T 0236/12 14-11-2014
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Doppel-Gebläseanordnung, insbesondere für eine Kraftfahrzeug-Klimaanlage
RENAULT s.a.s.
VALEO SYSTEMES THERMIQUES S.A.S.
Erweiterung des Schutzbereichs durch Ersatz der erteilten durch die ursprünglichen Zeichnungen - (nein)
Ausführbarkeit - (ja)
Klarheit - (ja)
Erfinderische Tätigkeit - (ja)
Kostenverteilung - (nein)
Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerden der Einsprechenden 01 und der Einsprechenden 02 richten sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, mit der ihre gegen das europäische Patent Nr. 1 728 658 eingelegten Einsprüche zurückgewiesen wurden.
II. Die Einsprüche waren auf die Einspruchsgründe gemäß Artikel 100 a), 100 b) und 100 c) EPÜ 1973 gestützt. Die Einspruchsabteilung war der Auffassung, dass die vorgebrachten Einspruchsgründe der Aufrechterhaltung des Patents in der erteilten Fassung nicht entgegenstünden.
III. Folgende Dokumente des Einspruchsverfahrens haben in diesem Beschwerdeverfahren eine Rolle gespielt:
D01: EP-A-0 867 319,
D04: FR-A-2 750 461,
D16: EP-A-1 520 991.
IV. Am 14. November 2014 wurde vor der Beschwerdekammer mündlich verhandelt.
Die Beschwerdeführerinnen (Einsprechende 01 und 02) beantragten die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents. Die Beschwerdeführerin 1 beantragte zusätzlich, im Hinblick auf die erst in der mündlichen Verhandlung erklärte Beschränkung des Antrags auf eine Patentversion mit den ursprünglichen Figuren, eine abweichende Kostenverteilung nach Artikel 104 (1) EPÜ anzuordnen.
Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte die Aufrechterhaltung des Patents in geändertem Umfang auf der Grundlage der folgenden Unterlagen:
- Ansprüche 1 bis 5 wie eingereicht als Hilfsantrag 2 am 30. Oktober 2012;
- Beschreibung Spalten 1 bis 4 mit Einfügung auf Seite 2 wie eingereicht während der mündlichen Verhandlung vom 14. November 2014;
- Figuren 1 bis 8 wie ursprünglich eingereicht per Fax am 1. Juni 2005.
V. Der Patentanspruch 1 gemäß diesem Antrag lautet wie folgt:
"Doppel-Gebläseanordnung, insbesondere für eine Kraftfahrzeug-Klimaanlage, mit mindestens einem Gebläsemotor (3), zwei auf Wellen angeordneten Laufrädern (4) und dazugehörenden Gebläse-Spiralgehäusen (8), die Teil des Gehäuses (7) sind, und einem Lufteinlass (11), wobei der oder die Gebläsemotoren (3) mit den Laufrädern (4) eine Gebläsebaugruppe (1') bilden, die als Einheit in Längsrichtung der Wellen aus dem Gehäuse (7) entnehmbar sind, und am Gehäuse (7) eine Führung (2) ausgebildet ist und die Führung (2) durch eine Nut im Gehäuse (7) und einen Vorsprung (14) an der Gebläsebaugruppe (1') gebildet ist, wobei eine Zentrierung (6) für die Lufteinlässe (11) vorgesehen ist, die durch eine seitliche Vertiefung in der Gebläsebaugruppe (1') gebildet ist, die mit einem Vorsprung (16) an auf der entsprechenden Seite angeordneten Lufteinlass (11) zusammenwirkt."
VI. Zur Stützung ihres Antrags brachten die Beschwerdeführerinnen im Wesentlichen Folgendes vor:
Der Ersatz der erteilten Zeichnungen der Patentschrift durch die ursprünglich eingereichten Zeichnungen habe den Schutzbereich des Patents erweitert und verstoße gegen die Bestimmungen des Artikels 123 (3) EPÜ. Aufgrund ihrer schlechten Qualität (Tönungen in verschiedenen Graustufen, keine klaren Konturen) seien in den ursprünglichen Zeichnungen konstruktive Einzelheiten, die in den erteilten Zeichnungen deutlich erkennbar gewesen seien, nicht mehr ersichtlich. Wenn der Fachmann bei der Auslegung der Ansprüche nicht mehr von den erteilten, sondern von den ursprünglichen breiteren Zeichnungen geleitet werde, könne er sich andere Lösungen als die in den erteilten Zeichnungen ersichtlichen Ausführungsformen vorstellen und es komme hiermit zu einer Erweiterung des Schutzbereichs.
Die Frage der Erweiterung des Schutzbereichs werde im vorliegendem Fall durch den Umstand erschwert, dass die geänderten Ansprüche nicht klar seien und der Fachmann deshalb ergänzend die Zeichnungen für die Auslegung der Ansprüche heranziehen müsse (Artikel 69 (1) EPÜ). Insbesondere sei für den Fachmann nicht klar, was mit dem Ausdruck "auf Wellen angeordneten Laufrädern" verstanden werden solle, wenn davor nur ein Gebläsemotor definiert worden sei. Auch sei völlig unklar, wie die beanspruchte Zentrierung 6 für die Lufteinlässe 11 erfolgen solle. Der Fachmann tappe hier im Dunklen, wenn er die völlig undeutlichen, ursprünglichen Zeichnungen zur Auslegung der diesbezüglichen Merkmale heranziehe.
Aus ähnlichen Gründen sei die Ausführbarkeit der Erfindung nicht gegeben. Bereits auf der Grundlage der erteilten Zeichnungen sei der Fachmann nicht in der Lage gewesen, die Erfindung auszuführen und insbesondere eine Vertiefung in der Gebläsebaugruppe zu bauen, die mit dem weiteren Vorsprung 16 am Lufteinlass 11 zusammenwirken könne (vgl. Figur 4 der Patentschrift). Es sei fraglich, ob die beanspruchte Zentrierung für die Lufteinlässe nun mit den geänderten Zeichnungen realisierbar sei, so dass die Doppelgebläseanordnung gemäß Anspruch 1 im europäischen Patent nach wie vor nicht so deutlich und vollständig offenbart sei, dass ein Fachmann sie ausführen könne (Artikel 83 EPÜ).
Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruhe nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Ausgehend von der aus dem Dokument D04 bekannten Gebläsebaugruppe würde der Fachmann sehr wohl eine Führung nach Vorbild des Dokuments D01 vorsehen, d.h. einen Vorsprung 47 an der Gebläsebaugruppe 34 kombiniert mit einer Nut 40 am Gehäuse 32 (vgl. Figur 4 von D04), wenn er mit der Aufgabe konfrontiert sei, die Austauschbarkeit der Gebläsebaugruppe zu erleichtern. Zusätzlich erhalte der Fachmann aus D16 oder D01 die Anregung, die Lufteinlässe (46a,46b für D04 oder Deckel 6 für D16) durch die Kombination von komplementär zusammenwirkenden Positionierungselementen (Vertiefung / Vorsprung) im Gehäuse zu zentrieren. Somit ergebe sich der Gegenstand des Patentanspruchs 1 in naheliegender Weise aus der Kombination der Druckschriften D04 mit D16 oder D01.
Um die Erfordernisse der Regel 43 EPÜ zu erfüllen, müsse eine zweiteilige Fassung des Anspruchs 1 vorgesehen werden, wobei die Merkmale des Oberbegriffs des Anspruchs von dem Dokument D04 gezeigt seien.
In Verbindung mit ihrem Antrag auf Kostenverteilung verlangte die Beschwerdeführerin 01 von der Beschwerdegegnerin eine Entschädigung für die aufwändige Vorbereitung ihres Plädoyers, wonach die erteilten Zeichnungen gegenüber den Originalzeichnungen in unzulässiger Weise geändert worden seien. Dieser Aufwand hätte ihr erspart bleiben können, wenn die Beschwerdegegnerin rechtzeitig genug vor der mündlichen Verhandlung und nicht überraschender Weise gleich am Beginn der mündlichen Verhandlung gemeldet hätte, dass sie die Aufrechterhaltung des Patents auf der Grundlage der ursprünglich eingereichten Zeichnungen beantrage.
VII. Zu dem Vorbringen der Beschwerdeführerinnen lassen sich die Gegenargumente der Beschwerdegegnerin, soweit sie für die vorliegende Entscheidung von Relevanz sind, wie folgt zusammenfassen:
Der Schutzbereich des Patents sei durch die Änderungen in den Zeichnungen nicht erweitert worden (Artikel 123 (3) EPÜ). Nach Artikel 69 EPÜ sei der Schutzbereich durch den Wortlaut der Ansprüche definiert.
Auch die Ausführbarkeit der beanspruchten Doppelgebläseanordnung sei gegeben. Der Fachmann habe bei Lesen der Beschreibung alleine keinerlei Probleme, die beanspruchten Merkmale umzusetzen.
Es entstehe keine Unklarheit durch die Änderungen in den Zeichnungen. Im vorliegenden Fall seien die Zeichnungen nicht notwendig, um klar zu verstehen, was beansprucht werde. Die Erfordernisse des Artikels 84 EPÜ 1973 seien erfüllt, denn die Ansprüche seien durch die Beschreibung gestützt. Die Zeichnungen dienten nicht zur Definition des beanspruchten Gegenstands. Die Beschwerdeführerinnen seien zweifellos in der Lage gewesen, die beanspruchten Merkmale in dem entgegengehaltenen Stand der Technik zu identifizieren, was gegen die mangelnde Klarheit spreche.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruhe auf einer erfinderischen Tätigkeit. Keines der entgegengehaltenen Dokumente zeige eine Führung der Gebläsebaugruppe, wie sie beansprucht ist, sowie eine Zentrierung der Lufteinlässe, die über die Gebläsebaugruppe erfolge.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerden sind zulässig.
2. Zulässigkeit der Änderungen (Artikel 123 EPÜ)
2.1 Der vorliegende Anspruch 1 ergibt sich aus der Kombination der Ansprüche 1, 2, 3, 4 und 5 des Streitpatents. Die übrigen abhängigen Ansprüche des Patents wurden entsprechend umnummeriert. Die erteilten Zeichnungen wurden durch die ursprünglich eingereichten Zeichnungen ersetzt. Die Beschwerdeführerinnen hatten gegen diese Änderungen bezüglich der Erfüllung der Anforderungen des Artikels 123 (2) EPÜ nichts einzuwenden. Auch seitens der Kammer bestehen keine Bedenken.
2.2 Erweiterung des Schutzbereichs (Artikel 123 (3) EPÜ)
Mit Bezug auf Artikel 69 (1) EPÜ und Artikel 123 (3) EPÜ waren die Beschwerdeführerinnen der Auffassung, dass der Ersatz der erteilen Zeichnungen durch die in ihren Augen völlig undeutlichen, ursprünglich eingereichten Zeichnungen den Schutzbereich erweitert habe.
2.2.1 Im vorliegenden Fall kann die Kammer nicht erkennen, dass der Schutzbereich des Patents erweitert wird, wenn die Ersatzzeichnungen anstelle der mit der Patentschrift veröffentlichten Zeichnungen zur Auslegung der Ansprüche herangezogen werden. Die Kammer teilt zwar die Auffassung der Beschwerdeführerinnen, dass die in der Patentschrift veröffentlichten Zeichnungen technische Informationen offenbarten (detaillierte Ausgestaltung der Lufteinlässe 11, der Motorwelle, der Luftklappen 10, der Zentrierung 6, des Vorsprungs 16, etc.), die den ursprünglich eingereichten und jetzt geltenden Zeichnungen nicht zu entnehmen sind. Sie kommt jedoch deswegen nicht zu dem Schluss, dass durch diesen Informationsverlust der Schutzbereich des Patents erweitert wurde. Die verlorene technische Information betrifft geringfügige, den Schutzumfang der vorliegenden Ansprüche nicht berührende, konstruktive Einzelheiten. Weil die technischen Merkmale der Ansprüche ausführlich und detailliert genug in der Beschreibung in Verbindung mit den ursprünglichen Zeichnungen erläutert sind, kann sich der Fachmann nach wie vor klar vorstellen, was unter Schutz gestellt wird und wie es auszusehen hat.
2.2.2 Der Schutzbereich des geänderten Patents - d.h. sämtliche Varianten von Doppel-Gebläseanordnungen, die durch den Wortlaut des geänderten Anspruchs 1 erfasst sind - ist zwar "breiter" als die exemplarisch in den erteilten Zeichnungen gezeigte Doppel-Gebläseanordnung, jedoch nicht breiter als der Schutzbereich des erteilten Patents. Dies bleibt auch so, nachdem die erteilten Zeichnungen durch die ursprünglichen Zeichnungen ersetzt worden sind, denn es sind maßgeblich die Patentansprüche, die den Schutzbereich bestimmen (Artikel 69 EPÜ).
2.2.3 Der Ersatz der erteilten Zeichnungen durch die ursprünglichen Zeichnungen stellt im vorliegenden Fall keinen Verstoß gegen Artikel 123 (3) EPÜ dar, weil der Fachmann auch mit den geänderten Zeichnungen immer noch nachvollziehen kann, wie sämtliche, den Schutzumfang bestimmende technische Merkmale der nunmehr beanspruchten Doppelgebläseanordnung bewerkstelligt werden können. Für die Kammer eröffnen die geänderten Zeichnungen in Hinblick auf die Auslegung der Ansprüche weder neue, erweiterte Interpretationsmöglichkeiten, noch werfen sie neue Fragen in Bezug auf die Deutlichkeit der Ansprüche auf.
2.2.4 Folglich kommt die Kammer zu dem Schluss, dass die Änderung in den Zeichnungen den Schutzbereich des Patents nicht erweitert haben und dass die Bestimmungen des Artikels 123 (3) EPÜ erfüllt sind.
3. Klarheit der Ansprüche (Artikel 84 EPÜ 1973)
Die Beschwerdeführerinnen haben mangelnde Klarheit geltend gemacht, obwohl der geänderte Anspruch 1 sich aus der Kombination von erteilten abhängigen Ansprüchen ergibt. Die Frage, ob die Klarheit eines solchen Anspruchs geprüft werden darf, ist von der Großen Beschwerdekammer noch nicht abschließend entschieden. Sie kann aber vorliegend dahinstehen, denn selbst bei Annahme einer Prüfungskompetenz der Kammer wäre im vorliegenden Fall keine Unklarheit festzustellen.
Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerinnen sieht die Kammer in Bezug auf die Ausbildung der Gebläsebaugruppe keinen Widerspruch in der gleichzeitigen Verwendung der Mehrzahl bei dem Ausdruck "auf Wellen angeordneten Laufrädern" und des Singulars beim Ausdruck "mindestens einem Gebläsemotor". Bei dem in der Patentschrift beschrieben Gebläsemotor 3 (vgl. Absatz [0013]) handelt es sich um einen an sich dem Fachmann wohl bekannten Doppelwellen-Elektromotor, der auf der einen Stirnseite eine erste Abtriebswelle, auf der das erste Laufrad montiert ist, und auf der entgegengesetzten Seite eine zweite Abtriebswelle besitzt, auf der das zweite Laufrad montiert ist. Zwar hat ein solcher Elektromotor i. d. R. strukturell eine einzige Welle, deren Enden die erste bzw. die zweite Abtriebswelle bilden. Für den Fachmann ist es jedoch klar, dass funktionell zwei Abtriebswellen vorhanden sind. Angesichts des Merkmals "mit mindestens einem Gebläsemotor" wird der Fachmann zusätzlich die Möglichkeit von zwei als Baueinheit über ihre Stirnseiten aneinandergebauten Motoren, die auf der anderen Stirnseite ihre jeweilige Motorenwelle aufweisen, in Betracht ziehen.
Bezüglich der Zentrierung 6 für die Lufteinlässe präzisiert der Anspruch 1, dass eine seitliche Vertiefung in der Gebläsebaugruppe mit einem an dem Lufteinlass angeordneten Vorsprung zusammenwirkt. Nach Auffassung der Kammer reichen diese Anweisungen an den Fachmann aus, um zu verstehen, wie die beanspruchte Zentrierung 6 für die Lufteinlässe 11 erfolgen soll (vgl. auch Absatz [0015] der Beschreibung).
4. Ausführbarkeit der Erfindung (Artikel 100 b) EPÜ 1973)
Die Beschwerdeführerinnen haben den bereits in der Vorinstanz unter Artikel 100 b) EPÜ 1973 erhobenen Einwand aufrechterhalten, dass das Patent die Erfindung nicht so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen kann. Sie sind der Auffassung, dass die Änderungen in den Zeichnungen diesen Einwand noch verstärken.
Wie bereits in Verbindung mit Artikel 123 (3) EPÜ und Artikel 84 EPÜ 1973 ausgeführt, ist die Kammer der Auffassung, dass der Fachmann alleine durch die Beschreibung ausreichend klare Anweisungen bekommt, um sämtliche technischen Merkmale der Gebläseanordnung gemäß Anspruch 1 bewerkstelligen zu können, und dass er dafür nicht unbedingt auf die Zeichnungen zurückgreifen muss. Mithin ist die Ausführbarkeit der beanspruchten Gebläseanordnung gegeben und zwar ganz gleich, ob die erteilten Zeichnungen oder die geänderten Zeichnungen herangezogen werden.
Die Verwirklichung des letzten Merkmals des Anspruchs 1 (Merkmal des erteilten Anspruchs 5), wonach die Zentrierung des Einlasses durch eine seitliche Vertiefung in der Gebläsebaugruppe gebildet ist, die mit einem Vorsprung an dem oder einem auf der entsprechenden Seite angeordneten Lufteinlass zusammenwirkt, bereitet dem Fachmann keine Schwierigkeiten. Die seitliche Vertiefung kann für die Positionierung des Lufteinlasses nur an einem Teil der Gebläsebaugruppe vorgesehen werden, der sich nicht dreht (vgl. Absatz [0015] der Patentschrift). Somit kann es sich dabei nur um feste Teile der Gebläsebaugruppe (Motorhalterung und Vorsprung 14), die zur Positionierung und Führung derselben im Gehäuse 7 dienen (vgl. Absatz [0013] der Patentschrift), handeln. Der Fachmann wird somit angewiesen, in diesen nicht drehbaren Teilen eine seitliche Vertiefung auszubilden, die mit dem weiteren Vorsprung 16 an dem Lufteinlass 11 zusammenwirkt.
Die Beschwerdeführerin 01 selbst hat zugegeben, dass in der Patentschrift ein Weg zur Ausführung einer Doppelgebläseanordnung mit den Merkmalen des Anspruchs 1 aufgezeigt wird. Die Kammer teilt diese Auffassung und stellt zusätzlich fest, dass dieser eine Weg ausreicht, um weitere dem Fachmann vorstellbare, unter den Schutzumfang des Anspruchs 1 fallende Doppelgebläseanordnungen auszuführen.
5. Erfinderische Tätigkeit
Wie in der Beschreibungseinleitung des geänderten Patents erwähnt (vgl. Einfügung auf Seite 2), ist der nächstliegende Stand der Technik in D04 zu finden. Dieses Dokument zeigt eine Doppelgebläseanordnung, mit mindestens einem Gebläsemotor 23, zwei auf Wellen angeordneten Laufrädern 22a,22b und dazugehörenden Gebläse-Spiralgehäusen 26, die Teil des Gehäuses sind, und einem Lufteinlass 24,25, wobei der Gebläsemotor mit den Laufrädern eine Gebläsebaugruppe bildet (vgl. Figuren 3-4), die als Einheit in Längsrichtung der Wellen aus dem Gehäuse entnehmbar ist (Seite 43, Zeilen 25-31 in Verbindung mit Seite 19, Zeilen 1-17).
Hiervon unterscheidet sich der Gegenstand des Anspruchs 1 durch eine Führung (Nut im Gehäuse, Vorsprung an der Gebläsebaugruppe), welche das Herausziehen und das Einschieben der Gebläsebaugruppe erleichtert (vgl. Absatz [0007] der Patentschrift), sowie eine Zentrierung für die Lufteinlässe (Vertiefung in der Gebläsebaugruppe, Vorsprung am Lufteinlass), welche automatisch bei Herausnehmen und Wiedereinsetzen der Gebläsebaugruppe erfolgt (vgl. Absatz [0008] der Patentschrift).
Auch wenn der Fachmann mit der Aufgabe konfrontiert wird, die Austauschbarkeit der Gebläsebaugruppe und der Lufteinlässe noch weiter zu verbessern, so erhält er aus keinem der von den Beschwerdeführerinnen entgegengehaltenen Dokumente D01, D04 oder D16 Anregungen, die zu diesen unterscheidenden Merkmalen führen könnten. Bei allen diesen bekannten Doppelgebläseanordnungen werden die Lufteinlässe stets vom Gehäuse zentriert und nicht von der Gebläsebaugruppe. Auch die in D01 gezeigte Führung 40 für die Gebläsebaugruppe 34 (Figur 4) erfolgt über das dazugehörige Gebläse-Spiralgehäuse, das Teil der Gebläsebaugruppe 34 und nicht Teil des Gehäuses 32 ist.
Aus den vorstehenden Gründen kommt die Kammer zum Ergebnis, dass die Doppelgebläseanordnung gemäß Anspruch 1 auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.
6. Antrag auf Kostenverteilung
Gemäß Artikel 104 (1) EPÜ 1973 trägt im Einspruchsverfahren jeder Beteiligte die ihm erwachsenen Kosten selbst, soweit nicht eine andere Verteilung der Kosten angeordnet wird, wenn "dies der Billigkeit entspricht". Nach der Rechtsprechung der Beschwerdekammern ist die Voraussetzung der Billigkeit dann gegeben, wenn das Verhalten einer Partei nicht mit der zu fordernden Sorgfalt im Einklang steht.
Im vorliegenden Fall kam der zu Beginn der mündlichen Verhandlung gestellte Antrag der Beschwerdegegnerin, die ursprünglich eingereichten Zeichnungen als Grundlage für die Aufrechterhaltung des Patents zu nehmen, für alle Beteiligten auch nicht ganz unerwartet, denn in ihrer Erwiderung vom 30. Oktober 2012 hatte die Beschwerdegegnerin bereits "hilfsweise beantragt, die ursprünglich eingereichten Unterlagen für die Anfertigung der Patentschrift zugrunde zu legen". Zusätzlich hatte die Kammer unter Punkt 5 der Mitteilung der Beschwerdekammer gemäß Artikel 15 (1) der VOBK darauf hingedeutet, dass es "fraglich [ist], ob nachgewiesen werden kann, dass die aus den am 16. September 2005 nachgereichten Zeichnungen ersichtlichen Details bereits auch in den ursprünglichen Unterlagen vorhanden waren." Wenn auch die Anpassung der Antragssituation möglichst zeitnah nach Herausgabe eines Hinweises der Kammer wünschenswert wäre, ist es auch nicht fernliegend, diese Anpassung in der folgenden mündlichen Verhandlung vorzunehmen, soweit die Voraussetzung des Artikels 13 VOBK dies zulassen. Die Kammer kann daher in dem Antrag der Beschwerdegegnerin keinen vorsätzlichen Verfahrensmissbrauch erkennen, so dass es keinen Grund gibt, vom Prinzip abzuweichen, dass jede Partei die ihr entstandenen Kosten trägt.
7. Zweiteilige Fassung des Anspruchs 1 (Regel 43 (1) EPÜ)
Aus Regel 43 (1) EPÜ kann keine unbedingte Verpflichtung abgeleitet werden, die zweiteilige Form zu verwenden (vgl. Wortlaut der Regel: "Wo es zweckdienlich ist,..."). Im vorliegenden Fall zeigt Dokument D04 nur einen Gebläsemotor zum gleichzeitigen Antrieb von zwei auf Wellen angeordneten Laufrädern, wogegen Anspruch 1 durch die Formulierungen "... mindestens einem Gebläsemotor ..." und "..., wobei der oder die Gebläsemotoren mit den Laufrädern eine Gebläsebaugruppe bilden, ..." auch die Variante erfasst, bei der zwei Gebläsemotoren verwendet werden. Daher ließe sich ein klar abgegrenzter Obersatz nicht sprachlich in knapper und klarer Form formulieren. Im Übrigen geht auch aus der angepassten Beschreibungseinleitung (vgl. ergänzende Seite 2) klar hervor, welche Merkmale des Dokuments D04, das als nächstliegender Stand der Technik angesehen wird, zum Stand der Technik gehören. Eine zweiteilige Form des Anspruchs ist deshalb nicht zu Informationszwecken geboten und angesichts der o. g. Formulierungsschwierigkeiten insgesamt unzweckdienlich.
8. Die abhängigen Ansprüche betreffen zweckmäßige Ausgestaltungen des Gegenstands des Anspruchs 1 und haben in Zusammenhang mit diesem Bestand.
9. Die Beschreibung des Streitspatents ist dem geänderten Wortlaut des Anspruchs 1 angepasst worden.
10. Anspruch 1 gemäß vorliegendem Antrag mit den abhängigen Ansprüchen 2 bis 5 und der daran angepassten Beschreibung und den vorliegenden Zeichnungen bilden daher eine geeignete Grundlage für die Aufrechterhaltung des Patents in geändertem Umfang.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Sache wird an die erste Instanz zurückverwiesen mit der Anordnung, das Patent auf der Grundlage der folgenden Unterlagen aufrechtzuerhalten:
- Ansprüche 1 bis 5 wie eingereicht als Hilfsantrag 2 am 30. Oktober 2012;
- Beschreibung Spalten 1 bis 4 mit Einfügung auf Seite 2, wie eingereicht in der mündlichen Verhandlung vom 14. November 2014;
- Figuren 1 bis 8 wie ursprünglich eingereicht per Fax vom 1. Juni 2005.
3. Der Antrag auf abweichende Kostenverteilung wird abgewiesen.