T 0531/22 09-05-2023
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PORTIONSKAPSEL UND VERFAHREN ZUR HERSTELLUNG EINES GETRÄNKS MIT EINER PORTIONSKAPSEL
Dokumente nicht zugelassen im Einspruchsverfahren - Ermessensfehler (nein)
Änderungen - Erweiterung über den Inhalt der Anmeldung in der eingereichten Fassung hinaus (nein)
Änderungen - zulässig (ja)
Neuheit - (ja)
Erfinderische Tätigkeit - (ja)
Erfinderische Tätigkeit - rückschauende Betrachtungsweise
Sachverhalt und Anträge
I. Die Einsprechende (Beschwerdeführerin) legte form- und fristgerecht Beschwerde gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung ein, mit der festgestellt wurde, dass unter Berücksichtigung der von der Patentinhaberin im Einspruchsverfahren vorgenommenen Änderungen das europäische Patent Nr. 2 861 508 und die Erfindung, die es zum Gegenstand hat, den Erfordernissen des Übereinkommens genügen.
II. Mit Mitteilung gemäß Artikel 15 (1) VOBK 2020 teilte die Beschwerdekammer den Parteien ihre vorläufige Beurteilung der Sach- und Rechtslage mit, derzufolge die Beschwerde voraussichtlich zurückzuweisen wäre.
III. Die Beschwerdeführerin nahm mit Schriftsatz vom 2. Mai 2023 inhaltlich zur Mitteilung der Kammer Stellung.
IV. Am 9. Mai 2023 fand die mündliche Verhandlung vor der Kammer statt. Wegen der Einzelheiten des Verlaufs der mündlichen Verhandlung wird auf das Protokoll verwiesen.
Der Tenor der Entscheidung wurde am Schluss der Verhandlung verkündet.
V. Die Beschwerdeführerin beantragte zuletzt
die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents.
Hilfsweise beantragte sie die Zulassung der Dokumente D19 und D20 in das Verfahren und die Zurückverweisung der Angelegenheit an die Einspruchsabteilung zur weiteren Entscheidung über die auf den Dokumenten D19 und D20 beruhenden Einwänden.
VI. Die Patentinhaberin (Beschwerdegegnerin) beantragte zuletzt
die Zurückweisung der Beschwerde und somit die Aufrechterhaltung des Patents auf der Basis des von der Einspruchsabteilung für gewährbar erachteten Hilfsantrags 1 (im Folgenden als Hauptantrag bezeichnet),
sowie hilfsweise die Aufrechterhaltung des Patents auf der Basis eines der Hilfsanträge 2 und 3, eingereicht mit der Beschwerdeerwiderung.
VII. Die Entscheidung nimmt auf die folgenden Dokumente Bezug:
D1: WO 2012/038063 Al;
D3: US 5,325,765;
D19: AU 2013279478 C1;
D20: Entscheidung des Australischen Patentamtes für
AU 2013279478 C1.
VIII. Der unabhängige Anspruch 1 gemäß Hauptantrag lautet:
"Portionskapsel (1) zur Herstellung eines Getränks aufweisend einen Kapselkörper (2) mit einem Kapselboden (3) und einem Deckel (6), wobei zwischen dem Kapselboden (3) und dem Deckel (6) ein Hohlraum (100) zur Aufnahme eines pulverförmigen oder flüssigen Getränkesubstrats (101) ausgebildet ist und wobei in dem Hohlraum ein Filterelement (7) angeordnet ist und das Filterelement aus nicht gewebtem Fasermaterial gefertigt ist, wobei das Fasermaterial plastisch geformt, nämlich tiefgezogen, ist, wobei der Kapselboden eine Ausbuchtung in eine der Einfüllseite entgegengesetzte Richtung aufweist."
IX. Da sich die Entscheidung ausschließlich mit dem Hauptantrag befasst, erübrigt sich eine Wiedergabe der Hilfsanträge 2 und 3.
X. Das entscheidungserhebliche Vorbringen der Parteien wird im Detail in den Entscheidungsgründen diskutiert.
Entscheidungsgründe
1. Zulassung der Dokumente D19 und D20 ins Verfahren - Artikel 12 (6) VOBK 2020
1.1 Nachdem die von der Kammer im Punkt 7. der Mitteilung gemäß Artikel 15 (1) VOBK 2020 dargelegte vorläufige Meinung zur Zulassung der Dokument D19 und D20 von der Beschwerdeführerin weder weiter kommentiert noch bestritten wurde, sieht die Kammer - nachdem sie erneut alle relevanten Aspekte in Bezug auf diese Frage berücksichtigt hat - keinen Grund, von ihren in der Mitteilung gemäß Artikel 15 (1) VOBK 2020 getroffenen Feststellungen abzuweichen und bestätigt diese, wie im Folgenden näher dargestellt.
1.2 Die Einspruchsabteilung hat in Punkt 15 der Entscheidungsgründe begründet festgestellt, dass die im Einspruchsverfahren verspätetet vorgebrachten Dokumente D19 und D20 nicht ins Verfahren zuzulassen sind.
1.3 Die Beschwerdeführerin bringt die Dokumente D19 und D20 nunmehr erneut im Beschwerdeverfahren vor und führt aus, dass diese Dokumente fristgerecht eingereicht worden seien (d. h. zu dem in der Ladung zur mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung angegebenen Zeitpunkt), und dass die Dokumente prima facie relevant für das Verfahren seien (vgl. Beschwerdebegründung, Punkt III.1.3).
1.4 Gemäß Artikel 12 (6) Satz 1 VOBK 2020 lässt die Kammer Tatsachen oder Beweismittel nicht zu, die im Verfahren, das zu der angefochtenen Entscheidung geführt hat, nicht zugelassen wurden, es sei denn, dass die Entscheidung über die Nichtzulassung ermessensfehlerhaft war oder die Umstände der Beschwerdesache eine Zulassung rechtfertigen.
1.5 Die Kammer kann jedoch bereits nicht erkennen, dass ein Ermessensfehler vorliegt.
1.5.1 Die Kammer ist in erster Linie davon überzeugt, dass die Dokumente D19 und D20 zu Recht als verspätet eingereicht angesehen wurden. Es ist ständige Rechtsprechung der Beschwerdekammer, dass Beweismittel, die vom Einsprechenden erst nach Ablauf der Neunmonatsfrist nach Artikel 99 (1) EPÜ vorgebracht wurden, wie im vorliegenden Fall die Dokumente D19 und D20, grundsätzlich als verspätet im Sinne von Artikel 114 (2) EPÜ angesehen werden. Der Wortlaut von Regel 116 (1) Satz 4 EPÜ ist dabei nicht so zu verstehen, dass mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung eine neue Frist in Gang gesetzt wird, innerhalb der neue Beweismittel eingereicht werden könnten, welche dann nicht als verspätet im Sinne von Artikel 114 (2) EPÜ zu werten seien (siehe Rechtsprechung der Beschwerdekammern [RdB], 10. Auflage 2022, IV.C.4.3.2).
1.5.2 Bei der Frage der Zulassung der Dokumente D19 und D20 wurde zudem das Kriterium der mangelnder prima facie Relevanz für spät vorgebrachte Beweismittel richtigerweise beachtet. Die Kammer hält die entsprechenden Schlussfolgerungen der Einspruchsabteilung in Punkt 15.1.1 der Entscheidungsgründe für begründet und sieht diese nicht als willkürlich an.
1.6 Der Beschwerdeführerin gelingt es damit nicht darzulegen, dass die Entscheidung der Einspruchsabteilung zur Nichtzulassung der Dokumente D19 und D20 ermessensfehlerhaft wäre.Umstände, die eine Zulassung des Dokuments in das Verfahren rechtfertigten, sind weder offenkundig noch wurden solche von der Beschwerdeführerin vorgetragen.
1.7 In Anwendung von Artikel 12 (6) Satz 1 VOBK 2020 sind die Dokumente D19 und D20 folglich nicht ins Beschwerdeverfahren zuzulassen. Der Antrag auf Zurückverweisung der Angelegenheit an die Einspruchsabteilung, der von der Zulassung dieser Dokumente abhängig gemacht wurde, entfaltet entsprechend keine prozessuale Wirkung und ist daher nicht zu berücksichtigen.
2. Unzulässige Änderungen - Artikel 123 (2) EPÜ
2.1 Die Beschwerdeführerin trägt zu ihrem Einwand gegen die Feststellungen der Einspruchsabteilung zum Einspruchgrund nach Artikel 100 c) EPÜ in Punkt 13.1.1.3 der Entscheidungsgründe vor, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß der erteilten Fassung des Patents mit der Aufnahme des Merkmals 1g:
"der Kapselboden eine Ausbuchtung in eine der Einfüllseite entgegengesetzte Richtung aufweist"
über den Inhalt der ursprünglichen Anmeldung hinausgehe.
2.1.1 Im Punkt IV.1.1.5 der Beschwerdebegründung macht die Beschwerdeführerin geltend, dass auch Anspruch 1 gemäß Hauptantrag nicht bestimme, welche Seite der Kapsel unmittelbar als "Einfüllseite" zu verstehen sei. So könne die Ausbuchtung des Kapselbodens sowohl gegen die Kapselbodenseite oder die Deckelseite gerichtet sein (siehe Punkt IV.1.1.6 der Beschwerdebegründung).
2.1.2 Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag umfasse daher eine Ausführungsform einer Kapsel mit einer Ausbuchtung in einer der Einfüllseite, in der sich der Kapselboden befindet, entgegengesetzten Richtung und auch eine Ausführungsform einer Kapsel mit einer Ausbuchtung in einer der Einfüllseite, in der sich der Deckel befindet, entgegengesetzten Richtung (s. Punkt IV.1.1.8 der Beschwerdebegründung).
2.1.3 Die Beschwerdeführerin vertritt die Auffassung, dass die ursprüngliche Anmeldung auf Seite 7, Zeilen 30 bis 32, spezifiziere, dass die Einfüllseite einen Kragenrand aufweise, auf den eine Deckelfolie aufgesiegelt oder aufgeklebt ist. Vor diesem Hintergrund entnehme die Fachperson der ursprünglichen Anmeldung lediglich eine Ausgestaltung, in der die Ausbuchtung dieser Füllseite entgegengesetzt gerichtet sei (siehe Beschwerdebegründung, Punkt IV.1.1.9). Dies bedeutete aber keineswegs, dass die Füllseite bei jeder bekannten Portionskapsel diese Seite sein muss. Tatsächlich zeige Figur 7 von D1 eine Kapsel mit zwei Deckeln, was bestätigt, dass beide Seiten der Kapsel vernünftigerweise als Einfüllseiten ausgelegt werden können.
2.1.4 Im Gegensatz zum von Anspruch 1 gemäß Hauptantrag umfassten Gegenstand offenbare die Anmeldung in der ursprünglichen Fassung folglich keine Ausführungsform einer Getränkekapsel mit einer Ausbuchtung in eine der Einfüllseite entgegengesetzte Richtung an der Füllseite der Kapsel, an der sich der Boden befindet. Die Erfordernisse des Artikels 123 (2) EPÜ seien folglich nicht erfüllt.
2.2 Die Kammer kann sich dieser Argumentation nicht anschließen. Sie teilt vielmehr die Feststellung der Einspruchsabteilung, dass die Aufnahme des Merkmals 1g in den Anspruch 1 wie erteilt - oder gemäß der aufrechterhaltenen Fassung des Patents (d. h. gemäß Hauptantrag) - nicht zu einem Verstoß gegen die Erfordernisse des Artikels 123 (2) EPÜ führt.
2.2.1 Wie die Beschwerdegegnerin in ihrer Beschwerdeerwiderung und die Einspruchsabteilung im Punkt 13.1.1.1.1 der Entscheidungsgründe zutreffend ausgeführt hat, ist der Fachperson auf diesem Gebiet eindeutig klar, dass die Einfüllseite diejenige Seite der Kapsel ist, auf der die Deckelfolie angesiegelt oder angeklebt ist. Darüber hinaus stellt die Kammer fest, dass Anspruch 1 des Hauptantrags auf ein Produkt gerichtet ist, nämlich eine Kapsel, die ausgebildet ist, ein Getränkesubstrat zu enthalten. Es ist daher der Fachperson klar, dass sich die Einfüllseite gemäß dem Hauptantrag auf die Füllung eines solchen Getränkesubstrats beziehen muss und nicht auf den Dampf oder die Flüssigkeit, die während der Zubereitung des Getränks in die Kapsel eingeführt werden könnte. Daher ist es eindeutig, welche Seite die Einfüllseite ist.
2.2.2 Selbst wenn angenommen wird, dass die Fachperson bei der Festlegung des Schutzumfangs Zweifel daran hätte, welche Seite der Kapsel die Einfüllseite wäre, bestätigt die Beschreibung (beispielsweise in Seite 1, Zeilen 16-27 und Seite 7, Zeilen 30 bis 32), dass die Einfüllseite diejenige Seite ist, an der sich der Deckel befindet.
2.2.3 Entgegen den Argumenten der Beschwerdeführerin ist die Kammer überzeugt, dass die relevante Frage bei der Beurteilung der Erfordernisse des Artikels 123 (2) EPÜ nicht darin besteht, ob die Fachperson sich bewusst ist, dass es gemäß dem Stand der Technik verschiedene Kapselnsorten gibt, die unterschiedliche Konfigurationen von Einfüllseiten aufweisen könnten, selbst wenn sie nicht in den Ausführungsbeispielen der ursprünglichen Offenbarung widerspiegelt werden. Vielmehr ist für die Kammer entscheidend, ob die Fachperson den ursprünglichen Unterlagen eine direkte und unmittelbare Offenbarung für die geänderten Merkmale entnimmt, was in der vorliegenden Situation der Fall ist.
2.3 Der Beschwerdeführerin gelingt es daher nicht, die Kammer von der Unrichtigkeit der Feststellungen der Einspruchsabteilung zu Artikel 100 c) EPÜ zu überzeugen. Anspruch 1 gemäß Hauptantrag erfüllt die Erfordernisse des Artikels 123 (2) EPÜ.
3. Neuheit - Artikel 54 EPÜ
3.1 Die Beschwerdeführerin rügt die Feststellungen der Einspruchsabteilung in Punkt 14.2.1.2 der angefochtenen Entscheidung, dass der Gegenstand von Anspruch 1 gemäß Hauptantrag neu gegenüber der Lehre des Dokuments D1 sei.
3.1.1 Der Begriff "tiefgezogen" müsse, so die Beschwerdeführerin, im Sinne der Definition in Absatz [0008] des Streitpatents verstanden werden, nämlich "dass ein vormals ebenes Filterelement eine 3D-Form, mit mindestens einer Ein- oder Ausbuchtung erhält". Die Beschwerdeführerin ist der Auffassung, dass in Hinblick auf diese eindeutige Definition des Begriffs "tiefgezogen" im Patent folge, dass ein vormals flaches Filterelement durch das Tiefziehen ebenfalls eine 3D-Form mit mindestens einer Einbuchtung oder Ausbuchtung erhalte, so dass das Fasermaterial gemäß dem gewählten Wortlaut von Anspruch 1 gemäß Hauptantrag plastisch verformt werde (vgl. Beschwerdebegründung, Punkt V.1.5).
3.1.2 Darüber hinaus macht die Beschwerdeführerin geltend (siehe Beschwerdebegründung, Punkt V.1.11), dass obwohl die Fachperson unter einem Tiefziehverfahren üblicherweise die Verformung eines flachen Materialstücks mittels eines Werkzeugs verstehe, das in eine Form mit einer entsprechend tiefen Vertiefung gezogen werde, das Streitpatent nicht diesem normalen Verständnis der Fachperson folge, weil nicht alle im Patent offenbarten Ausführungsformen der Kapseln ein Filterelement mit einer solchen tiefen Einbuchtung aufweisen. So weisen die als erfindungsgemäß dargestellten Kapselausführungsformen in den Figuren 1, 3, 4, 5 und 7 kein Filterelement mit tiefen Ein- oder Ausbuchtungen auf.
3.1.3 Daher nehme eine Kapsel mit einem Filterelement aus Fasermaterial, das eine 3D-Form mit mindestens einer Ein- oder Ausbuchtung aufweise, die entsprechenden Merkmale von Anspruch 1 gemäß Hauptantrag vorweg. Dokument D1 offenbare auf Seite 9, letzter Absatz, dass das Filterelement einen Randbereich aufweise, der sich in Richtung der Füllseite erstrecke. Der Rand des Filters könne sich auch entlang mindestens eines Teils einer Seitenwand des Kapselkörpers erstrecken (siehe D1, Seite 10, zweiter Absatz und fünfter Absatz). Das Filterelement könne auch einen gewellten Bereich aus überschüssigem Material aufweisen, wie in D1 auf Seite 12, zweiter Absatz, beschrieben. 3D-förmige Filterelemente mit mindestens einer Ein- oder Ausbuchtung seien auch in den Figuren 6a/6b und 7a/7b von D1 offenbart.
3.1.4 Dementsprechend offenbare D1 eine Kapsel mit einem Filterelement, das im Sinne der gegebenen Definition des Patents tiefgezogen sei, da der Filter eine 3D-Form mit mindestens einer Einbuchtung oder Ausbuchtung aufweise (vgl. Beschwerdebegründung, Punkt V.1.9).
3.2 Die Kammer kann sich dieser Argumentation nicht anschließen und teilt vielmehr die Feststellung der Einspruchsabteilung, dass Dokument D1 kein plastisch geformtes, tiefgezogenes Filterelement einer Portionskapsel offenbart.
3.2.1 Wie von der Einspruchsabteilung im Punkt 14.2.1.2 der Entscheidungsgründe zutreffend festgestellt, muss das Merkmal "tiefgezogen" von Anspruch 1 im Zusammenhang mit dem Merkmal "plastisch geformt" betrachtet werden. In der Tat setzt der Gegenstand des Anspruchs 1 unter anderem voraus, dass das Tiefziehverfahren als ein plastisches Verformungsverfahren angesehen wird. Auch wenn dieses Tiefziehverfahren lediglich als ein Verfahren zur Herstellung einer dreidimensionalen Form zu betrachten wäre, ergibt sich aus dem beanspruchten Gegenstand, dass die Verformung der Ausgangsmaterialien während eines solchen Tiefziehprozesses als plastisch zu verstehen ist.
3.2.2 Obwohl das Filterelement in D1 durch Kalandrieren plastisch geformt wird, wird jenes nicht durch dieses plastische Verfahren in eine 3D-Form mit einer Ausbuchtung gebracht, sondern beim Befüllen der Portionskapsel mit Getränkesubstanz. Daher kann das plastische Kalandrieren von D1 allein nicht zu einem plastisch geformten, tiefgezogenen Filterelement im Sinne von Anspruch 1 führen. Die Ausbuchtungen in den Figuren 6a/6b und 7a/7b sind eindeutig das Ergebnis der Verformungen oder Anschmiegungen des Randbereichs des Filterelements an den Seitenwandbereich des Kapselkörpers aufgrund der Befüllung der Portionskapsel mit Getränkesubstanz, die ihre Form unter dem Anheben des Perforierungsmittels verändern kann (siehe insbesondere Seite 9, Zeilen 13 bis 19 und Seite 21, Zeilen 5 bis 11 des Dokuments D1).
3.3 Im Ergebnis ist folglich der von der Beschwerdeführerin vorgetragene Einwand nicht geeignet, die Kammer von der Unrichtigkeit der Feststellungen der Einspruchsabteilung zur Neuheit des Hauptantrags zu überzeugen. Der Gegenstand von Anspruch 1 gemäß Hauptantrag ist neu gegenüber der Lehre des Dokuments D1.
4. Erfinderische Tätigkeit - Artikel 56 EPÜ
4.1 Die Beschwerdeführerin rügt die Feststellungen der Einspruchsabteilung in Punkt 14.3 der Entscheidungsgründe, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag ausgehend vom Dokument D1 in Kombination mit dem Fachwissen oder mit der Lehre des Dokuments D3 auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht (vgl. Punkt VI.1 der Beschwerdebegründung).
4.1.1 Insbesondere wendet sich die Beschwerdeführerin gegen die Feststellung der Einspruchsabteilung, dass D1 vom Tiefziehen eines Filterelements im Sinne des angefochtenen Patents weglehre, nämlich von einer Verformung eines vormals ebenen Filterelements in eine 3D-Form mit mindestens einer Ein- oder Ausbuchtung.
4.1.2 Die Fachperson ziehe, so die Beschwerdeführerin, ausgehend vom Filterelement aus Figur 6 und angesichts des objektiven technischen Problems, das Filterelement in die vorgesehene 3D-Form zu bringen, alternativ in Erwägung, dies durch bekannte Tiefziehverfahren zu erreichen. Zum Beispiel offenbare D3 einen Filter aus Fasermaterial, der durch Ziehen in eine 3D-Form gebracht werden kann.
4.1.3 In einer weiteren Alternative würde eine Fachperson, ausgehend vom plastisch geformten Filterelement aus Figur 5, bei dem Problem, einen Filter mit vergrößerter Oberfläche zu schaffen, den Filter in eine 3D-Form bringen und dabei die bekannten Tiefziehverfahren anwenden, die entweder durch Fachwissen oder durch die Lehre von D3 bekannt sind.
4.1.4 Somit würde die Fachperson ohne erfinderisches Zutun zum Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß dem Hauptantrag gelangen.
4.2 Die Kammer kann sich dieser Argumentation nicht anschließen.
4.2.1 Wie die Beschwerdegegnerin in Punkt 3. der Beschwerdeerwiderung zutreffend vorgetragen hat, bildet sich beim Kalandrieren gemäß D1 keine plastisch geformte 3D-Struktur des Filterelements. Darüber hinaus wäre eine plastisch geformte 3D-Form hinderlich für ein Filterelement, dessen Rand an den Seitenwandbereich der Kapsel anschmiegt, wie es das Ausführungsbeispiel der Figur 6 in D1 erfordert. Daher kann der Feststellung der Einspruchsabteilung in Punkt 14.3.1.2 der Entscheidungsgründe zugestimmt werden, dass D1 vom Tiefziehen, auch von einer plastischen Verformung des Filterelements in eine 3D-Form, weglehrt.
4.2.2 Daraus folgt, dass die Fachperson, ausgehend von D1 und selbst unter Berücksichtigung des von der Beschwerdeführerin formulierten Problems, nicht die Möglichkeit berücksichtigen würde, die 3D-Form des Filterelements plastisch, nämlich durch Tiefziehen, zu verformen, auch wenn das Dokument D3 eindeutig ein plastisch tiefgezogenes Filterelement lehrte.
4.2.3 Ein solcher plastisch tiefgezogener Filter, wie er in Anspruch 1 gefordert ist, wäre auch nicht naheliegend, wenn man von dem Filter in Figur 5 ausgeht.
4.2.4 Bei dem Problem, den Flachfilter aus Figur 5 mit einer größeren Oberfläche zu versehen, würde die Fachperson lediglich in Erwägung ziehen, den Filter in eine 3D-Form zu bringen (was übrigens der Filter aus Figur 6 bereits zeigt). Es wäre aber nicht erforderlich, diesen Formungsschritt plastisch durchzuführen. Daraus folgt, dass der Hinweis oder die Motivation auf eine plastische Verformung, um zum Gegenstand von Anspruch 1 naheliegend zu gelangen, fehlt. Die Kammer kommt daher zu dem Schluss, dass die Fachperson ausgehend von dem Filter der Figur 5 und bei dem Problem, den Filter mit einer größeren Oberfläche zu versehen nur durch eine rückschauende Analyse zum Gegenstand des Anspruchs 1 gelangen würde.
4.3 Im Ergebnis ist keiner der von der Beschwerdeführerin vorgetragenen Einwände geeignet, die Kammer von der Unrichtigkeit der Feststellungen der Einspruchsabteilung zur erfinderischen Tätigkeit des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag zu überzeugen. Der Gegenstand von Anspruch 1 gemäß Hauptantrag beruht ausgehend von der Lehre des Dokuments D1 auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.