T 1085/00 (Glaskörpertamponade/CHIRON ADATOMED) 14-08-2003
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Perfluorkohlenwasserstoffe als Tamponade für den Glaskörperraum des Auges
Geändertes Anspruchsbegehren durch die Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fssung ausreichend gestützt
Neuheit nach Änderung: ja
Zurückverweisung an die erste Instanz
Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde richtet sich gegen eine am 23. Mai 2000 zur Post gegebene Entscheidung der Prüfungsabteilung über die auf Grundlage von Artikel 97 (1)EPÜ erfolgte Zurückweisung der europäischen Patentanmeldung Nr. 93 108 504.7, die am 26. Mai 1993 mit einer Priorität vom 25. Juni 1992 angemeldet und am 9. Februar 1994 unter der Bezeichnung "Perfluorkohlenwasserstoffe als Tamponade für den Glaskörperraum des Auges" als EP-A-0 582 055 A1 veröffentlicht wurde. Der angefochtenen Entscheidung lag ein von der Patentanmelderin am 22. September 1998 eingereichter unabhängiger Patentanspruch zugrunde. Dieser Anspruch hatte folgenden Wortlaut:
"1. Verwendung eines Perfluorcarbons, das unter Normalbedingungen flüssig ist und nach Injektion in ein Auge in den Dampfzustand übergeht, zur Herstellung eines für die Injektion in den Glaskörperraum des nichtvitrektomierten Auges bestimmten Verdrängungsmittels zur Beseitigung des Wasseranteils aus dem Glaskörperraum am nichtvitrektomierten Auge durch allmähliche Bildung einer Gasblase aus dem in den Glaskörperraum injizierten Perfluorcarbon aufgrund seines Dampfdruckes bei Körpertemperatur."
II. Die Prüfungsabteilung hat die Zurückweisung damit begründet, daß der Gegenstand des Anspruchs 1 entgegen den Erfordernissen des Artikels 52 (1) in Verbindung mit Artikel 54. (1) und (2) EPÜ wegen fehlender Neuheit nicht patentfähig sei.
Dazu hat sie in den Entscheidungsgründen der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, Ian J. Constable beschreibe in Entgegenhaltung (1), einer Arbeit mit dem Titel "Perfluoropentane in Experimental Ocular Sugery", erschienen in Investigative Ophtalmology, Band 13, Nr. 8, 1974, Seiten 627 bis 629, bereits die Verwendung von Perfluorpentan, eines unter Normalbedingungen flüssigen und bei etwa 30 °C in den Dampfzustand Abergehenden Perfluorkohlenwasserstoffs, zur Injektion in den Glaskörperraum des nichtvitrektomierten Auges, wobei Wasser aus dem Glaskörperraum verdrängt werde (siehe (1), insbesondere Seite 628, den die linke und rechte Spalte übergreifenden Absatz; Figur 3).
Der Argumentation der Patentanmelderin, wonach Entgegenhaltung (1) zwar die Injektion von Perfluorpentan in den Glaskörperraum des Auges, jedoch nicht die Verdrängung des Wasseranteils aus dem Glaskörperraum beschreibe, konnte die Prüfungsabteilung nicht folgen. Sie war der Auffassung, die Verdrängung von Wasser aus dem Glaskörperraum sei eine direkte Folge der in Entgegenhaltung (1) offenbarten Injektion von Perfluorpentan und trete zwangsläufig bei jeder Injektion von Perfluorpentan in den Glaskörperraum des Auges gemäß der Lehre von (1) ein.
Des weiteren sei auch der in Anspruch 1 angeführte technische Effekt, der mit der Injektion eines Perfluorcarbons anmeldungsgemäß erzielt werde, nämlich daß der Wasseranteil aus dem Glaskörperraum des Auges "durch allmähliche Bildung einer Gasblase aus dem in den Glaskörperraum injizierten Perfluorcarbon aufgrund seines Dampfdruckes bei Körpertemperatur" verdrängt werde, aus dem Stand der Technik gemäß (1) bereits bekannt, da gemäß der Lehre von Entgegenhaltung (1) das zur Injektion verwendete Perfluorpentan bei Raumtemperatur flüssig und bei Körpertemperatur gasförmig sei (siehe (1), insbesondere Seite 627, Ende des dritten Absatzes und Figur 3).
Schließlich hat die Prüfungsabteilung in der angefochtenen Entscheidung noch ergänzend festgestellt, daß ein gegebenenfalls auf die Verwendung von Perfluor- methylcyclopentan, Perfluor-n-hexan oder Perfluor-n- heptan als Verdrängungsmittel beschränkter Anspruch wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit ebenfalls nicht patentfähig wäre, da es bereits allgemein bekannt sei, daß alle genannten Perfluorcarbonverbindungen bei Raumtemperatur flüssig und bei Körpertemperatur gasförmig seien.
III. Zusammen mit der Beschwerdebegründung hat die Beschwerdeführerin ein geändertes, drei Ansprüche umfassendes Anspruchsbegehren eingereicht und neue Seiten 1 und 1a der Beschreibung, die eine Würdigung des Standes der Technik gemäß Entgegenhaltung (1) enthalten, als Ersatz für die ursprüngliche Beschreibungsseite 1 vorgelegt. Die Ansprüche haben folgenden Wortlaut:
"1. Verwendung eines Perfluorcarbons, das unter Normalbedingungen flüssig ist und nach Injektion in ein Auge in den Dampfzustand übergeht, zur Herstellung eines für die Injektion in den Glaskörperraum des nichtvitrektomierten Auges bestimmten Verdrängungsmittels mit einem Injektionsvolumen, das zur vollständigen Beseitigung des Wasseranteils aus dem Glaskörperraum am nichtvitrektomierten Auge durch allmähliche Bildung einer den Glaskörperraum vollständig ausfüllenden Gasblase aus dem injizierten Perfluorcarbon bei Körpertemperatur als Tamponade des Gaskörperraums führt.
2. Verwendung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß das Injektionsvolumen etwa 8 µl beträgt.
3. Verwendung nach einem der Ansprüche 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß als Perfluorcarbon Perfluor-n- pentan und/oder Perfluor-n-hexan und/oder Perfluor-n- heptan und/oder Perfluor-methylcyclopentan verwendet wird bzw. werden."
IV. Am 14. August 2003 fand eine mündliche Verhandlung vor der Kammer statt. Im Verlaufe der Diskussion über die Grundlagen des geänderten Anspruchs 1 in den Erstunterlagen reichte die Beschwerdeführerin ein neuerlich geändertes Anspruchsbegehren ein. Die einzige Änderung gegenüber den mit der Beschwerdebegründung eingereichten Ansprüchen 1 bis 3 (siehe III oben) betrifft eine Einfügung in Anspruch 1, die nachfolgend durch Fettdruck hervorgehoben ist:
"1. Verwendung eines Perfluorcarbons, das unter Normalbedingungen flüssig ist und nach Injektion in ein Auge in Folge seines Eigendampfdruckes in den Dampfzustand übergeht,<..........>."
V. Gegen Ende der mündlichen Verhandlung, vor allem nachdem die Kammer auf die Lehre der Entgegenhaltung (2), S. Chang et al, "Perfluorcarbon Gases in Vitreous Surgery, erschienen in Ophtalmology, Band 92, Nr. 5, 1985, Seiten 651 bis 656 (siehe das ganze Dokument, insbesondere Seite 652, linke Spalte, erster voller Absatz bis rechte Spalte, vierter voller Absatz, und Seiten 653 bis 656, "Discussion") hingewiesen hatte, hat die Beschwerdeführerin auf Nachfrage der Kammer bestätigt, daß sie, im Falle eines Erfolgs ihrer Beschwerde und der Aufhebung der angefochtenen Entscheidung, die Zurückverweisung der Angelegenheit an die erste Instanz beantrage, um die Prüfung auf erfinderische Tätigkeit gegebenenfalls in zwei Instanzen zu ermöglichen und somit einen Instanzenverlust zu vermeiden.
VI. Die Beschwerdeführerin hat im schriftlichen Verfahren und während der mündlichen Verhandlung im wesentlichen folgendes vorgetragen:
Der geänderte Patentanspruch 1 finde seine Grundlage im ursprünglich eingereichten Anspruch 10 in Verbindung mit der Offenbarung auf Seite 5, letzter Absatz, und Seite 6, Zeilen 15 bis 25, der Erstunterlagen. Der abhängige Anspruch 2 sei durch die Offenbarung auf Seite 6, Zeilen 2 bis 4, der Anmeldung in der eingereichten Fassung gestützt. Der abhängige Anspruch 3 finde seine Grundlage in Anspruch 8 der Erstunterlagen.
Das geänderte Schutzbegehren sei auf die Verwendung eines Perfluorkohlenwasserstoffs, das unter Normalbedingungen flüssig ist und nach Injektion in ein Auge in den Dampfzustand übergeht, zur Herstellung eines Verdrängungsmittels gerichtet, wobei dessen Injektion in den Glaskörperraum mit einem solchen Injektionsvolumen erfolge, daß eine vollständige Beseitigung des Wasseranteils aus dem Glaskörperraum am nichtvitrektomierten Auge durch allmähliche Bildung einer den Glaskörperraum ausfüllenden Gasblase aus dem injizierten und bei Körpertemperatur gasförmigen Perfluorkohlenwasserstoff erreicht werde. In Entgegenhaltung (1) sei zwar insbesondere auf der Seite 628, linke Spalte, letzter Absatz, bis rechte Spalte, Ende des ersten Absatzes, Perfluorpentan zur Injektion in den Glaskörperraum des nichtvitrektomierten Auges beschrieben. Hiebei werde jedoch das Perfluorpentan lediglich mit einem solchen Injektionsvolumen verabreicht, daß der Wasseranteil im Glaskörperraum nur teilweise verdrängt werde. Wie insbesondere in der rechten Spalte auf Seite 628 von (1) ausgeführt sei, entstehe ein Gasvolumen im Glaskörperraum, das erst nach einem Zeitraum von vier Tagen maximal etwa 20% des Glakörperraumvolumens erreiche. Auch bei dem in Figur 3 auf Seite 628 gezeigten Beispiel sei einwandfrei ersichtlich, daß nach der Lehre von (1) über den Glaskörperraum Gasblasen verteilt seien, mit denen der gesamte Wasseranteil im Glaskörperraum jedoch nicht vollständig beseitigt werde.
Nach der Lehre der geänderten Ansprüche werde jedoch das Injektionsvolumen des Verdrängungsmittels so bemessen, das der Wasseranteil vollständig aus dem Glaskörperraum am nichtvitrektomierten Auge beseitigt werde, so daß die Gasblase, welche sich bei Körpertemperatur aus dem injizierten Perfluorkohlenwasserstoff bilde, den Glaskörperraum vollständig ausfülle und eine vollständige Tamponade des Glaskörperraums bilde.
Da die Lehre der Entgegenhaltung (1) nur eine teilweise Verdrängung des Wasseranteils aus dem Glaskörperraum beschreibe, sei die Lehre des vorliegenden, geänderten Schutzbegehrens durch den von der Erstinstanz entgegengehaltenen Stand der Technik nicht neuheitsschädlich vorweggenommen. Insbesondere enthalte das Schutzbegehren nunmehr in Anspruch 2 auch eine präzise Angabe zu der tatsächlich zu injizierenden Menge an Perfluorcarbon.
VII. Die Beschwerdeführerin beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Zurückverweisung der Angelegenheit an die erste Instanz zur Weiterbehandlung auf Grundlage des in der mündlichen Verhandlung eingereichten Anspruchsbegehrens.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig
Änderungen
2. Durch die in die vorliegenden Ansprüche aufgenommenen Änderungen ist der Gegenstand der Anmeldung nicht über den Inhalt der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus erweitert worden. Die geänderten Ansprüche sind außerdem durch die Beschreibung gestützt. Da die geänderten Patentansprüche 1 bis 3. darüber hinaus den Gegenstand, für den in der Patentanmeldung Schutz begehrt wird, klar und deutlich angeben und knapp gefaßt sind, kommt die Kammer zum Schluß, daß das geltende Anspruchsbegehren den in den Artikeln 84 und 123 (2) EPÜ niedergelegten Erfordernissen genügt. Insbesondere sind die geänderten Ansprüche durch die nachfolgend angeführten Fundstellen in der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung gestützt:
2.1. Der Wechsel der auf eine erste medizinische Verwendung gerichteten Form der ursprünglich eingereichten Ansprüche ("Glaskörpertamponade für den Glaskörperraum in einem menschlichen Auge, enthaltend wenigstens ein Perfluorcarbon <......>" ) zur nunmehr gewählten Anspruchsform einer "zweiten oder weiteren medizinischen Verwendung" (siehe G 1/83, Abl. EPA 1985, 60) ist durch die Gesamtoffenbarung in den Erstunterlagen und insbesondere durch die Angaben von Seite 5, Zeile 11, bis Ende von Seite 6, ausreichend gestützt.
2.2. Die genauere Definition des anmeldungsgemäß einsetzbaren Perfluorkohlenwasserstoffs als "Perfluorcarbon, das unter Normalbedingungen flüssig ist und nach Injektion in ein Auge in Folge seines Eigendampfdruckes in den Dampfzustand Abergeht" ist dem ursprünglichen Anspruch 1 entnommen (siehe insbesondere Ende des ursprünglich eingereichten Anspruchs 1: "<........> und nach Injektion im Auge infolge seines Eigendampfdruckes in den Dampfzustand übergeht".)
2.3. Die in den Anspruch 1 aufgenommene Merkmalskombination - "mit einem Injektionsvolumen, das zur vollständigen Beseitigung des Wasseranteils aus dem Glaskörperraum <........> durch allmähliche Bildung einer den Glaskörperraum vollständig ausfüllenden Gasblase aus dem injizierten Perfluorcarbon bei Körpertemperatur als Tamponade des Gaskörperraums führt" - findet ihre Grundlage in der Gesamtoffenbarung von Seite 5, Zeile 30 bis Seite 6, Zeilen 25, der Erstunterlagen und insbesondere in den nachfolgend durch Fettdruck hervorgehobenen spezifischen Offenbarungsstellen im oben angeführten Teil der Erstunterlagen:
"Man kann eine vollständige Tamponade des Glaskörperraums ohne vorherige Glaskörperabsaugung (Vitrektomie) und ohne die Injektion von Gasen erreichen. Das Perfluorcarbon wird bei Raumtemperatur als Flüssigkeit in das Auge eingespritzt. Das Injektionsvolumen kann beim Menschen nur ca. 8 µl betragen, es füllt somit bei einem Gesamtvolumen des Glaskörpers von 4000 µl nur 0.2% dieses Raumes aus. Im Glaskörperraum wird die PFC-Flüssigkeit (PFCL) auf 37 °C Körpertemperatur erwärmt und geht allmählich in die Gasphase über. Aufgrund seines Dampfdruckes nimmt das PFCL beim Übergang in die Gasphase somit allmählich ein ca. 500-fach größeres Volumen [ie 4000 µl oder 100% des Gesamtvolumens des Glaskörpers] als das Flüssigkeitsvolumen der primär injizierten Perfluorcarbon- Flüssigkeit ein. <...........................>.
Der Glaskörperraum wird unter Verdrängung des Wasseranteils vollständig ausgefüllt. Der Injektionsort ist die Pars plana des Ziliarkörpers. Das allmähliche Verdampfen des PFCL erlaubt das Abpressen des Wassers aus dem Glaskörperraum (99% Wasseranteil), ohne daß der Augendruck unverträglich hoch ansteigt.
Die Tamponade füllt schließlich den gesamten Glaskörperraum aus. Deshalb werden anderes als mit der primären Glaskörperinjektionsmethode auch solche Netzhautlöcher tamponiert, die an der unteren Peripherie lokalisiert sind."
2.4. Das Merkmal des abhängigen Anspruchs 2 (Injektionsvolumen von ca. 8 µl) findet seine Grundlage in der bereits oben erwähnten Offenbarung auf Seite 6, Zeilen 2 bis 4, der Erstunterlagen.
2.5. Die Merkmale des abhängigen Anspruchs 3 finden sich in Anspruch 8 der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung.
Neuheit
3. In Entgegenhaltung (1) ist insbesondere in dem die linke und die rechte Spalte übergreifenden Absatz auf Seite 628 die Verwendung von Perfluorpentan zur Injektion in den Glaskörperraum des nichtvitrektomierten Auges beschrieben. Hierbei wird jedoch das Perfluorpentan nur mit einem so geringen Injektionsvolumen (lediglich 1 bis 2 µl - siehe Seite 628, linke Spalte, Zeile 6 von unten - oder 0.5 µl - siehe Seite 628, linke Spalte, letzte Zeile; Figur 3) injiziert, daß der Wasseranteil im Glaskörperraum durch das aufgrund seines Dampfdruckes bei Körpertemperatur in die Gasphase übergehende Perfluorpentan (Siedepunkt etwa 30°C - siehe Seite 627, ende des dritten Absatzes) nur zu teilweise verdrängt wird. Wie insbesondere in den Zeilen 3 bis 6 in der rechten Spalte auf Seite 628 von (1) ausgeführt ist, expandiert die eingespritzte Menge an Perfluorpentan nach vier Tagen zu einem maximalen Gasvolumen, welches etwa 20% des Glaskörpervolumens ("expanded to a maximum volume in four days of about 20 per cent of the vitreous cavity as judged ophtalmoscopically") entspricht. Diese Ergebnis wird durch die Figur 3 auf Seite 628 von (1) bestätigt, in der gezeigt wird daß, allerdings zwölf Wochen nach der Injektion von 0.5 µl Perfluorpentan, der Glaskörperraum durch unzusammenhängende Gasbläschen ("multiple gas bubbles in the vitreous cavity") nur teilweise ausgefüllt ist.
3.1. Nach Ansicht der Kammer kann ein spezieller therapeutischer, prophylaktischer oder chirurgischer Zweck, der mit der in (1) offenbarten Injektion einer relativ geringen Menge von Perfluorpentan in den Glaskörperraum des Auges unter nur teilweiser Beseitigung des Wasseranteils aus dem Glaskörperraum verfolgt wird, der Entgegenhaltung (1) nicht entnommen werden. Die Verwendung von Perfluorpentan als Verdrängungsmittel zur vollständigen Beseitigung des Wasseranteils aus dem Glaskörperraum, die schließlich zur Vitrektomie und einer vollständigen Tamponade des Glaskörperraums führt, ist in Entgegenhaltung (1) jedenfalls nicht offenbart.
3.2. Demgegenüber wird anmeldungsgemäß der zur Injektion vorgesehene und in Anspruch 1 näher definierte Perfluorkohlenwasserstoff als Verdrängungsmittel mit einem Injektionsvolumen verabreicht, welches ausreicht, um den Wasseranteil aus dem Glaskörperraum am (vorher) nichvitrektomiererten Auge vollständig zu beseitigen. Das heißt mit anderen Worten ausgedrückt, daß das Injektionsvolumen so bemessen wird, daß die Gasblase, die sich aus dem injizierten Perfluorkohlenwasserstoff infolge von dessen Eigendampfdruck bildet, den Glaskörperraum schließlich vollständig ausfüllt. Als Ergebnis dieser speziellen Behandlungsmethode wird im Gegensatz zur Lehre von (1) eine vollständige Beseitigung des Wasseranteils aus dem Glaskörperraum, entsprechend einer Totalvitrektomie, und damit eine vollständige Tamponade des Glaskörperraums ohne eine der Injektion des Perfluorkohlenwasserstoffs vorausgehende Vitrektomie und ohne Zusatz von Gasen erreicht.
3.3. Gegenüber der Lehre von Entgegenhaltung (2) ergibt sich die Neuheit, neben anderen allfälligen Unterschieden, alleine schon dadurch, daß in (2) die Patienten mit Perfluorpropan oder Perfluorethan behandelt werden. Beide genannten Perfluorkohlenwasserstoffe liegen aber im Unterschied zu den anmeldungsgemäß einsetzbaren Perfluorkohlenwasserstoffen unter Normalbedingungen im gasförmigen Zustand vor (primäre Gastamponade).
3.4. Da ein Gegenstand mit sämtlichen Merkmalen des Anspruchs 1 weder in einer der Entgegenhaltungen (1) oder (2), noch in einer anderen der im Recherchenbericht aufgeführten Entgegenhaltungen, die sich ausschließlich mit einer direkten Gas- oder Flüssigkeitstamponade befassen, offenbart ist, ist dieser als neu im Sinne von Artikel 54 (1) EPÜ anzusehen. Die abhängigen Ansprüche 2 und 3 erfüllen damit ebenfalls das Erfordernis der Neuheit.
Zurückverweisung an die erste Instanz
4. Gemäß Artikel 111 (1), Satz 2 EPÜ, wird die Beschwerdekammer entweder im Rahmen der Zuständigkeit des Organs tätig, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, oder verweist die Angelegenheit zur weiteren Entscheidung an dieses Organ zurück. Im vorliegenden Fall hat die Prüfungsabteilung die Patentanmeldung ausschließlich wegen fehlender Neuheit zurückgewiesen. Da die Beschwerde Erfolg hat, hält es die Kammer für angebracht, von dem ihr in Artikel 111 (1) EPÜ eingeräumten Ermessen Gebrauch zu machen und dem Antrag der Beschwerdeführerin auf Zurückverweisung stattzugeben. Dadurch kann in erster Instanz über die Patentierbarkeit des nunmehr beanspruchten Gegenstands entschieden werden, und das Recht auf eine Beschwerde vor der zweiten Instanz bleibt erhalten. Dies steht in Einklang mit der ständigen Rechtsprechung der Beschwerdekammern (siehe "Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts", 4. Auflage, 2001, VII. D. 9., Seiten 602 bis 605).
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird zur Weiterbehandlung auf der Grundlage des in der mündlichen Verhandlung eingereichten Anspruchssatzes an die erste Instanz zurückverwiesen.