T 0020/15 (Hochkorrosionsbeständige Emailzusammensetzung/Pfaudler) 22-06-2017
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Hochkorrosionsbeständige schwermetallfreie Emailzusammensetzung sowie Verfahren zu deren Herstellung und Verwendung, und beschichtete Körper
THALETEC GmbH
DE DIETRICH
Wendel GmbH, Email- und Glasurenfabrik
Patentansprüche - Klarheit nach Änderung (ja)
Ausreichende Offenbarung - (ja)
Erfinderische Tätigkeit - (ja)
Spät eingereichte Beweismittel - Verlegung der mündlichen Verhandlung wäre erforderlich gewesen (ja)
Spät eingereichte Beweismittel - Rechtfertigung für späte Vorlage (nein)
Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerden der Einsprechenden I (Beschwerdeführerin I) und der Einsprechenden II (Beschwerdeführerin II) betreffen die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung vom 30. September 2014, das europäische Patent EP-B-1 231 189 erfülle in geänderter Form (Ansprüche 1 bis 21 eingereicht am 23. September 2014) die Erfordernisse des EPÜ. Einsprechende III beteiligte sich nicht am Beschwerdeverfahren.
II. Die unabhängigen Ansprüche des von der Einspruchsabteilung für gewährbar erachteten Antrags sind wie folgt:
"1. Glaszusammensetzung zur Herstellung einer gegenüber mechanischen, thermischen und chemischen Einflüssen hochkorrosionsbeständigen Beschichtung auf Emailbasis,
dadurch gekennzeichnet , daß
die Glaszusammensetzung im wesentlichen keine Schwermetalle und/oder keine Schwermetallverbindungen enthält, mit Ausnahme von Zirkoniumdioxid;
die Gewichtsanteile der Einzelbestandteile in der Glaszusammensetzung gemäß nachfolgender Tabelle vorliegen:
FORMEL/TABELLE/GRAPHIK
so daß die Glaszusammensetzung einen thermischen Ausdehnungkoeffizienten aufweist, der in einem Temperaturbereich von 20°C bis 400°C im Bereich von 87 x 10**(-7)K**(-1)bis 110 x 10**(-7)K**(-1), vorzugsweise im Bereich von 90 x 10**(-7)K**(-1)bis 103 x 10**(-7)K**(-1), und besonders bevorzugt im Bereich von 93 x 10**(-7)K**(-1)bis 97 x 10 **(-7)K**(-1) liegt."
"14. Verfahren zur Herstellung einer Glaszusammensetzung, wobei im wesentlichen schwermetallfreie keramische Rohstoffe bzw. Bestandteile gemäß der in Patentanspruch 1 tabellarisch angegebenen Gewichtsanteile vermischt, anschließend auf eine Temperatur von im wesentlichen 1200°C bis 1600°C erwärmt und vollständig geschmolzen und nachfolgend nach einem Abschrecken zu einem Granulat verarbeitet werden."
"15. Verwendung der Glaszusammensetzung nach einem der Ansprüche 1 bis 13 zur Herstellung einer Deck-Email-Beschichtung auf geometrischen Körpern, insbesondere aus Stahl- und/oder Kesselblech, und/oder auf einer bestehenden Email-Beschichtung und/oder auf Glas und/oder auf keramischen Materialien."
Die Ansprüche 2 bis 13 bzw. 16 bis 21 sind von den Ansprüchen 1 bzw. 15 abhängig und beschreiben bevorzugte Ausführungsformen der beanspruchten Glaszusammensetzung, respektive der Verwendung.
III. In der angefochtenen Entscheidung wurden unter anderem folgende Dokumente zitiert:
D2-I: Hollemann-Wiberg, Lehrbuch der anorganischen Chemie, 1976, S. 570 bis 572
D3-I: Lorentz, R., Untersuchungen zum Säureangriff auf Chemieemail, Mitteilungen des Vereins Deutscher Emailfachleute e.V., Band 31, Heft 11/1983
D4-I: Petzold/Pöschmann, Email und Emailliertechnik, Seiten 314 und 315, Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie, Leipzig 1986
D6-I: Schützende Haut, PROCESS, 12-2002, S. 20 und 21
D6-II siehe D3-I
D7-II: Bohiron, M.J., Les appareils en acier emaille: tenue à la corrosion; Comité technique de l'inspection, 20-21 März 1986, S.1-25
D8-II: Gossé, M., Emaillage - Vitrification, Techniques de l'ingénieur, 12-1973, Seiten J 4590-1 bis J 4590-12 und Doc. J 4590-1 bis Doc. J 4590-2
D9-II: Iizawa, Y. et al., Journal of Electrostatics, 46, 1999, S.103-108
D12-II: Dietzel A.H., Emaillierung, Springer Verlag 1981, S.38-49, 59, 65, 66, 144-159
IV. Mit der Beschwerdebegründung legte die Beschwerdeführerin I folgendes Dokument vor:
D9-I: Petzold/Pöschmann, Email und Emailliertechnik, S.314 bis 316, Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie, Leipzig, 2. Auflage 1992
V. Die Beschwerdeführerin II reichte ihrerseits mit der Beschwerdebegründung unter anderem folgende Dokumente ein:
D14-II: Technology of enamels, V. V. Vargin, Maclaren and Sons LTD, London, 1967, S.43
D15-II: Le verre, Nature, structure et propriétés, H. Scholze, 2. Ausgabe, Institut du verre, Paris 1977 (S.112-113 und 148-160).
VI. In der Mitteilung gemäß Artikel 15(1) VOBK vertrat die Beschwerdekammer die vorläufige nicht bindende Meinung, dass die Beschwerden zurückzuweisen seien.
VII. Mit Schriftsatz vom 24. April 2017 brachte die Beschwerdeführerin I weitere Argumente vor.
VIII. Mit Schriftsatz vom 22. Mai 2017 reichte die Beschwerdeführerin II folgende Dokumente ein:
D16-II: FGK-Stellungnahme zum Thema Patentschrift Email
D17-II: Fragen an den Gutachter
D18-II: TU Bergakademie Freiberg; Stellungnahme
IX. Am 2. Juni 2017 reichte die Beschwerdeführerin II folgende Dokumente ein:
D19-II: Ergänzung zur FGK-Stellungnahme zum Thema Patentschrift Email
D20-II: TU Clausthal; Stellungnahme Prof. Deubener
X. Am 20. Juni 2017 reichte die Beschwerdeführerin I folgendes Dokument ein:
D10-I: Versuchsergebnisse
XI. Die mündliche Verhandlung vor der Kammer fand am 22. Juni 2017 statt.
XII. Die für die vorliegende Entscheidung relevanten Argumente der Beschwerdeführerin I können wie folgt zusammengefasst werden:
D10-I sei eine Reaktion auf die Mitteilung der Beschwerdekammer. Angesichts der Dauer der Versuche hätten sie nicht früher vorgelegt werden können. Zudem seien sie hochrelevant.
Anspruch 1 sei nicht klar, da durch die Ergänzung "mit Ausnahme von Zirkoniumdioxid" ein Widerspruch entstehe und der Ausdruck "im Wesentlichen" eine andere, nicht definierte Bedeutung erhalte.
Die Erfindung sei nicht ausführbar, da sich in den Anmeldungsunterlagen kein Hinweis befinde wie ein Fachmann aus der Vielzahl an möglichen Kombinationen von Glaszusammensetzungen, wie sie unter Anspruch 1 fallen, konkret diejenigen auffinden könnte, die zu dem gewünschten Ausdehnungskoeffizienten führen. Die Berechnung sei auf Grund von Schwankungen und zahlreichen, vielfach variierenden Randbedingungen nicht möglich und die erforderliche Genauigkeit nicht gegeben. Zudem sei keine konkrete Zusammensetzung genannt, die dem Fachmann als Hinweis dienen könnte. Der Fachmann müsse von sich aus auf die Appenmethode zurückgreifen, mit deren Hilfe aus der Vielzahl von Kombinationsmöglichkeiten jene Zusammensetzungen herausfinden, die einen thermischen Ausdehnungskoeffizienten aufweisen, der innerhalb des beanspruchten Bereichs liege, diesen empirisch bestätigen und schließlich müsse er unter den erhaltenen Ergebnissen diejenigen herausfinden, die sich für die Herstellung eines hochkorrosions-beständigen Emails eignen. Der Fachmann sei auf Versuch und Irrtum angewiesen, was zu einem unzumutbaren Aufwand führe. Zudem sei nicht angegeben, wie man die gewünschten Eigenschaften, wie z.B. "hochkorrosionsbeständig", erreichen könne. Die Unklarheit des Begriffes führe dazu, dass der Fachmann nicht wisse, wann man innerhalb oder außerhalb des Anspruchs arbeite. Der Gegenstand der Ansprüche 14 und 15 sei auch nicht ausführbar. Die Korrosionsbeständigkeit des aufgebrannten Emails sei auch durch Art und Weise der zugesetzten Hilfsstoffe, wie z.B. Schlicker, beeinflusst. Es fehle jegliche Angabe dazu im Patent. Zudem schmelze die Zusammensetzung nicht im unteren Bereich des angegebenen Temperaturbereiches.
D3-I sei als nächstliegender Stand der Technik anzusehen. Im Hinblick auf dieses Dokument bestehe die Aufgabe des Streitpatents darin, eine schwermetallfreie Alternative bereitzustellen.
D6-I lehre den Einsatz toxischer Substanzen zu vermeiden. Demzufolge hätte der Fachmann CoO durch ein schwermetallfreies farbgebendes Pigment ersetzt. Die Zugabe von MgO sowie Al2O3, sowie die Absenkung des Na2O-Gehaltes gehörten zur fachmännischen Routine. D4-I lehre den Ausdehnungskoeffizienten von Deckemail im beanspruchten Bereich.
XIII. Die für die vorliegende Entscheidung relevanten Argumente der Beschwerdeführerin II können wie folgt zusammengefasst werden:
D16-II bis D20-II seien als Reaktion auf die Mitteilung der Beschwerdekammer eingereicht worden. Vorher sei kein Anlass dazu gesehen worden. Zudem seien die Gutachten relevant für die Frage der Ausführbarkeit.
Die Erfindung sei nicht ausreichend offenbart, da sie keine Angaben darüber enthalte, was unter "hochkorrosionsbeständig" zu verstehen sei und wie eine solche Beschichtung erhalten werden soll. Die im Anspruch 1 genannten Zahlenbereiche könnten nicht als eng angesehen werden und die Erfindung sei nicht über den gesamten Bereich ausführbar im Einklang mit T 727/95. Das angefochtene Patent umfasse kein einziges Ausführungsbeispiel, welches dem Fachmann eine Anregung gebe, an welchen Punkten der sehr breiten Intervalle der insgesamt 9 Bestandteile des patentgemäßen Emails der angestrebte thermische Ausdehnungskoeffizient und die patentgemäßen Wirkungen der Hochkorrosionsbeständigkeit erreicht werden können. Die mit der Beschwerdeerwiderung eingereichten Ausführungsbeispiele der Patentinhaberin zeigten, dass marginale Änderungen der Zusammensetzung eine signifikante Veränderung der Abtragsrate zur Folge hätten.
Berechnungen zeigten, dass nicht alle Glaszusammensetzungen gemäß den Gewichtsanteilen in der Tabelle einen Ausdehnungskoeffizienten im beanspruchten Bereich hätten. Es gäbe mehrere Modelle zur Berechnung des Ausdehnungskoeffizienten, deren Resultate voneinander abwichen und die sich auch von den gemessenen Werten unterschieden. Die Appenmethode stelle nur eine Schätzung dar, welche einer experimentellen Verifizierung bedürfe. Der gewünschte Ausdehnungskoeffizient könne nur durch exzessives Experimentieren erhalten werden, was einen unzumutbaren Aufwand bedeute.
Auch sei der gemäß Streitpatent zu verwendende Farbstoff nicht hinreichend beschrieben.
Das Verfahren nach Anspruch 14 könne nicht ausgeführt werden, da keine Details über die zu verwendenden Rohstoffe angegeben seien.
Zudem sei die Verwendung gemäß Anspruch 15 unzureichend beschrieben, da auf den zu beschichtenden Körper vorher noch eine Grund-Email-Beschichtung aufgebracht werden müsste.
D8-II offenbare eine Email-Zusammensetzung, die keine Schwermetalle enthalte, einen Ausdehnungskoeffizienten im beanspruchten Bereich besitze, sowie korrosionsbeständig sei. Eine Alternative dazu könne nicht erfinderisch sein.
Angesichts der Lehre von D15-II, sei die Zugabe von MgO und Al2O3 zu der in D8-II offenbarten Zusammensetzung naheliegend für den Fachmann.
XIV. Die für die vorliegende Entscheidung relevanten Argumente der Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) können wie folgt zusammengefasst werden:
D16-II bis D20-II sowie D10-I seien, da verspätet vorgebracht, zurückzuweisen.
Die Appenfaktoren, die dem Fachmann bekannt seien und auch von ihm verwendet würden, erlaubten die Einzelbestandteile so zu bestimmen, dass der gewünschte Ausdehnungskoeffizient erhalten würde. Dies sei durch die in der Beschwerdeerwiderung angegebenen 16 unterschiedlichen Glaszusammensetzungen belegt. Die Berechnung sei lediglich eine Optimierungsrechnung.
Nur das Berechnungsmodell nach Appen decke den im Anspruch 1 angebenden Temperaturbereich ab und sei somit geeignet, den Ausdehnungskoeffizienten zu berechnen.
Für die Behauptung, dass die erfindungsgemäßen Glaszusammensetzungen nicht hochkorrosionsbeständig seien, gäbe es keinen Nachweis. Zudem sei die Behauptung durch die drei in der Beschwerdeerwiderung vorgelegten Ausführungsbeispiele widerlegt. Es sei überhaupt nicht nötig, eine Hochkorrosionsfestigkeit der erfindungsgemäßen Glaszusammensetzung zu bestimmen, da der erfindungsgemäßen Glaszusammensetzung diese Eigenschaft inhärent sei, wenn die in Patentanspruch 1 geforderten Merkmale, nämlich die Schwermetallfreiheit mit Ausnahme von Zirkoniumdioxid, die Gewichtszusammensetzung der Einzelbestandteile gemäß der vorliegenden Tabelle und der geforderte Bereich des thermischen Ausdehnungskoeffizienten, erfüllt seien.
Aus D2-I sei bekannt, dass Kalziumphosphat, Titandioxid und Zirkoniumdioxid zur Färbung vom Email geeignet seien.
Aus dem Wortlaut des Anspruchs 15 sei es eindeutig, dass es sich bei der Email-Beschichtung um eine Deck-Email-Beschichtung handle.
Aus D3-I und D8-II ginge der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht hervor. Nur durch rückschauende Betrachtungsweise gelange man zur Erfindung.
XV. Die Beschwerdeführerinnen I und II beantragen, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent zu widerrufen.
Die Beschwerdegegnerin beantragt, die Beschwerden zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
1. Zulässigkeit der mit der Beschwerdebegründung neu eingereichten Dokumente und Versuche (Artikel 114(2) EPÜ und Artikel 12(4) VOBK).
Die Zulässigkeit der für die vorliegende Entscheidung relevanten Dokumente D8-II, D14-II und D15-II wurde von keiner der Parteien bemängelt.
Dies gilt auch für die mit der Beschwerdebegründung eingereichten Berechnungen der Beschwerdeführerin II sowie für die mit der Beschwerdeerwiderung eingereichten Ausführungsbeispiele der Beschwerdegegnerin.
Auch erhob die Beschwerdegegnerin keinen Einwand gegen die Erhebung der Beanstandung im Hinblick auf die erfinderische Tätigkeit ausgehend von D8-II.
Deshalb sieht die Kammer keinen Grund, diese Entgegenhaltungen und Beweismittel nicht in das Verfahren zuzulassen.
2. Zulässigkeit von D16-II bis D20-II (Artikel 114(2) EPÜ und Artikel 13(1) VOBK)
D16-II bis D18-II wurden einen Monat und D19-II sowie D20-II 20 Tage vor der mündlichen Verhandlung eingereicht. Die Sachlage hat sich jedoch seit Beginn des Einspruchsverfahrens nicht geändert, sodass es keinen Anlass gab, weitere theoretische Betrachtungen vorzulegen. Die angefochtene Entscheidung enthielt bereits die Aussage, dass es keine Beweise, beispielsweise in Form von Vergleichsversuchen gäbe, die die Nicht-Ausführbarkeit belegten (Seite 7, 5. Punkt). Spätestens zu dem Zeitpunkt hätte den Beschwerdeführerinnen klar sein müssen, dass die aufgestellten Behauptungen nicht als belegt angesehen werden. Die vorläufige Meinung der Beschwerdekammer basierte auf dem Vorbringen der Parteien. Im vorliegenden Fall sieht es die Kammer deshalb nicht als gerechtfertigt an, auf Basis ihrer vorläufigen Meinung weitere Beweismittel vorzulegen.
Zudem scheinen die vorgelegten Gutachten nicht prima facie relevant, da sie keine Beispiele enthalten, die belegen, dass eine Zusammensetzung gemäß Anspruch 1 nicht für eine hochkorrosionsbeständige Beschichtung auf Emailbasis geeignet ist. Die in den Gutachten enthaltenden Informationen bestätigen prima facie im Grunde nur den in der Mitteilung gemäß Artikel 15(1) VOBK (Punkte 9.6 und 9.7) vorgebrachten Standpunkt.
Die Kammer sieht deshalb keinen Grund, das ihr zustehende Ermessen dahingehend auszuüben, D16-II bis D20-II in dem späten Verfahrensstadium in das Verfahren zuzulassen.
3. Zulässigkeit von D10-I (Artikel 114(2) EPÜ und Artikel 13(3) VOBK)
D10-I wurde zwei Tage vor der mündlichen Verhandlung vorgelegt. Für ein solch spätes Vorbringen ist kein Grund zu erkennen, da wie bereits im vorherigen Abschnitt erwähnt, der Fall sich nicht geändert hat und spätestens nach der angefochtenen Entscheidung klar war, dass es an Vergleichsversuchen fehlt. Die in den vorgelegten Versuchen beschriebenen Zusammensetzungen sind zudem nicht anspruchsgemäß, da sie neben Zirkonium auch Cerium als Schwermetall enthalten. Somit wird die Frage aufgeworfen, ob die Versuchsergebnisse im Hinblick auf die beanspruchte Erfindung überhaupt repräsentativ sind. Da weder der Beschwerdegegnerin noch der Kammer zugemutet werden konnte, diese Frage ohne Verlegung der mündlichen Verhandlung zu beantworten, hätte die Zulassung von D10-I eine Verlegung der mündlichen Verhandlung, wie von der Beschwerdegegnerin beantragt, bedungen. Dies ist jedoch nicht im Sinne von Artikel 13(3) VOBK, sodass D10-I nicht in das Verfahren zuzulassen war.
4. Artikel 84 EPÜ
Anspruch 1 so zu verstehen, dass er eine Glaszusammensetzung betrifft, die zur Herstellung einer gegenüber mechanischen, thermischen und chemischen Einflüssen hochkorrosionsbeständigen Beschichtung auf Emailbasis geeignet ist. Details, nach welchem Verfahren die Hochkorrosionsbeständigkeit bestimmt werden soll, werden nicht angegeben.
Die Glaszusammensetzung enthält im Wesentlichen keine Schwermetalle. Nur die Schwermetallverbindung Zirkoniumdioxid darf vorhanden sein. Im "wesentlichen keine" wird so verstanden, dass Schwermetalle nur als Verunreinigungen vorhanden sind und die Eigenschaften der Glaszusammensetzung nicht beeinflussen (siehe auch T 1095/09, Gründe 6 und dort zitierte Entscheidungen). Diese Auffassung ist auch im Einklang mit der Beschreibung des Streitpatents (siehe Absatz [0033]). In der Glaszusammensetzung sind nur die Einzelbestandteile, die in der Tabelle aufgezählt sind vorhanden und dies in den angegeben Gewichtsbereichen. Eine offene Formulierung des Anspruchs, die noch andere Bestandteile in der Zusammensetzung erlauben würde, liegt hier nicht vor. Dabei müssen die Mengen so gewählt sein, dass die Glaszusammensetzung einen thermischen Ausdehnungskoeffizienten aufweist, der in einem Temperaturbereich von 20°C bis 400°C im Bereich von 87 x 10**(-7)K**(-1)bis 110 x 10**(-7)K**(-1)liegt. Wie der Ausdehnungskoeffizient zu bestimmen ist wird nicht angegeben, jedoch weiß der Fachmann, dass die angegebenen Werte üblicherweise gemessenen Werten (nach einer nicht näher definierten Methode) entsprechen.
Das von der Beschwerdeführerin I beanstandete Merkmal "mit Ausnahme von Zirkoniumdioxid" stellt gegenüber dem erteilten Patent nur klar, dass Zirkoniumdoxid die einzige Schwermetallverbindung ist, die als wesentliches Merkmal - also nicht nur als Verunreinigung - in der Zusammensetzung vorhanden ist.
Es ist nicht zu erkennen, wieso die Einfügung dieses Merkmals zu einem Klarheitsproblem führen soll, das nicht bereits im erteilten Patent vorhanden war. Im Einklang mit G 3/14 (Gründe 81) liegt deshalb kein Klarheitsproblem aufgrund der im Einspruchsverfahren vorgenommenen Änderungen vor.
5. Artikel 83 EPÜ
5.1 Es muss überprüft werden, ob die in den Ansprüchen definierte Erfindung durch einen Fachmann ohne unzumutbaren Aufwand unter Verwendung seines allgemeinen Fachwissens und weiterer Angaben im Patent im gesamten beanspruchten Bereich nachgearbeitet werden kann.
5.2 Im vorliegenden Fall bemängelten die Beschwerdeführerinnen I und II die Ausführbarkeit des Gegenstands der Ansprüche 1, 14 und 15.
5.3 Was Anspruch 1 betrifft, muss bestimmt werden, ob der Fachmann genügend Anleitungen hat, um die Zusammensetzung so herzustellen, dass der gewünschte thermische Ausdehnungskoeffizient erhalten wird, und diese Zusammensetzung zur Herstellung einer hochkorrosionsbeständigen Beschichtung geeignet ist.
5.4 Das Patent enthält ein Ausführungsbeispiel, jedoch sind die Mengenangaben betreffend die Einzelbestandteile weniger genau als im Anspruch 1. Zudem ist der Ausdehnungskoeffizient der im Beispiel erhaltenen Glaszusammensetzung nicht angegeben. Das Patent enthält also keine Anleitung, wie vorgegangen werden muss, um eine Zusammensetzung zu erhalten, die den gewünschten Ausdehnungskoeffizienten besitzt.
5.5 Es steht jedoch außer Zweifel, dass der Fachmann weiß, wie der thermische Ausdehnungskoeffizient experimentell bestimmt werden kann. Zudem ist es kein Streitpunkt, dass es unterschiedliche Methoden zu dessen Berechnung gibt (siehe z.B. D4-I und D9-I, Kapitel 22.4.1; D14-II und D15-II, S. 154 und 157).
5.6 Beim Studium dieser Berechnungsmethoden fällt auf, dass nur die Methode nach Appen geeignet ist, den thermischen Ausdehnungskoeffizienten einer Zusammensetzung gemäß Anspruch 1 im gewünschten Bereich von zwischen 20°C und 400°C zu bestimmen (D14-II und D15-II, Tabelle 21). Dagegen sind die Methoden nach Winkelmann und Schott sowie nach Mayer et al. nur im Bereich von 20°C bis 150°C einsetzbar und enthalten keinen Berechnungskoeffizienten für einige der in der Zusammensetzung gemäß Anspruch 1 vorhandenen Bestandteile (Winkelmann und Schott nicht für Li2O, ZrO2; Mayer et al. nicht für Li2O, B2O3, MgO, Al2O3, K2O, CaO, Na2O, SiO2). Für die Behauptung, dass die statistische Datenbank "BatchMaker" eine mögliche alternative Berechnungsmethode darstelle, gibt es keinen Beleg, da nicht gezeigt ist, dass diese Datenbank bereits zum Anmeldezeitpunkt des Patents verfügbar war.
5.7 Der Fachmann wird also die Methode nach Appen benutzen und ausgehend von den in der Tabelle des Anspruchs angegebenen Gewichtsanteilen den Ausdehnungskoeffizienten berechnen. Es handelt sich also hierbei um eine Parameteroptimierung, die ein Fachmann ohne allzu großen Aufwand - auf jeden Fall ohne unzumutbaren Aufwand - mittels einer entsprechenden Software durchführen kann. Es wurde von den Parteien nicht bestritten, dass eine solche Software zum relevanten Zeitpunkt zur Verfügung stand. Dass bei der Berechnung nicht alle möglichen Kombinationen, die im Einklang mit den in der Tabelle angegebenen Gewichtsanteilen sind, den gewünschten Ausdehnungskoeffizienten zwingend ergeben, ist dem Fachmann von vornherein klar, denn ansonsten bräuchte es in Anspruch 1 ja keine Angabe zum Wert des Ausdehnungskoeffizienten. Dass die Berechnung durch einen Fachmann durchgeführt werden kann, wird auch durch die in der Beschwerdebegründung der Beschwerdeführerin II vorgebrachte Berechnung nach Appen (Tabelle, Seite 13), sowie durch die von der Beschwerdeführerin II während der mündlichen Verhandlung erwähnten, nach Appen berechneten, Werte der Glaszusammensetzungen 3, 8 und 13, sowie die Beschwerdeerwiderung (Tabelle, Seite 7), bestätigt.
5.8 Die Berechnung des Ausdehnungskoeffizienten ist mit einem gewissen Fehler behaftet, was jedoch einem Fachmann auch bekannt ist, denn Berechnungsmethoden weisen eigentlich immer eine gewisse Unschärfe auf. Anschließend an die Berechnung des Ausdehnungskoeffizienten kann der erhaltende Wert experimentell überprüft werden. Es liegt kein Beweis vor, dass die Abweichungen zwischen den nach Appen berechneten und durch Messung erhaltenen Werten derart groß sind, dass eine rechnerische Voraussage der tatsächlichen Werte nicht durchgeführt werden kann. Vielmehr scheint die Abweichung in eher moderaten Größenordnungen zu liegen, wie aus Tabelle 22 der D15-II hervorgeht. Dies ist auch im Einklang mit dem Vergleich der gemessenen Ausdehnungskoeffizienten der Glaszusammensetzungen 3, 8 und 13 (9,84, 9,69 und 9,69 x 10**(-6)K**(-1)),**()wie in der Tabelle auf Seite 7 der Beschwerdeerwiderung angegeben, mit den nach Appen berechneten und von der Beschwerdeführerin II während der mündlichen Verhandlung angegebenen Werten dieser Glaszusammensetzungen (9,03, 8.88 und 8.96 x 10**(-6)K**(-1)). Ein Fachmann, der einen berechneten Ausdehnungskoeffizienten in der Mitte des beanspruchten Bereichs von 87 x 10**(-7)K**(-1)bis 110 x 10**(-7)K**(-1) herstellen möchte, wird also eine Glaszusammensetzung erhalten, die mit hoher Wahrscheinlichkeit auch nach experimenteller Überprüfung einen Ausdehnungskoeffizienten hat, der im gewünschten Bereich liegt.
5.9 Es mag sein, dass im Randbereich des Anspruchs die Diskrepanz zwischen den berechneten Werten und den experimentell bestimmten Werten dazu führt, dass aufgrund der Berechnung nicht eindeutig vorhergesagt werden kann, ob die berechnete Glaszusammensetzung sich wirklich innerhalb des Anspruchs befindet. Dies betrifft jedoch nicht den gesamten beanspruchten Bereich des Ausdehnungskoeffizienten. Es liegt wohl ein Klarheitsproblem vor, da im Anspruch 1 die Methode zur Bestimmung des Ausdehnungskoeffizienten nicht angegeben ist. Die Schwierigkeit zu bestimmen, ob die Werte im Randbereich zum Schutzumfang gehören oder nicht ist jedoch keine Frage der Ausführbarkeit, sondern eine Frage der Klarheit des Anspruchs (siehe z.B. T 608/07, Gründe 2.5.2).
5.10 Nachdem der Fachmann also durch Berechnung eine Zusammensetzung erhalten hat, die den gewünschten Ausdehnungskoeffizienten hat, stellt sich die Frage, ob diese geeignet ist, eine gegenüber mechanischen, thermischen und chemischen Einflüssen hochkorrosionsbeständige Beschichtung auf Emailbasis herzustellen. Da der Anspruch 1 eine Glaszusammensetzung betrifft, die zur Herstellung einer gegenüber mechanischen, thermischen und chemischen Einflüssen hochkorrosionsbeständigen Beschichtung auf Emailbasis geeignet ist, ist primär davon auszugehen, dass die im Anspruch vorhandenen technischen Merkmale zu diesem Gegenstand führen (Regel 43(1) EPÜ). Für den Einwand, dass die so erhaltene Zusammensetzung nicht zur Herstellung einer hochkorrosionsbeständigen Beschichtung auf Emailbasis geeignet sei, gibt es keine Belege, beispielsweise in Form von Versuchen mit anspruchsgemäßen Zusammensetzungen. Spekulationen basierend auf den Variationen der Abtragungsraten der Ausführungsbeispiele 1 bis 3, die mit der Beschwerdeerwiderung vorgelegt wurden, sind nicht durch überzeugende anspruchsgemäße Versuche belegt.
Es stimmt, dass unterschiedliche, relativ aufwendige Methoden zur Bestimmung der Hochkorrosionsbeständigkeit bestehen (siehe z.B. Absatz [0062] des Patents und D8-II (2.211 und 2.212)). Dies belegt, dass der Fachmann eine dieser Methoden anwenden würde, um die Hochkorrosionsbeständigkeit zu überprüfen. Je nach Methode werden möglicherweise unterschiedliche Ergebnisse erhalten, was jedoch nicht bedeutet, dass der Fachmann die Erfindung nicht ausführen kann. Vielmehr zeigen unterschiedliche Ergebnisse, dass hochkorrosionsbeständig ein nicht klar definierter Begriff ist. Wie im vorigen Abschnitt dargelegt, führt ein Klarheitseinwand nicht zwingend zu einem Einwand hinsichtlich eines Mangels an Ausführbarkeit der Erfindung.
5.11 Zudem sind dem Fachmann farbgebende Bestandteile, die keine Schwermetalle enthalten, bekannt. Dazu gehören z.B. Titandioxid und Tonmineralien.
5.12 Die Kammer kommt deshalb zum Schluss, dass kein Beweis vorliegt, dass der Fachmann den Gegenstand des Anspruchs 1 nicht ausführen kann. Er wird Zusammensetzungen gemäß Anspruch 1 - durch Optimierungsrechnung - so wählen, dass sie einen Ausdehnungskoeffizienten, basierend auf der Methode von Appen, haben, der entsprechenden Abstand zu den Randwerten des beanspruchten Bereichs hat. Solche Zusammensetzungen sind für die Herstellung einer gegenüber mechanischen, thermischen und chemischen Einflüssen hochkorrosionsbeständigen Beschichtung geeignet.
5.13 Anspruch 14 betrifft ein Verfahren zur Herstellung einer Glaszusammensetzung - also nicht unbedingt der Glaszusammensetzung gemäß Anspruch 1 - wobei die Bestandteile gemäß der Tabelle aus Anspruch 1 gewählt und vermischt werden. Der Fachmann weiß, welche Rohstoffe für die Herstellung einer Glaszusammensetzung geeignet sind, da dies Teil der fachmännischen Routine ist. Anschließend wird diese Mischung geschmolzen, wobei die Temperatur im Bereich von 1200°C bis 1600°C eingestellt wird. Nach Abschrecken wird die Mischung zu einem Granulat verarbeitet. Das Verfahren umfasst also nur bekannte Verfahrensschritte, die ein Fachmann ohne Weiteres ausführen kann. Die Temperatur wird der Fachmann in dem angegebenen Bereich so wählen, dass ein vollständiges Schmelzen möglich ist, was auch im Einklang mit der Beschreibung ist, wo erwähnt wird, dass die Mischung in einem Schmelzofen bei Temperaturen zischen 1200°C bis 1600°C solange erhitzt wird, bis sich ein einheitliches, homogenes Glas ohne Rückstände gebildet hat (Seite 6, Zeilen 48 bis 49). Deshalb ist kein Mangel an Ausführbarkeit für das Verfahren gemäß Anspruch 14 zu erkennen.
5.14 Anspruch 15 betrifft die Verwendung der Zusammensetzung nach Anspruch 1 (oder 2 bis 13) zur Herstellung einer Deck-Email-Beschichtung. Dass die Zusammensetzung gemäß Anspruch 1 für die Herstellung einer solchen Beschichtung verwendet werden kann, steht außer Frage. Wie eine solche Beschichtung hergestellt werden soll, ist dem Fachmann bekannt und wird auch in Anspruch 16 sowie im Ausführungsbeispiel (Seite 8, Zeilen 25 bis 32) weiter dargestellt. Die Hilfsstoffe zur Herstellung des Schlickers werden zwar nicht angegeben, doch ist dem Fachmann bekannt, dass z.B. Tone dabei eingesetzt werden. Dass der Schlicker dabei einen Einfluss auf die Endbeschichtung hat, ist auch allgemein bekannt. Für die Behauptung, dass der Schlicker die Endqualität der beanspruchten Beschichtung entscheidend beeinflussen würde, gibt es aber keine Belege. Es ist nicht zu erkennen, dass die Verwendung der beanspruchten Zusammensetzung irgendwelche Fähigkeiten vom Fachmann fordere, die über das hinausgehen, was bei bekannten Zusammensetzungen gefordert wird.
5.15 Die von der Beschwerdeführerin II zitierte T 727/95 ist nicht relevant für den vorliegenden Fall, da sie das Auffinden von Bakterienstämmen mit bestimmten Eigenschaften betrifft, wozu es keine Berechnungsmethoden gibt.
5.16 Die Kammer kommt deshalb zum Ergebnis, dass der Gegenstand der Ansprüche 1, 14 und 15 und der davon abhängigen Ansprüche 2 bis 13, sowie 16 bis 21 die Erfordernisse des Artikels 83 erfüllt.
6. Artikel 56 EPÜ
6.1 Erfindung - Anspruch 1
Die Erfindung betrifft eine Glaszusammensetzung zur Herstellung eines Deckemails zur Emaillierung von Stahl- und Kesselblech sowie von geometrischen Körpern (Absatz [0001]).
6.2 Nächstliegender Stand der Technik - Anspruch 1
Das Dokument D8-II wird als nächstliegender Stand der Technik angesehen, da es Zusammensetzungen offenbart, die schwermetallfrei sind und die zur Herstellung einer hochkorrosionsbeständigen Beschichtung auf Emailbasis verwendet werden (Beispiele II und III aus Tabelle II; Kapitel 1,23 sowie 2,211 und 2,212). Zudem haben diese Zusammensetzungen einen thermischen Ausdehnungskoeffizienten, der im Bereich von 85 x 10**(-7)K**(-1)bis 100 x 10**(-7)K**(-1) liegt (Tabelle III, letzte Zeile), und somit einen großen Überlappungsbereich mit dem beanspruchten Bereich von 87 x 10**(-7)K**(-1)bis 110 x 10**(-7)K**(-1) hat. Die Zusammensetzung gemäß Beispiel III ist die Zusammensetzung, die der beanspruchten am nächsten kommt, angesichts der vorhandenen Menge (12.1%) an Na2O.
D3-I (das D6-II entspricht) scheint weniger geeignet als nächstliegender Stand der Technik, da die in Abbildung 2 offenbarte Zusammensetzung ein Schwermetall (CoO) enthält und keine Angaben zum Ausdehnungskoeffizienten aufweist.
6.3 Aufgabe - Anspruch 1
Die gegenüber D8-II zu lösende Aufgabe besteht darin, eine alternative, von toxischen Schwermetallen freie, Glaszusammensetzung zur Herstellung einer Email-Beschichtung an Apparaten, deren Teilen und Anlagen bereitzustellen, die korrosionsbeständig gegen Säuren und Laugen ist (siehe auch Absatz [0014] des Streitpatents).
6.4 Lösung - Anspruch 1
Als Lösung wird eine Zusammensetzung gemäß Anspruch 1 vorgeschlagen, unter anderem dadurch gekennzeichnet, dass die Glaszusammensetzung 0,25-2,0 % Al2O3, 0,25-2,5 % MgO, 0,25-3,0 % B2O3, 1,00 bis 6,0% CaO, 8,5-13,5% ZrO2 und kein CaF2 enthält.
6.5 Erfolg der Lösung - Anspruch 1
Die mit der Beschwerdeerwiderung eingereichten Ausführungsbeispiele bestätigen, dass die Zusammensetzungen gemäß Anspruch 1 hochkorrosionsbeständige Beschichtungen sind. Da diese Bespiele nicht widerlegt sind, besteht kein Grund, den Erfolg der Lösung anzuzweifeln.
6.6 Naheliegen der vorgeschlagenen Lösung - Anspruch 1
D8-II offenbart in Tabelle II drei verschiedene Zusammensetzungen. Diese unterscheiden sich von der vorgeschlagenen Lösung, da z.B. MgO in keiner der Zusammensetzungen vorhanden ist und CaF2 in allen offenbarten Zusammensetzungen vorliegt. Zudem beschreibt D8-II, dass die Bereitstellung einer geeigneten Zusammensetzung heikel ist (Kapitel 1,23, 2. Absatz, 1. Zeile), sodass es für den Fachmann keinen Grund gibt, willkürliche Änderungen an den Zusammensetzungen durchzuführen. Somit ist die vorgeschlagene Lösung ausgehend vom nächstliegenden Stand der Technik nicht nahegelegt.
D3-I offenbart in Abbildung 2 eine Zusammensetzung enthaltend 66% SiO2, 10,3% ZrO2, 0,6% B2O3, 0,9% Li2O, 15% Na2O, 1,8% K2O, 3% CaO, 2,4% BaO und 1,0% CoO. Diese Zusammensetzung enthält auch kein Al2O3 und kein MgO, sodass es keine Lehre gibt, diese Bestandteile der Zusammensetzung III aus D8-II hinzuzufügen.
D15-II offenbart die Bedeutung der Alkalimetalle (R2O) und der Erdalkalimetalle (RO) bei der Herstellung von Glas (Kapitel 2.6.1.2 und 2.6.1.3), ohne jedoch auf deren Rolle für die Herstellung von hochkorrosionsbeständigen Beschichtungen einzugehen. Der Fachmann versteht, dass ein gewisser Austausch zwischen den unterschiedlichen Alkalimetallen oder den unterschiedlichen Erdalkalimetallen möglich ist, ohne jedoch eine Anleitung zu bekommen, wie er dies im Falle der korrosionsbeständigen Beschichtungen aus D8-II umsetzen soll. D15-II lehrt auch, dass Al2O3 und B2O3 bis zu einem gewissen Grad eine ähnliche Funktion ausüben (Seiten 153 und 154), ohne jedoch auf die gewünschte Eigenschaft der Korrosionsbeständigkeit einzugehen. Selbst wenn der Fachmann die Lehre von D15-II auf D8-II anwenden sollte, käme er somit nicht zum beanspruchten Gegenstand.
Auch D12-II, D9-II und D7-II enthalten allgemeine Informationen über die Einteilung der Emailbestandteile, ohne sich konkret mit der Auswirkung des Austausches von Bestandteilen, die in der fertigen Glaszusammensetzung in etwa die gleiche Rolle spielen, auf die Korrosionseigenschaften zu befassen. Keines der Dokumente enthält somit einen Hinweis, wie die Zusammensetzung III aus D8-II abgeändert werden sollte, um weiterhin die gewünschte Eigenschaft der Korrosionsbeständigkeit zu besitzen. Die Argumentationen der Beschwerdeführerinnen im Hinblick auf die Kombination dieser Entgegenhaltungen mit dem nächstliegenden Stand der Technik beruhen daher eher auf einer rückschauenden Betrachtungsweise, die ausgehend vom beanspruchten Gegenstand zu erklären versucht, wie der Fachmann dahin gelangen könnte.
Die von den Beschwerdeführerinnen zitierte Entscheidung T 130/89 ist für den vorliegenden Fall nicht relevant, da es sich dort um die Verwendung eines bekannten Stoffes (Kompakt Hart-PVC) auf Grund seiner bekannten Eigenschaften handelt, während im vorliegenden Fall sozusagen ein neuer Stoff (Zusammensetzung) mit gewünschten Eigenschaften (Hochkorrosionsbeständigkeit) unter Zuhilfenahme von anderen Stoffen bereitgestellt werden soll.
Auch ist der in T 608/07 beschriebene Sachverhalt anders als der vorliegende Fall, da es dort - im Gegensatz zur vorliegenden Situation - einen Anreiz gab (Gründe 5.3), bestimmte Alternativen, d.h. andere Katalysatoren, zu wählen.
6.7 D6-I ist nachveröffentlicht, jedoch war das darin erwähnte Email TPE 2000 möglicherweise vor dem Prioritätsdatum des Streitpatents bekannt. Der Fachmann hätte also TPE 2000 als ein mögliches schwermetallfreies Email in Betracht gezogen. Dessen Zusammensetzung ist jedoch nicht bekannt.
6.8 Selbst wenn der Fachmann von D3-I ausgegangen wäre, so gäbe es keine Anleitung im Stand der Technik, die aus D3-I bekannte Zusammensetzung so zu ändern - ohne rückschauende Betrachtungsweise -, um zum beanspruchten Gegenstand zu gelangen.
6.9 Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruht somit auf einer erfinderischen Tätigkeit.
6.10 Das Gleiche gilt für die Ansprüche 2 bis 13, sowie 15 bis 21, die direkt oder indirekt von Anspruch 1 abhängig sind und somit alle Merkmale des Anspruchs 1 enthalten.
6.11 Anspruch 14 betrifft ein Verfahren zur Herstellung einer Glaszusammensetzung, wobei die in Anspruch 1 angebenden Bestandteile verwendet werden. Da die Zusammensetzung gemäß Anspruch 1, wie zuvor beschrieben, nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik hervorgeht, ist es auch nicht naheliegend, eine solche Zusammensetzung zur Herstellung einer Glaszusammensetzung zu verwenden.
6.12 Die Bedingungen des Artikels 56 EPÜ sind somit erfüllt.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerden werden zurückgewiesen.