T 1394/18 10-02-2022
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SICHERHEITSEINRICHTUNG
Neuheit - (nein)
Patentansprüche - Klarheit
Patentansprüche - Hilfsantrag (nein)
Änderung nach Ladung - berücksichtigt (nein)
Änderung nach Ladung - außergewöhnliche Umstände (nein)
Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerden der Patentinhaberin und der Einsprechenden richten sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, das Europäische Patent
EP 2 782 765 in geänderter Form aufrechtzuerhalten. Der Einspruch stützte sich auf die Einspruchsgründe gemäß Artikel 100 (a) bis (c) EPÜ, insbesondere wegen mangelnder Neuheit und erfinderischer Tätigkeit, mangelnder Ausführbarkeit sowie unzulässiger Erweiterung. Das Patent wurde auf der Grundlage des damaligen Hilfsantrags I''' (aktueller Hilfsantrag III) aufrechterhalten.
II. Auf folgendes Dokument wird Bezug genommen:
D5 = WO 2005/038500 A1
III. Die Einsprechende beantragte am Ende der mündlichen Verhandlung, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das europäische Patent in vollem Umfang zu widerrufen, sowie die am 29. Dezember 2021 bzw. am 3. Februar 2022 eingereichten Hilfsanträge IV bis XI nicht zuzulassen.
IV. Die Patentinhaberin beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent in eingeschränktem Umfang auf der Grundlage des Hilfsantrags II, eingereicht mit der Beschwerdebegründung, aufrechtzuerhalten, oder, gemäß Hilfsantrag III, die Beschwerde der Einsprechenden zurückzuweisen, oder die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent in eingeschränktem Umfang auf der Grundlage des Hilfsantrags IV, eingereicht mit dem Schreiben vom 3. Februar 2022, oder der Hilfsanträge V bis XI, eingereicht mit dem Schreiben vom 29. Dezember 2021, oder der Hilfsanträge XII bis XVIII, eingereicht als Hilfsanträge IV bis X mit Schreiben vom 4. Januar 2019, aufrechtzuerhalten. Der Hauptantrag und Hilfsantrag I wurden am Anfang der mündlichen Verhandlung zurückgenommen.
V. Die erstinstanzlichen Bezeichnungen der Merkmale werden der Übersichtlichkeit halber in Analogie im Beschwerdeverfahren beibehalten (1a ->(A) etc.). Hervorhebungen sowie die Merkmalsbezeichnungen sind durch die Kammer hinzugefügt.
VI. Anspruch 1 des "Hilfsantrags II"
(Hervorhebung in Bezug auf den ursprünglichen Hauptantrag = Patent wie erteilt)
(A) Sicherheitseinrichtung zur Verbesserung der Fälschungssicherheit, von Originalartikeln durch Vorsehen eines Symbols, mit
(B) einer Vielzahl von auf einem Trägerelement (10) angeordneten diffraktiven Oberflächenelementen (18), (C) wobei jedes einzelne Oberflächenelement (18) eine dreidimensionale Oberflächenstruktur aufweist,
(D) wobei mehrere Oberflächenelemente(18) eine Oberflächenelementen-Gruppe bilden, deren Oberflächenstrukturen und Ausrichtung derart aufeinander abgestimmt sind, dass sie in einem Beobachtungsraum [deleted: einen] ein- und denselben Punkt des darzustellenden Symbols (28) ortsveränderlich abbilden,
(E) wobei mehrere Oberflächenelementen-Gruppen vorgesehen sind, die jeweils einen Punkt abbilden,
(F) wobei sich das darzustellende Symbol (28) aus der Summe aller von den Oberflächenelementen-Gruppen dargestellten Punkte zusammensetzt [deleted: und]
(G) wobei durch die Veränderung des Einfallswinkels des Lichts und/oder des Beobachtungswinkels von einem Beobachter eine Bewegung des Symbols in dem Beobachtungsraum wahrgenommen wird und
(H) wobei nur diejenigen Oberflächenelemente (18) an der Darstellung des für den Beobachter sichtbaren Symbols beteiligt sind, die sich entlang einer Blickrichtung des Beobachters aus der Projektion des Fokuspunktes in der Bildebene in die Fläche der Sicherheitseinrichtung ergeben.
Anspruch 1 des "Hilfsantrags III" (Patent wie aufrechterhalten, Hilfsantrag I''' im erstinstanzlichen Verfahren):
[Anspruch 1 des "Hilfsantrags II"]
(I) und wobei durch die Veränderung des Einfallswinkels des Lichts und/oder des Beobachtungswinkels für den Beobachter ein Symbol sichtbar wird, das durch teilweise andere Oberflächenelemente derselben Gruppe dargestellt wird.
Anspruch 1 des "Hilfsantrags IV":
Anspruch 1 des "Hilfsantrags III", wobei Merkmal (I) ersetzt wird durch folgendes Merkmal (I*):
(I*) und wobei durch die Veränderung des Einfallswinkels des Lichts und/oder des Beobachtungswinkels für den Beobachter ein [deleted: Symbol] Punkt sichtbar wird, [deleted: das] der durch teilweise andere Oberflächenelemente derselben Gruppe dargestellt wird.
Anspruch 1 des "Hilfsantrags V":
[Anspruch 1 des "Hilfsantrags IV"]
(J) und wobei durch die gleichförmige Veränderung des Einfallswinkels des Lichtes und/oder des Beobachtungswinkels eine für den Beobachter kontinuierliche Bewegung des Symbols in dem Beobachtungsraum wahrgenommen wird.
Anspruch 1 des "Hilfsantrags VI":
[Anspruch 1 des "Hilfsantrags V"]
(K) und wobei sich bei konstanter Veränderung des Einfallswinkels des Lichts und/oder des Beobachtungswinkels das Symbol auf einer Bahn (32) bewegt.
Anspruch 1 des "Hilfsantrags VII":
[Anspruch 1 des "Hilfsantrags VI"]
(L) und wobei die Oberflächenelemente (18) unregelmäßig auf dem Trägerelement (10) angeordnet sind.
Anspruch 1 des "Hilfsantrags VIII":
(Hervorhebung bzgl. "Hilfsantrag VII" )
[Anspruch 1 des "Hilfsantrags VI" mit Merkmal (I) anstatt Merkmal (I*)]
(L8) und wobei die Oberflächenelemente (18) einer jeden Oberflächenelementen-Gruppe unregelmäßig auf dem Trägerelement (10) angeordnet sind.
Anspruch 1 des "Hilfsantrags IX":
[Anspruch 1 des "Hilfsantrags VIII"]
(M) und wobei die Oberflächenelemente jeder Gruppe über die gesamte Fläche der Sicherheitseinrichtung gleichmäßig verteilt sind.
Anspruch 1 des "Hilfsantrags X":
[Anspruch 1 des "Hilfsantrags IX" mit Merkmal (I*) anstatt Merkmal (I)]
(N) und wobei mehrere Beugungsordnungen auftreten, die das einfallende Licht in unterschiedliche Bildebenen fokussieren.
Anspruch 1 des "Hilfsantrags XI":
[Anspruch 1 des "Hilfsantrags X"],
(O) so dass mehrere Exemplare des dargestellten
Symbols mit jeweils unterschiedlichem Bewegungsmuster sichtbar werden.
Hilfsanträge XII bis XVIII entsprechen jeweils "Hilfsantrag V" bis "Hilfsantrag XI", wobei Merkmal (I*) durch Merkmal (I) ersetzt ist, außer in "Hilfsantrag XV" und "Hilfsantrag XVI", die mit "Hilfsantrag VIII" bzw. "Hilfsantrag IX" identisch sind.
VII. Die Argumente der Einsprechenden können im Wesentlichen folgendermaßen zusammengefasst werden:
a) der Gegenstand von Anspruch 1 des Hilfsantrags II sei nicht neu gegenüber der Offenbarung von D5, da D5 ein Echtfarben-Beugungsgitter-Bewegungshologramm für ein Sicherheitselement offenbare, das unter den Anspruchswortlaut falle,
b) der Gegenstand von Anspruch 1 des Hilfsantrags III sei nicht neu, da - wie in D5 beschrieben - ein Beugungsgitter einen bestimmten Punkt eines Symbols abbilde, der in der Fokuslinie zwischen Betrachter und Gitter liege,
c) Hilfsanträge IV bis XI seien verspätet eingereicht worden und seien nicht zulässig, da keine außergewöhnlichen Umstände gemäß Artikel 13(2) VOBK 2020 vorlägen,
d) Hilfsanträge XII bis XV seien nicht neu, da D5 Bewegungsmuster mit einer kontinuierlichen Bewegung des Balls auf einer Bahn offenbare und da die Gitterelemente in D5 unregelmäßig angeordnet seien,
e) Hilfsanträge XVI bis XVIII seien nicht klar, da die gleichzeitig beanspruchte "gleichmäßige" und "unregelmäßige Anordnung" der Gitterelemente widersprüchlich sei.
VIII. Die Argumente der Patentinhaberin können im Wesentlichen folgendermaßen zusammengefasst werden:
a) D5 offenbare eine 1:1 Zuordnung von jedem Bildpunkt zu genau einem Gitterpunkt, wohingegen im Streitpatent ein Bildpunkt mehreren Beugungsgittern entspreche, dies sei im Anspruchswortlaut reflektiert,
b) D5 offenbare nicht, dass in einem Bildpunkt bei einem Wechsel des Betrachtungswinkels teilweise Gitterelemente aus einer Gruppe und teilweise Gitterelemente einer anderen Gruppe beteiligt seien,
c) Hilfsanträge IV bis XI seien eine Reaktion darauf, dass sich die Kammer in ihrem Bescheid unter Artikel 15(1) VOBK 2020 nur auf die Figur 7 der D5 beziehe, sie seien deshalb unter Artikel 13(2) VOBK 2020 zuzulassen,
d) Hilfsanträge XII bis XV seien neu, da D5 Bewegungsmuster von nur drei Bewegungsbildern ohne kontinuierlichen Übergang offenbare,
e) Hilfsanträge XVI bis XVIII seien klar, da eine gleichmäßige Verteilung eine bestimmte Beugungsgitterdichte pro definierter Fläche impliziere.
Weitere Argumente der Beteiligten werden im Folgenden unter den entsprechenden Entscheidungsgründen diskutiert.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerden sind zulässig.
2. Die beanspruchte Erfindung
2.1 Zur Erhöhung der Fälschungssicherheit von Hochsicherheitsdokumenten, wie beispielsweise Personaldokumenten und Zahlungsmitteln, werden Hologramme als Sicherheitseinrichtung verwendet. Die Erfindung soll eine möglichst fälschungssichere Sicherheitseinrichtung, die maschinell oder auch vom bloßen Auge erkannt werden kann, bereitstellen.
2.2 Diese Aufgabe wird durch ein Hologramm gelöst, das aus mehreren Beugungsgittern auf der gesamten Hologramm-Fläche gebildet wird und ein sich bewegendes Bild erzeugt ("Gitter-Bewegungshologramm").
3. Hilfsantrag II - Neuheit
3.1 Dokument D5
3.1.1 D5 offenbart ein Echtfarben-Bewegungshologramm (Seite 13, Zeile 9 ff. und Seite 16, Zeile 15 ff.). Die Echtfarben setzen sich aus drei Grundfarben (Rot, Grün, Blau ["RGB"]) zusammen. Jede Grundfarbe entspricht in jedem Bildpunkt einem Beugungsgitter, so dass jeder Hologramm-Bildpunkt mindestens drei Beugungsgittern entspricht. D5 offenbart ferner, dass verschiedene Orientierungen bzw. Bewegungsabschnitte eines Bildes durch verschiedene Gitterbereiche erzeugt werden. Das Gitterhologramm besteht aus ineinander verschachtelten (Streifen-)Gitterbereichen. Die Beugungsgitter haben jeweils eine dreidimensionale Reliefstruktur (Anspruch 43). Wie aus Figur 7 und 8 ersichtlich ist, wird jedes Bewegungsmuster 81-83 in Relief-Streifen 84-86 zerlegt, die dann alternierend zu einem Relief-Muster zusammengesetzt werden (Figur 8 (b)). Jedes Bewegungsmuster bildet, abhängig vom Blickwinkel, dasselbe Symbol (Ball, Männchen) in verschiedenen Bewegungsabschnitten bzw. Bewegungsmustern ab. Teile von den Streifen 84-86 bilden eine Gruppe von Relief-Segmenten, die ein und denselben Punkt des Symbols (z.B. Oberseite des Balls), aber in verschiedenen Bewegungsabschnitten je nach Blickwinkel abbilden. Manche Punkte bleiben unverändert (Punkt 94 in Figur 8 (b)).
FORMEL/TABELLE/GRAPHIKFORMEL/TABELLE/GRAPHIKD5
3.1.2 D5 offenbart folglich, dass mehrere Oberflächenelemente (Gitterstrukturen 84-93 eines Bewegungsbildes) eine Oberflächenelementen-Gruppe bilden, deren Oberflächenstrukturen und Ausrichtung derart aufeinander abgestimmt sind, dass sie in einem Beobachtungsraum ein- und denselben Punkt (z.B. Oberseite des Balls) des darzustellenden Symbols (Ball, Männchen) ortsveränderlich (Bewegungsabschnitte 81-83) abbilden.
Der Fokuspunkt entspricht dem Betrachtungspunkt des Auges (cf. Seite 50, Zeilen 6 ff.).
3.2 Neuheit
3.2.1 Die Patentinhaberin hat argumentiert, dass jedes Figurenelement in den Figuren 7 und 8, wie aus der Tabelle von Seite 38 ersichtlich ist, seine eigene (Grund-)Farbe habe und nicht eine Echtfarbe, die aus drei Grundfarben und damit drei verschiedenen Beugungsgittern (RGB) zusammengesetzt werde.
3.2.2 Die Einsprechende hat argumentiert, dass einerseits gemäß Streitpatent, Abschnitt [0015] und Figur 6 nicht jeder Bildpunkt von mehreren Beugungsgittern erzeugt werde, und andererseits D5 auf Seite 46, Zeile 16 ff., und in Anspruch 30 mit Rückbezug auf alle Beispiele offenbare, dass auch jeder Bildpunkt des in den Figuren 7 und 8 beschriebenen Ausführungsbeispiel mit jeweils drei RGB-Gittern in Echtfarben dargestellt werden könne.
3.2.3 Die Kammer stimmt der Argumentation der Einsprechenden zu. Im beanspruchten Wortlaut offenbart D5 folglich (Wortlaut von Anspruch 1, Bezug auf D5) eine
(A) Sicherheitseinrichtung (Sicherheitselement mit
Gitterbild, Seite 1, Zeilen 7-9) zur Verbesserung der Fälschungssicherheit von Originalartikeln durch Vorsehen eines Symbols (Ball in Figuren 7 und 8),
(B) mit einer Vielzahl von auf einem Trägerelement (18, 24 in Figuren 2 und 3) angeordneten diffraktiven Oberflächenelementen (84-93, RGB-Gitter),
(C) wobei jedes einzelne Oberflächenelement eine dreidimensionale Oberflächenstruktur (Relief, Anspruch 43) aufweist,
(D) wobei mehrere Oberflächenelemente eine Oberflächenelementen-Gruppe (Beugungsgitter, die den Ball in verschiedenen Bewegungsbildern und Grundfarben darstellen) bilden, deren Oberflächenstrukturen und Ausrichtung derart aufeinander abgestimmt sind, dass sie in einem Beobachtungsraum ein- und denselben Punkt (z.B. oberster Punkt des Balls oder Punkt 94) des darzustellenden Symbols ortsveränderlich abbilden,
(E) wobei mehrere Oberflächenelementen-Gruppen (Relief-Streifen 84-93, die alle miteinander verschachtelt sind) vorgesehen sind, die jeweils einen Punkt ortsveränderlich (oberster Punkt des Balls) abbilden,
(F) wobei sich das darzustellende Symbol (Ball) aus der Summe aller von den Oberflächenelementen-Gruppen dargestellten Punkte (z.B. oberster Punkt des Balls, Punkt 94) zusammensetzt und
(G) wobei durch die Veränderung des Einfallswinkels des Lichts und/oder des Beobachtungswinkels von einem Beobachter eine Bewegung des Symbols in dem Beobachtungsraum wahrgenommen wird (Seite 13, Zeile 9 ff.),
(H) wobei nur diejenigen Oberflächenelemente an der Darstellung des für den Beobachter sichtbaren Symbols beteiligt sind, die sich entlang einer Blickrichtung (Betrachtungswinkel, Betrachtungsvektor, Seite 30, Zeile 1 ff.) des Beobachters aus der Projektion des Fokuspunkts (Betrachtungspunkt) in der Bildebene in die Fläche der Sicherheitseinrichtung ergeben.
3.3 Folglich kommt die Kammer zu dem Schluss, dass der Gegenstand von Anspruch 1 des Hilfsantrags II gegenüber Dokument D5 nicht neu ist (Artikel 52(1) und 54(1) und (2) EPÜ).
4. Hilfsantrag III - Neuheit
4.1 Merkmal (I) erfordert, dass das Symbol (Ball) durch die Veränderung des Einfallswinkels durch teilweise andere Oberflächenelemente derselben Gruppe dargestellt wird.
4.2 Die Patentinhaberin hat argumentiert, dass der Fachmann in Merkmal (I) im Zusammenhang des Streitpatents nicht "Symbol" verstehen würde, sondern "Punkt". D5 offenbare nur drei Bewegungsbilder, in denen die Beugungsgitter genau einer Bewegungsrichtung zugeordnet seien. Die Beugungsgitter für eine Blickrichtung entsprächen einer Gruppe. Somit sei auch der Punkt 94 genau einer Gruppe zuzuordnen.
4.3 Die Einsprechende hat argumentiert, dass laut D5 beliebig viele Zwischenbilder eingefügt werden könnten, da nur beispielhaft (Seite 37, Zeile 12) drei Bewegungsgitter gezeigt seien. Für Figur 11 (siehe Seite 41, Zeile 18 ff.) seien fünf Bewegungsbilder dargestellt. Die Bilder gingen fließend von einem Bewegungsbild in das andere über, da der Betrachter immer einen aufgeweiteten Beobachtungskegel habe. Somit seien im Übergangsbereich die Gitter von mehreren Gruppen gleichzeitig sichtbar.
4.4 Die Kammer stimmt den Argumenten der Einsprechenden zu. In den Punkten 94 des Balls wird zudem immer dasselbe Beugungsgitter des Balles verwendet, um die verschiedenen Bewegungspositionen darzustellen (cf. Figur 8(b), Seite 38, Zeile 14 ff.: ... das in Fig. 8(b) gezeigte Gitterbild 90 [ist] in einigen Bereichen 94 mit einander überlagernden Gittermustern gefüllt ... Generell können Teile des Gitterbildes überlagert bzw. übereinander geschrieben werden, vorzugsweise wenn nicht zu viele Bilder im Gittermuster untergebracht werden müssen). Der Punkt 94 gehört also mehreren Gruppen/Betrachtungswinkeln an. Das Beugungsgitter von Punkt 94 ist also bei Veränderung des Einfallswinkels immer unverändert, da es mehrere Beugungsgitter in einem Gitter überlagert. Die anderen Punkte des Balls (z.B. oberster Punkt des Balls) werden für die unterschiedlichen Bewegungspositionen durch unterschiedliche Beugungsgitter abgebildet, so dass das Symbol für jedes Bewegungsbild teilweise durch andere Oberflächenelemente derselben Gruppe dargestellt wird.
4.5 Folglich kommt die Kammer zum Schluss, dass der Gegenstand von Anspruch 1 des Hilfsantrags III gegenüber Dokument D5 nicht neu ist (Artikel 52(1) und 54(1) und (2) EPÜ).
5. Hilfsanträge IV bis XI - Zulassung nach Artikel 13 (2) VOBK 2020
5.1 Gemäß Artikel 13 (2) VOBK 2020 bleiben Änderungen des Beschwerdevorbringens eines Beteiligten nach Zustellung der Ladung zur mündlichen Verhandlungen grundsätzlich unberücksichtigt, es sei denn, der betreffende Beteiligte hat stichhaltige Gründe dafür aufgezeigt, dass außergewöhnliche Umstände vorliegen.
5.2 Die Patentinhaberin hat die Veranlassung für die Einreichung der erst nach Erhalt der Mitteilung der Kammer gemäß Artikel 15 (1) VOBK 2020 eingereichten Hilfsanträge damit begründet, dass sie davon überrascht worden sei, dass die Kammer in ihrer vorläufigen Meinung Figur 7 von D5 diskutiert habe. Figur 7 sei jedoch weder von der Einspruchsabteilung in ihrer Entscheidung bezüglich Hilfsantrag I''' (aktueller Hilfsantrag III) diskutiert worden, noch habe die Einsprechende im Beschwerdeverfahren Figur 7 explizit diskutiert. Daher seien die Hilfsanträge in das Verfahren zuzulassen.
5.3 Die Einsprechende hat dagegen argumentiert, dass sie in der Beschwerdebegründung bereits Figur 7 diskutiert habe und die Patentinhaberin selbst in ihrer Beschwerdeerwiderung vom 4. Januar 2019 im Abschnitt III.4 bezüglich vorliegendem Hilfsantrag III ausführlich zu den Figuren 7 und 8 von D5 Stellung genommen habe. Insofern könne sie nicht davon überrascht worden sein, dass die Kammer sich unter anderem auf die Figur 7 von D5 stütze. Durch die neuen Hilfsanträge sei ein neuer Gegenstand entstanden, der noch nie geprüft worden sei und eine neue Recherche benötige.
5.4 Die Kammer ist wie die Einsprechende der Meinung, dass beide Figuren 7 und 8 von D5 während des gesamten Einspruchsverfahren diskutiert wurden und zum selben Ausführungsbeispiel gehören. Der Unterschied beider Figuren ist lediglich, dass in Figur 8 die Beugungsgitter der Figur 7 für die verschiedenen Bewegungsabschnitte ineinander verschachtelt sind. Hierin können keine außergewöhnlichen Umstände für die Einreichung neuer Anträge gesehen werden.
5.5 Folglich hat die Kammer entschieden, dass die Hilfsanträge IV bis XI unter Artikel 13(2) VOBK 2020 nicht in das Verfahren zugelassen werden, da keine außergewöhnlichen Umstände vorliegen.
6. Hilfsanträge XII bis XV - Neuheit
6.1 Die Patentinhaberin hat argumentiert, dass D5 nur drei diskrete Bewegungspositionen darstelle und somit keine kontinuierliche Bewegung wahrgenommen werden könne. Folglich könne sich der Ball auch nicht auf einer Bahn bewegen, die eine große Anzahl von Punkten benötige. Die Beugungsgitter in den Figuren 7 und 8 seien zwar in ihrer Form unregelmäßig, aber nach einem festen Schema angeordnet, also regelmäßig und einer bestimmten Regel folgend.
6.2 Die Einsprechende hat argumentiert, dass in den Figuren 7 und 8 nur beispielhaft drei Positionen dargestellt würden. In Figur 11 würden fünf Positionen beispielhaft dargestellt. Rein praktisch könnten bei einem Bewegungshologramm nie unendlich viele Bilder dargestellt werden, aber je mehr Bewegungsbilder verwendet würden, desto kontinuierlicher werde die Bewegung. Dieser Sachverhalt sei intrinsisch für ein Bewegungshologramm. Die Bahn eines Symbols sei immer die Verbindungslinie zwischen zwei Bewegungspunkten. Folglich folge der Ball in D5 immer der Verbindungslinie der Positionen des Balls in den unterschiedlichen Bewegungsbildern. Die Bewegungsgitter in den Figuren 7 und 8 seien sowohl in der Form unregelmäßig als auch in ihrer Position unregelmäßig angeordnet.
6.3 Die Kammer stimmt der Argumentation der Einsprechenden zu. Der Begriff "kontinuierlich" ist bei einem Bewegungsbild relativ zu verstehen, da keine unendliche Anzahl von Bewegungsbildern möglich ist. Der Anspruch definiert auch nicht präzise, was mit "kontinuierlich" gemeint ist. Entsprechend bewegt sich der Ball auch auf einer Bahn. Außerdem sind die Oberflächenelemente der Gruppen - wie insbesondere aus Abbildungen 7(c) und 8(b) hervorgeht - unregelmäßig auf dem Trägerelement angeordnet.
6.4 Folglich kommt die Kammer zu dem Schluss, dass der Gegenstand von Anspruch 1 der Hilfsanträge XII bis XV gegenüber Dokument D5 nicht neu ist (Artikel 52(1) und 54(1) und (2) EPÜ).
7. Hilfsantrag XVI bis XVIII - Klarheit (Artikel 84 EPÜ)
7.1 Die Patentinhaberin hat argumentiert, dass die Fachperson eine gleichmäßige Verteilung automatisch mit einer konstanten Beugungselement-Dichte pro definiertem Flächenabschnitt verbinde. Eine unregelmäßige Verteilung assoziiere sie dagegen damit, dass die Verteilung der Elemente nicht, wie bei einer regelmäßigen Verteilung, einer bestimmten Verteilungsregel folge. Dies sei z.B. in D5, Figuren 7 und 8 der Fall, wo die Beugungsgitter der drei Bewegungsbilder in regelmäßig alternierenden Streifen - also einer bestimmten Regel folgend - angeordnet seien.
7.2 Die Einsprechende hat argumentiert, dass sich keine solchen Definitionen aus dem Anspruchswortlaut ableiten ließen. Ferner sei weder aus dem Ausführungsbeispiel der Figur 6 des Streitpatents ableitbar, was "gleichmäßig" und "unregelmäßig" zu bedeuten habe, noch werde irgendwo im Streitpatent genauer definiert, wie diese Begriffe auszulegen seien. Insofern sei unklar, wie diese Begriffe zu deuten seien.
7.3 Die Kammer ist der Meinung, dass die Merkmale (L)/(L8) und (M) nicht auf im Prüfungsverfahren geprüfte Ansprüche zurückgehen (siehe oben Abschnitt VI.) und damit auf Klarheit geprüft werden dürfen (G3/14, Orientierungssatz). Die Merkmale (L)/(L8) und (M) sind jeweils widersprüchlich zueinander. Da die Begriffe "gleichmäßig" und "unregelmäßig" nicht genauer definiert sind, ergibt sich ein Widerspruch; z.B. ist die Anzahl der Elemente pro Fläche nicht spezifiziert und über welchen Flächenabschnitt dann eine gleichmäßige bzw. unregelmäßige gemittelte Verteilung erreicht werden soll. Die Oberflächenelemente können nicht gleichzeitig sowohl unregelmäßig angeordnet als auch gleichmäßig verteilt sein, wenn nicht spezifiziert wird, für welche Teilbereiche das gültig sein soll. Trägerelement und Sicherheitseinrichtung sind bezüglich der Verteilung der Beugungsgitter als gleichbedeutend anzusetzen.
7.4 Folglich kommt die Kammer zu dem Schluss, dass die Hilfsanträge XVI bis XVIII, soweit sie der Überprüfung der Klarheit im Beschwerdeverfahren unterliegen, nicht den Erfordernissen des Artikels 84 EPÜ genügen.
8. Zusammenfassend liegt somit kein zulässiger Antrag vor, der den Erfordernissen des EPÜ genügt. Die Beschwerde der Einsprechenden hat damit in vollem Umfang Erfolg.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Das Patent wird widerrufen.