T 1696/18 26-11-2021
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Elektrisches Kontaktteil
Einspruchsgründe - mangelnde Patentierbarkeit (ja)
Neuheit - Hilfsanträge 1, 3 und 4 (nein)
Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde der Einsprechenden betrifft die Entscheidung der Einspruchsabteilung, mit welcher der Einspruch gegen das europäische Patent Nr. 2 593 991 zurückgewiesen worden ist.
II. Für die Entscheidung ist das Dokument E1 (DE 197 18 996 C1) relevant, welches bereits im Verfahren vor der Einspruchsabteilung genannt wurde.
III. In einer gemeinsam mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung versandten Mitteilung unter Artikel 15 (1) VOBK teilte die Kammer den Parteien mit, dass sie zu der Auffassung neige, dass der Einspruchsgrund nach Artikel 100 a) EPÜ der Aufrechterhaltung des Patents entgegenzustehen scheine. Außerdem sehe sich die Kammer aufgrund fehlenden Parteivortrags zu den Hilfsanträgen 1 bis 4 nicht in der Lage, zu diesen Stellung zu nehmen.
IV. Mit Schriftsatz vom 7. Oktober 2021 reichte die Beschwerdeführerin Argumente gegen die Neuheit der Gegenstände des jeweiligen Anspruchs 1 der Hilfsanträge 1 bis 4 ein.
V. Mit Schriftsatz vom 7. Oktober 2021, eingegangen am 11. Oktober 2021, reichte die Beschwerdegegnerin Reinschriften ihrer bereits mit der Beschwerdeerwiderung eingereichten Hilfsanträge 1 bis 4 sowie Argumente zu deren Substantiierung und Patentfähigkeit ein.
Mit Schriftsatz vom 24. November 2021 ersetzte die Beschwerdegegnerin den Hilfsantrag 3 durch einen neuen Hilfsantrag 3 und kündigte an, den Hilfsantrag 2 zurückzunehmen, falls der neue Hilfsantrag 3 zugelassen werden sollte.
VI. Während der mündlichen Verhandlung nahm die Beschwerdegegnerin den Hilfsantrag 2 zurück.
VII. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) beantragte abschließend die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents.
VIII. Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte abschließend die Zurückweisung der Beschwerde, hilfsweise die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents in geänderter Fassung auf der Grundlage der Ansprüche gemäß des Hilfsantrags 1, eingereicht mit Schreiben vom 7. Oktober 2021, des Hilfsantrags 3, eingereicht mit Schreiben vom 24. November 2021, oder des Hilfsantrags 4, eingereicht mit Schreiben vom 7. Oktober 2021.
IX. Anspruch 1 des Hauptantrags lautet:
"Elektrisches Kontaktteil (100) für eine modular erweiterbare Busleitung, das eine erste Kontaktgabel (1) zum Anschließen und Kontaktieren eines benachbarten elektrischen Kontaktteils (100') umfasst, wobei die Kontaktgabel (1) einen ersten Kontaktfederschenkel (11) und einen zweiten Kontaktfederschenkel (12) aufweist, die elektrisch miteinander verbunden sind, wobei der erste Kontaktfederschenkel (11) und der zweite Kontaktfederschenkel (12) jeweils einen Gabelabschnitt (113, 123) aufweisen, wobei sowohl der erste Kontaktfederschenkel (11) als auch der zweite Kontaktfederschenkel (12) ferner jeweils auch einen Kontaktmesserabschnitt (111, 121) aufweisen, und dass [sic] weiterhin eine zweite Kontaktgabel (2) zum Anschließen einer elektrischen Baugruppe (4), insbesondere einer Leiterplatte, umfasst,
wobei sich zwischen die [sic] Gabelabschnitte [sic] (113, 123) der ersten Kontaktgabel (1) des elektrischen Kontaktteils (100) ein Einsteckbereich (230) zum Einstecken der Kontaktmesserabschnitte (111', 121') eines benachbarten elektrischen Kontaktteils (100') erstreckt, dadurch gekennzeichnet, dass sich die Kontaktmesserabschnitte (100, 121) des Kontaktteils (100) zumindest in einem freien Zustand, in dem sie nicht in den Einsteckbereich (230') des benachbarten Kontaktteils (100') eingesteckt sind, nicht berühren."
X. Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 unterscheidet sich von Anspruch 1 gemäß Hauptantrag durch die zusätzlichen Merkmale der erteilten Ansprüche 2 bis 4, wie nachfolgend wiedergegeben:
"wobei der erste Kontaktfederschenkel (11) und der zweite Kontaktfederschenkel (12) symmetrisch zu einer ersten Mittelebene (10) angeordnet sind [erteilter Anspruch 2], wobei der erste Kontaktfederschenkel (11) und der zweite Kontaktfederschenkel (12) mittels einer Querstrebe (23), die quer zur Mittelebene (10) angeordnet ist, mechanisch und leitend miteinander verbunden sind [erteilter Anspruch 3], und wobei in einem Einsteckzustand (E), in dem das elektrische Kontaktteil (100) an ein benachbartes elektrisches Kontaktteil (100') gefügt ist, jeweils ein Kontaktmesserabschnitt (111, 121) des elektrischen Kontaktteils (100) an einem korrespondierenden Gabelabschnitt (113', 123') des benachbarten Kontaktteils (100') elektrisch kontaktierend anliegt [erteilter Anspruch 4]." (Einfügungen in [...] durch die Kammer)
XI. Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 unterscheidet sich von Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 dadurch, dass vor "leitend miteinander verbunden" "vorzugsweise" eingefügt ist, sowie durch die folgenden zusätzlichen Merkmale:
"und wobei die Kontaktfederschenkel (11, 12) jeweils federnd ausgelegt sind, und zwar im Bereich ihres Kontaktmesserabschnittes [erteilter Anspruch 5, wobei "insbesondere" durch "und zwar" ersetzt ist], und wobei die Gabelabschnitte (113, 123) an ihrer den Kontaktmesserabschnitten (111, 121) jeweils abgewandten Seite so verlängert sind, dass sie Gabelschenkel (112, 122) bilden, zwischen die [sic] sich der Einsteckbereich (230) erstreckt [erteilter Anspruch 10]." (Einfügungen in [...] durch die Kammer)
XII. Anspruch 1 des Hilfsantrags 4 unterscheidet sich von Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 dadurch, dass vor "leitend miteinander verbunden" "vorzugsweise" eingefügt ist, sowie durch die folgenden zusätzlichen Merkmale:
"und wobei die Kontaktfederschenkel (11, 12) jeweils federnd ausgelegt sind, insbesondere im Bereich ihres Kontaktmesserabschnittes [erteilter Anspruch 5], und wobei die zweite Kontaktgabel (2) zwei Kontaktgabelschenkel (21) aufweist, die parallel zu einer zweiten Mittelebene (20), welche sich quer zur ersten Mittelebene (10) erstreckt, angeordnet sind [erteilter Anspruch 6], und wobei ferner die erste Kontaktgabel (1) und die zweite Kontaktgabel (2) einstückig miteinander gefertigt sind [erteilter Anspruch 8] und die Gabelabschnitte (113, 123) an ihrer den Kontaktmesserabschnitten (111, 121) jeweils abgewandten Seite so verlängert sind, dass sie Gabelschenkel (112, 122) bilden, zwischen die [sic] sich der Einsteckbereich (230) erstreckt [erteilter Anspruch 10], und dass die Gabelabschnitte (113, 123) eine Anformung (35) aufweisen [eingefügt aus Absatz [0041] der Beschreibung]." (Einfügungen in [...] durch die Kammer)
XIII. Die entscheidungsrelevanten Argumente der Beschwerdeführerin lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Hauptantrag
Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags sei nicht neu gegenüber E1. Das einzig strittige Merkmal 1.5 des Anspruchs 1, dass sich die Kontaktmesser-abschnitte zumindest in einem freien Zustand, in dem sie nicht in den Einsteckbereich des benachbarten Kontaktteils eingesteckt sind, nicht berühren, sei aus E1 bekannt. Die Kontaktmesserabschnitte gemäß Anspruch 1 seien völlig unbestimmt. Weder deren Anfang, noch Ende oder Funktion seien im Anspruch festgelegt. Figur 4 von E1 zeige eindeutig einen Spalt zwischen den Kontaktmesserabschnitten. Außerdem sei ein Falten mit einem Biegeradius von Null unmöglich. Ein Abstand der Kontaktmesserabschnitte zueinander sei daher inhärent. Ein elastisches Material, wie das Metall nach E1, strebe zudem nach dem Biegen stets zurück, wodurch ebenfalls ein Abstand impliziert werde. Dass die Schenkel gemäß E1 als vollständig zusammengefaltet beschrieben sind bedeute lediglich eine Faltung um 180 Grad und sage nichts über den Abstand der Schenkel zueinander aus.
Hilfsantrag 1
Die Kontaktfederschenkel nach E1 verliefen symmetrisch zur Mittelebene. Sowohl der Steg 26 als auch die Falzlinie 23 verliefen daher anspruchsgemäß. Die Symmetrie bezüglich der Mittelebene sei daher in E1 gegeben und der Gegenstand des Anspruchs 1 folglich nicht neu.
Hilfsantrag 3
Elastizität müsse für jeglichen elektrischen Kontakt vorhanden sein, da sie Vorraussetzung für eine dauerhafte Kontaktierung sei. Laut E1 werde der vordere Kontakt 9, welcher dem anspruchsgemäßen Kontaktmesserabschnitt entspreche, in einen starren hinteren Kontakt 10 eingesteckt. Der hintere Kontakt 10 weise eine stabilisierende Formgebung auf, wodurch er starr sei und keine federnde Wirkung zeige. Daraus folge, dass die federnde Wirkung am vorderen Kontakt 9, also dem Kontaktmesser, vorliegen müsse. Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 sei daher aus E1 bekannt.
Hilfsantrag 4
Der Verweis auf erstinstanzliches Vorbringen genüge den Substantiierungserfordernissen der Verfahrensordnung nicht. Zudem habe die Beschwerdegegnerin auch nicht auf die Mitteilung der Kammer reagiert, sondern sie habe bis zur mündlichen Verhandlung abgewartet, ehe sie zur mangelnden Substantiierung Stellung genommen habe. Dies sei jedoch verspätet. Der Vortrag zu Hilfsantrag 4 sei daher nicht ausreichend substantiiert worden und folglich nicht zu berücksichtigen. Im Übrigen stelle die in E1 in Figur 4 ersichtliche Stufe 27 eine anspruchsgemäße Anformung dar, sodass Anspruch 1 des Hilfsantrags 4 auch nicht neu sei.
XIV. Die entscheidungsrelevanten Argumente der Beschwerdegegnerin lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Hauptantrag
Das Dokument E1 sei nicht neuheitsschädlich. Das strittige Merkmal 1.5 könne einerseits so interpretiert werden, dass sich die Kontaktmesserabschnitte überhaupt nicht berührten. Andererseits sei es möglich, das Merkmal so zu interpretieren, dass sich die Kontaktmesserabschnitte abschnittsweise nicht berührten. Würde der erstgenannten Interpretation gefolgt, sei das strittige Merkmal aus E1 eindeutig nicht bekannt, da sich die Kontaktmesserabschnitte an der Falzlinie 23 sowie an der Verbindung 26 berührten. Auch nach der zweitgenannten Interpretation sei das Merkmal dem Dokument E1 nicht zu entnehmen. Die in der Figur 4 gezeigte Doppellinie bedeute nicht, dass ein Spalt zwischen den Kontaktmesserabschnitten vorhanden sei. Außerdem gehe aus Spalte 4, Zeilen 10, 11, 25 sowie 64 bis 66 von E1 hervor, dass die Schenkel vollständig zusammengefaltet seien. Hierbei verhielten sich die Schenkel nicht elastisch. Daher könne sich dazwischen kein Freiraum befinden, woraus folge, dass sich die Kontaktmesserabschnitte berührten.
Hilfsantrag 1
E1 offenbare nicht die in Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 aufgenommenen Merkmale des erteilten Anspruchs 3 (eine Querstrebe quer zu einer Mittelebene). Außerdem sei die Falzlinie 23 in E1 nicht quer zur Mittelebene sondern längs zur Mittelebene angeordnet und andererseits hebe die Verbindung 26 die Symmetrie des Kontaktteils nach E1 auf. Diese beiden zusätzlichen Unterscheidungsmerkmale des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 1 seien daher ebenfalls nicht aus E1 bekannt und der Anspruch 1 sei somit neu.
Hilfsantrag 3
Die Kontaktmesserabschnitte gemäß E1 seien nicht federnd ausgelegt. Mit der beanspruchten Federwirkung sei nicht irgendeine, sondern eine Federwirkung im praktisch relevanten Maße gemeint. Es ergebe sich aus dem Gesamtzusammenhang des Patents, dass die Kontaktmesserabschnitte eine federnde Wirkung im Bereich des elektrischen Kontakts bereitstellen sollen. In E1 seien die Schenkel im Kontaktbereich starr und es komme zu keiner praktisch relevanten federnden Wirkung am Kontaktmesser. Die Federwirkung nach E1 werde stattdessen durch die Tulpenform des Gabelkontakts hergestellt, nicht jedoch am Kontaktmesserabschnitt. Der Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 sei folglich neu gegenüber E1.
Hilfsantrag 4
Ein Verweis auf erstinstanzliches Vorbringen sei hinsichtlich der Substantiierung ausreichend. Eine Anformung, wie in Anspruch 1 des Hilfsantrags 4 zusätzlich beansprucht, sei dem Dokument E1 auch nicht zu entnehmen. Das Kontaktteil nach E1 sei allenfalls umgeformt, eine Anformung fehle jedoch bei dem Kontaktteil nach E1. Daher sei auch der Anspruch 1 des Hilfsantrags 4 neu gegenüber E1.
Entscheidungsgründe
1. Zulässigkeit der Beschwerde
Die Beschwerde wurde frist- und formgerecht eingereicht und ausreichend substantiiert. Folglich ist die Beschwerde zulässig.
2. Hauptantrag - Neuheit - Artikel 100 a) i.V.m. 54 EPÜ
2.1 Artikel 100 a) EPÜ steht der Aufrechterhaltung des Patents entgegen.
Hinsichtlich des Anspruchs 1 des Hauptantrags sind unstrittig alle Merkmale mit Ausnahme des Merkmals 1.5 aus der Offenbarung des Dokuments E1 bekannt.
Das strittige Merkmal 1.5 lautet:
"dass sich die Kontaktmesserabschnitte (100, 121) des Kontaktteils (100) zumindest in einem freien Zustand, in dem sie nicht in den Einsteckbereich (230') des benachbarten Kontaktteils eingesteckt sind, nicht berühren."
Die Kammer stimmt der Beschwerdeführerin zu, dass das strittige Merkmal 1.5 aus E1 bekannt ist.
2.2 Das schriftlich vorgebrachte Argument der Beschwerdegegnerin, die Schenkel gemäß E1 lägen aneinander an, sodass Anspruch 1 neu sei, überzeugt die Kammer nicht. Auch die während der mündlichen Verhandlung vorgebrachten Argumente der Beschwerdegegnerin, Anspruch 1 könne entweder so interpretiert werden, dass sich die Kontaktmesserabschnitte überhaupt nicht berührten, oder so, dass sie sich jedenfalls abschnittsweise nicht berührten, und dass beide Interpretationen dem Dokument E1 nicht zu entnehmen seien, überzeugen die Kammer nicht.
2.3 Die Kammer ist entgegen den Argumenten der Beschwerdegegnerin zu der Auffassung gelangt, dass in der Figur 4 des Dokuments E1 ein Zwischenraum zwischen den beiden Kontaktmesserabschnitten 21 und 22 gezeigt ist.
FORMEL/TABELLE/GRAPHIK
Aus der oben wiedergegebenen Figur 4 des Dokuments E1 ist am nach rechts gerichtet gezeichneten Ende des Kontaktmesserabschnitts 9 ein Biegeradius größer Null ersichtlich. Dieser Biegeradius und die von ihm ausgehenden Linien sind entgegen den Ausführungen der Beschwerdegegnerin nicht lediglich als getrennt dargestellte Innenkanten der Schenkel 21 und 22 zu interpretieren, sondern verdeutlichen durch die perspektivische Darstellung, dass zwischen den beiden Kontaktmesserabschnitten nach E1, d.h. den Schenkeln 21 und 22, ein Zwischenraum besteht. Nichts anderes ergibt sich darüber hinaus auch aus dem allgemeinen Fachwissen, wonach sich beim Falten eines elastischen Materials, wie einem Metallstreifen gemäß E1, jedenfalls ein Biegeradius größer Null ergibt, welcher ein unmittelbares Aneinandergrenzen der beiden zueinander gebogenen Teile verhindert. Daran ändert auch die Offenbarungsstelle in Spalte 4, Zeilen 62 bis 64 von E1 nichts, nach der die Schenkel vollständig zusammengefaltet werden. Nach Auffassung der Kammer kann dieses vollständige Zusammenfalten zusammen mit dem aus Figur 4 ersichtlichen Zwischenraum nur bedeuten, dass die Schenkel 21, 22 um 180 Grad gefaltet werden, wie zutreffend von der Beschwerdeführerin vorgetragen. Die Kammer ist daher zu der Auffassung gelangt, dass E1 jedenfalls offenbart, dass sich die Kontaktmesseranschnitte abschnittsweise nicht berühren.
2.4 Der Anspruch 1 ist darüber hinaus in keiner Weise dahingehend eingeschränkt, wo die Kontaktmesserabschnitte beginnen oder enden oder wie sie ausgebildet sind. Folglich erlaubt Anspruch 1 auch keinen Rückschluss darauf, dass sich die Kontaktmesseranschnitte überhaupt nicht berühren dürfen. Die von der Beschwerdegegnerin erstgenannte Interpretation des strittigen Merkmals 1.5, dass sich die Kontaktmesserabschnitte überhaupt nicht berühren dürfen, ist daher nicht vom Anspruchswortlaut gestützt.
2.5 Die Kammer sieht das strittige Merkmal 1.5 folglich als in E1 offenbart an. Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags ist somit nicht neu im Sinne des Artikels 54 (2) EPÜ, wodurch der Einspruchsgrund nach Artikel 100 a) EPÜ der Aufrechterhaltung des Patents entgegensteht.
3. Hilfsantrag 1 - Neuheit - Artikel 54 (2) EPÜ
3.1 Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 ist nicht neu gegenüber E1.
Die Kammer ist nicht von den Argumenten der Beschwerdegegnerin überzeugt, dass die zusätzlichen, die Symmetrie der Kontaktfederschenkel (erteilter Anspruch 2) oder die Querstrebe (erteilter Anspruch 3) betreffenden Merkmale des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 1 nicht aus dem Dokument E1 bekannt sind. Nachdem Anspruch 1 keine Falzlinie definiert, kann es für die Beurteilung der Neuheit, entgegen der Auffassung der Beschwerdegegnerin zudem nicht darauf ankommen, ob in E1 die Falzlinie längs zur Mittelebene angeordnet ist.
Zum korrespondierenden Gabelabschnitt, d.h. den in Anspruch 1 aufgenommenen Merkmalen des erteilten Anspruchs 4, hat die Beschwerdegegnerin weder schriftlich, noch während der mündlichen Verhandlung vorgetragen.
3.2 Einerseits offenbart E1, wie von der Beschwerdeführerin vorgetragen, dass der erste und der zweite Kontaktfederschenkel symmetrisch zu einer (beliebigen) Mittelebene angeordnet sind. Dies ergibt sich unmittelbar aus der oben wiedergegebenen Figur 4, die symmetrische Schenkel 21 und 22 zeigt. Diese fallen nach Auffassung der Kammer unter den entsprechenden Wortlaut des Anspruchs 1, der eine Symmetrie der Kontaktfederschenkel zur (nicht näher definierten) Mittelebene fordert. Aus Figur 4 ist darüber hinaus auch eine quer zur fiktiven Mittelebene angeordnete Querstrebe 26 ersichtlich. Ebenso zeigt Figur 4 einen korrespondierenden Gabelabschnitt 10, der eine elektrische Kontaktierung benachbarter Kontaktteile ermöglicht.
3.3 Sämtliche von der Beschwerdegegnerin verteidigten zusätzlichen Merkmale des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 1 sind daher aus der Offenbarung von E1 bekannt.
3.4 Daher ist die Kammer zu dem Schluss gelangt, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 1 angesichts der Offenbarung des Dokuments E1 nicht neu im Sinne des Artikels 54 (2) EPÜ ist.
4. Hilfsantrag 3
4.1 Zulässigkeit - Artikel 13 VOBK
Die Beschwerdeführerin brachte keine Argumente gegen die Zulassung des neuen Hilfsantrags 3 vor. Da die Kammer der Auffassung ist, dass die in dem neuen Hilfsantrag 3 vorgenommene Änderung der Verfahrensökonomie nicht abträglich ist, übte sie ihr Ermessen unter Artikel 13 VOBK dahingehend aus, den neuen Hilfsantrag 3 in das Beschwerdeverfahren zuzulassen.
4.2 Neuheit - Artikel 54 (2) EPÜ
Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 3 ist nicht neu gegenüber E1.
Hinsichtlich Hilfsantrag 3 schließt sich die Kammer bezüglich der federnden Auslegung von elektrischen Kontakten der Beschwerdeführerin dahingehend an, dass ohne eine gewisse Elastizität an den Kontaktflächen eine dauerhafte elektrische Verbindung nicht möglich ist.
4.3 In Anspruch 1 ist zudem weder die Richtung der Federwirkung noch deren Stärke oder ihr Zweck irgendwie definiert. Da es sich bei dem Kontaktteil nach E1 um ein aus einem Flachmaterial aus Metall hergestelltes Teil handelt, hat die Kammer keine Zweifel, dass es in jede Richtung die von Anspruch 1 geforderten aber nicht näher definierten federnden, also beliebige, Eigenschaften aufweist.
Zu den ebenfalls in Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 aufgenommenen Merkmalen des erteilten Anspruchs 10 hat die Beschwerdegegnerin sich weder schriftlich, noch während der mündlichen Verhandlung geäußert. Wie die Beschwerdeführerin bereits mit Schreiben vom 7. Oktober 2021 bezüglich des damaligen Hilfsantrags 2 vorgebracht hat, sind diese Merkmale aus E1 bekannt.
Sämtliche von der Beschwerdegegnerin verteidigten zusätzlichen Merkmale des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 3 sind daher auch aus der Offenbarung von E1 bekannt.
4.4 Folglich ist die Kammer zu dem Schluss gelangt, dass auch der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 3 gegenüber der Offenbarung des Dokuments E1 nicht neu im Sinne des Artikels 54 (2) EPÜ ist.
5. Hilfsantrag 4 - Neuheit - Artikel 54 (2) EPÜ
5.1 Der Einwand der Beschwerdeführerin, der Hilfsantrag 4 sei nicht ausreichend substantiiert und folglich nicht zu berücksichtigen, kann dahinstehen, da die Kammer zu dem Schluss gelangt ist, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 4 angesichts der Offenbarung des Dokuments E1 nicht neu im Sinne des Artikels Artikel 54 (2) EPÜ ist.
5.2 Obwohl sich der Anspruch 1 des Hilfsantrags 4 nicht nur durch die Anformung an den Gabelabschnitten (eingefügt aus Absatz [0041] der Beschreibung) von den höherrangigen Anträgen der Beschwerdegegnerin unterscheidet, sondern auch durch die Merkmale der erteilten Ansprüche 5, 6, 8 und 10, hat die Beschwerdegegnerin ihren Vortrag zu Hilfsantrag 4 ausschließlich auf die Anformung der Gabelabschnitte gestützt. Zu den aus den erteilten Ansprüchen 6, 8 und 10 hervorgegangenen Merkmalen erfolgte seitens der Beschwerdegegnerin keinerlei Vortrag zur Neuheit, weder schriftlich, noch während der mündlichen Verhandlung. Die Anmerkung im Schriftsatz der Beschwerdegegnerin vom 7. Oktober 2021 auf Seite 3 im 5. Absatz, dass das Merkmal des erteilten Anspruchs 8 weiter die Fertigung vereinfache, sagt nichts über die Neuheit dieses Merkmals aus.
5.3 Die Beschwerdeführerin hat demgegenüber in ihrem Schriftsatz vom 7. Oktober 2021 auch zu sämtlichen weiteren Unterscheidungsmerkmalen des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 4 vorgetragen, in dem sie einerseits zum zurückgenommenen Hilfsantrag 2 argumentiert hat, dass E1 auch die Merkmale des erteilten Anspruchs 10 offenbart. Andererseits hat die Beschwerdeführerin auch erläutert, warum die zusätzlichen Merkmale des Anspruchs 1 des damaligen Hilfsantrags 3 aus Dokument E1 bekannt seien, welcher die erteilten Ansprüche 6 und 8 umfasste. Die Beschwerdegegnerin hat den Vortrag der Beschwerdeführerin hinsichtlich der in Anspruch 1 des Hilfsantrags 4 aufgenommenen Merkmale der erteilten Ansprüche 6, 8 und 10 nicht bestritten.
5.4 Das verbleibende zusätzliche Merkmal des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 4, die Anformung an den Gabelabschnitten, ist zudem in keiner Weise definiert. Anspruch 1 gibt weder die Richtung, die Größe, die Form oder den Zweck der Anformung an.
5.5 Der von der Beschwerdegegnerin in ihrem Schriftsatz vom 7. Oktober 2021 auf Seite 3, 6. Absatz, herangezogenen Absatz [0041] der Beschreibung trägt hierzu nichts bei, da er sich, insoweit er den Zweck und die Anordnung der Anformung betrifft, auf die konkrete Ausgestaltung der Anformung gemäß Figur 9 bezieht, deren zusätzliche Merkmale nicht im Anspruch stehen. Der ebenfalls zitierte Absatz [0042] der Beschreibung existiert nicht. Die verbleibenden Argumente der Beschwerdegegnerin, die Gabelschenkel gemäß E1 offenbarten lediglich eine Umformung, nicht jedoch eine Anformung, überzeugen die Kammer angesichts des breiten und im Hinblick auf die Anformung undefinierten Anspruchswortlauts nicht.
5.6 Daher hält es die Kammer für angemessen, jeglichen Abschnitt eines Kontaktteils, der sich in irgendeiner Art und Weise von einem anderen Teil des Kontaktteils in der Formgebung unterscheidet, als anspruchsgemäße Anformung anzusehen. Darunter fällt beispielsweise auch die von der Beschwerdeführerin genannte und mit dem Bezugszeichen 27 versehene Stufe in Figur 4 des Dokuments E1.
Das einzige von der Beschwerdegegnerin verteidigte zusätzliche Merkmal des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 4 ist daher ebenfalls aus der Offenbarung von E1 bekannt.
5.7 Daher ist die Kammer auch hinsichtlich Hilfsantrag 4 zu dem Schluss gelangt, dass der Gegenstand dessen Anspruchs 1 gegenüber der Offenbarung des Dokuments E1 nicht neu im Sinne des Artikels 54 (2) EPÜ ist.
6. Schlussfolgerung
Da keiner der Anträge der Beschwerdegegnerin gewährbar ist, gibt die Kammer dem Antrag der Beschwerdeführerin statt.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Das Patent wird widerrufen.