T 2919/18 19-08-2021
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MEHRSCHICHTKÖRPER SOWIE VERFAHREN ZUR HERSTELLUNG EINES MEHRSCHICHTKÖRPERS
Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) richtete ihre Beschwerde gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, den Einspruch gegen das europäische Patent Nr. 2200841 gemäß Artikel 101 (2) EPÜ zurückzuweisen.
Mit dem Einspruch war das Streitpatent in vollem Umfang im Hinblick auf die Einspruchsgründe unzulässiger Erweiterung (Artikel 100 c) EPÜ), unzureichender Offenbarung (Artikel 100 b) EPÜ) und mangelnder Neuheit bzw. fehlender erfinderischer Tätigkeit (Artikel 100 a) EPÜ i.V.m. den Artikeln 52(1), 54(1) bzw. 56 EPÜ) angegriffen worden.
II. Folgende Dokumente wurden u.a. im erstinstanzlichen Verfahren herangezogen und von den Beteiligten im Beschwerdeverfahren wieder genannt:
D1: US 2006/0003295 A1
D4: WO 2007/076952 A2
D7: WO 2005/106601 A2
D8: "Optical Document Security", R L van Renesse; Artech House, 3. Auflage (2005); drei bibliographische Seiten, und Seiten 159 bis 161.
In ihrer Entscheidung vertrat die Einspruchsabteilung u.a. die Auffassung, dass weder der Einspruchsgrund nach Artikel 100 c) EPÜ, noch der Einspruchsgrund nach Artikel 100 b) EPÜ, noch die Einspruchsgründe nach Artikel 100 a) EPÜ, der Aufrechterhaltung des Streitpatents in der erteilten Fassung entgegenstünde. Insbesondere war die Einspruchsabteilung der Auffassung, dass der Gegenstand der erteilten Ansprüche neu gegenüber den Druckschriften D1 und D4 sei und sowohl gegenüber einer Kombination der Druckschrift D1 mit der Druckschrift D4 als auch gegenüber einer Kombination der Druckschrift D4 mit der Druckschrift D1 auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.
III. In ihrer Beschwerdebegründung hat die Beschwerdeführerin dargelegt, aus welchen Gründen die Einspruchsgründe der mangelnden Neuheit bzw. der mangelnden erfinderischen Tätigkeit nach Artikel 100 a) i.V.m. Artikel 54(1) bzw. 56 EPÜ der Aufrechterhaltung des Patents entgegenstünden.
IV. Mit ihrer Beschwerdeerwiderung vom 11. Juli 2019 hat die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) geänderte Ansprüche gemäß den Hilfsanträgen 1 bis 3 eingereicht.
V. Am 19. August 2021 fand die mündliche Verhandlung statt.
Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents.
Die Beschwerdegegnerin beantragte die Zurückweisung der Beschwerde und hilfsweise die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des europäischen Patents auf der Grundlage der Ansprüche gemäß einem der mit der Beschwerdeerwiderung vom 11. Juli 2019 eingereichten Hilfsanträge 1 bis 3.
Am Ende der mündlichen Verhandlung verkündete der Vorsitzende die Entscheidung der Kammer.
VI. Der erteilte Patentanspruch 1 (Hauptantrag) - mit den in eckigen Klammern eingefügten Merkmalskennzeichnungen "[1.1]" bis "[1.6]", die während des Verfahrens verwendet wurden - lautet wie folgt:
" [1.1] Mehrschichtkörper (1, 5) mit einer transparenten ersten Schicht (14, 51), in die eine Vielzahl von Mikrolinsen (22) abgeformt ist, und mit einer unterhalb der ersten Schicht in einer festen Lage zur ersten Schicht angeordneten zweiten Schicht (13, 52), die eine Vielzahl von mikroskopischen Strukturen (24) aufweist, wobei
[1.2] die Mikrolinsen (22) Zylinderlinsen einer Länge von mehr als 2 mm und einer Breite von weniger als 400 mym sind, die gemäss eines Mikrolinsenrasters (21) angeordnet sind, durch welches ein erstes Koordinatensystem mit einer Koordinatenachse X1, die durch die Brennpunktlinien der Zylinderlinsen (22) bestimmt ist, und einer hierzu unterschiedlichen Koordinatenachse Y1 aufgespannt ist, wobei
[1.3] die mikroskopischen Strukturen (24) in Form von Mikrobildern ausgebildet sind, die entlang einer Querachse gegenüber einer Längsachse gemäss einer Transformationsfunktion verzerrt sind, und die mikroskopischen Strukturen (24) gemäss eines Mikrobildrasters (23) angeordnet sind, durch welche ein zweites Koordinatensystem mit einer Koordinatenachse X2 und einer hierzu unterschiedlichen Koordinatenachse Y2 aufgespannt ist, wobei
[1.4] sich in einem Bereich (31 bis 36) des Mehrschichtkörpers, in dem sich die Mikrolinsen (22) des Mikrolinsenrasters (21) und die mikroskopischen Strukturen (24) des Mikrobildrasters (23) überlagern, der durch die Beabstandung der Brennpunktlinien der Zylinderlinsen (22) bestimmte Linsenabstand und der durch die Beabstandung der Flächenschwerpunkte der Mikrobilder bestimmte Mikrobildabstand benachbarter Mikrolinsen und mikroskopische Strukturen voneinander um nicht mehr als 10 % unterscheiden, und wobei
[1.5] die Mikrobilder des Mikrobildrasters sich in dem Bereich voneinander unterscheiden und in dem Bereich (35, 36) von Mikrobildern gebildet sind, welche durch eine geometrische Transformation eines Grundbildes umfassend Drehung und/oder Vergrößerung oder Verkleinerung des Grundbildes und
[1.6] anschließende Verzerrung gemäss der Transformationsfunktion gebildet sind."
Die erteilten abhängigen Patentansprüche 2 bis 13 beziehen sich auf bevorzugte Ausführungsbeispiele des Mehrschichtkörpers gemäß Patentanspruch 1, und der erteilte Patentanspruch 14 ist auf ein Verfahren zur Herstellung eines Mehrschichtkörpers nach dem Patentanspruch 1 gerichtet.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
Erteiltes Patent - Einspruchsgrund der mangelnden Neuheit (Artikel 100 a) i.V.m. Artikel 54 (1) EPÜ)
2. Anspruch 1 - Druckschrift D1
2.1 Die Beschwerdeführerin ist der Auffassung der Einspruchsabteilung entgegengetreten, wonach sich der Mehrschichtkörper des erteilten Anspruchs 1 von den in der Fig. 34 und in der Fig. 36 der Druckschrift D1 offenbarten Gegenständen durch die Merkmale [1.1], [1.2] und [1.4] des Anspruchs 1 unterscheidet.
2.2 Hinsichtlich des Merkmals [1.1] hat die Beschwerdeführerin geltend gemacht, dass das Merkmal "mit einer [...] ersten Schicht [...] und mit einer [...] in einer festen Lage zur ersten Schicht angeordneten zweiten Schicht" des Anspruchs 1 - anders als das entsprechende Merkmal des Anspruchs 14 "unter Einsatz von Hitze und Druck zusammen laminiert" - keine permanente Befestigung erfordere und dass die entsprechenden Schichten 342 und 343 der Schachtel der Fig. 34 der Druckschrift D1 (vgl. Absatz [0196]) auch in einer festen Lage zueinander angeordnet seien, wenn sich der drehbare Deckel der Schachtel in der geschlossenen Position befinde. Alternativ dazu hat die Beschwerdeführerin auf die Offenbarung der Druckschrift D1 betreffend des in der Fig. 36 (vgl. Absatz [0198]) dargestellten Uhrenarmbands verwiesen.
2.3 Die Kammer weist auf Folgendes hin:
Einerseits weist die in der Fig. 34 der Druckschrift D1 dargestellte Schachtel (vgl. Absatz [0196]) strukturelle Merkmale auf, die gewährleisten, dass die Schichten 342 und 343, wie von der Beschwerdeführerin vorgebracht, in einer bestimmten Lage angeordnet sind, wenn der drehbare Deckel der Schachtel geschlossen ist, und dass dabei die Schichten zu einem gewissen Grad in einer festen Lage zueinander angeordnet sind.
Andererseits bezieht sich der Mehrschichtkörper gemäß Anspruch 1 auf das spezielle technische Gebiet der optischen Überlagerungsstrukturen zur Erzeugung von optisch variablen Erscheinungsbildern. Bei einer solchen Überlagerungsstruktur wird eine Bildmusterstruktur (z.B. die Struktur aus Mikrobildern der beanspruchten zweiten Schicht) mit einer optischen Struktur (z.B. dem Mikrolinsenraster der beanspruchten ersten Schicht) überlagert und auf diese Weise ein für den Betrachter erscheinendes optisches Bild erzeugt, wobei das Bild - je nachdem, wie die Überlagerungsstruktur konzipiert wird - variieren kann, nämlich nur durch eine Änderung der Betrachtungsrichtung oder durch eine Veränderung der relativen Lage der Bildmusterstruktur und der optischen Struktur. Während diese zweite Variante, wie von der Beschwerdegegnerin geltend gemacht, eine veränderbare relative Positionierung der Bildmusterstruktur und der optischen Struktur erfordert, erfordert die erste Variante eine stabile feste Positionierung dieser Strukturen, um zu gewährleisten, dass das Bild in jeder Blickrichtung stabil bleibt. Das Merkmal des Anspruchs 1 "mit einer [...] ersten Schicht [...] und mit einer [...] in einer festen Lage zur ersten Schicht angeordneten zweiten Schicht" wird daher vom Fachmann auf diesem technischen Gebiet in seinem technischen Kontext, wie von der Beschwerdegegnerin geltend gemacht, in dem Sinne verstanden, dass der beanspruchte Mehrschichtkörper (siehe auch Beschreibung der Patentschrift, Absatz [0011]) auf die erste Variante gerichtet ist und dass das für den Betrachter erscheinende optische Bild nur durch eine Änderung der Blickrichtung variiert und für jede Blickrichtung stabil bleibt. Der Mehrschichtkörper der in der Fig. 34 der Druckschrift D1 dargestellten Schachtel entspricht aber der zweiten Variante (vgl. D1, Zusammenfassung und Absatz [0024]), wobei die relative Position der Bildmusterstruktur und der optischen Struktur veränderbar ist und dadurch sich das Bild verändert. Der beanspruchte Mehrschichtkörper unterscheidet sich daher von dem Mehrschichtkörper der Schachtel der Druckschrift D1.
2.3.1 Es wird auch darauf hingewiesen, dass das Mikrolinsenraster der beanspruchten ersten Schicht aus Zylinderlinsen mit einer Breite "von weniger als 400 mym" besteht und dass eine kleine Änderung der relativen Lage der ersten und der zweiten Schicht in der Größenordnung von etwa 100 mym eine Veränderung bzw. ein Wackeln des für den Betrachter erscheinenden Bilds verursachen würde. Der Fachmann versteht daher die beanspruchte "feste Lage" der Anordnung der ersten und der zweiten Schicht als eine stabile feste Anordnung mit einer maximalen Toleranz gegenüber einer relativen Bewegung der Schichten in der Größenordnung von etwa 100 mym, sodass in dem beanspruchten Mehrschichtkörper selbständige bzw. versehentliche Bewegungen der Schichten gegeneinander in dieser Größenordnung ausgeschlossen sind. Die Druckschrift D1 ist aber auf Überlagerungsstrukturen gemäß der zweiten Variante gerichtet, und in der Ausführung der Fig. 34 werden die Bildmusterstruktur und die optische Struktur (Schichten 342 und 343) jeweils auf dem Hauptkörper und auf dem drehbaren Deckel einer Schachtel angeordnet, um einen dynamisch variierenden Moiré-Effekt zu erzeugen (Absatz [0196]). Außerdem ist der Offenbarung der Druckschrift D1 nicht zu entnehmen, dass die strukturellen und die funktionellen Merkmale der Schachtel gewährleisten würden, dass der Deckel und der Hauptkörper der Schachtel bzw. die jeweiligen Schichten 342 und 343 in einer festen Lage zueinander in der oben erwähnten Toleranz-Größenordnung angeordnet gehalten werden, wenn der drehbare Deckel der Schachtel geschlossen ist.
Die Beschwerdeführerin hat in dieser Hinsicht u. a. geltend gemacht, dass ein Vorteil der auf dem Moiré-Effekt basierenden Systeme, insbesondere bei ihrer Massenherstellung, darin liege, dass keine Registrierung - insbesondere keine Registrierung in der Größenordnung von etwa 100 mym - der zwei Schicht-Komponenten notwendig sei. Die Kammer kann dieser Argumentation aber nicht folgen, u. a. weil die Toleranz in der relativen Positionierung der zwei Schicht-Komponenten bei der Herstellung von Systemen der ersten Variante nicht mit einer Bewegbarkeit der Schicht-Komponenten, geschweige denn mit einer Toleranz gegenüber einer entsprechenden Veränderung bzw. einem entsprechenden Wackeln des für den Betrachter erscheinenden Bilds, gleichgesetzt werden kann.
2.3.2 Der Beschwerdeführerin ist zuzustimmen, dass, wenn der Deckel der Schachtel sich in der geschlossenen Position befindet, das für den Betrachter erscheinende Moiré-Bild dem Moiré-Bild eines entsprechenden Mehrschichtkörpers gemäß der ersten Variante entspricht (D1, Absatz [0196], dritter Satz; siehe auch Absatz [0088], vorletzter Satz). Weder aus diesem funktionellen Zusammenhang noch aus der Tatsache, dass die erste und die zweite Variante teilweise auf dieselben Funktionsprinzipien basieren und sie eine Reihe von funktionellen und strukturellen Merkmalen teilen, folgt aber entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin, dass die zwei Varianten äquivalent sind oder dass die entsprechenden Merkmale ohne Weiteres austauschbar sind, geschweige denn dass das beanspruchte strukturelle Merkmal, wonach die zwei Schichten "in einer festen Lage" zueinander angeordnet sind, als nicht neu zu betrachten ist.
2.4 Ähnliche Überlegungen gelten für die Anordnung der entsprechenden Schichten des in der Fig. 36 der Druckschrift D1 dargestellten Uhrenarmbands, die jeweils an dem festen Teil (361) des Armbands und an einem als beweglich ausgebildeten Teil (360) befestigt sind (vgl. D1, Absatz [0198]).
2.5 Aus diesen Gründen ist die Kammer der Auffassung, dass der Anspruch 1 zwar - wie von der Beschwerdeführerin vorgebracht - nicht unbedingt eine permanente Befestigung erfordert, aber dass er in seinem technischen Kontext einen Grad an Festigkeit in der festen Anordnung der ersten und der zweiten Schicht erfordert, der nicht aus der Offenbarung der Druckschrift D1 betreffend die Fig. 34 und 36 zu entnehmen ist.
Bereits aus diesem Grund ist der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 neu gegenüber der Offenbarung der Druckschrift D1, und zwar unabhängig davon, ob die Merkmale [1.2] und [1.4] des Anspruchs 1, wie von der Einspruchsabteilung ausgeführt, zumindest teilweise gegenüber der Druckschrift D1 neu sind oder, wie von der Beschwerdeführerin unter Berücksichtigung des allgemeinen Fachwissens bzw. der Druckschrift D7 geltend gemacht, der Druckschrift D1 explizit oder für den Fachmann implizit zu entnehmen sind.
3. Anspruch 1 - Druckschrift D4
3.1 In ihrer Entscheidung hat die Einspruchsabteilung die Auffassung vertreten, dass die Druckschrift D4 Mikrobildraster mit identischen Mikrobildern offenbare und dass der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 sich von der Offenbarung der Druckschrift D4 durch die Merkmale [1.5] und [1.6] unterscheide.
Die Beschwerdeführerin ist dieser Auffassung entgegengetreten und hat geltend gemacht, dass die Merkmale [1.5] und [1.6] sich aus der Offenbarung der Druckschrift D4 auf Seite 45, Zeilen 26 und 27, Seite 46, Zeilen 3 bis 7, Seite 47, Zeilen 10 bis 21, und Seite 62, Zeilen 1 bis 18 (Beispiel 5) betreffend die geometrische ortsabhängige Matrix-Transformation eines Grundbildes zwecks Bestimmung der Mikrobilder des Mikrobildrasters und aus den verzerrten Mikrobildern der Ausführungsformen gemäß Fig. 6a, 7a, 17, 18, 19 usw. i.V.m. Seite 37, Zeilen 17 bis 19, ergeben würden. Außerdem werde in den Ansprüchen 1, 16, 22, 25, 42 und 47 der Druckschrift D4 ein Motivbild definiert, das aus einer "zumindest lokal periodischen Anordnung" von Mikromotivelementen bestehe, und eine solche Anordnung umfasse Mikromotivelemente, die sich voneinander unterscheiden würden.
3.1.1 Die Kammer weist zunächst darauf hin, dass die Druckschrift D4 zwar verzerrte Mikrobilder eines Grundbildes offenbart (siehe z.B. Fig. 6a i.V.m. Seite 37, Zeilen 17 bis 19), aber in den Abbildungen, wie von die Einspruchsabteilung in der angefochtenen Entscheidung festgestellt, kein Mikrobildraster mit Mikrobildern, die sich voneinander unterscheiden, zeigt.
3.1.2 Hinsichtlich der von der Beschwerdeführerin zitierten Passagen der Druckschrift D4 wird auf Folgendes hingewiesen:
Während der erteilte Anspruch 1 auf einen Mehrschichtkörper gerichtet ist, stellen die Merkmale dieses Anspruchs, wonach die Mikrobilder "entlang einer Querachse gegenüber einer Längsachse gemäß einer Transformationsfunktion verzerrt sind" und sie "durch eine geometrische Transformation eines Grundbildes umfassend Drehung und/oder Vergrößerung oder Verkleinerung des Grundbildes und anschließende Verzerrung gemäß der Transformationsfunktion gebildet sind", Verfahrensmerkmale dar, die den beanspruchten Mehrschichtkörper nur in dem Sinne beschränken, dass alle Mikrobilder in dem im Anspruch 1 definierten Bereich als das Ergebnis einer jeweiligen Drehung und/oder Vergrößerung bzw. Verkleinerung eines gemeinsamen Grundbilds gefolgt von einer entlang einer bestimmten Richtung durchgeführten Verzerrung beschrieben werden können. Außerdem erfordert Anspruch 1, dass "sich [die Mikrobilder] in dem Bereich voneinander unterscheiden".
Die Druckschrift D4 ist auf ein Verfahren zur Gestaltung von Überlagerungsstrukturen gerichtet, die gemäß der oben erwähnten ersten Variante ausgebildet sind (vgl. D4, Zusammenfassung und Fig. 5). Die in der Druckschrift D4 offenbarte Transformationsmatrix "A" (Seite 47, Zeile 10, bis Seite 48, Zeile 3), die u.a. die gewünschten Eigenschaften eines resultierenden Moiré-Bildes darstellt (Seite 45, Zeilen 19 bis 24), wird dazu verwendet, die in das Motivraster einzubringenden Motive aus dem Soll-Motiv (d.h. aus dem gewünschten als Moiré-Bild zu erzeugenden Motiv, vgl. Seite 45, Zeilen 19 bis 24) durch die inverse Transformationsmatrix A**(-1) zu bestimmen bzw. zu berechnen (Seite 45, Zeilen 26 und 27). Eine solche Transformation stellt ein Produkt verschiedener geometrischer Operationen dar, die, wie von der Beschwerdeführerin geltend gemacht, u.a. eine Vergrößerung bzw. eine Verkleinerung, eine Drehung, eine Stauchung, eine Scherung, usw. umfassen (Seite 45, Zeile 28, bis Seite 46, Zeile 7). Die Motive des Motivrasters werden aber alle mit derselben Transformation bestimmt, sodass alle Motive - wie z.B. in Fig. 6a, 6b, 7a, 7b, usw. dargestellt - miteinander identisch sind. Das beanspruchte Merkmal, wonach sich die Motive voneinander unterscheiden, ist daher neu gegenüber der erwähnten Ausführungsform der Druckschrift D4.
Hinsichtlich der Ausführungsform gemäß dem Beispiel 5 der Druckschrift D4 (Seite 62, Zeilen 1 bis 18) ist anzumerken, dass in dieser Ausführung zwei unterschiedliche, ortsunabhängige Transformationsmatrizen für zwei verschiedene Sollbilder verwendet werden, sodass jedes der in das Motivraster einzubringenden Motive aus zwei verschiedenen Unter-Motiven besteht. Unter der Annahme, dass sich die Motive aufgrund der Verwendung von zwei unterschiedlichen Transformationen in der jeweiligen Anordnung der entsprechenden Unter-Motive voneinander unterscheiden, könnten die so zusammengesetzten Motive - anders als im Anspruch 1 - nicht mehr als das Ergebnis einer Drehung und/oder Vergrößerung bzw. Verkleinerung gefolgt durch eine entlang einer bestimmten Richtung durchgeführte Verzerrung eines gemeinsamen Grundbilds beschrieben werden, u. a. weil sie sich aus unterschiedlichen Transformationen zweier verschiedener Grundbilder ergeben.
Die Druckschrift D4 offenbart auch Ausführungsformen (siehe Seite 18, Zeilen 19 bis 25, Seite 47, Zeile 10, bis Seite 48, Zeile 3, und Seite 65, Zeilen 14 bis 26), die auf der Verwendung einer ortsabhängigen Transformationsmatrix A basieren (Seite 47, Zeilen 10 bis 16). Die ortsabhängige Transformationsmatrix wird dazu verwendet, das Linsenraster und das Motivraster miteinander mathematisch zu verknüpfen (Seite 47, Zeile 13, bis Seite 48, Zeile 3), und auch dazu, die in das Motivraster einzubringenden Motive aus dem Motiv des Sollbilds durch die entsprechende ortsabhängige inverse Transformationsmatrix A**(-1) zu bestimmen (Seite 65, Zeilen 22 bis 26). Dabei wird - anders als bei einer ortsunabhängigen Transformationsmatrix - jedes der Motive des Motivrasters verkleinert, abhängig von den ortsabhängigen Werten der Größen u11, u21, d und phi (siehe den die Seiten 20 und 21 überbrückenden Satz, und Fig. 5) gedreht, und auch ortsabhängig verzerrt (siehe Seite 65, Zeilen 18 bis 26). Folglich unterscheiden sich die Motive voneinander und können als das Ergebnis einer Verkleinerung und eventuell einer Drehung gefolgt durch eine Verzerrung eines gemeinsamen Grundbildes (d.h. des Motivs des Sollbilds) beschrieben werden. Jedes der Motive wird dabei aber durch die ortsabhängige Transformationsmatrix A**(-1) entlang einer unterschiedlichen Richtung verzerrt, je nachdem welche Werte die ortsabhängigen Größen u11, u21, d und phi in der entsprechenden Position des Motivrasters übernehmen. Daher können, anders als im Anspruch 1 verlangt, nicht alle Motive als eine entlang einer bestimmten Richtung durchgeführte Verzerrung eines gemeinsamen Grundbilds beschrieben werden.
Während der mündlichen Verhandlung hat die Beschwerdeführerin ausgeführt, dass die im Merkmal [1.6] angegebene Transformationsfunktion auch ortsabhängig sein könne und sie daher Verzerrungen der Motive zulasse, die nicht alle entlang einer bestimmten Richtung bzw. in verschiedenen Richtungen vorgenommen würden. Diesem Argument kann die Kammer aber nicht folgen, weil der Anspruch 1 selbst bei einer solchen Verzerrung gemäß einer ortsabhängigen Transformationsfunktion erfordert, dass die Mikrobilder gemäß der Transformationsfunktion verzerrt sind, und zwar "entlang einer Querachse gegenüber einer Längsachse" (vgl. Merkmal [1.3] des Anspruchs 1) und damit entlang einer bestimmten Richtung.
3.1.3 Hinsichtlich des Verweises der Beschwerdeführerin auf die "zumindest lokal periodische Anordnung" von Mikromotivelementen der Ansprüche 1, 16, 22, 25, 42 und 47 der Druckschrift D4 weist die Kammer darauf hin, dass aus der Tatsache, dass eine Anordnung von Elementen nicht periodisch ist, nicht zwangsläufig folgt, dass die Elemente sich voneinander unterscheiden.
3.2 Daraus folgt, dass das Merkmal des erteilten Anspruchs 1, wonach die Mikrobilder in dem in diesem Anspruch definierten Bereich sich voneinander unterscheiden und in diesem Bereich als das Ergebnis einer entlang einer bestimmten Richtung durchgeführten Verzerrung einer jeweiligen gedrehten und/oder vergrößerten bzw. verkleinerten Version eines gemeinsamen Grundbilds beschrieben werden können, der Druckschrift D4 nicht entnehmbar ist.
Bereits aus diesem Grund ist der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 nach Auffassung der Kammer neu gegenüber der Offenbarung der Druckschrift D4.
4. Aus diesen Gründen ist die Kammer der Auffassung, dass der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 sowohl gegenüber der Druckschrift D1 als auch gegenüber der Druckschrift D4 neu ist. Entsprechendes gilt für den Verfahrensanspruch 14 und die abhängigen Ansprüche 2 bis 13, da sie sich alle auf den Mehrschichtkörper nach Anspruch 1 beziehen. Daher steht der Einspruchsgrund nach Artikel 100 a) i.V.m. Artikel 54(1) EPÜ der Aufrechterhaltung des erteilten Patents nicht entgegen.
Erteiltes Patent - Einspruchsgrund der mangelnden erfinderischen Tätigkeit (Artikel 100 a) i.V.m. Artikel 56 EPÜ)
5. Anspruch 1 - Druckschrift D1 als nächstkommender Stand der Technik
5.1 Die Argumentation der Beschwerdeführerin hinsichtlich einer mangelnden erfinderischen Tätigkeit stützt sich auf die Schachtel gemäß der Fig. 34 und, alternativ dazu, auf das Uhrenarmband gemäß der Fig. 36 der Druckschrift D1 als nächstkommenden Stand der Technik in Verbindung mit dem allgemeinen Fachwissen oder unter Berücksichtigung der Druckschriften D4 oder D7.
5.1.1 Die Beschwerdeführerin hat in Bezug auf das Unterscheidungsmerkmal des erteilten Anspruchs 1 "mit einer [...] ersten Schicht [...] und mit einer [...] in einer festen Lage zu ersten Schicht angeordneten zweiten Schicht" geltend gemacht, dass dieses Merkmal einen besseren Kopierschutz ermögliche (Absatz [0011] der Patentschrift, letzter Satz), und dass es für den Fachmann aus dem allgemeinen Fachwissen bzw. aus der Druckschrift D4 (Seite 1, letzter Absatz, Seite 2, Zeilen 1 bis 5, und Seite 63, Zeile 21 bis 24) oder aus der Druckschrift D7 (Fig. 13 bis 15, 16a und 16b, und 19) bekannt sei, Moiré-Effekte bereits durch fest miteinander verbundene optische Strukturen zu erzeugen. Für den Fachmann sei es daher naheliegend, die Schicht 342, die an dem bewegbaren Deckel der Schachtel der Fig. 34 angeordnet sei, auf die Schicht 343, die an der Schachtel angeordnet sei, zu befestigen, um den variierenden Moiré-Effekt, den die Schichten beim Zuschließen der Schachtel erzeugten bzw. im geschlossenen Zustand der Schachtel bereits erzeugten, zu fixieren.
Die Druckschrift D1 ist aber auf die Erzeugung von einem dynamisch variierenden optischen Moiré-Effekt durch gegenseitige Verschiebung zweier optischer Strukturen gerichtet (vgl. Nr. 2.3 oben). Dieser Effekt ist in der Druckschrift D1, wie von der Beschwerdegegnerin geltend gemacht, als ein wesentliches Merkmal der Mehrschichtkörper-Strukturen offenbart (vgl. D1, Zusammenfassung), insbesondere als Authentifizierungsmerkmal (vgl. D1, Anspruch 1). Nach Ansicht der Kammer wird dieser Effekt von dem Fachmann, entgegen des Vorbringens der Beschwerdeführerin, nicht als ein Bonuseffekt betrachtet, auf den u.U. verzichtet werden kann, z.B., wie von der Beschwerdeführerin vorgetragen, bei einer Abwägung zwischen Kopierschutz und Erzeugung von dynamischen visuellen Effekten. Innbesondere wurde die Ausführungsform gemäß der Fig. 34 mit einer Schachtel und einem bewegbaren Deckel ausdrücklich mit der Absicht eingesetzt, die Bewegung des Deckels auszunutzen, um einen dynamisch variierenden optischen Moiré-Effekt durch die relative Bewegung der Schichten 342 und 343 zu erzeugen (Absatz [0196]). Die Kammer ist der Auffassung, dass der Fachmann in dem technischen Kontext der Druckschrift D1 ohne vorherige Kenntnis des beanspruchten Gegenstands nicht in Betracht gezogen hätte, die Schichten 342 und 343 fest miteinander zu verbinden und damit auf das grundlegende Funktionsprinzip dieser Ausführungsform bzw. auf die dynamischen optischen Eigenschaften des durch die bewegbare Anordnung der Schichten erzeugten Effekts zu verzichten. Deshalb ist die Argumentation der Beschwerdeführerin in dieser Hinsicht, wie von der Beschwerdegegnerin geltend gemacht, von einer rückschauenden Betrachtungsweise geprägt.
5.1.2 Entgegen den Ausführungen der Beschwerdeführerin ist die Kammer der Ansicht, dass die Variationen eines Bilds durch eine Änderung der Blickrichtung des Betrachters und durch eine Veränderung der relativen Lage der Bildmusterstruktur und der optischen Struktur in Überlagerungsstrukturen des hier behandelten Typs (vgl. Nr. 2.3 oben), entgegen den Ausführungen der Beschwerdeführerin, nicht ohne Weiteres äquivalent, geschweige denn austauschbar, sind (vgl. Nr. 2.3.2 oben). Dies u.a. deshalb, weil sich jede Variation eines Moiré-Effekts durch Veränderung der relativen Lage von Unterstrukturen (vgl. Druckschrift D1, Absatz [0024] und Ansprüche 11 bis 13) nicht durch eine entsprechende Variation eines Bildes durch Änderung der Blickrichtung (vgl. Patentschrift, Absatz [0011], Druckschrift D4, Seite 3, Zeilen 3 bis 10, und Druckschrift D7, Fig. 1) ohne Weiteres reproduzieren lässt, und umgekehrt.
Den Verweis der Beschwerdeführerin auf die Passage auf Seite 63, Zeilen 21 bis 24, der Druckschrift D4 hält die Kammer auch nicht für überzeugend. In dieser Passage wird vorgeschlagen, das Linsenraster und das Motivraster des darin offenbarten Moiré-Magnifiers getrennt auszuführen, sodass der Betrachter beide Raster zusammenlegt, um den Moiré-Effekt zu sehen. Diese Passage schlägt aber nicht vor, den Moiré-Effekt durch eine Verschiebung der relativen Lage beider Raster zu variieren, geschweige denn auf die Variation des Moiré-Effekts durch Verschiebung der Unterstrukturen einer Überlagerungsstruktur des in der Druckschrift D1 offenbarten Typs durch eine Fixierung der Unterstrukturen zu verzichten.
Die Beschwerdeführerin hat auch auf die Offenbarung im Absatz [0217] der Druckschrift D1 verwiesen, wonach zwei unterschiedliche Linsenraster ("revealing layers") verwendet werden können, die jeweils in Verbindung mit einem Dokument ein unterschiedliches statisches oder dynamisches Moiré-Bild erzeugen. Die Tatsache aber, dass bei einer bestimmten relativen Positionierung der zwei zueinander bewegbaren Schichten der Mehrschichtstrukturen der Druckschrift D1 ein statisches Moiré-Bild erzeugt wird, ändert nichts daran, dass die erwähnten Linsenraster, wie von der Beschwerdegegnerin vorgetragen, in Bezug auf dem Dokument beweglich sind. Auch würde der Fachmann in dieser Passage keine Anregung finden, die Mehrschichtkörper der Druckschrift D1 so zu verändern, dass die zwei Schichten zueinander in einer festen Lage angeordnet sind.
5.1.3 Ähnliche Überlegungen gelten in Bezug auf das Uhrenarmband 361 gemäß der Fig. 36 der Druckschrift D1, in dem ein bewegbares Teil 360 ausdrücklich mit der Absicht eingesetzt wurde, eine relative Bewegung der zwei entsprechenden Schichten zu ermöglichen und dadurch einen dynamischen optischen Moiré-Effekt zu erzeugen (vgl. Absatz [0198]).
5.2 Nach Auffassung der Kammer ergibt sich daher der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 nicht in naheliegender Weise aus der Druckschrift D1 allein oder in Kombination mit der Druckschrift D4 bzw. D7, und zwar unabhängig davon, ob die Merkmale [1.2] und [1.4] des Anspruchs 1 neu sind oder nicht (vgl. Nr. 2.5 oben, zweiter Absatz) bzw. ob sie sich, wie von der Beschwerdeführerin unter Berücksichtigung des allgemeinen Fachwissens bzw. der Druckschriften D7 und D8 geltend gemacht, in naheliegender Weise ergeben.
6. Anspruch 1 - Druckschrift D4 als nächstkommender Stand der Technik
6.1 Die Beschwerdeführerin hat geltend gemacht, dass das unter Nr. 3.2 oben, erster Absatz, angesprochene Unterscheidungsmerkmal des Anspruchs 1 gegenüber der Druckschrift D4 nur eine ästhetische Wirkung aufweise, sodass es zur erfinderischen Tätigkeit nicht beitragen könne.
Die Merkmale der Mikrobilder der Druckschrift D4 wurden aber nicht aus rein ästhetischen Gründen, sondern mit einem technischen Ziel ausgewählt, nämlich visuelle Sicherheitsmerkmale zu erzeugen (D4, Bezeichnung). Deshalb geht die Wirkung des angesprochenen Unterscheidungsmerkmals in seinem technischen Kontext über eine reine ästhetische Wirkung hinaus und stellt eine Weiterentwicklung dieser technischen Wirkung dar. Das Unterscheidungsmerkmal kann daher in seinem technischen Kontext nicht als nicht-technisch angesehen werden und ist in der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit zu berücksichtigen.
6.2 Die Beschwerdeführerin hat auch auf das Mikrobildraster der Fig. 6a der Druckschrift D4 verwiesen und geltend gemacht, dass es naheliegend sei, eine oder mehrere der Zeilen mit dem verzerrten Mikrobild "F" um 180° zu drehen, um es zu ermöglichen, das entsprechende erzeugte Bild "F" aus verschiedenen Seiten zu lesen. Die Beschwerdeführerin hat aber nicht ausgeführt, wie - insbesondere mit welchem Mikrolinsenraster - eine solche Wirkung ohne Weiteres erreicht werden kann. Außerdem basiert die Ausführungsform der Fig. 6a (siehe auch alle in den Abbildungen der Druckschrift D4 dargestellten Ausführungen) auf einem Mikrobildraster mit identischen Mikrobildern zur Erzeugung eines Bildes. Die Kammer sieht daher keinen Beleg dafür, dass der Fachmann die von der Beschwerdeführerin vorgebrachte Vorgehensweise in Betracht gezogen hätte.
6.3 Die Beschwerdeführerin hat auch geltend gemacht, dass sich der Gegenstand des Anspruchs 1 in naheliegender Weise aus der Kombination der Offenbarung der Druckschrift D4 mit der Lehre der Druckschrift D1 ergebe. Das angesprochene Unterscheidungsmerkmal erzeuge neue Bildeffekte und für den Fachmann sei naheliegend, weitere durch Matrix-Transformationen zu erzeugende Bilder, insbesondere die Bilder der Druckschrift D1 (Absatz [0025] und [0149] i.V.m. den Fig. 22A und 22B), in Betracht zu ziehen, um neue Bildeffekte zu erzeugen, und auf diese Weise zum beanspruchten Mehrschichtkörper zu gelangen.
6.3.1 Die Kammer stellt zunächst fest, dass sowohl die Druckschrift D1 (Bezeichnung und Absatz [0001]) als auch die Druckschrift D4 (Title und Absatz [0001]) Sicherheitselemente betreffen. Die jeweiligen Sicherheitselemente basieren aber, wie von der Beschwerdegegnerin geltend gemacht, auf unterschiedlichen Sicherheitsprinzipien, nämlich in der Druckschrift D1 auf der relativen Bewegung zwischen zwei Schichten zur Erzeugung variabler Bilder bzw. eines dynamischen Moiré-Effekts, und in der Druckschrift D4 auf der Erzeugung eines Moiré-Bildes mittels zweier Schichten, die zueinander in einer festen Lage angeordnet sind. Die Merkmale der Mikrobilder des Mikrobildrasters der Druckschrift D1, insbesondere die der Mikrobilder der Ausführungsformen der Fig. 34 und 36 (siehe Absatz [0196] und [0198] i.V.m. Fig. 22A und 26), sind zur Erzeugung bestimmter variabler Bilder bzw. eines bestimmten dynamischen Moiré-Effekts durch relative Bewegung der zwei Schichten spezifisch gestaltet (Absatz [0150] und [0154]). Wie von der Beschwerdegegnerin geltend gemacht, hätte der Fachmann in diesem Kontext keine Veranlassung gehabt, die Druckschrift D1 zur Weiterentwicklung der in der Druckschrift D4 offenbarten Sicherheitselemente - oder, wie von der Einspruchsabteilung und der Beschwerdeführerin ausgeführt, zur Erzeugung neuer visueller Effekte bzw. neuer Bildeffekte - in Betracht zu ziehen, geschweige denn, die zur Erzeugung von dynamischen Moiré-Bildern speziell gestalteten Mikrobilder der Druckschrift D1 in die Sicherheitselemente der Druckschrift D4 zur Erzeugung eines statischen Moiré-Bildes einzusetzen.
Die Beschwerdeführerin hat auch vorgetragen, dass ein variabler Moiré-Effekt bei einer relativen Bewegung der zwei Schichten und bei einem Kippen der zwei Schichten gleichwertig sei und in dieser Hinsicht auf die Passage auf Seite 63, Zeilen 21 bis 24, der Druckschrift D4 hingewiesen. In dieser Passage wird aber nur offenbart, dass die zwei Schichten, d.h. das Linsenraster und das Motivraster, als Verbund oder als getrennte Schichten ausgeführt werden, und dass im letzteren Fall der Betrachter die zwei Schichten aufeinander legt, um den Moiré-Effekt zu sehen. In dieser Passage wird kein variabler Moiré-Effekt durch die relative Bewegung der Schichten angesprochen. Für die Kammer ist daher nicht ersichtlich, wie diese Passage die Argumentation der Beschwerdeführerin stützen könnte.
Die Beschwerdeführerin hat auch auf die Offenbarung im Absatz [0217] der Druckschrift D1 verwiesen (siehe Nr. 5.1.2, dritter Absatz). Auch hier ändert die Tatsache, dass bei einer bestimmten relativen Positionierung der zwei zueinander bewegbaren Schichten der Mehrschichtstrukturen gemäß der Druckschrift D1 ein statisches Moiré-Bild erzeugt wird, nichts daran, dass die in dem Mehrschichtkörper angeordneten Mikrobilder spezifisch zur Erzeugung eines bestimmten dynamischen Moiré-Bilds durch relative Bewegung der Schichten gestaltet sind.
6.3.2 Die Kammer weist auch darauf hin, dass selbst wenn der Fachmann die Druckschrift D1 in Betracht gezogen hätte, er nicht ohne Weiteres zu dem beanspruchten Gegenstand gelangt wäre. Insbesondere sind die Argumente der Beschwerdeführerin, wonach der Fachmann die Ausführungen der Zeichnungen der Druckschrift D1 (Fig. 21A, 21B, 22A, 22B, 25 und 26) auf die Ausführung der Fig. 15(b) der Druckschrift D4 anwenden würde, um dabei neue ästhetische bzw. visuelle Effekte zu erzeugen, nicht überzeugend. Während die Ausführung der Fig. 15(b) der Druckschrift D4 - wie übrigens auch alle übrigen Ausführungen dieser Druckschrift, siehe Fig. 4a bis 4e 5, 6a, usw. - auf der Überlagerung eines regulären geradlinigen Rasters von Linsen und eines regulären geradlinigen Rasters von Motiven basiert (vgl. Fig. 15(b) i.V.m. Seite 53, Zeilen 4 bis 14, und Seite 57, Zeilen 16 bis 25), basieren
- die Ausführung der Fig. 21A, 21B, 22A und 22B der Druckschrift D1 auf der Überlagerung eines regulären geradlinigen Rasters von Linsen (Fig. 22B) und eines komplexen gekrümmten Musters von Motiven (Fig. 22A i.V.m. Absatz [0149] und [0150]) und
- die Ausführung der Fig. 25, 26 und 27 der Druckschrift D1 auf der Überlagerung eines spiralförmigen Zeile-Rasters (Fig. 25) und eines komplexen radialen Musters von Motiven (Fig. 26 i.V.m. Absatz [0153] und [0154]).
Für die Kammer ist in diesem Kontext nicht ersichtlich,
- warum der Fachmann eine solche Kombination von Anordnungen, die auf unterschiedlichen funktionellen und strukturellen Anordnungen und auch auf nicht äquivalenten Variationsprinzipien eines Bildes (Verschiebung von Unterstrukturen in der Druckschrift D1 (Zusammenfassung) vs. Verkippung der gesamten Struktur relativ zum Betrachter in der Druckschrift D4 (Seite 41, Zeile 25, bis Seite 43, Zeile 11), vgl. Nr. 2.1.2 oben, dritter Absatz) basieren, in Betracht ziehen würde,
- wie eine solche Kombination strukturell durchzuführen wäre,
- welche neuen erzeugten visuellen Effekte dabei zu erwarten wären, und
- wie eine solche Kombination zum beanspruchten Gegenstand führen könnte.
6.4 Die Kammer ist daher der Auffassung, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 sich nicht in naheliegender Weise aus der Druckschrift D4 allein oder in Kombination mit der Druckschrift D1 ergibt.
7. Aus diesen Gründen ist die Kammer der Auffassung, dass keine der Argumentationslinien der Beschwerdeführerin rechtfertigt, die erfinderische Tätigkeit des Gegenstands des erteilten Anspruchs 1 in Frage zu stellen (Artikel 56 EPÜ). Entsprechendes gilt für den Verfahrensanspruch 14 und die abhängigen Ansprüche 2 bis 13, da sie sich alle auf den Mehrschichtkörper nach Anspruch 1 beziehen.
8. Aus den oben genannten Gründen gelangt die Kammer zu dem Schluss, dass weder der Einspruchsgrund der mangelnden Neuheit noch der Einspruchsgrund der mangelnden erfinderischen Tätigkeit (Artikel 100 a) i.V.m. Artikel 54 (1) bzw. 56 EPÜ) der Aufrechterhaltung des erteilten Patents entgegenstehen. Die angefochtene Entscheidung der Einspruchsabteilung, den Einspruch gemäß Artikel 101 (2) EPÜ zurückzuweisen, kann daher nicht aufgehoben werden. Somit ist die Beschwerde zurückzuweisen.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.