerin beantragt nunmehr, die Beschwerde zurückzuweisen oder hilfsweise das Patent aufrechtzuerhalten auf der Basis eines der Hilfsanträge 1 bis 7, eingereicht am 12. Dezember 2019.
Die Einsprechende 2, die auch am Beschwerdeverfahren beteiligt ist, hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert.
Entscheidungsgründe
Hauptantrag (Patent wie erteilt)
1. Artikel 100(a) EPÜ in Verbindung mit Artikel 54 EPÜ
Es ist unstrittig, dass E1 Stand der Technik gemäß Artikel 54(2) EPÜ ist.
Die Kammer folgt der Einspruchsabteilung und erkennt die Neuheit gegenüber E1 aus folgenden Gründen an:
Die Formulierung von Anspruch 1 schließt das Vorhandensein von mehreren Öffnungen angesichts des Ausdrucks "aufweist" nicht aus. Topf 2 (E1: Figur 2) wird als Trägerrohr angesehen, da es kein Unterscheidungsmerkmal zwischen beiden gibt. Zudem wird auch der Interpretation der Einspruchsabteilung betreffend Rohrstutzen mit einem Endbereich, einem den Endbereich abschließenden Rand und einer vom Rand umschriebenen Rohröffnung zugestimmt (siehe Entscheidungsgründe Punkt 4.2.2, 2. und 3. Absatz). E1 offenbart in Absatz [0014], dass eine Vlieslage zwischen Boden und Deckel geklemmt sein kann. Zudem ist es möglich, dass die Vlieslage mit dem Boden oder dem Zylinderabschnitt oder dem Deckel verbunden ist. Aus Absatz [0014] geht also nicht hervor, dass das Vlies zwingend zwischen Boden und Deckel geklemmt ist.
In Absatz [0016] wird eine Weiterbildung der Vorrichtung offenbart, in der der Deckel außen den Topf umgreift. Informationen, wie in dem Fall das Vlies befestigt sein soll, befinden sich im Absatz [0016] nicht. Figuren 2 und 3 zeigen eine solche Weiterbildung, in der jedoch das Vlies nicht über den Rand des Bodens hinausragt. Die in Absatz [0034] offenbarten Optionen der Befestigung lassen auch nicht zwingend den Schluss zu, dass das Vlies nach hinten umgebogen ist und durch den Deckel eingeklemmt wird. Insgesamt gibt es also keine eindeutige Offenbarung, die zeigt, dass das Filterelement den Boden bis über den Bereich der Radien überragt und somit inhärent nach hinten umgebogen sein muss.
Die Lesart des Abschnitts [0014], dass die Vlieslage nach hinten umgebogen sei und zwischen Deckel und Boden am Zylinderabschnitt eingeklemmt sei, kann nicht nachvollzogen werden, da dort eine Klemmung im Endbereich des Rohrstutzens eben nicht erwähnt wird.
Aus der Gesamtoffenbarung des E1 geht nicht unmittelbar und eindeutig hervor, dass in Ausführungsformen mit einer Hülse, die im Bereich des Randes des Rohrstutzens nach innen umgebogen ist, diese klemmend ist. Deshalb erfüllt Anspruch 1 das Erfordernis der Neuheit.
Da die Beschwerdeführerin für den Gegenstand des Anspruchs 2 die gleiche Argumentation wie für Anspruch 1 vorbrachte, gilt somit die gleiche Begründung für Anspruch 2, so dass dieser auch das Erfordernis der Neuheit erfüllt.
Dies gilt demzufolge auch für die abhängigen Ansprüche 3 bis 14.
2. Artikel 100(a) EPÜ in Verbindung mit Artikel 56 EPÜ
2.1 Es ist unstrittig, dass E1 nächstliegender Stand der Technik ist. Das in Figur 2 und 3 gezeigte Ausführungsbeispiel ist ein geeigneter Ausgangspunkt.
2.2 Die zu lösende Aufgabe wird von der Beschwerdegegnerin darin gesehen, einen Filter bereitzustellen, der unaufwendiger zu fertigen ist (Absatz [0013] des Patents, Beschwerdeerwiderung 4.4).
2.3 Die Aufgabe soll durch einen Filter gemäß Anspruch 1 gelöst werden, dadurch gekennzeichnet, dass im Endbereich des Rohrstutzens eine klemmende Hülse vorgesehen ist, und das Filterelement sich radial über den Rand der Öffnung hinaus erstreckt und nach hinten umgebogen ist, so dass es im Endbereich des Rohrstutzens an dessen Außenfläche anliegt.
2.4 Die Kammer ist nicht überzeugt, dass diese Aufgabe gelöst wird, da nicht ersichtlich ist, dass die Unterscheidungsmerkmale zur Lösung dieser Aufgabe beitragen.
2.5 Deshalb wird die Aufgabe im Einklang mit der Beschwerdeführerin darin gesehen, eine verbesserte Befestigung des Filtermaterials zu erreichen (Beschwerdebegründung, Seite 10, vierter Absatz).
2.6 Die Lösung der Aufgabe ist aus folgenden Gründen nicht naheliegend:
2.6.1 Die in den Figuren 2 und 3 des E1 gezeigte Ausführungsform enthält eine Vlieslage 5, die nicht über den Rand der Öffnung hinausgeht. Auch wenn im Absatz [0035] der E1 angegeben ist, dass im Wesentlichen (nur) der Boden durch die Vlieslage überspannt wird, was im Umkehrschluss bedeuten könnte, dass das Vlies auch über den Boden hinausragen könnte, so stützt die dargestellte Ausführungsform diese Interpretation nicht, da der Deckel 6 außen am Zylinderabschnitt 14 verschweißt ist. Somit ist die Möglichkeit, das Vlies zwischen Deckel und Zylinder einzuklemmen, nicht gegeben.
Es wird zwar im allgemeinen Teil der Beschreibung in Absatz [0016] darauf hingewiesen, dass eine kraftschlüssige Verbindung zwischen Deckel und Zylinder möglich ist, jedoch ist in dem Zusammenhang die Vlieslage nicht erwähnt.
Im Absatz [0014] wird angegeben, dass es möglich ist, dass die Vlieslage auch mit zumindest dem Boden (oder dem Zylinderabschnitt) oder dem Deckel (insbesondere stoffschlüssig) verbunden ist. Da Absatz [0014] sich auf Absatz [0013] bezieht, ist es weder eindeutig, dass die Verbindung mit dem Zylinderabschnitt zwingend den zylindrischen Teil des Topfes vorsieht und das Vlies somit nach hinten umgebogen ist, noch eindeutig, dass eine Klemmung der Vlieslage zwischen Deckel und Topf vorhanden sein soll. Die bevorzugte stoffschlüssige Verbindung lehrt eher weg von einer solchen Klemmung. Die von der Beschwerdeführerin getroffene Interpretation des Absatzes [0014], wonach dort eindeutig eine von den möglichen Alternativen vorsehe, dass die Vlieslage nach hinten umgebogen sein könne und dann zwischen Deckel und Topf geklemmt sei, beruht auf einer rückschauenden Betrachtungsweise.
Die vorgeschlagene Lösung wird durch E1 nicht nahegelegt.
2.6.2 D4 erwähnt generell Automobilanwendungen, ist aber auf die Flüssigfiltration gerichtet (Sp.1, Z.6: sowie Spalte 2, Zeile 1). Deshalb würde die Fachperson die Lehren nicht kombinieren.
Selbst wenn die Fachperson D4 in Betracht ziehen würde, so lehrt D4 eher einen äußeren Klemmring ("bague extérieure 2") dessen Kombination mit dem Aufbau der E1 nicht zweckmäßig ist. Somit enthält D4 auch keine Lehre zu der beanspruchten Lösung.
2.7 Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruht somit auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Da die Beschwerdeführerin der Meinung war, dass die Argumentation bzgl. erfinderischer Tätigkeit des Anspruchs 1 auch für Anspruch 2 gelte, gilt die für Anspruch 1 vorgebrachte Begründung auch für Anspruch 2, so dass auch dieser das Erfordernis der erfinderischen Tätigkeit erfüllt.
Dies gilt demzufolge auch für die abhängigen Ansprüche 3 bis 14.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.