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T 0087/90 26-09-1991
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Vorrichtung an Druckmaschinen mit einer Lackvorrichtung zum Lackieren von Druckbögen
Public prior use proven - Inventive step (no) - Only
optimization
Öffentliche Vorbenutzung nachgewiesen - erfinderische
Tätigkeit (nein) - Bloße Optimierung
Sachverhalt und Anträge
I. Auf den Gegenstand der am 8. Februar 1984 eingereichten europäischen Patentanmeldung 84 101 260.2 ist am 8. Juli 1987 das vier Patentansprüche umfassende europäische Patent Nr. 0 121 675 erteilt worden, dessen einziger unabhängiger Anspruch 1 wie folgt lautet:
"1. Vorrichtung an Druckmaschinen mit einer Lackvorrichtung zum Lackieren von Druckbögen, insbesondere an Mehrfarbendruckmaschinen, bei der der Lack aus einem Lackbehälter über Walzen einem Lackauftragzylinder zuführbar ist, dadurch gekennzeichnet, daß bei Druckabstellung oder auf Grund eines Störsignales von einer der der Lackvorrichtung (1, 2, 3) vorgeschalteten Druckmaschinen ein einstellbarer Vorwahlzähler (5) ansteuerbar ist, durch den nach einstellbarer Zeit bzw. einstellbarem Maschinentakt eine Einrichtung zur Abstellung des Lacktransportes von dem Lackbehälter (6, 7, 8) zum Lackauftragzylinder (9, 10, 11) derart unterbrechbar ist, daß jeweils nach Unterbrechung der Lackzufuhr noch eine bestimmte vorwählbare Anzahl von Druckbögen (4.1) der Lackvorrichtung (1, 2, 3) zuführbar ist."
Die abhängigen Ansprüche 2 bis 4 beziehen sich auf besondere Ausführungsformen der Vorrichtung nach Anspruch 1.
II. Gegen das erteilte Patent wurden ursprünglich zwei Einsprüche eingelegt. Die Einsprechende I hat jedoch ihren Einspruch mit einem am 23. Dezember 1988 eingegangenen Schreiben noch vor Erlaß der Entscheidung der Einspruchsabteilung zurückgezogen.
Der zweite Einspruch, der von der jetzigen Beschwerdeführerin erhoben wurde, wurde unter anderem auf die Behauptung einer offenkundigen Vorbenutzung und auf die Druckschrift (D1) US-A-3 473 468 gestützt.
Die offenkundige Vorbenutzung soll darin bestanden haben, daß eine Bogenrotationsdruckmaschine der Beschwerdeführerin mit Lackierwerk RAPIDA SR III, Masch. Nr. 65700308, am 22. April 1982 von einem Herrn Breuer der Firma Offset-Gerhard Kaiser besichtigt worden sei, wobei ihm schriftliches Informationsmaterial überreicht worden sei. Als Beweismittel wurden dazu mit dem Einspruchsschriftsatz benannt und mit Kopien belegt:
(V1) Koenig und Bauer Besuchsbericht Stü/mo vom 5. Mai 1982;
(V2) Kurzbeschreibung Lackiereinheit für RAPIDA SR III (Koenig und Bauer);
(V3) Prospekt "KOEBAU RAPIDA SR III.
Außerdem wurde die Vernehmung eines Zeugen, Herrn Stück, zum Beweis der behaupteten Tatsachen angeboten.
Mit Schreiben vom 24. November 1988, eingegangen am 28. November 1988, wurde als weitere Vorbenutzungshandlung geltend gemacht, eine Bogenrotationsdruckmaschine SR III-4 mit Lackierwerk, wie in dem Beweismittel (V2) beschrieben, sei u. a. zwei Herren der Firma Collins, Glasgow, am 16. April 1982 bei der Firma Albert-Frankenthal zur Verfügung gestellt worden, um Tests mit eigenem Papier und Lack durchführen zu können. Am 29. April 1982 sei der Firma K.S. Paul (Koenig & Bauer-Vertretung in Großbritannien) ein Angebot über eine SR III-4 mit Lackierwerk für Collins, Glasgow, übersandt und nachfolgend der Fa. Collins ohne Geheimhaltungsverpflichtung unterbreitet worden. Als Beweismittel wurden dazu in Kopie eingereicht:
(V4) Telefonnotiz vom 19. April 1982 über den Besuch der Herren der Firma Collins bei Albert in Frankenthal;
(V5) Vorlage für ein Fernschreiben an die Firma K.S. Paul mit Datum vom 29. April 1982 und
(V6) Telefonnotiz vom 16. Juli 1982 über Verkaufsverhandlungen zwischen der Firma K.S. Paul und der Firma Collins am 15. Juli 1982.
Ferner wurde die Einvernahme eines weiteren Zeugen, Herrn Künzel, über diesen Sachverhalt angeboten.
III. Die Einspruchsabteilung hat mit Entscheidung vom 30. November 1989 den Einspruch zurückgewiesen, da sie der Auffassung war, daß der Gegenstand des Streitpatents gegenüber den Einspruchsvorbringen neu sei und auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.
Die Einspruchsabteilung hat allein schon aufgrund der schriftlichen Vorbringen als bewiesen angesehen, daß eine Vorrichtung, wie sie im Beweismittel (V2) beschrieben ist, offenkundig vorbenutzt wurde. Sie war jedoch der Auffassung, der sachliche Inhalt des schriftlichen Beweismittels (V2) spreche dagegen, daß der Fachmann aus dieser offenkundigen Vorbenutzung eine Anregung, die zum Gegenstand des Streitpatents führen würde, hätte entnehmen können. Auch hätten weder die Druckschrift (D1) noch die anderen Entgegenhaltungen eine Anregung in dieser Hinsicht vermittelt.
IV. Die Beschwerdeführerin legte gegen diese Entscheidung unter Entrichtung der vorgeschriebenen Gebühr am 1. Februar 1990 Beschwerde ein. Die Beschwerdebegründung wurde am 28. März 1990 eingereicht.
Die Beschwerdeführerin vertritt die Ansicht, die Einspruchsabteilung habe das Beweismittel (V2) in ihrer Entscheidung unvollständig zitiert und seinen sachlichen Gehalt falsch interpretiert. Dieses Beweismittel sage vielmehr deutlich aus, daß bei der offenkundig vorbenutzten Vorrichtung die Lackzufuhr zum Gummizylinder stets gleichzeitig mit der Abstellung des ersten Druckturms erfolgt sei. Die dann noch das Lackierwerk durchlaufenden ca. 6 Bögen genügten, um den Lack in ausreichender Weise vom Gummizylinder zu entfernen. Somit unterscheide sich der Gegenstand des Anspruchs 1 von der offenkundig vorbenutzten Vorrichtung nur durch das Merkmal "daß von einer der der Lackvorrichtung vorgeschalteten Druckmaschinen ein einstellbarer Vorwahlzähler ansteuerbar ist". Die Anregung hierzu erhalte der Durchschnittsfachmann aus der Druckschrift D1, deren Ziel es sei, eine Ansprechverzögerung zwischen einem Ausgangspunkt und einer Handlung vorzusehen, wobei das Maß der Ansprechverzögerung genau wie be dem Gegenstand des Streitpatents eingebbar sei.
V. Die Beschwerdegegnerin ist dem entgegengetreten und hat hierzu auf die Beurteilung durch die Einspruchsabteilung verwiesen.
VI. Am 18. März 1991 erließ die Kammer eine Entscheidung über eine Beweisaufnahme gemäß Regel 72 EPÜ.
Am 26. September 1991 fand eine mündliche Verhandlung vor der Kammer statt, in deren Rahmen über die geltend gemachten offenkundige Vorbenutzung Beweis erhoben wurde durch Vernehmung der Herren Henner Stück und Wolfgang Künzel als Zeugen. Bezüglich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll verwiesen.
VII. Die Beschwerdeführerin macht geltend, die Beweisaufnahme habe die offenkundige Vorbenutzung bestätigt, insbesondere sei den Zeugenaussagen zu entnehmen, daß keine Geheimhaltungsverpflichtung vorgelegen habe, so daß die von ihr vorgeführte Bogenoffsetmaschine des Typs "RAPIDA SR III" zum Stand der Technik gehöre.
Der Einsatz eines einstellbaren Vorwahlzählers sei, wie z. B. die Druckschrift (D1) zeige, zum kontrollierten An- und Herunterfahren von Druckmaschinen allgemein üblich, so daß sein Einsatz in dem vom Streitpatent vorgeschlagenen Rahmen eine routinemäßige Ermessensentscheidung unter Abwägung von Sicherheits- und Wirtschaftlichkeitsargumenten darstelle.
VIII. Die Beschwerdegegnerin hat diesem Vorbringen widersprochen und dazu im wesentlichen folgendes ausgeführt:
Es werde nicht bestritten, daß die geltend gemachten Vorführungen stattgefunden hätten und daß das oben unter (V2) und (V3) aufgeführte Informationsmaterial Herrn Breuer von der Firma Offset-Gerhard Kaiser überreicht worden sei. Die nicht einheitliche Wortwahl (Lackiereinheit -Lackierwerk) in dem Beweismittel (V2) deute daraufhin, daß es sich um ein internes, nicht zur Veröffentlichung bestimmtes Papier handle. Die Zeugeneinvernahme habe darüber hinaus erwiesen, daß es sich bei der im Werk Albert-Frankenthal vorgeführten Druckmaschine um einen Prototyp gehandelt habe. Somit sei davon auszugehen, daß bei Vorführungen Vertraulichkeit vereinbart worden sei, so daß die Maschine nicht offen- kundig geworden sei.
Aber selbst, wenn man davon ausgehe, daß die vorbenutzte Druckmaschine einen Stand der Technik in Bezug auf das Streitpatent bilde, von dem sich der Gegenstand des Anspruchs 1 dadurch unterscheide, daß von einer der der Lackvorrichtung vorgeschalteten Druckmaschinen ein einstellbarer Vorwahlzähler ansteuerbar ist, so beruhe dieser Unterschied jedoch auf einer erfinderischen Tätigkeit. Bei der Entwicklung der vorbenutzten Maschine sei nicht erkannt worden, daß je nach Art des benutzten Lacks ein unnötiger Ausschuß entstehen könne, wenn die Lackzufuhr zum Gummizylinder immer zusammen mit der Abstellung des ersten Druckwerks erfolge. Im übrigen sei die Lackiervorrichtung nach dem Streitpatent flexibler anpaßbar an unterschiedliche Druckmaschinen.
VIII. Die Beschwerdeführerin beantragte abschließend, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent zu widerrufen.
Die Beschwerdegegnerin beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Offenkundige Vorbenutzung Nach der Aussage der Zeugen, an deren Glaubwürdigkeit zu zweifeln kein Anlaß bestand, sieht die Kammer folgende Tatsachen als gesichert an:
Auf Drängen eines Kunden, einer amerikanischen Druckerei, rüstete die Beschwerdeführerin eine Bogenoffsetmaschine ihres Typs "RAPIDA SR III" mit vier Druckwerken, wie in dem Beweismittel (V3) beschrieben und dargestellt, mit einem integrierten Lackierwerk aus, das die in dem Beweismittel (V2) beschriebenen Merkmale und Funktionsweise aufwies. Diese Maschine, die die erste Maschine dieses Typs mit integriertem Lackierwerk war, wurde im Auftrag der Beschwerdeführerin bei deren damaligem Kooperationspartner, der Firma Albert in Frankenthal, gebaut. Im Laufe des Monats April 1982 stand die Maschine kurz vor ihrer Auslieferung und wurde gerade vom amerikanischen Kunden abgenommen. In diesem Zustand hat ein Herr Breuer von der Firma Offset-Gerhard Kaiser diese Maschine am 22. April 1991 besichtigt, wobei er sich insbesondere für das Lackierwerk interessierte. Das Lackierwerk dieser Maschine konnte zwar nicht in Arbeit demonstriert werden, es wurde jedoch in allen Einzelheiten erklärt. Gleichzeitig wurden die Beweismittel (V2) und (V3) als Informationsmaterial überreicht das folglich zumindest seit diesem Zeitpunkt selbst auch zum Stand der Technik gehört. Über diese Besichtigung verfaßte der Zeuge Herr Stück am 5. Mai 1982 einen Besuchsbericht (Beweismittel V1).
Folgende Gesichtspunkte sprechen dafür, daß diese Besichtigung ohne Geheimhaltungsvorbehalt erfolgte:
Nach Aussage des Zeugen, Herrn Stück, stand die Maschine frei zugänglich und nicht abgeschlossen in der Montagehalle. Deshalb war Herr Breuer von der Firma Offset-Gerhard Kaiser überhaupt zufällig auf die Maschine aufmerksam geworden, als er einige Zeit vor den 22. April 1982 eine Rollenmaschine besichtigte, die von der Firma Albert demnächst an seine Firma geliefert werden sollte.
Bereits am 16. April 1982 wurde die gleiche Maschine, die zu diesem Zeitpunkt die einzige ihrer Art war, anderen potentiellen Kunden zur Durchführung von Tests mit eigenem Lack und verschiedenen Papieren überlassen (Beweismittel V4 und Aussage des Zeugen Künzel).
Die vorbenutzte Maschine stand im April 1982 kurz vor ihrer Auslieferung an den amerikanischen Kunden (vgl. Aussage von Herrn Stück), wodurch sie ohnehin zum Stande der Technik geworden wäre. Es entspricht somit der Lebenserfahrung, daß bereits zu diesem Zeitpunkt das kommerzielle Interesse an eventuellen Anschlußaufträgen Vorrang vor Geheimhaltungserwägungen haben mußte.
Auch das durchaus provisorische Erscheinungsbild des Beweismittels (V2) spricht unter den geltend gemachten Umständen der Vorbenutzung nicht gegen, sondern eher für die Tatsache, daß es zur schnellen Unterrichtung der potentiellen Kunden, und damit zur Verbreitung in der interessierten Öffentlichkeit, bestimmt war.
Die Kammer ist somit davon überzeugt, daß spätestens durch die Vorführung am 22. April 1981 (Beweismittel V1) ein Lackierwerk mit den Merkmalen und der Funktionsweise gemäß Beweismittel (V2), integriert in eine Bogenoffsetmaschine des Grundtyps "KOEBAU RAPIDA SR III" mit vier Druckwerken mit den Merkmalen gemäß Beweismittel (V3), zum Stande der Technik gemäß Artikel 54 (2) EPÜ gehört.
3. Neuheit
Nach einhelliger Auffassung der Kammer und aller Beteiligten ist der Gegenstand des Anspruchs 1 neu.
4. Nächstkommender Stand der Technik
Die öffentlich vorbenutzte Bogenoffsetmaschine mit integriertem Lackierwerk mit den aus den Beweismitteln (V2) und (V3) entnehmbaren Merkmalen ist der Stand der Technik, der dem Gegenstand des Anspruchs 1 am nächsten kommt.
Aus dem Beweismittel (V2) ist eine Vierfarbendruckmaschine des Typs "KOEBAU SR III" mit einer Lackvorrichtung zum Lackieren von Druckbögen bekannt (Seite 2), bei der der Lack aus einem Lackbehälter über Walzen (1, 2, 3) einem Lackauftragzylinder (4) zuführbar ist.
Gemäß der Aussage des Zeugen, Herrn Künzel, (siehe Protokoll der mündlichen Verhandlung Seite 6, letzter Absatz, bis Seite 7, erster Absatz) besaßen alle Bogenoffsetmaschinen dieses Typs eine Schaltung, die bei Abstellung der Maschine sicherstellen sollte, daß die Druckwerke nur auf Papier druckten und daß in Folge, beim ersten Druckwerk beginnend, das jeweilige Druckwerk dann abgestellt wird, wenn der letzte Bogen durchgelaufen ist. Nach Abstellen des ersten Druckwerks der vorbenutzten Maschine laufen so bis zur Abstellung des vierten Druckwerks noch sechs bis acht Bogen durch die Maschine.
Gemäß Beweismittel (V2), Seite 3, zweiter Absatz, wird bei dem das Herunterfahren der vorbenutzten Maschine bewirkenden Schaltungsablauf die Lackauftragwalze (3) vom dem ihr zugeordneten Gummizylinder (4) etwa gleichzeitig mit der Abstellung des ersten Druckwerks abgestellt. Der Gummizylinder (4) des Lackierwerks wird erst nach Abstellung des Gummizylinders im vierten Druckwerk von dem ihm zugeordneten Gegenzylinder (5) abgestellt. D. h. bei der vorbenutzten Maschine ist bei Druckabstellung oder auf Grund eines Störsignals einer der Lackvorrichtung vorgeschalteten Druckmaschinen eine Vorrichtung ansteuerbar, durch die eine Einrichtung zur Abstellung des Lacktransports von dem Lackbehälter zum Lackauftragzylinder (4) derart unterbrechbar ist, daß jeweils nach Unterbrechung der Lackzufuhr noch eine bestimmte Anzahl von Druckbögen der Lackvorrichtung zuführbar ist.
5. Aufgabe und Lösung
Gemäß Beweismittel (V2) (Seite 3, 2. Absatz, letzter Satz) dienen die nach Abstellung der Lackzufuhr zu dem Gummizylinder (4) noch durchlaufenden Bögen dazu, den restlichen Lack von der Oberfläche des Gummizylinders (4) abzunehmen und damit zur Lösung der gleichen Aufgabe, deren Lösung in der Beschreibung des Streitpatents (Spalte 1, Zeilen 28 bis 34) geltend gemacht wird.
Da die ordnungsgemäße Lackierung der Bögen, die noch nach Abstellung der Lackzufuhr zu dem Gummizylinder durch das Lackierwerk laufen, nicht mehr sichergestellt ist, werden diese als Makulatur zu verwerfen sein. Da bei der vorbenutzten Druckmaschine die Lackzufuhr zu dem Gummizylinder "etwa gleichzeitig zur Druckabstellung im Turm I der Maschine" erfolgt, sind somit bei dieser Maschine nach jeder Druckunterbrechung etwa 6 bis 8 Druckbögen als Ausschuß anzusehen.
Es ist ersichtlich, daß je nach dem eingesetzten Lack oder der Beschaffenheit des zu bedruckenden Materials oft schon eine geringere Anzahl von Druckbögen ausreichen wird, um die Dicke der auf dem Gummizylinder verbleibenden Restlackschicht auf einen Wert zu verringern, der ein störungsfreies Wiederanfahren der Maschine nach Beendigung der Stillstandzeit gewährleistet. Gemäß Spalte 2, Zeilen 43 bis 49, des Streitpatents reichen oft schon ca. drei Druckbögen zu diesem Zweck aus.
Es ist also denkbar, daß das Bedürfnis und damit die Aufgabe besteht, die Zahl der bei der vorbenutzten Druckmaschine bei jeder Druckunterbrechung als Makulatur anfallenden Druckbögen auf das unter den jeweiligen Druckbedingungen unbedingt notwendige optimale Maß zu beschränken.
Ausgehend von der vorbenutzten Vorrichtung wird diese Aufgabe gemäß Anspruch 1 des Streitpatents dadurch gelöst, daß die ansteuerbare Vorrichtung, durch die eine Einrichtung zur Abstellung des Lacktransports von dem Lackbehälter zum Lackauftragzylinder (Gummizylinder) unterbrechbar ist, ein einstellbarer Vorwahlzähler ist, der die Abstellung des Lacktransports zum Lackauftragzylinder erst nach einer einstellbaren Zeit oder nach einer einstellbaren Maschinentaktzahl bewirkt.
6. Erfinderische Tätigkeit
Entgegen der Auffassung der Beschwerdegegnerin kann die Kammer in der oben angegebenen Aufgabenstellung, den Ausschuß auf das unvermeidliche Maß zu beschränken, nur eine routinemäßige Wirtschaftlichkeitserwägung ohne eigenen erfinderischen Gehalt erblicken.
Wie oben ausgeführt wurde, besitzt die vorbenutzte Maschine, wie üblich (vgl. z. B. die Druckschrift (D1), Spalte 2, Zeilen 41 bis 50), eine sequentielle Steuerschaltung, die sicherstellt, daß beim Anschalten die Druckwerke in Folge erst dann angeworfen werden, sobald der erste Druckbogen das jeweilige Druckwerk erreicht und dann ausgeschaltet werden, sobald der letzte Druckbogen das jeweilige Druckwerk passiert hat. Dabei ist dem einschlägigen Fachmann auch bekannt (z. B. Druckschrift (D1), Spalte 1, Zeilen 56 bis 61, Spalte 5, Zeilen 38 bis 73, und Spalte 7, letzte Zeile, bis Spalte 8, Zeile 20, sowie Anspruch 1), eine solche sequentielle Folgeschaltung mit maschinentaktgesteuerten einstellbaren Vorwahlzählern zu verwirklichen, die bewirken, daß die nächste Einheit eine vorwählbare Maschinentaktzahl nach der vorausgehenden an- oder abgestellt wird. Die Lackzufuhr des Lackierwerks ist bei der vorbenutzten Druckmaschine in diese sequentielle Folgeschaltung derart eingebunden, daß die Abstellung etwa gleichzeitig mit der Abstellung des ersten Druckwerks erfolgt.
Eine naheliegende Lösung dafür, die Anzahl der nach Druckabschaltung unvollständig lackierten Druckbögen zu vermindern, besteht nun darin, die Abschaltung der Lackzufuhr zu dem Gummizylinder des Lackierwerks statt etwa gleichzeitig mit der maschinentaktgesteuerten Abschaltung des ersten Druckwerks, anwählbar erst gleichzeitig mit der einige Maschinentakte danach erfolgenden Abschaltung einer anderen Einheit erfolgen zu lassen und damit zu einer Lösung zu gelangen, die im Rahmen des angegriffenen Anspruchs 1 liegt.
Die Tatsache, daß eine solche Wahlmöglichkeit nicht schon bei der vorbenutzten Maschine vorgesehen ist, spricht auch nicht dagegen, daß es für den Fachmann nahegelegen hat, eine solche Wahlmöglichkeit in Erwägung zu ziehen. Bei einer ohnehin komplexen Maschine bedeutet jeder weitere von dem Operator einzustellende und zu überwachende Parameter eine zusätzliche Fehlerquelle, die es bei Fehlbedienung erforderlich macht, vor dem Wiederanfahren der Maschine die am Lackieren beteiligten Teile zeitaufwendig zu reinigen (siehe Streitpatent, erster Absatz). Dabei ist zu berücksichtigen, daß Drucker mit der Lacktechnologie üblicherweise nicht vertraut sind. Der Fachmann wird also routinemäßig abzuwägen haben, ob er für ein paar Druckbogen Makulatur weniger das Risiko von längeren Ausfallzeiten der Druckmaschine und einer etwa nachgeschalteten weiteren Produktionskette eingeht. Die Lösung der Aufgabe beinhaltet daher eine bloße Optimierung eines einzigen Parameters, ohne irgendeinen weiteren Beitrag zu leisten.
Zusammenfassend kommt die Kammer daher zu dem Ergebnis, daß die Vorrichtung nach dem geltenden Anspruch 1 sich in naheliegender Weise aus dem Stande der Technik ergibt und somit nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ beruht. Damit fehlt eine der Grund- voraussetzungen für eine patentfähige Erfindung gemäß Artikel 52 (1) EPÜ.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Das Patent wird widerrufen.