T 0015/94 26-07-1995
Téléchargement et informations complémentaires:
Schallschluckendes Deckenelement für den Aufbau einer fugenlosen Akustikdecke
Erweiterung des Schutzbereichs (verneint)
Erfindersiche Tätigkeit (bejaht)
Amendments - agreed by the boards
Inventive step (yes)
Sachverhalt und Anträge
I. In der mündlichen Verhandlung vom 28. September 1993, schriftliche Entscheidung zur Post gegeben am 10. November 1993, hat die Einspruchsabteilung das europäische Patent Nr. 0 320 680 widerrufen, weil der abgeänderte Anspruch folgenden Wortlauts
"Aus schallschluckenden Deckenelementen aufgebaute fugenlose Akustikdecke, bei der jedes Deckenelement aus einer Lochplatte besteht, die raumseitig auf einer die Lochungen überdeckenden Vliesschicht (24) mit einer schalldurchlässigen Putzschicht (26) abgedeckt und auf der raumabgewandten Seite mit einer Schalldämmschicht (28) hinterlegt ist, der eine undurchlässige Deckfolie (3) zugeordnet ist, dadurch gekennzeichnet, daß die Schalldämmschicht (28) auf ihrer von der Lochplatte (22) abgewandten Seite mit der undurchlässigen Deckfolie (30) abgedeckt ist."
gegenüber dem erteilten Anspruch, der auf ein "Schallschluckendes Deckenelement für den Aufbau einer fugenlosen Akustikdecke ..." gerichtet ist, eine Schutz- bereichserweiterung im Sinne von Artikel 123 (3) EPÜ enthalte und im übrigen im Lichte der Dokumente
(D1) FR-A-1 238 674 und
(D2) DE-U-8 705 270
keinen Gegenstand erfinderischer Qualität beanspruche, Artikel 56 EPÜ.
II. Gegen vorgenannte Entscheidung der Einspruchsabteilung hat die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) am 10. Januar 1994 unter gleichzeitiger Bezahlung der Gebühr Beschwerde eingelegt und diese am 18. März 1994 begründet.
III. Sie beantragt die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Streitpatents
a) gemäß Hauptantrag auf folgender Basis:
- einziger Anspruch, eingegangen am 20. August 1993;
- Spalte 1 und 2 der Beschreibung, eingegangen am 20. August 1993;
- Spalte 3 und 4 der Beschreibung wie erteilt;
- Zeichnung wie erteilt.
b) gemäß Hilfsantrag auf folgender Basis:
- einziger Anspruch, eingegangen am 18. März 1994;
- Beschreibung Spalten 1 bis 4, eingegangen am 18. März 1994;
- Zeichnung wie erteilt.
IV. Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) beantragt demgegenüber die Zurückweisung der Beschwerde.
V. Vorstehende Anträge der Parteien wurden auch in der nach Erlaß einer Mitteilung gemäß Artikel 11 (2) VOBK stattfindenden mündlichen Verhandlung vor der Kammer vom 26. Juli 1995 unverändert aufrechterhalten, wobei zum Hauptantrag gemäß Abschnitt III a) im wesentlichen folgende Argumente vorgebracht wurden:
a) Beschwerdeführerin:
- allein eine Umstellung der Worte "Deckenelement" und "fugenlose Akustikdecke" im Anspruch ergebe vom erteilten Anspruch ausgehend den geltenden Anspruchswortlaut;
- der geltende Anspruchswortlaut beinhalte gegenüber dem erteilten Anspruch eine Einschränkung des Schutzbereichs, da nunmehr nur noch Schutz für eine fugenlose Akustikdecke beansprucht werde;
- auch wenn Spalte 2, Zeilen 7 bis 14 der EP-B1- 0. 320 680 auf eine Vorfertigung der Vlies- und Putzschicht hindeute, sei Spalte 3, Zeilen 53 bis 58. der Streitpatentschrift klar entnehmbar, daß die Putzschicht "26" nachträglich, also nach der Montage der Deckenelemente, angebracht werde;
- die Interpretation des erteilten Anspruchs im Lichte dieser Textstelle des Streitpatents sei ein eindeutiger Beleg dafür, daß von Anfang an eine fugenlose Akustikdecke wie nunmehr beansprucht offenbart worden sei, Artikel 69 EPÜ;
- für den hier vorliegenden Problemkreis der Verhinderung von Verschmutzung, der Breitbandigkeit der Schallabsorption sowie der Montagesicherheit bzw. Wirtschaftlichkeit sei es irrelevant, wie die Akustikdecke an der Zimmerdecke befestigt sei;
- die beanspruchte Anbringung der Folie an der Oberseite der Dämmschicht lasse an sich einen erhöhten Luftaustausch mit verstärkter Verschmutzungsgefahr erwarten, so daß das Auftreten der gegenteiligen Wirkung als überraschend angesehen werden müsse;
- die (D1) und (D2) seien nicht geeignet, in Kombination gesehen zu werden, da dem Fachmann in einer Druckschrift eine fugenlose und in der anderen hingegen eine fugenbehaftete Akustikdecke gelehrt werde;
- im Ergebnis vorstehender Überlegungen ergebe sich, daß ein Einwand unter Artikel 123 (3) EPÜ nicht gerechtfertigt sei und daß der Gegenstand des einzigen Anspruchs im Lichte der (D1) und (D2) patentfähig sei, Artikel 100 a) EPÜ.
b) Beschwerdegegnerin:
- Spalte 2, Zeilen 7 bis 14 der EP-B1-0 320 680 spreche von einem Deckenelement und nicht von einer Decke selbst;
- die in der Eingabe vom 13. Juli 1995 seitens der Beschwerdeführerin herausgestellten Vorteile seien schon mit einem Deckenelement und nicht erst mit einer Decke erreichbar;
- aus der Tatsache, daß nunmehr eine Decke beansprucht werde, folge, daß der beanspruchte Gegenstand ein aliud zum Gegenstand des erteilten Anspruchs darstelle;
- der geltende Anspruch sei zwar auf eine Akustikdecke abgestellt, ohne aber die Art der Befestigung an der Zimmerdecke zu definieren;
- die Auslegung des Wortlauts des Anspruchs im Sinne des Artikels 69 EPÜ führe nicht zu dem von der Beschwerdeführerin zugrunde gelegten Ergebnis;
- die Streitpatentschrift sei in sich widersprüchlich, da das Auftragen des Putzes entweder vor oder nach der Montage gelehrt werde;
- bei der Beurteilung der Frage der erfinderischen Tätigkeit sei zu berücksichtigen, daß schon (D2) eine Vorsatzschale einer Akustikdecke lehre, bei der das Verschmutzungsproblem gelöst sei;
- die Obenanordnung der Folie sei mit Blick auf (D1) nicht überraschend;
- wesentlich sei es, die "Aufgabe der Erfindung" auf die objektiv verbleibende Aufgabe zurückzuführen;
- dies laufe auf die Vergrößerung der Breitbandigkeit der Schallabsorption hinaus;
- wie diese im Streitpatent verbessert werde, sei nicht ausgesagt;
- (D1) lehre aber bereits die Anordnung der Folie oberhalb der Dämmschicht und zwar im Zusammenhang mit der Breitbandigkeit;
- der Putzschicht könne nur eine ästhetische, nicht aber eine technische Bedeutung zukommen;
- (D2) sei somit mit (D1) kombinierbar, derart, daß die beanspruchte Akustikdecke nahegelegt sei;
- die Beschwerde sei zusammenfassend demnach zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
Hauptantrag
2. Schutzbereichserweiterung
2.1. Gemäß Artikel 123 (3) EPÜ dürfen die Patentansprüche des europäischen Patents im Einspruchsverfahren "nicht in der Weise geändert werden, daß der Schutzbereich erweitert wird".
2.2. Der Schutzbereich des europäischen Patents wird durch den Inhalt der Patentansprüche bestimmt; zu deren Auslegung sind jedoch die Beschreibung und die Zeichnungen heranzuziehen (Artikel 69 (1) EPÜ). Ferner hat die Auslegung der Patentansprüche aus Gründen der Rechtssicherheit grundsätzlich nach objektiven Kriterien zu erfolgen. Das in den Patentansprüchen Definierte ist daher so zu interpretieren, wie es der Durchschnittsfachmann aufgrund des ihm eigenen Wissens und Könnens sowie unter Berücksichtigung der Beschreibung und der Zeichnungen zwangsläufig verstehen muß (vgl. T 378/86 (ABl. EPA 1988, 386)).
2.3. Eine unzulässige Erweiterung des Schutzbereichs im Sinne von Artikel 123 (3) EPÜ liegt vor, wenn offenkundig ist, daß nach der Änderung eines Patentanspruchs eine Handlung als Verletzung in Betracht kommt, die vor der Änderung nicht als Verletzung des erteilten Patents angesehen werden konnte. Dies dürfte u. a. immer dann der Fall sein, wenn die geänderten Patentansprüche auf einen anderen Gegenstand als die erteilten Patentansprüche gerichtet sind (vgl. T 378/86, a. a. O.).
2.4. Im vorliegenden Fall ist der erteilte Anspruch, der auf ein "Deckenelement für eine fugenlose Akustikdecke" gerichtet war, abgeändert worden in eine "fugenlose Akustikdecke aufgebaut aus Deckenelementen ...".
2.5. Mag im erteilten Anspruch die Zweckbestimmung "für den Aufbau einer fugenlosen Akustikdecke" fakultativ sein, vgl."Richtlinien", C III 4.8, so stellt sie doch kein Nullum dar, denn sie gibt dem Fachmann den klaren Hinweis, daß das beanspruchte Deckenelement für den Aufbau einer fugenlosen Akustikdecke besonders geeignet ist.
2.6. Dem Sinne nach ist der erteilte Anspruch ein verkappter Verwendungsanspruch, nämlich dergestalt, daß dem Fachmann die Lehre vermittelt wird "verwende das im erteilten Anspruch spezifizierte Deckenelement zum Aufbau einer fugenlosen Akustikdecke".
2.7. Nach Auffassung der Kammer ist vorgenannte Lehre auch Inhalt des geltenden Anspruchs, obwohl dieser eine abgeänderte sprachliche Fassung erhalten hat. Dem Sinne nach ist aber dem Fachmann wiederum mitgeteilt, daß er eine fugenlose Akustikdecke aus den Deckenelementen, die im Anspruch bzw. im erteilten Anspruch näher definiert sind, aufbauen kann. Auch der geltende Erzeugnisanspruch kann somit als Verwendungsanspruch verstanden werden, woraus erhellt, daß die im erteilten Anspruch gegebene technische Lehre nicht geändert und der Schutzumfang nicht erweitert wurde.
2.8. Die vorgenommene Anspruchsfassung kann auch als Veränderung der Stellung eines Merkmals innerhalb des Anspruchs verstanden werden.
Wie die Entscheidung T 16/86 vom 4. Februar 1988 (unveröffentlicht) erhellt, vgl. Abschnitt 2, ist in einem solchen Fall kein Verstoß gegen Artikel 123 (3) EPÜ gegeben.
2.9. Die weitere Überlegung, daß das Deckenelement gemäß erteiltem Anspruch nicht an den Aufbau im Zusammenhang mit einer fugenlosen Akustikdecke beschränkt war, sondern durchaus auch in anderem Zusammenhang hätte eingebaut werden können, zeigt, daß der geltende Anspruch in seinem Schutzbereich dadurch eingeschränkt ist, daß nunmehr nur noch Schutz für eine fugenlose Akustikdecke beansprucht wird. Daraus erhellt, daß durch die neue Anspruchsfassung keine Schutzbereichserweiterung im Sinne des Artikels 123 (3) EPÜ erfolgt ist.
2.10. Schließlich darf in diesem Zusammenhang auch noch auf die Auslegung des erteilten und des geltenden Anspruchs im Sinne von Artikel 69 (1) EPÜ verwiesen werden:
Es dürfte unstrittig sein, daß der erteilte Anspruch im Lichte der Zeichnung, vgl. EP-B10 320 680, insbesondere einzige Figur und Bezugszeichen "24, 26" und der Beschreibung, vgl. EP-B1-0 320 680, insbesondere Titel, Spalte 1, Zeilen 1 bis 3 bzw. Spalte 3, Zeilen 50 bis 58, dem Fachmann die eindeutige Lehre vermittelt, daß die beanspruchten Deckenelemente zum Aufbau einer fugenlosen Akustikdecke bestimmt sind bzw. daß es, anders ausgedrückt, Ziel der Erfindung gemäß EP-B1-0 320 680 war, eine fugenlose Akustikdecke zu schaffen, wobei ein dafür besonders geeignetes Deckenelement im einzelnen definiert wurde.
2.11. Was sich beim Gegenstand des erteilten Anspruchs zumindest bei Auslegung im Sinne der erteilten Beschreibung und Zeichnung ergibt, ist im geltenden Anspruch wortwörtlich aus dem Anspruchswortlaut herleitbar.
2.12. Bei für den Fachmann übereinstimmender technischer Lehre ist im Umkehrschluß zu folgern, daß eine Schutzbereichserweiterung nicht stattgefunden hat.
2.13. Die Kammer kommt zusammenfassend zu dem Ergebnis, daß der Gegenstand des geltenden einzigen Anspruchs gemäß Hauptantrag nicht gegen Artikel 123 (3) EPÜ verstößt.
3. Auch die weiteren in der mündlichen Verhandlung vorgebrachten Argumente der Beschwerdegegnerin vermögen an der vorstehenden Beurteilung der Frage der Schutzbereichserweiterung nichts zu ändern:
- es ist irrelevant, wenn an einigen Stellen der Beschreibung sowie im einzigen Anspruch des Streitpatents auf ein Deckenelement abgestellt ist, wie vorstehende Überlegungen in den Abschnitten 2.1 bis 2.13 gezeigt haben;
- zum Vorwurf, daß durch die Anspruchsneufassung ein "aliud" entstanden sei, ist festzuhalten, daß die hier zu beantwortende Frage den Artikel 123 (3) und nicht Artikel 123 (2) EPÜ betrifft;
- es trifft zu, daß die Beschreibung des Streitpatents widersprüchliche Passagen enthält, etwa Spalte 2, Zeilen 7 bis 14 und Spalte 3, Zeilen 50 bis 58 der EP-B1-0 320 680; die Auslegung des Anspruchs im Lichte der Beschreibung und der Zeichnung ist aber dennoch möglich, da sich durch das gesamte Streitpatent die Schaffung einer fugenlosen Akustikdecke wie ein roter Faden zieht.
4. Patentfähigkeit
4.1. Neuheit
Die Frage der Neuheit war zwischen den Parteien unstrittig; es erübrigen sich somit ins Detail gehende Erörterungen.
4.2. Erfinderische Tätigkeit
4.2.1. Es ist unstrittig, daß (D2) den gattungsnächsten Stand der Technik darstellt, weil sie eine fugenlose Akustikdecke, die aus schallschluckenden Deckenelementen aufgebaut ist, zum Inhalt hat.
4.2.2. In Spalte 1, Zeilen 11 bis 49 der Beschreibung des Streitpatents sind die Gegebenheiten dieser vorbekannten Decke dahingehend diskutiert, daß dort Verschmutzungen im Lochbereich eintreten und daß durch Untenanordnung der Folie "6" der Schallabsorptionswert spürbar beeinträchtigt wird, so daß der Frequenzbereich, der absorbierbar ist, begrenzt ist. Auf die Probleme der Montage der Einzelkomponenten der Deckenelemente ist ebenfalls hingewiesen.
4.2.3. Von den Gegebenheiten gemäß (D2) ausgehend ist es Aufgabe der Erfindung, das gattungsgemäße Deckenelement so weiterzubilden, daß nicht nur die Verschmutzung der Putzschicht aufgrund der Filterwirkung im Bereich der Löcher der Lochplatte vermieden ist, sondern auch die richtige Anordnung der Dämmschicht zwangsläufig gesichert ist, und zwar auf wirtschaftlich besonders günstige Weise, die überdies eine hohe Breitbandigkeit des Absorptionsvermögens gewährleistet, vgl. EP-B1- 0. 320 680, Spalte 1, Zeilen 50 bis 58.
4.2.4. Die vorstehend genannte Aufgabe stellt die objektiv verbleibende technische Aufgabe dar, die der Fachmann, der von (D2) ausgeht, zu lösen hat und die bei der Beurteilung des erfinderischen Beitrags zum Stand der Technik zugrundezulegen ist.
4.2.5. Der Einwand der Beschwerdegegnerin, daß bei Berücksichtigung der (D2) von vorgenannter Aufgabe lediglich die Erhöhung der Breitbandigkeit des Absorptionsvermögens als zu lösender Aufgabenaspekt übrig bleibe, wird der ständigen Praxis in der Anwendung des "problem-solution-approaches" nicht gerecht, weil damit die Erfindungsaufgabe nicht mehr objektiv formuliert, sondern subjektiv verstümmelt wird.
4.2.6. Die objektiv verbleibende technische Aufgabe ist bei einer gattungsgemäßen Akustikdecke dadurch gelöst, daß die Schalldämmschicht "28" auf ihrer von der Lochplatte "22" abgewandten Seite mit der undurchlässigen Deckfolie "30" abgedeckt ist.
4.2.7. Damit wird erreicht, daß die Montage vereinfacht und die Wirtschaftlichkeit erhöht wird, wobei in überraschender Weise die Verschmutzungsgefahr gebannt ist und wobei ein besseres Absorptionsvermögen in Richtung erhöhter Breitbandigkeit erreicht wird. Das Aufbringen der Vlies- und Putzschicht nach der Montage der Deckenelemente erlaubt weiterhin den Aufbau einer fugenlosen Akustikdecke, die von einem Betrachter nicht als abgehängte Decke erkennbar ist.
4.2.8. Von (D2) ausgehend ist nicht erkennbar, daß ein Fachmann bei Kenntnis der Gegebenheiten des vorbekannten Deckenelements und der daraus aufgebauten Akustikdecke die Möglichkeit ins Auge fassen würde, die Folie an der Oberseite der Schalldämmschicht anzuordnen, da zu erwarten gewesen wäre, daß durch die Vergrößerung des Luftvolumens die Verschmutzungsgefahr im Lochbereich zunimmt.
4.2.9. Es stellt ein wichtiges Indiz für das Vorliegen erfinderischen Zutuns dar, daß der Fachmann entgegen einer an sich anzustellenden Überlegung handeln mußte, um zur beanspruchten fugenlosen Akustikdecke zu gelangen. Es ist auch nicht von der Hand zu weisen, daß die Obenanordnung der Folie eine Vorfertigung der Deckenelemente erlaubt, die die Verwechslungsgefahr minimiert und die Montage insgesamt erleichtert und wirtschaftlicher macht.
4.2.10. Die Beschwerdegegnerin hat aus dem Bekanntsein der Obenanordnung der Folie aus (D1), vgl. Figuren 1 und 2, Bezugszeichen "17", den Schluß gezogen, daß ein Fachmann durch die kombinatorische Betrachtung von (D2) und (D1) in naheliegender Weise zur beanspruchten fugenlosen Akustikdecke gelangen könnte. Dem kann die Kammer aus nachfolgenden Gründen nicht zustimmen:
4.2.11. Zunächst lehrt (D1) keine fugenlose Akustikdecke, da im Gegenteil die Keramikplatten "14" aus ästhetischen Gründen sichtbar sein sollen. Bei der beanspruchten fugenlosen Akustikdecke sieht der Betrachter hingegen eine durchgehende Putzdecke und kann somit nicht unterscheiden, ob eine Akustikdecke oder eine "normale" Zimmerdecke vorliegt. Schon von daher gesehen verbietet sich die gleichzeitige Betrachtung von (D2) und (D1).
4.2.12. Selbst wenn aber Deckenelemente gemäß (D1) zu einer fugenlosen Akustikdecke zusammengesetzt werden sollten, ergäbe sich die Situation, daß die T-förmigen Befestigungselemente an der Sichtseite der Decke mit einer so dicken Putzschicht überdeckt werden müßten, daß die Füße der Befestigungselemente nicht mehr sichtbar wären. Eine dicke Putzschicht läuft aber den akustischen Bedingungen entgegen, da sie weniger schalldurchlässig ist und die Absorptionsbedingungen für den Schall insgesamt verschlechtert. Auch diese Überlegung verdeutlicht, daß (D1) ex post ausgelegt werden müßte, um mit (D2) kombiniert zu werden.
4.2.13. Im Gegensatz zum Vorbringen der Beschwerdegegnerin ist es nach Auffassung der Kammer belanglos, wenn bei einem anderen Deckentyp als dem beanspruchten die Obenanordnung einer Folie bekannt ist, weil bei (D1) z. B. das Verschmutzungsproblem schon deshalb nicht so gravierend ist, weil die Möglichkeit besteht, die Keramikplatten abzuwaschen bzw. notfalls auszutauschen, also diametral entgegengesetzt zur beanspruchten Akustikdecke, bei der diese Möglichkeiten ausscheiden.
4.2.14. Der Aufgabenaspekt der Vermeidung der Verschmutzung der Akustikdecke ist somit ein wesentliches Element der objektiv verbleibenden technischen Aufgabe und deren Lösung im jetzt beanspruchten Umfange und hat mit einer bloßen ästhetischen Verbesserung einer fugenlosen Akustikdecke nichts zu tun.
4.2.15. Es spricht für die Ausstrahlung der beanspruchten Obenanordnung der Folie, wenn sie es erlaubt eine fugenlose Akustikdecke aufzubauen, bei der einerseits die Verschmutzungsgefahr gebannt und bei der andererseits auch in akustischer Hinsicht etwas erreicht wird, nämlich die Erhöhung der Breitbandigkeit der Schallabsorption.
4.2.16. Diese Überlegung zeigt, daß die beanspruchte fugenlose Akustikdecke, das Ergebnis erfinderischen Tätigwerdens im Sinne von Artikel 100 a) bzw. 56 EPÜ ist.
4.2.17. Der geltende Anspruch ist somit rechtsbeständig, so daß die angefochtene Entscheidung aufzuheben ist.
5. Die Beschreibung gemäß Hauptantrag vermittelt u. a. die Lehre, daß das Deckenelement bereits werksseitig mit einer Vlies- und mit einer Putzschicht beschichtet ist.
Die übrigen Aussagen, wonach nach der Montage der Deckenelemente eine Vlies- und eine Putzschicht aufgetragen wird, um eine fugenlose Akustikdecke zu erhalten, widersprechen dem in keiner Weise, da es technisch nicht ausgeschlossen ist, selbst auf ein mit einer Vlies/Putzschicht kaschiertes, vorgefertigtes Deckenelement eine weitere Vlies- und eine Putzschicht aufzubringen, um die gewünschte fugenlose Akustikdecke zu erhalten.
Im Zusammenhang mit der erteilten Figur liegen somit insgesamt Unterlagen vor, die die Aufrechterhaltung des Streitpatents im Sinne des Hauptantrags rechtfertigen und die den Erfordernissen des EPÜ entsprechen (Art. 102 (3) EPÜ in Verbindung mit R. 66 (1) EPÜ).
6. Obwohl sich in vorliegendem Fall die Möglichkeit einer Zurückverweisung der Akte an die erste Instanz eröffnet hätte, um die Frage der Patentfähigkeit in ganzer Breite abzuhandeln, hat die Kammer von der ihr in Artikel 111 (1) EPÜ eingeräumten Möglichkeit des Durchentscheidens Gebrauch gemacht, zumal die Parteien auch zu dieser Frage Stellung genommen haben.
Hilfsantrag
Bei gewährbarem Hauptantrag braucht auf den Hilfsantrag nicht mehr eingegangen zu werden.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz mit der Anweisung zurückverwiesen, das Patent mit den Unterlagen gemäß Hauptantrag aufrechtzuerhalten.