T 1206/17 16-03-2021
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GIESSVORRICHTUNG FÜR EINEN KOLBEN FÜR EINEN VERBRENNUNGSMOTOR UND VERFAHREN ZUM ÖFFNEN UND/ODER SCHLIEßEN EINER GIESSVORRICHTUNG
Spät eingereichte Beweismittel - eingereicht mit der Beschwerdebegründung
Spät eingereichte Beweismittel - zugelassen (nein)
Ausreichende Offenbarung - Nacharbeitbarkeit (ja)
Neuheit - (ja)
Erfinderische Tätigkeit - (ja)
Sachverhalt und Anträge
I. Das europäische Patent EP 2 654 989 (im Folgenden: das Patent) betrifft eine Gießvorrichtung für einen Kolben eines Verbrennungsmotors.
Gegen das erteilte Patent hatte die Einsprechende Einspruch eingelegt und ihn auf die Gründe des Artikels 100 b) EPÜ und des Artikels 100 a) EPÜ in Kombination mit den Artikeln 54 und 56 EPÜ gestützt.
II. Die Einspruchsabteilung hat entschieden, den Einspruch zurückzuweisen.
III. Gegen diese Entscheidung hat die Einsprechende (im Folgenden: die Beschwerdeführerin) Beschwerde eingelegt.
IV. Stand der Technik
Die Einspruchsabteilung hat die folgenden Dokumente in ihrer Entscheidung erwähnt:
D1: US 2008/0257518 A1;
D2: DE 199 22 809 A1.
In der Beschwerdebegründung verwies die Beschwerdeführerin erstmals zusätzlich auf folgendes Dokument:
D3: US 2008/0128946.
V. In der als Anlage zur Ladung zur mündlichen Verhandlung beigefügten Mitteilung gemäß Artikel 15(1) der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern 2020 (VOBK 2020) teilte die Kammer den Beteiligten ihre vorläufige Einschätzung des der Beschwerde zugrundeliegenden Sachverhalts mit.
VI. Eine mündliche Verhandlung fand am 16. März 2021 statt. Zum Ablauf der mündlichen Verhandlung wird auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
VII. Anträge
Am Schluss der mündlichen Verhandlung bestand folgende Antragslage:
Die Beschwerdeführerin beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent zu widerrufen.
Die Beschwerdegegnerin (die Patentinhaberin) beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen.
VIII. Ansprüche
Anspruch 1 des Patents lautet:
"Gießvorrichtung für einen Kolben für einen Verbrennungsmotor mit zumindest einer zumindest weitgehend linear verfahrbaren Pinole (10) zur Ausbildung zumindest einer Kolbenbolzenbohrung und zumindest einem zumindest weitgehend linear und schräg zu der Pinole (10) verfahrbaren Schieber (12) zur Ausbildung zumindest einer Ausnehmung unter einem Ringfeld des Kolbens,
dadurch gekennzeichnet, dass
die Pinole (10) und der Schieber (12) zumindest mittelbar derart gekoppelt sind, dass die Pinole beim Verfahren den Schieber (12) zumindest teilweise mitnimmt."
Der unabhängige Anspruch 7 lautet wie folgt:
"Verfahren zum Öffnen und/oder Schließen einer Gießvorrichtung für einen Kolben für einen Verbrennungsmotor, bei dem zumindest eine weitgehend linear verfahrbare Pinole (10) zumindest einen weitgehend linear und schräg zur Pinole (10) verfahrbaren Schieber (12) zumindest teilweise mitnimmt."
Die abhängigen Ansprüche 2 bis 6 betreffen bevorzugte Ausführungsformen der in Anspruch 1 definierten Gießvorrichtung.
IX. Das für diese Entscheidung relevante schriftsätzliche und mündliche Vorbringen der Beschwerdeführerin lässt sich wie folgt zusammenfassen:
a) Das Dokument D3 sei prima facie relevant und zeige insbesondere in Figur 5A ebenfalls eine Anordnung einer Gießvorrichtung mit einer Pinole und einem Schieber. Die Bewegung der Pinole und des Schiebers sei gemäß D3 mittels eines Kopplungselements ("cam assembly") mittelbar gekoppelt. Das somit für den bereits im Verfahren befindlichen Einspruchsgrund der mangelnden Neuheit hoch relevante Dokument D3 sei in Reaktion auf die angefochtene Entscheidung erst im Rahmen einer Nachrecherche in einer benachbarten Patent-Klasse gefunden worden und solle daher im Beschwerdeverfahren berücksichtigt werden.
b) Anspruch 1 definiere nicht, auf welche Art und Weise die Pinole und der Schieber konstruktiv gekoppelt seien, wie das weitgehend lineare Verfahren der Pinole erzielt werden könne und wie die gewünschte Funktion, nämlich dass die Pinole beim Verfahren den Schieber zumindest teilweise mitnimmt, realisiert werden könne.
Das Patent offenbare zwar im Ausführungsbeispiel eine Möglichkeit, wie eine derartige Kopplung realisiert werden könne, allerdings zeige das Ausführungsbeispiel, dass in Anspruch 1 eine Vielzahl essentieller Merkmale fehle, die für eine entsprechende Umsetzung des beanspruchten Gegenstands erforderlich seien.
c) D1 zeige in den Figuren eine Gießvorrichtung, die linear verfahrbare Pinolen zur Ausbildung zumindest einer Kolbenbolzenbohrung aufweise. Außerdem seien linear und schräg zu den Pinolen verfahrbare Schieber zur Ausbildung einer Ausnehmung unter einem Ringfeld des Kolbens vorhanden. Die Schieber würden von Aktoren betätigt. Die Pinolen müssten ebenfalls auf geeignete Art und Weise, z. B. analog zu den Aktoren, betätigt werden, da ansonsten die Funktion der Gießvorrichtung nicht gewährleistet wäre. Somit seien Aktoren für alle Bestandteile der Gießform, nämlich für die Formhälften, Schieber und Pinolen offenbart.
Jegliche Kopplung zwischen Pinole und Schieber, die eine in Anspruch 1 definierte Mitnahme erziele, erfülle die funktionelle Definition gemäß Anspruch 1. D1 offenbare daher eine Gießvorrichtung nach Anspruch 1 bzw. lege diese zumindest nahe.
D2 offenbare in den Figuren eine Gießform, für die es nicht ausgeschlossen sei, dass die Pinole und das Fensterteil mit seinem die Ausnehmung bildenden Gießkern zumindest teilweise gleichzeitig von Betätigungsmitteln bewegt werden können. Daraus folge unmittelbar und eindeutig, dass die Pinole und der Gießkern mit dem Fenstereinsatz mittelbar gekoppelt seien, so dass die Pinole beim Verfahren den Gießkern zumindest teilweise mitnimmt.
X. Das entsprechende Vorbringen der Beschwerdegegnerin lässt sich folgendermaßen zusammenfassen:
a) Das Dokument D3 hätte bereits im Einspruchsverfahren in Reaktion auf die vorläufige, im Anhang zur Ladung dargelegte Beurteilung der Einspruchsabteilung eingereicht werden können und müssen. Dokument D3 sei der Beschwerdebegründung auch nicht beigefügt gewesen. D3 solle daher im Beschwerdeverfahren unberücksichtigt bleiben. Zudem sei das Dokument D3 auch nicht prima facie relevant, da es keine Gießvorrichtung offenbare, bei der beim Verfahren der Pinole ein Schieber mitgenommen werde.
b) Ab Spalte 4, Zeile 18 des Patents werde unter Verweis auf die Figuren 1 bis 7 beschrieben, wie die Pinole und der Schieber ausgestaltet und gekoppelt sein können, um das in Anspruch 1 definierte Mitnehmen zu realisieren. Die Realisierung eines weitgehend linearen Verfahrens der Pinole sei Fachwissen. Die im Patent beschriebene Erfindung sei daher ohne Probleme durch einen Fachmann nacharbeitbar.
c) Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheide sich von der Gießanlage gemäß D1 dadurch, dass Mittel zum Mitnehmen des Schiebers beim Verfahren der Pinole vorhanden seien.
Die Argumentation der Beschwerdeführerin zu D2 beruhe auf reiner Spekulation. Bei der in D2 beschriebenen Gießanlage werden die Pinole und der zugeordnete Fenstereinsatz zwangsläufig nacheinander bewegt, da der Schieber durch die Pinole blockiert sei. D2 offenbare daher nicht, dass beim Verfahren der Pinole ein Schieber mitgenommen werde.
Entscheidungsgründe
1. Zulassung des Dokuments D3
1.1 Die Beschwerde ist am 19. Mai 2017 eingereicht worden, d. h. vor dem Inkrafttreten der revidierten Fassung der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern (VOBK 2020) am 1. Januar 2020. Diese ist für am Tag des Inkrafttretens bereits anhängige Beschwerden ebenso anwendbar wie für danach eingelegte Beschwerden (Artikel 25 (1) VOBK 2020).
Allerdings ist gemäß den in Artikel 25 (2) VOBK 2020 festgelegten Übergangsbestimmungen im vorliegenden Fall nicht Artikel 12 (4) bis (6) VOBK 2020 anzuwenden, sondern stattdessen Artikel 12 (4) VOBK 2007, der es in das Ermessen der Kammer stellt, Tatsachen, Beweismittel oder Anträge nicht zuzulassen, die bereits im erstinstanzlichen Verfahren hätten vorgebracht werden können.
Die Zulassung von Dokument D3, das erstmals in der Beschwerdebegründung zitiert wurde, fällt somit in das Ermessen der Kammer gemäß Artikel 12(4) VOBK 2007.
1.2 D3 wurde von der Beschwerdeführerin nicht als ergänzender Stand der Technik zitiert, der die im Einspruchsverfahren vorgebrachte Argumentation zur Neuheit oder erfinderischen Tätigkeit auf Grundlage von D1 oder D2 unterstützt und somit als eine Reaktion auf die Argumentation in der angefochtenen Entscheidung angesehen werden könnte. Vielmehr dient D3 als Ausgangspunkt für neue Angriffslinien in Hinblick auf die Neuheit und die erfinderische Tätigkeit.
Das Vorbringen einer neuen Angriffslinie ist nicht Sinn und Zweck des Beschwerdeverfahrens, das der Überprüfung der angefochtenen Entscheidung dient, wodurch dem Unterlegenen die Möglichkeit gegeben wird, die ihm nachteilige Entscheidung anzufechten und ein gerichtliches Urteil über die Richtigkeit einer erstinstanzlichen Entscheidung zu erwirken. Somit ist der faktische und rechtliche Rahmen des Einspruchs-verfahrens weitestgehend für das weitere Beschwerde-verfahren bestimmend (Rechtsprechung der Beschwerde-kammern, 9. Auflage, 2019, Kapitel V.A.4.2.1).
Aus dem auf Überprüfung gerichteten Zweck des verwaltungsgerichtlichen Einspruchbeschwerdeverfahrens folgt, dass die Entscheidungen der Beschwerdekammern grundsätzlich auf der Basis des Streitstoffes vor der Einspruchsabteilung ergehen.
1.3 Die Einspruchsabteilung hatte schon in Punkt II.4 des Ladungszusatzes ihre Meinung klar und detailliert zum Ausdruck gebracht, dass weder D1 noch D2 den Gegenstand des Anspruchs 1 offenbaren oder zumindest nahelegen. Ferner wurde in Punkt II.5 den Verfahrensbeteiligten die Auffassung der Einspruchsabteilung mitgeteilt, dass keiner der Einspruchsgründe einer Aufrechterhaltung des Patents in der unveränderten Fassung entgegensteht.
Damit bestand für die Beschwerdeführerin schon im Rahmen des Einspruchsverfahrens ein konkreter Anlass, gegebenenfalls einen weiteren relevanten Stand der Technik zu recherchieren, um damit ihr Vorbringen zu ergänzen.
Diese Möglichkeit wurde trotz des vorhandenen Hinweises seitens der Einspruchsabteilung von der Beschwerdeführerin im Einspruchsverfahren nicht wahrgenommen.
Eine derartige Verletzung der Pflicht zur Verfahrensbeförderung in erster Instanz, d.h. der bis zu einem bestimmten Verfahrenszeitpunkt gebotenen, aber unterbliebenen Mitwirkung durch Vorlage von Tatsachen, Beweismitteln oder Anträgen ist bei der Ausübung des Ermessens der Kammer gemäß Artikel 12 (4) VOBK 2007 miteinzubeziehen.
Die übrigen Vorkommnisse im Einspruchsverfahren und die Begründung in der angefochtenen Entscheidung bieten ebenfalls keine Rechtfertigung dafür, dass eine Nachrecherche erst zum Zeitpunkt der Einlegung der Beschwerde durchgeführt wurde und das Dokument D3 nicht schon im Rahmen des Einspruchsverfahrens vorgelegt wurde (a.a.O., Kapitel V.A.4.11.3 a)). Zudem stellt das Auffinden eines Dokuments im Rahmen einer Nachrecherche in einer benachbarten Patentklasse keine Rechtfertigung dafür dar, ein Dokument zu einem beliebigen Zeitpunkt einzureichen.
1.4 Auch wenn gemäß gängiger Rechtsprechung die Relevanz eines spät vorgebrachten Dokuments bei der Ausübung des Ermessens über die Berücksichtigung eines Dokuments gemäß Artikel 12(4) VOBK 2007 außer Acht gelassen werden kann, stellt die Kammer im vorliegenden Fall fest, dass das verspätet vorgebrachte Dokument D3 auch nicht prima facie relevant ist.
D3 offenbart in Anspruch 1 eine Gießvorrichtung für einen Motorkolben, die einen Satz horizontal verfahrbarer Pinolen ("pin members 14") und Fensterteile ("window 13") aufweist. Die Fensterteile sind schräg zu den Pinolen verfahrbar. Ein Kupplungselement ("cam assembly 15") koordiniert die Bewegung der Pinolen und der Fenster und verzögert die Bewegung der Fensterteile bis die Bewegung der Pinolen abgeschlossen ist.
Die Pinolen und Schieber sind gemäß Anspruch 1 der D3 daher mittels des Kupplungselements gekoppelt. Die Bewegung der Pinolen und der Schieber erfolgt allerdings durch Bewegung des Betätigungsmittels 33 ("cam holder assembly 33"), siehe Absatz [0059].
Ein eigener weiterer Antrieb für die Pinole als solches wird in D3 nicht offenbart und würde vom Fachmann im Kontext der D3 auch nicht in Betracht gezogen.
D3 offenbart daher keine Anordnung, bei der ein Schieber durch die Bewegung einer Pinole mitgenommen wird, sondern eine Anordnung, bei der die Bewegung eines Betätigungsmittels eine Pinole und ein Fensterteil mitnimmt.
1.5 Im Übrigen hat die Beschwerdeführerin auch ihrer Verpflichtung nach Artikel 12 (2) a) VOBK 2007, wonach Dokument D3 der Beschwerdebegründung als Anlage beigefügt werden hätte müssen, nicht entsprochen.
1.6 Unter Ausübung ihres Ermessen nach Artikel 12 (4) VOBK 2007 lässt die Kammer das Dokument D3 daher unberücksichtigt.
2. Artikel 100 b) EPÜ
2.1 Gemäß Artikel 83 EPÜ und ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammern muss die Patentschrift als ganzes und nicht der Anspruch als solches eine nacharbeitbare Lehre für den Fachmann vermitteln (a.a.O., Kapitel II.C.3.1).
Ferner kann ein Einwand bezüglich mangelnder Offenbarung nur dann Aussicht auf Erfolg haben, wenn ernsthafte, durch nachprüfbare Fakten erhärtete Zweifel an der Ausführbarkeit glaubhaft gemacht werden können (a.a.O., Kapitel II.C.9). Die bloße Tatsache, dass ein Anspruch durch Verwendung funktioneller Merkmale weit gefasst ist, stellt noch keinen Grund zu der Annahme dar, dass das Patent das Erfordernis einer ausreichenden Offenbarung nicht erfüllt.
2.2 Die Gießvorrichtung nach Anspruch 1 wird durch das funktionelle Merkmal definiert, wonach eine Pinole und ein Schieber einer Gießeinrichtung "mittelbar derart gekoppelt sind, dass die Pinole beim Verfahren den Schieber zumindest teilweise mitnimmt".
2.3 Die Ausführungen in den Absätzen [0018] bis [0023] des Patents beschreiben in Bezug auf die Figuren 1 bis 7 detailliert, wie eine mittelbare Kopplung der Pinole mit einem Schieber gemäß Anspruch 1 realisiert werden kann.
Die Figuren 2 und 3 zeigen einen Zustand der Gießvorrichtung, bei der die Pinole 10 und der Schieber 12 vollständig zugefahren sind. Im Zustand der Figuren 4 und 5 ist die Pinole 10 teilweise zurückgefahren, der Schieber 12 noch immer "zu". Im Zustand der Figuren 6 und 7 ist die Pinole 10 ganz aufgefahren, der Schieber 12 ist ebenfalls "auf". Die Kopplung wird hierbei über die Drehung der Schwenkgabel 16 erreicht, die im letzten Bewegungsabschnitt von der Pinole 10 geschwenkt wird, indem der Zapfen 18 den Vorsprung 20 der Schwenkgabel 16 mitnimmt. Dadurch wird der Schieber 12 vom Ende 28 der Schwenkgabel 16 ebenfalls geöffnet. Ebenso ist die Gestaltung von Pinole und Schieber zur Ausbildung der Kolbenbolzenbohrung und der Ausnehmung unter einem Ringfeld des Kolbens gezeigt.
Das Patent offenbart folglich im Detail, wie die in Anspruch 1 definierte Funktionalität in einer Gießvorrichtung umgesetzt werden kann (Regel 42(1) e) EPÜ).
Schwierigkeiten bei der Umsetzung der darin beschriebenen Kopplung oder bei der Realisierung eines weitgehend linearen Verfahrens einer fachüblichen Pinole sind in diesem Zusammenhang nicht erkennbar und wurden von der Beschwerdeführerin auch nicht aufgezeigt.
Das angebliche Fehlen essentieller Merkmale könnte allenfalls als ein im Einspruchsbeschwerdeverfahren für erteilte Ansprüche nicht zu prüfender Mangel unter Artikel 84 EPÜ angesehen werden, nicht jedoch als Begründung für eine angeblich nicht ausreichende Offenbarung.
Die in Anspruch 1 definierte Erfindung ist mithin für einen Fachmann ausführbar (a.a.O., Kapitel II.C.5.2).
2.4 Die Kammer sieht daher keine Veranlassung von der Begründung in Punkt II.3 der angefochtenen Entscheidung abzuweichen. Der Einspruchsgrund gemäß Artikel 100 b) EPÜ steht der Aufrechterhaltung des Patents nicht entgegen.
3. Artikel 100 a) in Verbindung mit Artikel 54 EPÜ
3.1 In Hinblick auf D1:
D1 zeigt in Figur 1 eine Gießvorrichtung 20, die linear verfahrbare Pinolen 30, 32 sowie linear und schräg zu den Pinolen verfahrbare Schieber 36, 40 aufweist:
FORMEL/TABELLE/GRAPHIK
Gemäß Absatz [0020] der D1 werden die Schieber 36, 40 in ihrer Position dadurch genau festgelegt, dass die Schieber von Rippen 44, 48 der linken und rechten Formhälften 26, 28 gehalten und blockiert werden, wenn diese zugefahren werden.
Die Schieber sind demnach nicht mittelbar an das Verfahren der Pinolen gekoppelt. Ein Verfahren der Schieber ist gemäß der Offenbarung der D1 vielmehr lediglich dann möglich, wenn diese nicht mehr durch die beiden Rippen 44 und 48 der beiden Gussformhälften 26, 28 gehalten und blockiert werden.
Entsprechend offenbart D1 in Absatz [0023], dass beim Schließen der Form zuerst die Schieber 36,40 mittels Aktoren 60,64 zugefahren und die Formhälften 26,28 geschlossen werden. Dadurch werden die Schieber genau fixiert. Erst im Anschluss daran werden zuletzt die Pinolen 30,32 eingefahren. Die Öffnung der Gießform wird gemäß Absatz [0024] in umgekehrter Reihenfolge durchgeführt. Zuerst erfolgt das Zurückfahren der Pinolen 30,32, danach das Öffnen der Formhälften 26,28, und erst zuletzt das Zurückfahren der Schieber 36,40.
Damit zeigt die Gießform gemäß D1 nicht das kennzeichnende Merkmal des Anspruchs 1 des Patents, wonach "die Pinole und der Schieber zumindest mittelbar derart gekoppelt sind, dass die Pinole beim Verfahren den Schieber zumindest teilweise mitnimmt."
3.2 In Hinblick auf D2:
D2 offenbart in Spalte 2, Zeilen 2 bis 15 unter Bezugnahme auf die Figuren 1 und 2, dass zunächst die Pinolen 2 verfahren werden und danach das Fensterteil 4 verschwenkt wird.
FORMEL/TABELLE/GRAPHIKFORMEL/TABELLE/GRAPHIK
Das Fensterteil gemäß D2 stellt daher keinen Schieber gemäß Anspruch 1 des Patents dar, der linear und schräg zur Pinole verfahrbar ausgebildet ist.
Ferner muss gemäß der Offenbarung der D2 die Pinole 2 ganz aus dem schwenkbaren Fensterteil 4 gezogen werden, bevor dieses Fensterteil 4 bewegt werden kann. D2 enthält keinerlei Offenbarung, dass die Bewegung der Pinole mittelbar auf das Fensterteil einwirkt und dieses mitnimmt.
Damit zeigt die Gießform gemäß D2 auch nicht das kennzeichnende Merkmal des Anspruchs des Patents, wonach "die Pinole und der Schieber zumindest mittelbar derart gekoppelt sind, dass die Pinole beim Verfahren den Schieber zumindest teilweise mitnimmt."
3.3 Es gibt mithin keinen Grund, der ein Abweichen von der Schlussfolgerung in Punkt II.4 der angefochtenen Entscheidung in Bezug auf die Neuheit rechtfertigen könnte. Der Einspruchsgrund nach Artikel 100 a) EPÜ in Verbindung mit Artikel 54 EPÜ steht einer Aufrechterhaltung daher nicht entgegen.
4. Artikel 100 a) in Verbindung mit Artikel 56 EPÜ
Die Beschwerdeführerin hat weder einen konkreten Aufgabe-Lösungs-Ansatz verwendet, noch im Detail dargelegt, welchen Anreiz ein Fachmann haben sollte, die Lehre der D1 oder D2 so zu modifizieren, dass ein Schieber durch die Bewegung einer Pinole mitgenommen wird.
Eine derartige Anordnung wird zudem in keinem der vorliegenden Dokumente beschrieben. Auch ist nicht erkennbar, warum eine derartige Abänderung im Rahmen des routinemäßigen Handelns durchgeführt werden sollte.
Es gibt folglich keinen Grund, der ein Abweichen von der Schlussfolgerung in Punkt II.4 der angefochtenen Entscheidung in Bezug auf die erfinderische Tätigkeit rechtfertigen könnte. Der Einspruchsgrund nach Artikel 100 a) EPÜ in Verbindung mit Artikel 56 EPÜ steht einer Aufrechterhaltung des Patents wie erteilt daher nicht entgegen.
5. Da die Argumentation der Beschwerdeführerin keine Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung aufkommen lässt, hat die Beschwerde keinen Erfolg.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.