W 0009/86 (Thromboxan Antagonisten) 11-08-1986
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1. Die Gründe, warum eine internationale Anmeldung dem Erfordernis der Einheitlichkeit nicht entspricht, müssen dem Anmelder in der Aufforderung nach Artikel 17(3)(a) PCT mitgeteilt werden. Es genügt nicht, wenn die Begründung nur den Akten zu entnehmen ist (im Anschluss an die Entscheidungen W 04/85 und W 07/86).
2. Ein beabsichtigter Einwand wegen mangelnder Einheitlichkeit a posteriori rechtfertigt eine Abweichung von dem oben genannten Grundsatz nicht.
Mangelnde Einheitlichkeit der Erfindung
Einheitlichkeit/mangelnde
Begründung gehört in die Zahlungsaufforderung
Sachverhalt und Anträge
I. Die Anmelderin reichte am 16. Januar 1986 die internationale Anmeldung PCT/GB 86/00028 beim Patentamt des Vereinigten Königreichs ein. Das EPA war Bestimmungsamt im Sinne des Artikels 2 xiii) PCT.
II. Am 10. April 1986 übermittelte das EPA als Internationale Recherchenbehörde (ISA) der Anmelderin eine Aufforderung zur Zahlung von 21 zusätzlichen Recherchengebühren gemäß Artikel 17 (3) a) und Regel 40.1 PCT. In der Aufforderung hieß es, daß die obengenannte Anmeldung das Erfordernis der Einheitlichkeit der Erfindung nicht erfülle, sondern in die folgenden 22 Gegenstände zerfalle:
Ansprüche 1, 2, 5
Als Thromboxan-Antagonist wirksame Verbindung zur Verwendung bei der Herstellung eines Arzneimittels zur Behandlung von hormonbedingter Neoplasie sowie eine diese Verbindung enthaltende Zusammensetzung
Ansprüche 6 bis 25
Verbindung nach Anspruch 1 oder 5 mit der Formel I, wobei XC2H2 ein Bicyclo[2.2.1]heptan-Ringsystem ist
Ansprüche 6 bis 24
Verbindung nach Anspruch 1 oder 5 mit der Formel I, wobei XC2H2 ein Bicyclo[2.2.1]hept-2Z-en-Ringsystem ist
Ansprüche 6, 8 bis 21
Verbindung nach Anspruch 1 oder 5 mit der Formel I, wobei XC2H2 ein 7-Oxabicyclo[2.2.1]heptan-Ringsystem ist
Ansprüche 6, 8 bis 21
Verbindung nach Anspruch 1 oder 5 mit der Formel I, wobei CX2H2 (richtig: XC2H2) ein 7-Oxabicyclo[2.2.1]hept-2Z-en-Ringsystem ist
Ansprüche 6 bis 24
Verbindung nach Anspruch 1 oder 5 mit der Formel I, wobei XC2H2 ein Bicyclo[2.2.2]octan-Ringsystem ist
Ansprüche 6 bis 24
Verbindung nach Anspruch 1 oder 5 mit der Formel I, wobei XC2H2 ein Bicyclo[2.2.2]oct-2Z-en-Ringsystem ist
Ansprüche 6, 8 bis 21
Verbindung nach Anspruch 1 oder 5 mit der Formel I, wobei CX2H2 (richtig: XC2H2) ein 6,6-Dimethylbicyclo[3.1.1] heptan-Ringsystem ist
Ansprüche 6, 8 bis 21
Verbindung nach Anspruch 1 oder 5 mit der Formel I, wobei XC2H2 ein Cyclohexen-Ringsystem ist
Ansprüche 6, 8 bis 21
Verbindung nach Anspruch 1 oder 5 mit der Formel I, wobei XC2H2 ein Cyclohexan-Ringsystem ist
Ansprüche 6, 8 bis 21
Verbindung nach Anspruch 1 oder 5 mit der Formel I, wobei XC2H2 ein Hydroxycyclopentan-Ringsystem ist
Ansprüche 26 bis 29, 32 und teilweise 35 bis 37, soweit sie von den Ansprüchen 26 und 32 abhängen:
Erzeugnis, das eine Thromboxan-Antagonist-Verbindung sowie ein hormonales Therapeutikum und/oder ein cytotoxisches Mittel zur gleichzeitigen, getrennten oder aufeinander folgenden Anwendung bei der Behandlung von hormonbedingter Neoplasie enthält, sowie eine pharmazeutische Zusammen setzung und eine Mehrkomponenten-Packung, die dieses Erzeugnis enthalten.
Ansprüche 33 bis 34 und teilweise 35 bis 38: Erzeugnis nach Gegenstand 12, bei dem die Verbindung die in Gegenstand 2 definierte Formel I hat
Ansprüche 33 bis 34 und teilweise 35 bis 38: Erzeugnis nach Gegenstand 12, bei dem die Verbindung die in Gegenstand 3 definierte Formel I hat
Ansprüche 33 bis 34 und teilweise 35 bis 38: Erzeugnis nach Gegenstand 12, bei dem die Verbindung die in Gegenstand 4 definierte Formel I hat
Ansprüche 33 bis 34 und teilweise 35 bis 38: Erzeugnis nach Gegenstand 12, bei dem die Verbindung die in Gegenstand 5 definierte Formel I hat
Ansprüche 33 bis 34 und teilweise 35 bis 38: Erzeugnis nach Gegenstand 12, bei dem die Verbindung die in Gegenstand 6 definierte Formel I hat
Ansprüche 33 bis 34 und teilweise 35 bis 38: Erzeugnis nach Gegenstand 12, bei dem die Verbindung die in Gegenstand 7 definierte Formel I hat
Ansprüche 33 bis 34 und teilweise 35 bis 38: Erzeugnis nach Gegenstand 12, bei dem die Verbindung die in Gegenstand 8 definierte Formel I hat
Ansprüche 33 bis 34 und teilweise 35 bis 38: Erzeugnis nach Gegenstand 12, bei dem die Verbindung die in Gegenstand 9 definierte Formel I hat
Ansprüche 33 bis 34 und teilweise 35 bis 38: Erzeugnis nach Gegenstand 12, bei dem die Verbindung die in Gegenstand 10 definierte Formel I hat
Ansprüche 33 bis 34 und teilweise 35 bis 38: Erzeugnis nach Gegenstand 12, bei dem die Verbindung die in Gegenstand 11 definierte Formel I hat
Es wurden zusätzliche Gebühren in Höhe von insgesamt 13 209 GBP angefordert; in der Aufforderung wurden die oben genannten Feststellungen jedoch nicht begründet.
III. Am 2. Mai 1986 ging von der Anmelderin ein Beleg über die Entrichtung aller in der oben genannten Aufforderung bezeichneten zusätzlichen internationalen Recherchenge bühren zusammen mit einem Widerspruch gemäß Regel 40.2 (c) PCT ein. Der Widerspruch wurde damit begründet, daß die geltenden Ansprüche alle auf eine einzige erfinderische Idee gerichtet seien und daß die in der Aufforderung angegebenen verschiedenen Gegenstände besondere Ausführungsarten dieser einen Erfindung und nicht verschiedene Erfindungen seien. Die Erfindung beruhe nämlich auf der Entdeckung, daß alle als Thromboxan-Antagonisten wirksamen Verbindungen auch zur Behandlung von hormonbedingter Neoplasie eingesetzt werden könnten. Der erste in der Aufforderung bezeichnete Gegenstand beanspruche diese zweite medizinische Indikation auf verschiedene Arten; der zwölfte Gegenstand beanspruche dieselbe Indikation in Verbindung mit einem oder zwei weiteren Wirkstoffen; die übrigen Gegenstände spezifizierten Thromboxan-Antagonist-Verbindungen, die für die erfindungsgemäße Anwendung besonders wichtig seien; sie gehörten alle ein und der selben Verbindungsklasse an, die durch die Formel I des Anspruchs 6 definiert sei.
Entscheidungsgründe
1. Gemäß Artikel 154 (3) EPÜ und Artikel 9 der Vereinbarung zwischen der WIPO und der EPO sind die Beschwerdekammern des EPA für Entscheidungen über Widersprüche von Anmeldern gegen die vom EPA nach Artikel 17 (3) a) PCT festgesetzten zusätzlichen Gebühren zuständig (ABl. EPA 1978, 249). Der Widerspruch ist nach Regel 40.2 c) PCT zulässig, weil die Anmelderin die zusätzlichen Gebühren unter Widerspruch gezahlt und diesem die Gründe dafür beigefügt hat, daß die internationale Anmeldung das Erfordernis der Einheitlichkeit der Erfindung erfülle.
2. Die ISA weist in ihrer Aufforderung darauf hin, daß die darin genannten 22 Gegenstände ihres Erachtens eine Gruppe von Erfindungen seien, die nicht so zusammenhingen, daß sie eine einzige allgemeine erfinderische Idee verwirklichten. Entgegen der Regel 40.1 PCT enthält die Aufforderung jedoch keine Begründung der obigen Feststellung.
3. Diese Kammer und eine andere Beschwerdekammer des EPA haben bereits entschieden (in den Sachen W 04/85 vom 22. April 1986 und W 07/86 vom 6. Juni 1986), daß eine Aufforderung nach Artikel 17 (3) a) und Regel 40.1 PCT rechtlich nur wirksam ist, wenn sie eine Begründung enthält.
4. Im vorliegenden Fall enthält zwar die Akte eine ausführliche Erläuterung zur Frage der Einheitlichkeit der Erfindung. In Regel 40.1 PCT heißt es jedoch ausdrücklich, daß "in der Aufforderung ... die Gründe ... anzugeben" sind (Hervorhebung hinzugefügt). Es genügt also nicht, wenn Erklärungen (oder gar eine volle Begründung) so gegeben werden, daß der Anmelder vor Einlegung seines Widerspruchs davon nicht Kenntnis nehmen kann. Nach Auffassung der Kammer dient die von der ISA verlangte Begründung nicht oder zumindest nicht in erster Linie dazu, der Kammer den Sachverhalt verständlicher zu machen oder ihr die Arbeit zu erleichtern; sie ist vielmehr für den Anmelder wesentlich, damit er sich eine Meinung darüber bilden kann,
(i) ob und in welchem Umfang ein Widerspruch aussichtsreich und deshalb überhaupt lohnend erscheint und
(ii) welche Argumente er zur Begründung seines Widerspruchs anführen könnte, um die Gründe der ISA zu entkräften.
Erklärungen - wie überzeugend sie auch sein mögen - können dem Anmelder nicht bei der Meinungsbildung helfen, wenn er davon keine Kenntnis erlangt; sie können daher eine Begründung in der Aufforderung nicht ersetzen.
5. Aus ähnlichen Überlegungen heraus kann sich die Kammer nicht mit der Praxis der ISA einverstanden erklären, dem Anmelder im Rahmen des PCT-Systems die Recherchenergebnisse nicht mitzuteilen, die einen Einwand wegen mangelnder Einheitlichkeit a posteriori nach sich ziehen. Diese Praxis verstößt zumindest insoweit eindeutig gegen Artikel 113 (1) EPÜ, als die Aufforderung nach Artikel 17 (3) a) PCT keine Begründung enthält. Das Recht auf Begründung ist ein Grundrecht, das dem Anmelder auch im PCT-System nicht verwehrt werden darf.
6. Da die Aufforderung keine Begründung enthält, muß nunmehr geprüft werden, ob der vorliegende Fall so einfach ist, daß die bloße Aufzählung der Gegenstände zum Nachweis mangelnder Einheitlichkeit ausreicht.
6.1. Entsprechend der Aufforderung enthält die Anmeldung 22 verschiedene Erfindungen. Zwar ist nicht ganz auszuschließen, daß es Patentanmeldungen mit derart vielen unzusammenhängenden Erfindungen gibt; die allgemeine Erfahrung lehrt jedoch, daß dies doch sehr unwahrscheinlich ist und nur selten vorkommt. Wenn eine erste Prüfung der Einheitlichkeit zu einem derart unwahrscheinlichen Ergebnis gelangt, so ist vor Ausstellung der Aufforderung eine sorgfältige Überprüfung geboten.
6.2. Die der Erfindung zugrunde liegende, in der Einführung zur Beschreibung genannte Aufgabe, von der die ISA bei ihren Überlegungen ausgehen muß, besteht darin, neue (zusätzliche) Mittel zur Bekämpfung von hormonbedingter Neoplasie bereitzustellen. Zur Lösung dieser Aufgabe wird in den Ansprüchen 1, 2 und 5 - mit jeweils anderen Worten - eine zweite therapeutische Anwendung für bestimmte, durch einen biologischen Parameter definierte Verbindungen vorgeschlagen. Anspruch 6 und die abhängigen Ansprüche 7 bis 25 sind auf eine Verbindungsklasse gerichtet, die durch Strukturparameter definiert ist und offensichtlich unter die Kategorie von Verbindungen fällt, deren Verwendung in den Ansprüchen 1, 2 und 5 beansprucht wird. Zweifellos ist in diesem Stadium mangels einer ausführlichen Begründung nicht erkennbar, weshalb diese Verbindungen (also die Ansprüche 6 bis 25) nicht zur Lösung derselben Aufgabe beitragen sollten wie die Ansprüche 1, 2 und 5.
6.3. Selbst wenn die Ansprüche 1, 2 und 5 - z. B. wegen mangelnder Neuheit - gestrichen würden, wäre ohne ausführliche gegenteilige Begründung nicht ersichtlich, weshalb die durch Anspruch 6 definierte Verbindungsklasse nicht dieselbe Aufgabe lösen sollte, nämlich die Bereitstellung verbesserter Verbindungen zur Bekämpfung bestimmter Formen der Neoplasie. Die in Formel I des Anspruchs 6 mit dem Buchstaben X bezeichneten Strukturen unterscheiden sich nicht so stark voneinander, daß sie ohne eine ausführliche Begründung als uneinheitlich erkennbar wären. Ohne ausführliche Begründung ist daher nicht ersichtlich, weshalb die Gegenstände 2 bis 11, wie in der Aufforderung angegeben, uneinheitlich sein sollten.
6.4. Der in der Aufforderung genannte Gegenstand 12 bezieht sich im wesentlichen auf die in den Ansprüchen 1, 2 und 5 beanspruchte Anwendung in Verbindung mit der Verwendung eines oder zweier weiterer Wirkstoffe. Auch hier ist ohne eine ausführliche Begründung des Gegenteils nicht ersichtlich, weshalb die Verwendung eines Wirkstoffes in Verbindung mit einem zweiten und/oder dritten nicht zur Lösung derselben Aufgabe wie die alleinige Verwendung des ersten Wirkstoffes beitragen sollte.
6.5. Für die Gegenstände 13 bis 22 gelten die Ausführungen unter Nr. 6.3 entsprechend.
6.6. Zusammenfassend ist festzustellen, daß nach Auffassung der Kammer kein einfach gelagerter Fall vorliegt, bei dem die bloße Aufzählung der Gegenstände auch ohne ausführliche Begründung ganz oder teilweise genügt, um eine mangelnde Einheitlichkeit der Erfindung nachzuweisen.
7. Der Aufforderung fehlt demnach die rechtliche Grundlage, weil sie gegen Regel 40.1 in Verbindung mit Regel 13.1 PCT verstößt; sie ist somit rechtlich unwirksam. Die zusätzlichen Recherchengebühren können deshalb nicht einbehalten werden.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Rückzahlung der zusätzlichen Recherchengebühren wird angeordnet.