T 1673/18 (Clariant/Kaltfließverbessereradditive) 06-12-2021
Téléchargement et informations complémentaires:
Detergenzadditive enthaltende Mineralöle mit verbesserter Kältefließfähigkeit
Spät eingereichte Tatsachen
Ausreichende Offenbarung - (ja)
Erfinderische Tätigkeit - (ja)
Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde der Einsprechenden richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, das europäische Patent Nr. 1 801 187 auf Grundlage des in der mündlichen Verhandlung eingereichten Hilfsantrags 1 aufrechtzuerhalten. Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 lautet:
"1. Verwendung mindestens einer öllöslichen Polyoxyalkylenverbindung, wobei diese Polyoxyalkylenverbindung ein öllöslicher Ester, Ether oder Ether/Ester von alkoxylierten Polyolen mit mindestens drei, sich von Alkylenoxiden mit 2 bis 5 C-Atomen ableitenden, repetitiven Alkoxyeinheiten pro OH-Gruppe des Polyols ist, der mindestens zwei aliphatische Kohlenwasserstoffreste mit 12 bis 30 C-Atomen trägt, zur Verbesserung des Ansprechverhaltens hinsichtlich der Absenkung von Pour Point, CFPP und Verbesserung der Paraffindispergierung von Mitteldestillaten, die mindestens ein aschefreies, stickstoffhaltiges Detergenzadditiv enthalten, auf Mineralölkaltfließverbesserer, ausgewählt aus
III) Copolymeren aus Ethylen und 8 bis 21 mol-% olefinisch ungesättigten Verbindungen, wobei die olefinisch ungesättigten Verbindungen ausgewählt sind aus einem oder mehreren Vinylestern, Acrylestern, Methacrylestern, Alkylvinylethern und/oder Alkenen, welche mit Hydroxylgruppen substituiert sein können;
IV) öllöslichen polaren Stickstoffverbindungen, welche Umsetzungsprodukte von Aminen der Formel NR**(6)R**(7)R**(8) sind, worin R**(6), R**(7) und R**(8) gleich oder verschieden sein können, und wenigstens eine dieser Gruppen für C8-C36-Alkyl, C6-C36-Cycloalkyl, C8-C36-Alkenyl, insbesondere C12-C24-Alkyl, C12-C24-Alkenyl oder Cyclohexyl steht, und die übrigen Gruppen entweder Wasserstoff, C1-C36-Alkyl, C2-C36-Alkenyl, Cyclohexyl, oder eine Gruppe der Formeln -(A-O)x-E oder -(CH2)n-NYZ bedeuten, worin A für eine Ethyl- oder Propylgruppe steht, x eine Zahl von 1 bis 50, E = H, C1-C30-Alkyl, C5-C12-Cycloalkyl oder C6-C30-Aryl, und n = 2, 3 oder 4 bedeuten, und Y und Z unabhängig voneinander H, C1-C30-Alkyl oder -(A-O)x bedeuten, mit Verbindungen, die eine Acylgruppe enthalten;
V) Alkylphenol-Formaldehydharzen, die Oligo- oder Polymere mit einer repetitiven Struktureinheit der Formel
FORMEL/TABELLE/GRAPHIK
sind, worin R**(11) für C1-C200-Alkyl oder-Alkenyl, O-R**(10) oder O-C(O)-R**(10), R**(10) für C1-C200-Alkyl oder -Alkenyl und n für eine Zahl von 2 bis 100 steht;
VI) Kammpolymeren der Formel
FORMEL/TABELLE/GRAPHIK
worin
A R', COOR', OCOR', R"-COOR', OR';
D H, CH3, A oder R";
E H,A;
G H, R", R"-COOR', einen Arylrest oder einen heterocyclischen Rest;
M H, COOR", OCOR", OR", COOH;
N H, R", COOR", OCOR, einen Arylrest;
R' eine Kohlenwasserstoffkette mit 8 bis 50 Kohlenstoffatomen;
R" eine Kohlenwasserstoffkette mit 1 bis 10 Kohlenstoffatomen;
m eine Zahl zwischen 0,4 und 1,0; und
n eine Zahl zwischen 0 und 0,6 bedeuten;
VII) Homo- und Copolymeren von Olefinen mit 2 bis 30 C-Atomen, welche Molekulargewichte von bis zu 120.000 g/mol aufweisen,
worin das Detergenzadditiv eine öllösliche, amphiphile Verbindung ist, die mindestens einen Alkyl- oder Alkenylrest umfasst, der an eine polare Gruppe gebunden ist, wobei der Alkyl- oder Alkenylrest 20 bis 500 C-Atome und die polare Gruppe 2 oder mehr Stickstoffatome umfasst, und wobei die polare Gruppe der Detergenzadditive von Polyaminen der Formel
FORMEL/TABELLE/GRAPHIK
abgeleitet ist, worin jedes R**(9) unabhängig voneinander für Wasserstoff, einen Alkyl- oder Hydroxyalkylrest mit bis zu 24 C-Atomen, einen Polyoxyalkylenrest -(A-O)r oder Polyiminoalkylenrest -[A-N(R**(9))]s-(R**(9)) steht, wobei jedoch mindestens ein R**(9) für Wasserstoff steht, q für eine ganze Zahl von 1 bis 19, A für einen Alkylenrest mit 1 bis 6 C-Atomen, r und s unabhängig voneinander für eine ganze Zahl von 1 bis 50 stehen, und
wobei die Mitteldestillate mehr als 10 ppm mindestens eines aschefreien, stickstoffhaltigen Detergenzadditivs enthalten, und wobei bezogen auf einen Gewichtsteil des aschefreien stickstoffhaltigen Detergenzadditivs 0,01 bis 10 Gewichtsteile mindestens einer öllöslichen Polyoxyalkylenverbindung zur Anwendung kommen."
II. In der Beschwerdebegründung beantragte die Beschwerdeführerin, die Entscheidung aufzuheben und das Patent wegen Nichterfüllung der Erfordernisse der Artikel 123(2), 83 und 56 EPÜ im Hinblick auf das Dokument D3 (WO 95/03377) allein oder in Kombination mit D4 (WO 99/28416 A1) oder D5 (EP 0 061 895 B2) vollständig zu widerrufen.
III. In der Beschwerdeerwiderung vom 9. Januar 2019 beantragte die Patentinhaberin (Beschwerdegegnerin), die Beschwerde zurückzuweisen oder hilfsweise das Patent auf der Basis eines der damit eingereichten Hilfsanträge 1 bis 4 aufrechtzuerhalten.
IV. In der Anlage zur Ladung zur mündlichen Verhandlung äußerte die Kammer ihre vorläufige Meinung, dass der Hauptantrag die Erfordernisse des EPÜ erfüllte, und somit die Beschwerde zurückzuweisen sei.
V. Mit Schreiben vom 5. November 2021 machte die Einsprechende erneut geltend, dass der Gegenstand des aufrechterhaltenen nicht erfinderisch sei. Die Einsprechende machte geltend, dass die Hilfsanträge 1 bis 3 in Anwendung des Grundsatzes der reformatio in peius nicht zulässig seien.
VI. Mit Schreiben vom 15. November 2021 reichte die Patentinhaberin Hilfsanträge 1 bis 3 ein, die die bisherigen Hilfsanträge 1 bis 3 ersetzen sollten.
VII. Am Ende der mündlichen Verhandlung, die am 6. Dezember 2021 statt fand, waren die Anträge der Parteien wie folgt:
Die Beschwerdeführerin beantragte, die Entscheidung aufzuheben und das Patent vollständig zu widerrufen.
Die Beschwerdegegnerin beantragte die Beschwerde zurückzuweisen, oder hilfsweise, das Patent auf der Basis eines der Hilfsanträge 1 bis 3, eingereicht mit
Schreiben vom 15. November 2021, oder Hilfsantrag 4, eingereicht mit der Beschwerdeerwiderung am 9. Januar 2019, aufrechtzuerhalten.
Entscheidungsgründe
1. Zulassung des verspätet vorgebrachten Einspruchsgrundes
1.1 Während des erstinstanzlichen Verfahrens, erhob die Einsprechende einen Einwand unter Artikel 100(c) EPÜ gegen den erteilten Anspruch 1 (der dem geltenden Anspruch 1 entspricht). Dieser Einwand galt als neuer Einspruchsgrund, weil er erstmals mit Schreiben vom 17. November 2017, und somit nach Ablauf der Einspruchsfrist eingereicht wurde. In der angefochtenen Entscheidung (§2.1), kam die Einspruchsabteilung zu dem Schluss, dass der neue Einspruchsgrund nicht prima facie relevant war, und beschloss ihn im Einspruchsverfahren nicht zuzulassen.
1.2 Die Kammer sieht kein Grund diese Entscheidung der Einspruchsabteilung aufzuheben, da die verwendeten Kriterien (nämlich verspätetes Einreichen und prima facie Relevanz) für die Nichtzulassung der neuen Einwände angemessen waren und vernünftig angewandt wurden (siehe dazu G 7/93, Entscheidungsgründe, Punkt 2.6).
1.3 Folglich werden die Einwände nach Artikel 100(c)/123(2) EPÜ nicht in das Beschwerdeverfahren zugelassen.
2. Hauptantrag - Ausführbarkeit (Artikel 83 EPÜ)
Die Erfordernisse des Artikels 83 EPÜ sind aus der Sicht der Kammer aus folgenden Gründen erfüllt:
2.1 Die Einsprechende argumentierte, dass der Zweck des Verwendungsanspruchs 1 darin bestehe, eine "Verbesserung des Ansprechverhaltens" durch Zugabe einer Polyoxyalkylenverbindung zu erreichen. Der einzige Effekt, der im Streitpatent nachgewiesen sei, betreffe die Verbesserung von CFPP und der Paraffindispergierung, die jedoch auf den bekannten Nukleatoreffekt von Polyoxyalkylenen wie PEG (Polyethylenglykol) zurückzuführen sei. Im Streitpatent gebe es jedoch keine Informationen darüber, wie diese "Verbesserung des Ansprechverhaltens" als ein vom bekannten Nukleatoreffekt abweichender technischer Effekt erzielt werden konnte. Die Erfindung sei daher unzureichend offenbart.
2.2 Die Kammer kann sich dieser Argumentation nicht anschließen, weil aus dem Inhalt des Streitpatents (vgl. Absätze [0014], [0015], [0037], [0082]-[0083] und [0092]-[0099]) ersichtlich ist, dass die Verbesserung des Ansprechverhaltens auf den technischen Effekt der Überwindung bzw. der Verbesserung des Antagonismus zwischen Kaltfließverbesserern und stickstoffhaltigen Detergenzadditive zurückzuführen ist. Das Patent enthält im Übrigen 90 Beispiele (Absätze [0092]-[0099]), die diesen Effekt veranschaulichen, und in denen verschiedene Detergenzadditive, Polyoxyalkylenverbindungen und Fließverbesserer sowie unterschiedliche Konzentrationen getestet werden. Es ist also offensichtlich, dass das Streitpatent genügend Information liefert, um den in Anspruch 1 definierten Effekt zu verwirklichen. Die Kammer ist daher zu dem Schluss gekommen, dass die Erfindung ausführbar ist.
3. Hauptantrag - Erfinderische Tätigkeit
Die Erfordernisse des Artikels 56 EPÜ sind aus der Sicht der Kammer aus folgenden Gründen erfüllt:
3.1 Nächstliegender Stand der Technik
3.1.1 Dokument D3 offenbart (Anspruch 1) die Verwendung eines Additivs A in einer Zusammensetzung, die einen größeren Anteil an Kraftstoff und einen kleineren Anteil an Komponente B enthält, um die Kaltfließeigenschaften der Zusammensetzung zu verbessern. Die Komponente B umfasst ein Ethylen-Copolymer und das Additiv A kann u. a. ein öllösliches aschefreies stickstoffhaltiges Detergenzadditiv einschließen (Option (a) in Anspruch 1 von D3). Die Additivmischung kann (Seite 9, erster Absatz) ein weiteres Co-Additiv enthalten, ausgewählt aus einer Liste von Alternativen, die Polyethylenglykol (d.h. eine Polyoxyalkylenverbindung gemäß Anspruch 1) einschließt (Seite 13, dritter Absatz).
Die Kammer stimmt mit der Einsprechenden darin überein, dass die (von Anspruch 1 abhängigen) Ansprüche 2 bis 4 der D3 das Additiv A auf Stoffe beschränken, die unter das in Anspruch 1 definierten stickstoffhaltigen Detergenzadditiv fallen, und dass folglich diese Ausführungsformen als der nächstliegende Stand der Technik angesehen werden können.
3.2 Unterscheidungsmerkmale und Auslegung von Anspruch 1
3.2.1 Polyoxyalkylenverbindungen werden auf den Seiten 11 bis 13 der D3 als Teil einer Liste optionaler Co-Additive ab Seite 9 aufgeführt. Um zum Gegenstand des Anspruchs 1 zu gelangen, müsste somit die Fachperson eine doppelte Auswahl aus Listen treffen: erstens, eine Auswahl der Ausführungsformen in den Ansprüchen 2 bis 4, die ein stickstoffhaltiges Detergenzadditiv gemäß Anspruch 1 definieren, und dann eine weitere Auswahl des Polyethylenglykols aus der Liste der Co-Additive. Dokument D3 offenbart daher nicht direkt und eindeutig die Verwendung von Polyoxyalkylenverbindungen mit den in den Ansprüchen 2 bis 4 definierten Ausführungsformen, d.h. mit einer Kombination von einem Kaltfließverbesserer und einem stickstoffhaltigen Detergenzadditiv im Sinne des Anspruchs 1.
Während beide Parteien darin übereinstimmen, dass der oben angegebene Aspekt den Gegenstand des Anspruchs 1 von D3 unterscheidet, gehen die Ansichten darüber auseinander, ob der definierte Effekt, d.h. die
"Verbesserung des Ansprechverhaltens hinsichtlich der Absenkung von Pour Point und CFPP und Verbesserung der Paraffindispergierung von Mitteldestillaten..." gemäß Anspruch 1 ebenfalls ein Unterscheidungsmerkmal darstellt oder nicht.
3.2.2 Die Einsprechende machte diesbezüglich geltend, dass der Zweck der Verwendung kein Unterscheidungsmerkmal darstelle, weil er von einer allgemeinen Verbesserung der Kaltfließeigenschaften nicht unterschieden werden könne. Insbesondere sei der Begriff "Verbesserung des Ansprechverhaltens" weit gefasst und unklar, so dass er nicht von der bekannten Funktion von Polyoxyalkylenverbindungen als Kaltfließverbesserer (nämlich als Nukleator) zu unterscheiden sei. Diese Schlussfolgerung sei auch durch die Entscheidung
T 2090/15 gestützt, in der festgestellt wurde, dass die Verwendung einer bekannten Substanz für einen bekannten Zweck den Gegenstand des Anspruchs nicht unterscheiden könne. Weiterhin, könne nach den Entscheidungen
T 1539/14 und T 892/94 eine Verwendung für einen bekannten Zweck allein durch die Entdeckung einer neuen Wirkung keine Neuheit begründen.
Die Patentinhaberin argumentierte, dass aus dem Patent ([0014] und [0015]) ersichtlich sei, dass der Zweck der Verbesserung des Ansprechverhaltens unmittelbar mit der Verbesserung oder Überwindung des Antagonismus zwischen dem stickstoffhaltigen Detergenzadditiv und dem Kaltfließverbesserer verbunden sei. Da es sich bei Anspruch 1 um einen Verwendungsanspruch handele, gehöre diese technische Wirkung im Hinblick auf G 2/88 zum Gegenstand der Erfindung.
Die Einsprechende erwiderte, dass der Zweck der Verbesserung des Ansprechverhaltens im Streitpatent getrennt (vgl. [0014]) von der Beschreibung des Antagonismus (vgl. [0015]) offenbart werde. Daher gebe es im Streitpatent keinen klaren Hinweis darauf, dass beide Aspekte miteinander zusammenhängen.
3.2.3 Die Kammer stellt zunächst fest, dass der in Anspruch 1 definierte Zweck entgegen den Behauptungen der Einsprechenden nicht darin besteht, das Ansprechverhalten von Mitteldestillaten im allgemeinen zu verbessern, sondern von Mitteldestillaten, die eine spezifische Mischung aus einem stickstoffhaltigen Detergenzadditiv und einem Kaltfließverbesserer enthalten. Diesbezüglich hat die Einsprechende selbst eingeräumt, dass das Dokument D3 die Zugabe von Polyoxyalkylenverbindungen zu dem oben genannten Additivgemisch nicht vorwegnimmt, somit ist auch der Schluss zu ziehen, dass Anspruch 1 die Verwendung einer bekannten Substanz (hier die Polyoxyalkylenverbindungen) für einen unbekannten Zweck (nämlich die Verbesserung des Ansprechverhaltens von Mitteldestillaten, die einen Kaltfließverbesserer und ein stickstoffhaltiges Detergenzadditiv, wie in Anspruch 1 definiert, enthalten) definiert.
3.2.4 Die entscheidende Frage an dieser Stelle ist, wie der oben genannte Zweck und insbesondere der Begriff "Verbesserung des Ansprechverhaltens..." auszulegen sind. Nach der Entscheidung G 2/88 (vgl. Entscheidungsformel, Punkt (iii)) ist ein Anspruch auf die Verwendung einer bekannten Verbindung für einen bestimmten Zweck, der sich auf eine im Patent beschriebene technische Wirkung stützt, so auszulegen, dass er diese technische Wirkung als funktionelles technisches Merkmal einschließt und daher nach Artikel 54(1) EPÜ nicht beanstandet werden kann, sofern dieses technische Merkmal nicht zuvor der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden ist.
Die oben zitierte Schlussfolgerung legt somit ausdrücklich fest, dass, wenn ein bestimmter Zweck mit einem im Patent (d.h. nicht notwendigerweise in den Ansprüchen) dargestellten technischen Effekt verbunden ist, dieser technische Effekt als Teil der Erfindung betrachtet werden sollte. Im vorliegenden Fall beruht der Zweck der Verbesserung des Ansprechverhaltens des in Anspruch 1 definierten Additivgemischs auf einem spezifischen technischen Effekt, der im Patent (vgl. [0014], [0015], [0037], [0082]-[0083] und [0092]-[0099]) beschrieben ist, nämlich die Überwindung oder Verbesserung des Antagonismus zwischen dem stickstoffhaltigen Detergenzadditiv und dem Kaltfließverbesserer. Daraus folgt, dass entgegen dem Vorbringen der Einsprechenden auch die technische Wirkung der Verbesserung des Antagonismus ein Merkmal darstellt, das den Schutzbereich von Anspruch 1 einschränkt.
3.2.5 Der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass man zu denselben Schlussfolgerungen gelangen würde, selbst wenn man der Argumentation der Einsprechenden folgen würde und zu dem Schluss käme, dass der Begriff "Verbesserung des Ansprechverhaltens" in Anspruch 1 unklar sei. Da der geltende Anspruch 1 dem erteilten Anspruch 1 entspricht, steht die Einhaltung der Anforderungen von Artikel 84 EPÜ gemäß der Entscheidung G 3/14 nicht zur Debatte. Nach der ständigen Rechtsprechung kann die Beschreibung zur Auslegung der Bedeutung unklarer Merkmale in den Ansprüchen herangezogen werden (vgl. Rechtsprechung der Beschwerdekammern des EPA, 9. Auflage, II.A.6.3.3, 1. Absatz). Der unklare Begriff "Verbesserung des Ansprechverhaltens" wäre daher im Lichte der Beschreibung des Streitpatents zu interpretieren, die eindeutig feststellt (vgl. Absätze [0014], [0015], [0037], [0082]-[0083] und [0092]-[0099]), dass eine solche Verbesserung auf einem spezifischen technischen Effekt beruht, nämlich im vorliegenden Fall auf der im Streitpatent beschriebenen Überwindung bzw. Verbesserung der Beeinträchtigung (d.h. Antagonismus), die durch Kombinationen von Kaltfließverbesserern und stickstoffhaltigen Detergenzadditive verursacht werden.
3.2.6 Die Kammer kommt daher zu dem Schluss, dass der Gegenstand von Anspruch 1 auch durch die technische Wirkung der Überwindung oder des Entgegenwirkens des im Patent beschriebenen Antagonismus eingeschränkt ist. Daraus folgt, dass ein Antagonismus, wie er im Patent beschrieben ist, in der Verwendung nach Anspruch 1 vorhanden sein muss, und somit ist Anspruch 1 auf Verwendungen beschränkt, bei denen die Zugabe eines stickstoffhaltigen Detergenzadditivs nach Anspruch 1 zu Mitteldestillaten, die einen Kaltfließverbesserer nach Anspruch 1 enthalten, zu einer Verschlechterung der Kaltfließeigenschaften führt. Darüber hinaus muss in der Verwendung nach Anspruch 1 der Antagonismus durch die Zugabe der Polyoxyalkylenverbindung zumindest teilweise überwunden werden, was impliziert, dass sich alle in Anspruch 1 definierten Kaltfließeigenschaften durch diese Zugabe verbessern müssen.
3.3 Aufgabe der Erfindung
3.3.1 Die Einsprechende hat ausgeführt, dass die Verbesserung des Ansprechverhaltens gemäß Anspruch 1 nicht von den bekannten Eigenschaften von Polyoxyalkylenverbindungen als Kaltfließverbesserer zu unterscheiden sei, sodass die einzige Aufgabe der Erfindung darin bestehe, eine Alternative zur Herstellung eines Mitteldestillats mit guten Kaltfließeigenschaften bereitzustellen. Die Einsprechende wies diesbezüglich darauf hin, dass es nicht angemessen sei, die durch die Erfindung gelöste Aufgabe in Bezug auf den technischen Effekt der Erfindung zu formulieren, so dass diese Formulierung keinen direkten Bezug auf die angebliche Verbesserung des Antagonismus zwischen den spezifischen Additive enthalten sollte.
3.3.2 Die Kammer ist mit dieser Formulierung der Aufgabe nicht einverstanden. Zwar wird der Einsprechenden insofern zugestimmt, dass die gelöste Aufgabe keinen direkten Hinweis auf den spezifischen technischen Effekt der Erfindung enthalten sollte. Da dieser Effekt jedoch, wie oben dargelegt, den Schutzbereich einschränkt (d.h. die Verwendung in Anspruch 1 führt zwangsläufig zu diesem Effekt), muss er bei der Definition der zu lösenden Aufgabe berücksichtigt werden.
3.3.3 Der technische Effekt der Erfindung besteht somit darin, die Kaltfließeigenschaften einer antagonistischen Mischung aus einem stickstoffhaltigen Detergenzadditiv und einem Kaltfließverbesserer in Mitteldestillaten zu verbessern. Daraus folgt, dass die Erfindung darauf abzielt, Probleme zu überwinden, die sich aus Inkompatibilitäten zwischen verschiedenen kaltfließverbessernden Additive ergeben.
3.3.4 Die Kammer ist daher zu dem Schluss gekommen, dass die von der Erfindung gelöste Aufgabe darin besteht, Verwendungen vorzuschlagen, die negative Wechselwirkungen zwischen Kaltfließverbessereradditive zumindest teilweise überwinden.
3.4 Nicht-Offensichtlichkeit der Lösung
3.4.1 Die Einsprechende argumentierte (im Anschluss an ihr Argument, dass die durch die Erfindung gelöste Aufgabe darin bestehe, eine Alternative mit guten Kaltfließeigenschaften bereitzustellen), dass es naheliegend sei, Polyoxyalkylenverbindungen zur Verbesserung der Kaltfließeigenschaften zu wählen, da Polyethylenglykol ein bekannter Nukleator (d.h. ein Kaltfließverbesserer) sei und D3 ausdrücklich vorschlage, diese Substanz als Co-Additiv zu verwenden. Außerdem werde in Anspruch 5 der D3 die Verwendung eines Esters aus einem dreiwertigen Alkohol und einer Carbonsäure vorgeschlagen. Nach den Seiten 4 und 5 könnten solche Stoffe als Schmiermittelzusatz verwendet werden und von durch Sauerstoff unterbrochene Kohlenstoffketten enthaltende Carbonsäuren abgeleitet sein, so dass es sich um Polyoxyalkylenverbindungen handeln könne. Eine Fachperson würde daher erkennen, dass Polyoxyalkylenverbindungen eine Doppelfunktion bieten (als Kaltfließverbesserer und Schmiermittel), und würde somit einen Anreiz haben, dieses spezifische Additiv gegenüber den anderen aus D3 bekannten Alternativen zu wählen.
Darüber hinaus bieten D4 und D5 zusätzliche Anreize zur Auswahl von Polyoxyalkylenverbindungen, um die Kaltfließeigenschaften von Mitteldestillaten zu verbessern. Insbesondere in D4, Seite 24, werde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Verwendung von Polyoxyalkylenverbindungen mit stickstoffhaltigen Detergenzadditive in Form von polaren Stickstoffverbindungen und Kaltfließverbesserern zu guten Kaltfließeigenschaften führe. In D5 (Beispiele 8 und 9; Seiten 6 und 7 und Ansprüche) werde ebenfalls gelehrt, dass Polyoxyalkylenverbindungen die Kaltfließeigenschaften von Mitteldestillaten mit einem Kaltfließverbesserer und einem stickstoffhaltigen Detergenzadditive verbessern.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 sei daher im Hinblick auf Dokument D3 allein oder in Kombination mit der Lehre von D4 oder D5 naheliegend.
3.4.2 Die Kammer ist mit der vorstehenden Argumentation nicht einverstanden, denn wie oben festgestellt, besteht die zu lösende Aufgabe darin, eine Verwendung vorzuschlagen, die die negative Wechselwirkungen zwischen Kaltfließverbesserern zumindest teilweise überwindet.
In diesem Zusammenhang stellt die Kammer fest, dass in Dokument D3 nicht einmal von solchen negativen Wechselwirkungen zwischen Kaltfließverbesserern die Rede ist. Insbesondere lehrt D3 nicht, dass bestimmte stickstoffhaltige Detergenzadditive negativ mit dem Kaltfließverbesserer interagieren, geschweige denn, dass der Zusatz von Polyoxyalkylenverbindungen dieses Problem lösen könnte. Weiterhin scheint keine der Kombinationen von stickstoffhaltigen Detergenzadditive (A1 und A2) mit Kaltfließverbesserern (B1, B2 und B3) auf Seiten 24 und 25 von D3 einen erfindungsgemäßen Antagonismus aufzuweisen (die Zugabe des stickstoffhaltigen Detergenzadditivs verbessert nämlich bei jedem Test die Kaltfließeigenschaften). Eine Fachperson, die von Dokument D3 ausgeht, hätte also keinen Grund einen Antagonismus im Sinne der Erfindung aufweisenden Mischungen in Betracht zu ziehen. Sollte die Fachperson spezifische Mischungen erkennen, die einen solchen Antagonismus aufweisen, wäre jedoch eine der naheliegenden Lösungen, sie einfach zu vermeiden.
In den Dokumenten D4 (WO 99/28416) und D5 (EP0 061 895 B2) wird auch nicht gelehrt, dass der Zusatz von Polyoxyalkylenverbindungen die Kaltfließeigenschaften von antagonistischen Mischungen aus Kaltfließverbesserern und stickstoffhaltigen Detergenzadditive verbessern würde. Stattdessen offenbart D4 (Seite 24) die Verwendung von Polyoxyalkylenverbindungen mit Mischungen, die eine polare Stickstoffverbindung und ein Ethylen-Vinylester-Copolymer enthalten. Während letzteres ein Kaltfließverbesserer im Sinne des Anspruchs 1 ist, fällt die polare Stickstoffverbindung nach D4 nicht in den Anwendungsbereich eines stickstoffhaltigen Detergenzadditivs gemäß Anspruch 1, da sie von einem Monoamin (siehe Seite 9, Zeilen 11-26 von D4) und nicht von einem Polyamin, wie im geltenden Anspruch 1 definiert, abgeleitet ist. Der Vollständigkeit halber weist die Kammer darauf hin, dass D4 zwar ebenfalls ein stickstoffhaltiges Detergenzadditiv gemäß Anspruch 1 zu offenbaren scheint (nämlich das auf Seite 9, Zeilen 8-9 beschrieben wird und dem Stoff B in der Tabelle auf Seite 24 entspricht), wobei jedoch offensichtlich keines der Beispiele in diesem Dokument (siehe Tabelle auf Seite 24) eine Kombination von diesem Additiv B mit einer Polyoxyalkylenverbindung (Additiv A) und einem Kaltfließverbesserer (Additiv G) enthält.
Schließlich wird in Dokument D5 vorgeschlagen, Polyoxyalkylenverbindungen zu Mitteldestillaten zuzugeben, die einen Kaltfließverbesserer (Beispiel 8) oder ein stickstoffhaltiges Detergenzadditiv (Beispiel 9) enthalten. Somit offenbart D5 keine Zusammensetzung, die sowohl einen Kaltfließverbesserer als auch einen stickstoffhaltigen Detergenzadditiv enthält, geschweige denn, dass diese Stoffe einen Antagonismus verursachen könnten und dieser zumindest teilweise durch den Zusatz von Polyoxyalkylenverbindungen überwunden werden kann.
3.4.3 Die Kammer kommt daher zu dem Schluss, dass der Gegenstand von Anspruch 1 (und somit auch den der von Anspruch 1 abhängigen Ansprüche 2-26) in Anbetracht des Dokuments D3 allein oder in Kombination mit D4 und/oder D5 erfinderisch ist.
4. Da keiner der von der Einsprechenden vorgebrachten Einwände der Aufrechterhaltung des Patents in der von der Einspruchsabteilung aufrecherhaltenen Fassung entgegensteht, kommt die Kammer zu dem Schluss, dass die Beschwerde zurückzuweisen ist.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.