T 1117/19 (Lückenfüller bei TV-Live-Ereignissen/NOVOMATIC) 18-03-2022
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Verfahren und Vorrichtung zur Übertragung von Ereignisdaten wobei zumindest ein Teil der Daten über zumindest einen Übertragungskanal höherer Bandbreite und zumindest ein Teil der Daten über zumindest einen Übertragungskanal niedrigerer Bandbreite übertragen werden
Neuheit - Hauptantrag, Hilfsanträge I, Ia (nein)
Erfinderische Tätigkeit - Hilfsanträge II, IIa, IIb, III, II', IIa', IIb, III (nein)
Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Zurückweisung der vorliegenden europäischen Patentanmeldung. Die Zurückweisungsgründe waren mangelnde Neuheit (Artikel 54 (1) und (2) EPÜ) des Gegenstands von Anspruch 1 des Hauptantrags sowie von Hilfsantrag I und mangelnde erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ) des Gegenstands von Anspruch 1 der Hilfsanträge II, IIa und III im Hinblick auf Dokument
D7: WO 98/41020 A1.
II. In ihrer Beschwerde beantragte die Beschwerdeführerin, die Entscheidung der Prüfungsabteilung aufzuheben und unter Zugrundelegung der Patentansprüche gemäß Hauptantrag oder hilfsweise gemäß der Hilfsanträge I, Ia, II, IIa, IIb oder III sowie II', IIa', IIb' oder III' ein Patent zu erteilen.
III. Die mündliche Verhandlung vor der Kammer wurde am 18. März 2022 in Form einer Videokonferenz abgehalten. Am Ende der mündlichen Verhandlung bestätigte die Beschwerdeführerin ihre Anträge.
IV. Anspruch 1 des Hauptantrags beinhaltet die folgenden Merkmale (Merkmalsnummerierung wie von der Beschwerdeführerin eingereicht):
1. "Empfangseinrichtung (2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9) mit
einem ersten Eingangskanal zum Empfangen von einem
Ereignisdatenstrom (Ü1, Ü2) enthaltend mehrere
Bild- und Tonsequenzen mehrerer Ereignisse (A, B,
C, D, E, F) sowie einem zweiten Eingangskanal zum
Empfangen von Ergänzungsdaten (D) mit
Zusatzinformationen betreffend die Ereignisse; und
1.1 mit einem Anzeigegerät (5, 6, 7) zum Wiedergeben
der Bild- und Tonsequenzen des
Ereignisdatenstroms und der Ergänzungsdaten mit
Zusatzinformationen, gekennzeichnet durch
1.2 einen Filter (8) zum Filtern [von] Bild- und
Tonsequenzen betreffend eines Ereignisses aus dem
Ereignisdatenstrom zum Wiedergeben auf dem
Anzeigegerät anhand von Markierungsdaten, mit
denen die Bild- und Tonsequenzen kodiert sind;
1.3 wobei der Filter (8) zum Erkennen des Starts und
Endes einer Bild- und Tonsequenz des
Ereignisdatenstromes (Ü1, Ü2) ausgebildet ist;
1.4 ein erstes Datenverarbeitungsgerät (3), das die
empfangenen Bild- und Tonsequenzen mehrerer
Ereignisse an das Anzeigegerät weiterleitet bzw.
verteilt, und
1.5 ein zweites Datenverarbeitungsgerät (9) mit einer
Datenverknüpfungsvorrichtung (9a) zum Empfangen
der Ergänzungsdaten mit Zusatzinformationen über
den weiteren Empfangskanal, wobei eine
gemeinsame, aufeinander abgestimmte Anzeige der
Ergänzungsdaten mit Zusatzinformationen und der
mittels des Filters (8) gefilterten Bild- und
Tonsequenzen des Ereignisdatenstromes betreffend
dasselbe Ereignis auf dem Anzeigegerät vornehmbar
ist, wobei das zweite Datenverarbeitungsgerät (9)
ein von dem ersten Datenverarbeitungsgerät (3)
separater, lokaler Datenverarbeitungsbaustein an
dem Anzeigegerät ist."
V. Anspruch 1 von Hilfsantrag I lautet wie folgt:
"Empfangseinrichtung (2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9) mit einem ersten Eingangskanal zum Empfangen von einem Ereignisdatenstrom (Ü1, Ü2) enthaltend mehrere
Bild- und Tonsequenzen mehrerer Ereignisse (A, B, C, D, E, F) sowie einem zweiten Eingangskanal zum Empfangen von Ergänzungsdaten (D) mit Zusatzinformationen betreffend die Ereignisse; und
- mit mehreren Anzeigegeräten (5, 6, 7) zum Wiedergeben der Bild- und Tonsequenzen des Ereignisdatenstroms und der Ergänzungsdaten mit Zusatzinformationen, gekennzeichnet durch
- mehrere Filter (8) zum Filtern [von] Bild- und Tonsequenzen betreffend eines Ereignisses aus dem Ereignisdatenstrom zum Wiedergeben auf den Anzeigegeräten (5, 6, 7) anhand von Markierungsdaten, mit denen die Bild- und Tonsequenzen kodiert sind, wobei die mehreren Filter (8) jeweils eines [sic] von den mehreren Anzeigegeräten (5, 6, 7) zugeordnet sind;
- wobei die Filter (8) zum Erkennen des Starts und Endes einer Bild und Tonsequenz des Ereignisdatenstromes (Ü1, Ü2) ausgebildet sind; und
- eine Datenverknüpfungsvorrichtung (9a) zum Empfangen der Ergänzungsdaten mit Zusatzinformationen über den weiteren Empfangskanal, wobei eine gemeinsame, aufeinander abgestimmte Anzeige der Ergänzungsdaten mit Zusatzinformationen und der mittels der Filter (8) gefilterten Bild- und Tonsequenzen des Ereignisdatenstromes betreffend dasselbe Ereignis auf den Anzeigegeräten (5, 6, 7) vornehmbar ist."
VI. Anspruch 1 von Hilfsantrag Ia beruht auf Anspruch 1 des Hauptantrags mit den folgenden Änderungen im Merkmal 1:
1. "Empfangseinrichtung (2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9) mit einem ersten Eingangskanal zum Empfangen von einem Ereignisdatenstrom (Ü1, Ü2) enthaltend mehrere Bild- und Tonsequenzen mehrerer Ereignisse (A, B, C, D, E, F) von einer Sendeeinrichtung sowie einem zweiten Eingangskanal zum Empfangen von Ergänzungsdaten (D) mit Zusatzinformationen betreffend die Ereignisse der Sendeeinrichtung[deleted: ;] und".
VII. Anspruch 1 von Hilfsantrag II beruht auf Anspruch 1 des Hauptantrags mit der Streichung der Merkmale 1.4 und 1.5 sowie den folgenden zusätzlichen Merkmalen:
1.5' "einer Datenverknüpfungsvorrichtung (9a) zum
Empfangen der Ergänzungsdaten mit
Zusatzinformationen über den weiteren
Empfangskanal, wobei eine gemeinsame, aufeinander abgestimmte Anzeige der Ergänzungsdaten mit Zusatzinformationen und der mittels des Filters (8) gefilterten Bild- und Tonsequenzen des Ereignisdatenstromes betreffend dasselbe Ereignis auf dem Anzeigegerät vornehmbar ist, und wobei
1.6 eine Zeitsteuervorrichtung (9b) vorgesehen und
derart ausgebildet ist, dass
1.7 die Anzeige der Ergänzungsdaten mit
Zusatzinformationen zu einem Ereignis (A-F) auf
dem Anzeigegerät (5, 6, 7) von der
Zeitsteuervorrichtung in Abhängigkeit der
Verschiebung des Anfangszeitpunkts der
Übertragung der zu den Ergänzungsdaten mit
Zusatzinformationen zugehörigen Bild- und
Tonsequenzen des Ereignisdatenstroms (Ü1, Ü2)
und/oder in Abhängigkeit der Länge einer Lücke
zwischen den Übertragungen der Bild- und
Tonsequenzen zu zwei Ereignissen gesteuert wird
derart, dass
1.8 eine zeitliche Lücke zwischen der Übertragung
der Bild- und Tonsequenzen zweier Ereignisse im
Wesentlichen vollständig mit der
Übertragung/Anzeige der Ergänzungsdaten mit
Zusatzinformationen zu zumindest einem der
beiden genannten Ereignisse gefüllt wird."
VIII. Anspruch 1 von Hilfsantrag IIa enthält die Merkmale von Anspruch 1 von Hilfsantrag II mit den folgenden Änderungen (Zusätze unterstrichen, Weglassungen durchgestrichen):
1. "Empfangseinrichtung (2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9) mit
einem ersten Eingangskanal zum Empfangen von einem Ereignisdatenstrom (Ü1, Ü2) enthaltend mehrere Bild- und Tonsequenzen mehrerer Ereignisse (A, B, C, D, E, F) sowie einem zweiten Eingangskanal zum Empfangen von Ergänzungsdaten (D) mit Zusatzinformationen betreffend die mehreren Ereignisse; und
1.1 mit einem Anzeigegerät (5, 6, 7) zum Wiedergeben der Bild- und Tonsequenzen des Ereignisdatenstroms und der Ergänzungsdaten mit Zusatzinformationen, gekennzeichnet durch
1.2 einen Filter (8) zum Filtern [von] Bild- und Tonsequenzen betreffend ein[deleted: es] bestimmtes Ereignis[deleted: ses] aus dem Ereignisdatenstrom zum Wiedergeben auf dem Anzeigegerät anhand von Markierungsdaten, mit denen die Bild- und Tonsequenzen kodiert sind;
1.3 wobei der Filter (8) zum Erkennen des Starts und Endes einer Bild- und Tonsequenz des Ereignisdatenstromes (Ü1, Ü2) ausgebildet ist; und
1.5' einer Datenverknüpfungsvorrichtung (9a) zum
Empfangen der Ergänzungsdaten mit
Zusatzinformationen über den zweiten [deleted: weiteren]
Empfangskanal und Zusammenführen der
Ergänzungsdaten, die zu dem genannten einen
bestimmten Ereignis gehören, mit den
herausgefilterten Bild- und Tonsequenzen
betreffend dieses eine bestimmte Ereignis
anhand von Markierungsdaten, mit denen die
über den zweiten Eingangskanal empfangenen
Ergänzungsdaten kodiert sind, wobei eine
gemeinsame, aufeinander abgestimmte Anzeige
der Ergänzungsdaten mit Zusatzinformationen
und der mittels des Filters (8) gefilterten
Bild- und Tonsequenzen des
Ereignisdatenstromes betreffend dasselbe
Ereignis auf dem Anzeigegerät vornehmbar ist,
und wobei
1.6 eine Zeitsteuervorrichtung (9b) vorgesehen
und derart ausgebildet ist, dass
1.7 die Anzeige der Ergänzungsdaten mit
Zusatzinformationen zu einem Ereignis (A-F) auf dem Anzeigegerät (5, 6, 7) von der Zeitsteuervorrichtung in Abhängigkeit der Verschiebung des Anfangszeitpunkts der Übertragung der zu den Ergänzungsdaten mit Zusatzinformationen zugehörigen Bild- und Tonsequenzen des Ereignisdatenstroms (Ü1, Ü2) und[deleted: /oder] in Abhängigkeit der Länge einer Lücke zwischen den Übertragungen der Bild- und Tonsequenzen zu zwei Ereignissen gesteuert wird derart, dass
1.8 eine zeitliche Lücke zwischen der Übertragung der Bild- und Tonsequenzen zweier Ereignisse im Wesentlichen vollständig mit der Übertragung/Anzeige der Ergänzungsdaten mit Zusatzinformationen zu zumindest einem der beiden genannten Ereignisse gefüllt wird."
IX. Anspruch 1 von Hilfsantrag IIb basiert auf Anspruch 1 von Hilfsantrag IIa mit denselben Änderungen in Merkmal 1 wie Anspruch 1 von Hilfsantrag Ia, wobei zusätzlich vor der zweiten Erwähnung der "Ereignisse der Sendeeinrichtung" das Wort "mehreren" eingefügt wurde.
X. Anspruch 1 von Hilfsantrag III enthält die Merkmale von Anspruch 1 von Hilfsantrag I sowie die Merkmale 1.6 bis 1.8 von Hilfsantrag II, wobei der Bezug "auf dem Anzeigegerät (5, 6, 7)" in Merkmal 1.7 in "auf den[deleted: m] Anzeigegeräten (5, 6, 7)" geändert wurde.
XI. Die Hilfsanträge II', IIa', IIb' und III' basieren auf den Hilfsanträgen II, IIa, IIb und III, wobei in den Merkmalen 1.6 und 1.7 das Wort "empfangsseitige", bzw. "empfangsseitigen" vor "Zeitsteuervorrichtung" eingefügt wurde.
Entscheidungsgründe
1. Die Anmeldung
Die vorliegende Anmeldung betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Übertragung von Bild- und Tonsequenzen, beispielsweise eines Live Sport- oder Unterhaltungsereignisses, auf ein Anzeigegerät oder ein daran anschließbares Datenverarbeitungsgerät. Die übertragenen Daten umfassen "Ergänzungsdaten" zur optischen oder akustischen Anzeige von Zusatzinformationen betreffend das Ereignis, beispielsweise Wettquoten bei Sportereignissen, die einer Vorbereitung vor der eigentlichen
Live-Übertragung bzw. einer Nachbereitung nach der eigentlichen Live-Übertragung bedürfen.
Ein Ziel dieser Übertragungsverfahren ist die optimale Nutzung der verfügbaren Bandbreite. Neben der effizienten Übertragung der Zusatzinformationen ergeben sich Probleme bei der Nutzung der maximal zur Verfügung stehenden Bandbreite, wenn die zu übertragenden Ereignisse einander überlappen oder umgekehrt nicht nahtlos aneinander anschließen, so dass ein Leerlauf zwischen den Ereignissen entsteht (siehe Seiten 1 und 2 der Anmeldung wie veröffentlicht). Entsprechend der vorliegenden Anmeldung werden die zu übertragenden Ereignisdaten in verschiedene Datengruppen zerlegt und nach erforderlicher Bandbreite auf mehrere Übertragungskanäle unterschiedlicher Bandbreite aufgeteilt, um sie dann lokal am Ziel der Übertragungsstrecke mittels einer Empfangs- und Datenverarbeitungseinrichtung wieder so zusammen zu setzen, dass sie miteinander bzw. in vorgegebener Abfolge relativ zueinander auf einem Anzeigegerät angezeigt werden können. Um eine Live-Übertragung der Bild- und Tonsequenzen eines Ereignisses an nahezu beliebige Punkte auf der Erde zu ermöglichen, wird ein Übertragungskanal höherer Bandbreite zur Übertragung der Bild- und Tondaten der Fernsehsequenz, z. B. ein Satellitenübertragungskanal, verwendet, während für die Ergänzungsdaten ein Übertragungskanal niedriger Bandbreite, beispielsweise ein terrestrischer Übertragungskanal wie ein Kabelkanal oder eine Internetverbindung eingesetzt wird (siehe Seiten 3 und 4 der Anmeldung).
Um nun die über verschiedene Kanäle und zu unterschiedlichen Zeiten übertragenen Bild- und Tonsequenzen einerseits und die Ergänzungsdaten andererseits an dem Anzeigegerät zusammenzusetzen, werden die Daten senderseitig mit "Markierungsdaten" gekennzeichnet, welche dann empfängerseitig aus den Bild- und Tonsequenzen herausgefiltert werden. Anschließend können die Daten über eine Datenverknüpfungsvorrichtung wieder zusammengeführt und angezeigt werden. Gemäß der Anmeldung kann auch die Zeitdauer der Übertragung oder die Anzeige der Ergänzungsdaten zu einem Ereignis in Abhängigkeit einer Verschiebung des Anfangszeitpunkts der Übertragung der Bildsequenzen eines Ereignisses oder in Abhängigkeit der Länge einer Lücke zwischen den Übertragungen der Bildsequenzen zu zwei Ereignissen variiert werden. Ergibt sich beispielsweise eine Verzögerung des Startbeginns eines Ereignisses, werden die Ergänzungsdaten zu diesem verzögerten Ereignis oder die zum vorhergehenden Ereignis gehörigen Ergänzungsdaten länger bereitgestellt (siehe Seite 5, letzter Absatz bis Seite 7, erster Absatz und Seite 10, erster Absatz der Anmeldung).
2. Hauptantrag, Neuheit - Artikel 54 EPÜ
2.1 Dokument D7 offenbart wie die vorliegende Anmeldung eine Empfangseinrichtung mit einem ersten und zweiten Eingangskanal entsprechend Merkmal 1 von Anspruch 1 (Seite 3, Zeilen 10 bis 23; Seite 6, Zeilen 1 bis 8; Seite 32, Zeilen 17 bis 25; Seite 37, Zeilen 20 bis 26). Zudem weist D7 ein Anzeigegerät zum Wiedergeben der Bild- und Tonsequenzen des Ereignisdatenstroms und der Ergänzungsdaten auf (Figur 1: 165 und Seite 14, Zeilen 21 und 22) und einen Filter zum Filtern der Bild- und Tonsequenzen entsprechend der Merkmale 1.2 und 1.3 (Figur 5 und Seite 10, Zeilen 14 bis 17; Seite 12, Zeilen 14 bis 25; Seite 15, Zeilen 5 bis 9; Seite 20, Zeilen 19 bis 21; Seite 28, Zeile 12 bis Seite 31, Zeile 4; Seite 38, Zeilen 16 bis 20).
Darüber hinaus zeigt Dokument D7 ein erstes Datenverarbeitungsgerät ("decompressor/decoder 215"), das die empfangenen Bild- und Tonsequenzen mehrerer Ereignisse an das Anzeigegerät weiterleitet bzw. verteilt (Seite 26, Zeilen 4 bis 11) und ein zweites Datenverarbeitungsgerät mit einer Datenverknüpfungsvorrichtung ("processor and software") zum Empfangen der Ergänzungsdaten mit Zusatzinformationen über den weiteren Empfangskanal (Seite 28, Zeilen 17 to 19 und Seite 33, Zeilen 12 bis 15), wobei eine gemeinsame, aufeinander abgestimmte Anzeige der Ergänzungsdaten mit Zusatzinformationen und der mittels des Filters gefilterten Bild- und Tonsequenzen des Ereignisdatenstromes betreffend dasselbe Ereignis auf dem Anzeigegerät vornehmbar ist (Seite 19, Zeile 23 bis Seite 20, Zeile 11). Das zweite Datenverarbeitungsgerät ist ein von dem ersten Datenverarbeitungsgerät separater, lokaler Datenverarbeitungsbaustein an dem Anzeigegerät im Sinne von Merkmal 1.5 (Seite 33, Zeilen 3 und 4 und Seite 33, Zeile 21 bis Seite 34, Zeile 2).
2.2 Die Beschwerdeführerin bestreitet, dass Merkmal 1.3 von Anspruch 1 aus D7 bekannt sei. Nach Merkmal 1.3 müsse der empfangsseitige Filter nicht nur den Start, sondern auch das Ende einer Sequenz feststellen können. So werde nach einem "Trigger Point" von D7 ein auf die Präferenzen des jeweiligen Betrachters abgestimmter Bild- und/oder Audioinhalt eingespielt, der zum Zeitpunkt ts (siehe Figur 5) ende. Anschließend werde wieder auf das Standardprogramm zurückgeschaltet (siehe Seite 31, Zeilen 2 bis 4). Das Ende einer solchen
Bild- und Tonsequenz sei aber nicht wie der Anfang durch einen "Trigger Point" gekennzeichnet, sodass es auch nicht durch ein Filter erkannt werden könne. Im Hinblick auf die Passage auf Seite 39, Zeilen 7 und 8 von D7 argumentierte die Beschwerdeführerin, dass das Ende eines "Frage-und-Antwort-Spiels" nicht mit dem Ende einer Ton- und Bildaufzeichnung des "Ereignisdatenstroms" gleichgesetzt werden könne. Das in D7 offenbarte interaktive Spiel lasse keinen Rückschluss zu, wie der Beginn oder das Ende der
Live-Übertragung erkannt werden könne, da das
"Frage-und-Antwort-Spiel" während der Live-Übertragung durchgeführt werde.
2.3 Die Kammer ist von diesen Argumenten nicht überzeugt. D7 offenbart explizit, dass durch die jeweiligen Trigger-Punkte Startpunkte einer Bild- und Tonsequenz gekennzeichnet werden. Strittig ist, ob auch ein Ende einer Bild- und Tonsequenz durch den empfangsseitigen Filter erkannt wird. D7 bezieht sich wie die vorliegende Anmeldung auf die "nahtlose" Umschaltung zwischen den Übertragungskanälen (siehe Seite 23, Zeilen 4 bis 14; Seite 24, Zeilen 17 bis 20; Seite 27, Zeilen 2 bis 6 und Seite 37, Zeilen 27 und 28). Eine solche nahtlose Umschaltung setzt aber notwendigerweise voraus, dass neben dem Beginn auch das Ende einer Bild- und Tonsequenz erkannt wird. Zudem weist D7 direkt auf die Präsentation einer Grafik am Ende eines Spiels hin (siehe Seite 39, Zeilen 7 und 8: "At the end of the game, the interactive program preferably presents a graphic showing the viewer point total ..."). Dies bedingt notwendigerweise und damit implizit die Erkennung eines Endes des Spiels, welches als Ende einer Bild- und Tonsequenz detektiert werden muss. Merkmal 1.3 wird daher auch in D7 gezeigt.
2.4 Da somit alle Merkmale von Anspruch 1 des Hauptantrags in D7 offenbart werden, ist der Gegenstand dieses Anspruchs nicht neu (Artikel 54 EPÜ).
3. Hilfsantrag I, Neuheit - Artikel 54 EPÜ
3.1 Anspruch 1 von Hilfsantrag I unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hauptantrags dadurch, dass das erste und zweite Datenverarbeitungsgerät aus dem Anspruch gestrichen wurde (d. h. Merkmale 1.4 und 1.5), während mehrere Filter und mehrere zugeordnete Anzeigegeräte in den Anspruch aufgenommen wurden.
3.2 Die Kammer stimmt mit der angefochtenen Entscheidung überein, dass die zusätzlichen Merkmale in D7 auf Seite 40, Zeile 11 bis Seite 41, Zeile 2 offenbart werden. Demnach sind mehrere "Set-top Boxen" mit Anzeigegeräten vorgesehen, woraus sich unmittelbar und eindeutig die Offenbarung mehrerer Filter mit zugeordneten Anzeigegeräten ergibt.
3.3 Damit wird auch der Gegenstand von Anspruch 1 von Hilfsantrag I durch D7 vorweggenommen (Artikel 54 EPÜ).
4. Hilfsantrag Ia, Neuheit - Artikel 54 EPÜ
4.1 Anspruch 1 von Hilfsantrag Ia basiert auf Anspruch 1 des Hauptantrags und spezifiziert ferner, dass sowohl der erste Eingangskanal als auch der zweite Eingangskanal Informationen enthalten, die beide von derselben Sendeeinrichtung stammen.
4.2 D7 offenbart jedoch bereits, dass die Bild- und Tonsequenzen mehrerer Ereignisse von einer (im Sinne von derselben) Sendeeinrichtung stammen (siehe Figur 1, Kameras 100, Ansichten aus verschiedenen Kamerawinkeln und Seite 3, Zeilen 10 bis 13 sowie Seite 37, Zeilen 21 bis 23).
4.3 Damit ist auch der Gegenstand von Anspruch 1 von Hilfsantrag Ia nicht neu im Hinblick auf D7 (Artikel 54 EPÜ).
5. Hilfsantrag II, erfinderische Tätigkeit - Artikel 56 EPÜ
5.1 Der Gegenstand von Anspruch 1 von Hilfsantrag II unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hauptantrags durch die Merkmale 1.5' sowie 1.6 bis 1.8.
5.2 Das Merkmal 1.5' ist in Merkmal 1.5 des Hauptantrags enthalten und daher wie Merkmal 1.5 aus D7 bekannt (siehe Punkte IV., VII. und 2.1 oben). Eine Zeitsteuervorrichtung entsprechend der Merkmale 1.6 bis 1.8 wird hingegen nicht in D7 gezeigt. Anspruch 1 von Hilfsantrag II unterscheidet sich daher in den Merkmalen 1.6 bis 1.8 von D7.
5.3 Entsprechend der angefochtenen Entscheidung besteht ausgehend von D7 die zu lösende objektive Aufgabe darin, "eine Lücke ohne sinnvolle Daten zu vermeiden" (Gründe 3.3). Nach Ansicht der Prüfungsabteilung wäre es für die Fachperson zur Lösung dieser Aufgabe naheliegend, heruntergeladene Webseiten etwas länger anzuzeigen (siehe D7, Seite 28, Zeilen 17 bis 19). Optional könnten - wenn die Lücke länger dauere - alternative Ergänzungsdaten angezeigt werden (D7, Seite 29, Zeilen 14 bis 23).
5.4 Die Beschwerdeführerin brachte diesbezüglich vor, dass die Argumente der Prüfungsabteilung von einer rückschauenden Betrachtung ausgingen, da es keinen Anlass für die Fachperson gebe, "eine Lücke ohne sinnvolle Daten zu füllen". Zum einen stünden dem Empfänger in D7 keine Informationen darüber zur Verfügung, ob oder wann eine Lücke vorliege. Damit hätte die Fachperson keinen Anlass, eine Lücke in naheliegender Art und Weise zu vermeiden. Zum anderen werde in D7 nirgends offenbart, dass die aus dem Internet bezogenen Ergänzungsdaten zur Überbrückung zwischen zwei Live-Ereignissen auf dem Anzeigegerät des Nutzers wiedergegeben werden. Stattdessen würden gemäß D7 interaktive Ereignisse während des Sport-Events eingeblendet (siehe Seite 28, Zeilen 16 bis 19). Bei Ende der Übertragung eines Live-Events, verliere auch das zugeordnete Steuerstudio die Programmhoheit, so dass eine Lücke bis zum Start des nächsten Live-Events auch nicht in irgendeiner Art und Weise überbrückt werden könne. Die Beschwerdeführerin sah die objektive technische Aufgabe darin, während der Lücken zwischen verschiedenen Ereignissen weiterhin Zusatzinformation zu übertragen. Die Aufgabe werde empfangsseitig durch das beanspruchte Empfangsgerät gelöst.
5.5 Nach ständiger Rechtsprechung der Kammern sollte die Formulierung der technischen Aufgabe nicht auf Sachverhalte Bezug nehmen, von denen die Fachperson nur aufgrund der nun beanspruchten Lösung Kenntnis erlangen konnte. Dieser Grundsatz gilt jedoch nach dem etablierten COMVIK-Ansatz nur für die Aspekte des beanspruchten Gegenstands, die zum technischen Charakter der Erfindung beitragen und somit Teil der technischen Lösung sind (siehe z. B. T 641/00, Gründe 7).
5.6 Im vorliegenden Fall sieht die Kammer das Füllen einer sich ergebenden Lücke zwischen zwei TV-Live-Ereignissen - beispielsweise bei einer Verschiebung des Anfangszeitpunkts einer Übertragung - nicht als eine technische Aufgabe an. Durch das Füllen der Lücke wird lediglich die subjektive Nutzerzufriedenheit gesteigert. Die Verbesserung der Nutzerzufriedenheit z. B. bei einer TV-Live-Übertragung ist im Allgemeinen eine nicht-technische, administrative Aufgabe, für die üblicherweise ein TV-Stationsmanager als Fachperson zuständig ist. Die Automatisierung dieser Tätigkeit und die technische Ausgestaltung mit einer empfangsseitig vorgesehenen Zeitsteuerung ist jedoch als Teil einer technischen Lösung zu werten.
5.7 Gemäß dieser Aufteilung in nicht-technische und technische Aspekte der beanspruchten Lösung kann der Aspekt der "Nutzung einer Programmlücke zur Anzeige von subjektiv interessanten Daten" in die Aufgabenstellung übernommen werden (vgl. T 641/00, Leitsatz 2). Die Kammer stimmt daher mit der Formulierung der objektiven technischen Aufgabe in der angefochtenen Entscheidung weitgehend überein. Die objektive technische Aufgabe besteht somit darin, eine technische Lösung anzugeben, wie eine Programmlücke zwischen zwei Ereignissen zur Anzeige von subjektiv interessanten Daten genutzt werden kann.
5.8 Konkret besteht der technische Teil der Lösung darin, eine empfängerseitige Zeitsteuerung vorzusehen, die eine Programmlücke zwischen zwei Ereignissen vollständig mit der Übertragung/Anzeige der Ergänzungsdaten mit Zusatzinformationen zu zumindest einem der beiden genannten Ereignisse füllt.
5.9 D7 zeigt die empfängerseitige, automatische Einblendung von Zusatzinformationen an festgelegten Trigger-Punkten eines Ereignisses, welche beispielsweise das Ende eines Spiels kennzeichnen (Seite 12, Zeilen 14 bis 21; Seite 28, Zeilen 12 bis 22; Seite 31, Zeilen 17 bis 20; Seite 39, Zeilen 7 und 8). Zudem weist D7 explizit darauf hin, dass Zusatzdaten zu geeigneten Zeitpunkten im Programm dargestellt werden sollten, so dass Kollisionen mit der unterbrochenen Bild- und Tonsequenz vermieden werden (siehe Seite 29, Zeilen 14 bis 18). Wenn die Fachperson also vor die Aufgabe gestellt würde, eine technische Lösung zur Nutzung einer Programmlücke zwischen zwei Ereignissen für die Anzeige von subjektiv interessanten Daten anzugeben, wäre es ausgehend von D7 naheliegend, heruntergeladene Webseiten länger anzuzeigen oder alternative Ergänzungsdaten anzuzeigen, d. h. die Programmlücke empfängerseitig mit Ergänzungsdaten zu füllen. Weitere technische Details der Zeitsteuerung werden weder im Anspruch noch in der Beschreibung genannt.
5.10 Damit ergibt sich der Gegenstand von Anspruch 1 von Hilfsantrag II in naheliegender Weise aus D7 und dem allgemeinen Fachwissen. Der Gegenstand dieses Anspruchs beruht daher nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ).
6. Hilfsantrag IIa, erfinderische Tätigkeit - Artikel 56 EPÜ
6.1 Anspruch 1 von Hilfsantrag IIa beruht auf Anspruch 1 von Hilfsantrag II, wobei zusätzlich spezifiziert wird, dass auch die Ergänzungsdaten mit Markierungsdaten codiert sind und die einem jeweiligen Ereignis zugehörigen Ergänzungsdaten anhand der Markierungsdaten aus dem am zweiten Eingangskanal eingehenden Datenstrom gefiltert und mit den Bild- und Tonsequenzen desselben Ereignisses zusammengeführt werden.
6.2 D7 offenbart jedoch ebenfalls einen zweiten Eingangskanal zum Empfangen von Ergänzungsdaten mit Zusatzinformationen, welcher beispielsweise über das Internet realisiert wird (D7, Seite 32, Zeilen 23 bis 25) oder wie oben dargestellt über einen separaten Empfangskanal mit Trigger-Punkten, welche den Markierungsdaten von Anspruch 1 entsprechen (Seite 19, Zeile 23 bis Seite 20, Zeile 21 und Seite 30, Zeilen 6 bis 15). Dabei werden die Ergänzungsdaten mit Markierungsdaten kodiert und mit den Bild- und Tonsequenzen zusammengeführt (siehe beispielsweise Seite 20, Zeilen 8 bis 11 und 19 bis 21).
6.3 Die Beschwerdeführerin brachte vor, dass die Empfangseinrichtung gemäß der vorliegenden Anmeldung dazu ausgebildet sei, über den zweiten Eingangskanal einen nur temporär verfügbaren Datenstrom zu empfangen. Anhand der Markierungsdaten könne folglich die Datenverknüpfungsvorrichtung die zu einem bestimmten Ereignis gehörigen Ergänzungsdaten aus dem am zweiten Eingangskanal empfangenen Datenstrom filtern. Adressierungsdaten eines Internet-Datenpakets seien hingegen nicht geeignet, in ihrem Nutzdatenbereich übertragene Ergänzungsdaten mit den herausgefilterten Bild- und Tonsequenzen betreffend das bestimmte Ereignis zusammenzuführen.
6.4 Die Kammer ist anderer Ansicht. Anspruch 1 ist zwar zu entnehmen, dass die Zusammenführung der herausgefilterten Bild- und Tonsequenzen mit den zugehörigen Ergänzungsdaten anhand der Markierungsdaten erfolgt. Dies schließt jedoch die Verwendung von Adressierungsdaten eines Internet-Datenpakets als Markierungsdaten nicht aus. Zudem wird darauf hingewiesen, dass in D7 auch nur temporär verfügbare Ergänzungsdaten offenbart werden (siehe die in Punkt 6.2 oben genannten Passagen).
6.5 Die zusätzlichen Merkmale von Anspruch 1 von Hilfsantrag IIa sind daher aus D7 bekannt. Der Gegenstand von Anspruch 1 beruht daher aus denselben Gründen wie Anspruch 1 von Hilfsantrag II nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ).
7. Hilfsantrag IIb, erfinderische Tätigkeit - Artikel 56 EPÜ
7.1 Anspruch 1 von Hilfsantrag IIb entspricht im Wesentlichen Anspruch 1 von Hilfsantrag IIa, und spezifiziert weiter, dass sowohl der erste Eingangskanal als auch der zweite Eingangskanal Informationen enthalten, die beide von derselben Sendeeinrichtung stammen.
7.2 Dieses Merkmal ist, wie bereits hinsichtlich Anspruch 1 von Hilfsantrag Ia dargelegt wurde (siehe Punkt 4. oben), aus D7 bekannt. Der Gegenstand von Anspruch 1 beruht daher aus denselben Gründen wie Anspruch 1 von Hilfsantrag IIa nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ).
8. Hilfsantrag III, erfinderische Tätigkeit - Artikel 56 EPÜ
8.1 Anspruch 1 von Hilfsantrag III kombiniert die Merkmale von Anspruch 1 von Hilfsantrag I ("mehrere Filter" und "Anzeigegeräte") sowie die auf die Zeitsteuerung bezogenen Merkmale 1.6 bis 1.8 von Hilfsantrag II.
8.2 Die Argumentation und folglich auch die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit ändert sich durch die Kombination der Empfangseinrichtung mit mehreren Anzeigegeräten und Filtern im Vergleich zu derjenigen bezüglich Hilfsantrag II nicht.
8.3 Daher beruht auch der Gegenstand von Anspruch 1 von Hilfsantrag III nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ).
9. Hilfsanträge II', IIa', IIb' und III'- erfinderische Tätigkeit - Artikel 56 EPÜ
9.1 Diese Hilfsanträge beruhen auf den Hilfsanträgen II, IIa, IIb und III. Sie wurden lediglich dahingehend geändert, dass zur Klarstellung und Unterscheidung gegenüber der "senderseitigen Zeitsteuervorrichtung" auf eine "empfangsseitige Zeitsteuervorrichtung" Bezug genommen wird. Die Kammer hat diese Auslegung jedoch bereits ihrer Beurteilung der Hilfsanträge II, IIa, IIb und III zugrunde gelegt (siehe beispielsweise Punkt 5.8 oben).
9.2 Damit ist die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit zu den Hilfsanträgen II, IIa, IIb und III auch auf die Hilfsanträge II', IIa', IIb' und III' anwendbar.
9.3 Der Gegenstand der Ansprüche 1 von Hilfsantrag II', IIa', IIb' und III' beruht daher ebenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ).
10. Schlussfolgerung
Da keiner der vorliegenden Anträge der Beschwerdeführerin gewährbar ist, ist die Beschwerde zurückzuweisen.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.