T 0584/88 03-04-1989
Téléchargement et informations complémentaires:
Antischnarchmittel sowie Verfahren zur Bekämpfung des Schnarchphänomens
ordnungsgem. Besetzung d.Prüfungsabt. bejaht
Herstellungsverwendungsanspr. neben Verwend.anspr.
für ein Antischnarchmittel
Due composition of the exam.division (yes);
manufacture-use claim in addition to a use claim
in addition to a use claim for an anti-snoring agent
Sachverhalt und Anträge
I. Die am 10. Mai 1984 mit zwei deutschen Prioritäten je vom 13. Mai 1983 angemeldete und am 21. November 1984 veröffentlichte europäische Patentanmeldung 84 105 287.1 (Veröffentlichungsnummer 125 634) wurde von der Prüfungsabteilung 001 zurückgewiesen. Das in der Amtsakte befindliche, einer Akteneinsicht zugängliche Formular 2048.1 enthält die gedruckte Entscheidungsformel, den Datumsstempel "08.06.88" und die eigenhändigen Unterschriften aller drei Mitglieder der Prüfungsabteilung. Aus dem Datumsstempel der zugestellten mit Gründen versehenen Entscheidung ist ersichtlich, daß diese am 13. Juli 1988 zur Post gegeben wurde. Aus dem handschriftlichen Visum "R.Sp. 22.6.88" auf Seite 6 geht jedoch hervor, daß der 1. Prüfer, der mit Wirkung vom 1. Juli 1988 aus der Prüfungsabteilung ausschied, schon am 22. Juni 1988 von den Entscheidungsgründen zustimmend Kenntnis genommen hatte.
II. Die Zurückweisung erfolgte auf der Grundlage von 22 Patentansprüchen (Anspruch 1, eingereicht am 16. Dezember 1987, und Ansprüche 2 bis 22, eingereicht am 27. Oktober 1986). Die unabhängigen Ansprüche 1 und 4 lauteten, wie folgt:
"1. Verwendung einer sekretolytisch und/oder sekretoproduktiv wirkenden Substanz neben üblichen pharmazeutisch verträglichen Trägersubstanzen oder Streck-bzw. Verdünnungsmitteln zur Herstellung eines oral anwendbaren Mittels zur therapeutischen Behandlung des Schnarchens.
4. Verwendung von Bromhexin, Ambroxol, Eprazinon, Carbocistin und/oder einem Saponin zusammen mit üblichen pharmazeutisch verträglichen Streck- bzw. Verdünnungsmitteln zur Herstellung eines topisch im Nasen-/Rachenraum anwendbaren Antischnarchmittels."
Unter ausdrücklicher Anerkennung von Neuheit und erfinderischer Tätigkeit für Anspruch 1 und die von diesem abhängigen Ansprüche (Punkt 6, beginnend auf Seite 5) gegenüber dem Stand der Technik, insbesondere
(1) EP-A-53 754, (in der angefochteenen Entscheidung, Seite 1, falsch zitiert als EP-A-5 375), begründete die Prüfungsabteilung ihre Entscheidung mit fehlender Einheitlichkeit im Sinne von Art. 82 EPÜ zwischen Anspruch 1 einerseits und Anspruch 4 andererseits, wobei sie außerdem die erfinderische Tätigkeit für Anspruch 4 in Abrede stellte.
III. Gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung hat der Anmelder (Beschwerdeführer) am 6. September 1988 unter gleichzeitiger Entrichtung der vorgeschriebenen Gebühr Beschwerde erhoben und am 14. November 1988 eine Beschwerdebegründung zusammen mit einem neuen Satz Ansprüche eingereicht, der sich nicht mehr auf den Gegenstand des der Zurückweisung zugrundeliegenden Anspruchs 4 erstreckte.
IV. In Erwiderung eines Zwischenbescheides der Kammer legt der Beschwerdeführer am 6. März 1989 einen neuerlich überarbeiteten Anspruchssatz vor. Dieser besteht aus fünfzehn Ansprüchen, wovon die Ansprüche 1 und 15 unabhängig sind und nach Korrektur eines offensichtlichen Schreibfehlers in Zeile 3 von Anspruch 1 ("verträglichen") lauten, wie folgt:
"1. Verwendung einer sekretolytisch und/oder sekretoproduktiv wirkenden Substanz neben üblichen pharmazeutisch verträglichen Trägersubstanzen oder Streck-bzw. Verdünnungsmitteln zur Herstellung eines Mittels zur therapeutischen Behandlung gesundheitsschädigenden Schnarchens in einer oralen Verabreichungsform, die einen intensiven Kontakt des Wirkstoffes mit der Rachenschleimhaut ausschließt.
15. Verwendung einer sekretolytisch und/oder sekretoproduktiv wirkenden Substanz gegen störendes Schnarchen, in einer oralen Verabreichungsform, die einen intensiven Kontakt des Wirkstoffes mit der Rachenschleimhaut ausschließt."
Der Beschwerdeführer beantragt sinngemäß, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent auf der Grundlage der nunmehrigen Ansprüche und einer noch anzupassenden Beschreibung zu erteilen.
Entscheidungsgründe
1. Aus dem in Abschnitt I wiedergegebenen Sachverhalt ergibt sich, daß die Entscheidung über die Zurückweisung der Anmeldung von der Prüfungsabteilung am 8. Juni 1988 getroffen wurde und daß jedenfalls der aus der Prüfungsabteilung ausgeschiedene 1. Prüfer die mit Gründen versehene Entscheidung noch vor seinem Ausscheiden zustimmend zur Kenntnis genommen hatte. Unter diesen Umständen ist es unerheblich, an welchem genauen Datum die in der Prüfungsabteilung verbliebenen Prüfer ihre Zustimmung gaben; ebenso ist unerheblich, daß die mit Gründen versehene Entscheidung erst nach dem Ausscheiden des 1. Prüfers zur Post gegeben wurde. Die Entscheidung ist in ordnungsgemäßer Besetzung der Prüfungsabteilung zustandegekommen.
2. Die Beschwerde entspricht den Artikeln 106 bis 108 sowie Regel 64 EPÜ; sie ist daher zulässig.
3. Da die geltenden Ansprüche einen Gegenstand entsprechend Anspruch 4, wie er seinerzeit der Prüfungsabteilung vorlag, nicht mehr umfassen, müssen die Zurückweisungsgründe als ausgeräumt gelten, ohne daß untersucht zu werden braucht, ob und wie weit sie zu Recht bestanden.
Zu untersuchen ist lediglich, ob die jetzigen Patentansprüche den Bestimmungen des EPÜ genügen.
4. In formaler Hinsicht bestehen keine Bedenken gegen die geltenden Ansprüche:
4.1. Anspruch 1 ist ein "Herstellungsverwendungsanspruch" der von der Großen Beschwerdekammer für "zweite pharmazeutische Indikationen" gebilligten Fassung und entspricht im übrigen inhaltlich weitgehend dem ursprünglichen Anspruch 1. Die Qualifkation des zu behandelnden Schnarchens als "gesundheitsschädigend" stellt sicher, daß der Anspruch nur die Verwendung der angesprochenen Substanzen für die Herstellung solcher Mittel unter Schutz stellt, die der Behandlung krankhafter Symptome dienen. Die Beschränkung auf solche orale Verabreichungsformen, die einen intensiven Kontakt des Wirkstoffes mit der Rachenschleimhaut ausschließen, ist ihrer Natur nach ein Disclaimer, der die Neuheit gegenüber der bekannten topischen Behandlung der Rachenschleimhaut mit entsprechenden Wirkstoffen - ebenfalls zur Bekämpfung von Schnarchen -herstellen soll und als solcher auch ohne ausdrücklichen Anhaltspunkt in den Erstunterlagen zulässig ist.
4.2. Anspruch 2 entspricht dem ursprünglichen Anspruch 5.
4.3. Anspruch 3 findet seine Stütze im ursprünglichen Anspruch 4 in Verbindung mit Seite 5, Zeile 32, der Erstunterlagen.
4.4. Den Ansprüchen 4 bis 14 entsprechen die ursprünglichen Ansprüche 6 bis 16 mit der Maßgabe, daß im geltenden Anspruch 11 das Wort "Vitamin B" zu "Vitamin E" berichtigt werden muß, wie vom Vertreter des Beschwerdeführers am 21. März 1989 telefonisch bestätigt.
4.5. Anspruch 15 ist das Korrelat zu Anspruch 1, insofern es sich hier nicht wie dort um einen "Herstellungsverwendungsanspruch", sondern um einen gewöhnlichen Verwendungsanspruch handelt, wobei die Verwendung im Hinblick auf Art. 52 (4) EPÜ auf die Behandlung bloß störenden, also nicht krankhaften Schnarchens abgestellt ist, die demgemäß nicht als Verfahren zur therapeutischen Behandlung des menschlichen Körpers gelten kann.
Die Kammer läßt die Ansprüche 1 und 15 auf Grund der folgenden Erwägungen nebeneinander zu: Während Schnarchen gemeinhin als bloß störendes, aber nicht als krankhaftes Phänomen gilt, gibt es Stimmen in der medizinischen Fachwelt, die vor den gesundheitsschädigenden Auswirkungen jedenfalls häufigen, starken Schnarchens warnen; soweit solche tatsächlich auftreten könnten, handelte es sich bei der Bekämpfung des Schnarchens um eine vorbeugende therapeutische (prophylaktische) Maßnahme, andernfalls um eine solche, die sich am ehesten mit einer kosmetischen Behandlung des menschlichen Körpers vergleichen läßt. Eine Grenzziehung zwischen bloß störendem und gesundheitsschädigendem Schnarchen fällt schwer. Unter diesen Umständen hält es die Kammer für angemessen, in Anlehnung an die Entscheidungen T 36/83, "Thenoylperoxid/Roussel-Uclaf", ABl. EPA 1986, 295, und T 144/83, "Appetitzügler/ Dupont", ABl. EPA 1986, 301, beide Anspruchsformen nebeneinander zuzulassen.
5. Die Kammer sieht sich, nachdem Anspruch 1 im Verlaufe des Beschwerdeverfahrens noch schärfer vom Stand der Technik nach (1) abgegrenzt wurde, nicht veranlaßt, von der positiven Beurteilung seiner Neuheit und erfinderischen Tätigkeit durch die Prüfungsabteilung abzuweichen.
5.1. Nach (1) wird das Schnarchen bekämpft, indem ein Mittel - topisch - z. B. auf die Rachenschleimhaut aufgebracht wird (Seite 3, Absatz 2), das primär einen oberflächenaktiven Stoff, ein Konservierungsmittel und/oder eine auf den Schleimhäuten bakterizid oder fungizid wirkende Substanz und eine die Schleimhäute geschmeidigmachende Substanz enthält (Anspruch 1), daneben aber auch weitere schleimhautverträgliche Substanzen, wie Secretolytika, z. B. das - auch in Anspruch 2 der Streitanmeldung genannte -Acetylcystein enthalten kann (Seite 8, letzter Absatz; "Serolytika" ist ein Schreibfehler und soll - unstreitig -richtig "Secretolytika" heißen). Da der geltende Anspruch 1 nur noch die Verwendung der in Rede stehenden Substanzen zur Herstellung solcher oraler Verabreichungsformen umfaßt, die einen intensiven Kontakt des Wirkstoffes mit der Rachenschleimhaut ausschließen, also insbesondere feste orale Verabreichungsformen umfaßt, die normalerweise rasch verschluckt werden (vgl. den geltenden Anspruch 3) ist Neuheit gegeben.
5.2. Es ist auch in keiner Weise ersichtlich, wieso die Verwendung der Substanzen zur Herstellung von Antischnarchmitteln in oralen Verabreichungsformen durch die in (1) beschriebenen Mittel nahegelegt werden sollte, die einerseits Secretolytika nur als fakultativen Bestandteil neben vorwiegend anderen Komponenten enthalten und die andererseits ausschließlich im Hinblick auf eine topische Behandlung der Nasen- und Rachenschleimhaut zugerichtet sind. Eine eingehende Analyse nach Aufgabe und Lösung des Gegenstandes von Anspruch 1 erübrigt sich unter diesen Umständen.
6. Die abhängigen Ansprüche 2 bis 14 betreffen bevorzugte Ausführungsformen der Verwendung nach Anspruch 1 und werden von dessen Patentfähigkeit getragen.
7. Der Gegenstand von Anspruch 15 beruht auf dem gleichen Erfindungsgedanken wie derjenige des Anspruchs 1 und ist daher ebenfalls patentfähig.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Sache wird an die Prüfungsabteilung zurückverwiesen mit der Auflage, ein Patent auf der Grundlage folgender Unterlagen zu erteilen:
- Ansprüche 1 bis 15, eingegangen am 6. März 1989 mit der Maßgabe, daß in Anspruch 1, Zeile 3, "verträgliche" zu "verträglichen" und in Anspruch 11 das Wort "Vitamin B" zu "Vitamin E" berichtigt werden;
- noch anzupassende Beschreibung.