T 1024/04 25-05-2005
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Lagerungskasten für eine Lenkwelle eines Fahrzeuges und Verfahren zur Herstellung desselben
Erfinderische Tätigkeit (ja)
Rückerstattung der Beschwerdegebühr (nein, kein Verfahrensfehler)
Sachverhalt und Anträge
I. Die Einspruchsabteilung hat mit der Entscheidung vom 12. Mai 2004, zur Post gegeben am 16. Juni 2004, das Patent Nr. 0 816 204 mit Anmeldenummer 97 810 365.3 widerrufen.
Die Patentinhaberin und Beschwerdeführerin hat am 18. August 2004 gegen diese Entscheidung Beschwerde eingelegt. Die Gebühr wurde am selben Tag entrichtet.
Am 21. Oktober 2004 wurde die Beschwerdebegründung eingereicht.
Mit dieser wurde eine eidesstattliche Erklärung von Herrn Rudolf Lüthi, Entwicklungsingenieur bei Styner + Bienz Formtech AG (die Anmelderin) vorgelegt, in welcher er die technischen Schwierigkeiten, ein Rohr direkt als Lageraufnahme zu benutzen, schildert.
II. Die Einsprechende STIWA-Fertigungstechnik Sticht GmbH hat ihren Einspruch am 14. Dezember 2004 zurückgenommen.
III. Im Einspruchsverfahren lauteten die zwei unabhängigen Ansprüche 1 und 9 gemäß Hilfsantrag 1 wie folgt:
Anspruch 1:
"Lagerungskasten für eine Lenkwelle eines Fahrzeugs, mit einem am Fahrzeug befestigbaren und spanlos geformten Führungsstück (1,2,3) zum Umgehen der Lenkwelle (15), dadurch gekennzeichnet, dass
zusätzlich durch spanlose Formgebung und Verformung hergestellte, fugenlose Lageraufnahmen (13) für die Lenkwelle (15) an den Enden des Führungsstücks vorgesehen sind."
Anspruch 9:
"Verfahren zur Herstellung eines Lagerungskastens für eine Lenkwelle eines Fahrzeugs, wobei ein am Fahrzeug befestigbares Führungsstück (1,2,3) zum Umgeben der Lenkwelle (15) geformt wird,
dadurch gekennzeichnet, dass
das Führungsstück durch Stanzen, Biegen und Fixieren aus im wesentlichen flachem Grundmaterial geformt wird, und das außerdem zwei fugenlose Lageraufnahmen (13) für die Lenkwelle (15) durch spanlose Formgebung und Verformung geformt werden, wobei das Fixieren ohne zusätzliches Fixiermaterial geschieht."
IV. Die Einspruchsabteilung hat in ihrer Entscheidung bezüglich der unabhängigen Ansprüche 1 und 9 des Hilfsantrags die Neuheit und die Erfordernisse der Artikel 84, 123(2) und (3) EPÜ als erfüllt betrachtet.
V. Die Einsprechende hatte im Einspruchsverfahren eine offenkundige Vorbenutzung einer VW Lenksäule geltend gemacht.
Die vorbenutzte Lenksäule, bzw. deren Lagerungskasten wurde von der Patentinhaberin, der Einsprechenden und der Einspruchsabteilung während der mündlichen Verhandlung am 12. Mai 2004 untersucht und die vorbekannten Merkmale wurden festgestellt.
In Bezug auf den Gegenstand gemäß Anspruch 1 des oben genannten Hilfsantrags hat die Einspruchsabteilung festgestellt, dass er sich durch folgende Merkmale von dem vorbenutzten Lagerungskasten unterscheidet:
a) die Lageraufnahmen sind durch (spanlose) Verformung hergestellt
b) das Führungsstück ist spanlos geformt.
Sie hat weiterhin festgestellt, dass das Dokument D1: DE-T2-69200117 das Merkmal a) weder offenbare noch nahelege, da das in den Figuren 3 und 4 der D1 dargestellte Ausführungsbeispiel keine Lageraufnahmen zeige. Sie stellte weiterhin fest: "Das Herstellungsverfahren im Merkmal a) verleiht den Lageraufnahmen andere Eigenschaften als die der VW Lenksäule und impliziert, dass andere Werkstoffe benutzt werden müssen (Kunststoff und Zinkdruckguss werden üblicherweise nicht verformt). Merkmal a) kann daher weder als Äquivalent zu den VW Lageraufnahmen noch als fachübliche Maßnahme angesehen werden.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß 1. Hilfsantrag beruht daher auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ."
VI. In der vorinstanzlichen Entscheidung analysiert die Einspruchsabteilung dann die erfinderische Tätigkeit des Gegenstandes gemäß Anspruch 9 ausgehend von D1, um zu dem Schluss zu kommen, dass sie zu verneinen ist.
In diesem Zusammenhang stellt sie fest:
"Der Blechabschnitt 19 in Figur 4 der D1 wird aus einem Blech gestanzt und danach gerollt, um das rohrförmige Führungsstück herzustellen. Die beiden Ränder 20 und 22 werden gemäß den Figuren 3 und 4 über ein Klammersystem verbunden. Sie können aber ebenfalls jeweils durch Schweißen oder Bördeln miteinander vereinigt werden (siehe Seite 2, letzter Absatz). Diese erste Alternative (Schweißen) offenbart daher ein fugenloses rohrförmiges Führungsstück, das durch Stanzen, Biegen (Rollen) und Fixieren (Schweißen) aus einem flachem Grundmaterial geformt ist.
Obwohl die Figuren 3 und 4, die die Erfindung in D1 darstellen, keine separaten Lageraufnahmen aufweisen, legt die Beschreibung (siehe Seite 2, Zeilen 2-5 und Seite 4, Zeilen 26-30) fest, dass die Erfindung eine Lenksäule mit einer Lenkradachse, die in einem Rohrkörper über zwei Lager wie in Figuren 1 und 2 angebracht ist, betrifft. Dies bedeutet, dass der Rohrkörper in Figuren 3 und 4 die nicht gezeigten zwei Lager der Lenkradachse an seinen Enden direkt aufnimmt. Der Rohrkörper (oder das Führungsstück) bildet daher die Lageraufnahmen, so dass diese ebenfalls fugenlos sind und durch spanlose Formgebung und Verformung (Biegen, Rollen) geformt werden. Das Stanzen hebt keine Späne ab. Der Schweißarbeitsgang mag eine gewisse Verformung des Rohrkörpers verursachen, so dass eine spanabhebende Nachbearbeitung erforderlich sein mag. Dies ist aber nicht zwangsläufig so und hängt hauptsächlich von dem Schweißverfahren ab. Da D1 diesbezüglich einfach schweigt, wird eine derartige Nachbearbeitung als nicht implizit offenbart angesehen (Diese Argumentationskette bezüglich der Lageraufnahmen als Teil des Führungsstücks ist erst in der mündlichen Verhandlung gegen Anspruch 9 des 1. Hilfsantrags aufgetaucht)."
VII. Laut Niederschrift über die mündliche Verhandlung, siehe dort Punkt 8, hat die Beschwerdeführerin nach dieser Diskussion über den Inhalt der D1 eine Möglichkeit zur Einreichung geänderter Anträge beantragt, die der Vorsitzende zu diesem Zeitpunkt nicht zugelassen hat, da noch weitere vorhandene Anträge zu behandeln waren.
Die Beschwerdeführerin hat diesen Antrag nach der Diskussion über die Neuheit des Anspruchs 1 gemäß 2. Hilfsantrag noch einmal gestellt, wobei sie ankündigte, ein Merkmal aus der Beschreibung in den Anspruch aufnehmen zu wollen.
Auch in diesem Fall hat der Vorsitzende keine weiteren Anträge zugelassen, mit der Begründung, dass die Einsprechende keine Zeit für die Vorbereitung einer Stellungnahme zur Verfügung gehabt hätte.
VIII. Die Beschwerdeführerin beantragt mit Schreiben vom 21. Oktober 2004 als Hauptantrag die Aufhebung der Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents auf Basis des eingereichten Hauptanspruchssatzes.
Anspruch 1 lautet:
"Lagerungskasten für eine Lenkwelle eines Fahrzeugs, mit einem am Fahrzeug befestigbaren und spanlos geformten Führungsstück (1,2,3) zum Umgehen der Lenkwelle (15), dadurch gekennzeichnet, daß
zusätzlich durch reine spanlose Formgebung und Verformung geformte, fugenlose Lageraufnahmen (13) für die Lenkwelle (15) an den Enden des Führungsstücks vorgesehen sind.
Anspruch 9 lautet:
"Verfahren zur Herstellung eines Lagerungskastens für eine Lenkwelle eines Fahrzeugs nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei durch Stanzen, Biegen und Fixieren aus im wesentlichen flachem Grundmaterial ein am Fahrzeug befestigbares Führungsstück (1,2,3) zum Umgeben der Lenkwelle (15) geformt wird, dadurch gekennzeichnet, dass
außerdem zwei fugenlose Lageraufnahmen (13) für die Lenkwelle (15) durch spanlose Formgebung und Verformung geformt werden, wobei das Fixieren ohne zusätzliches Fixiermaterial geschieht."
IX. Nach Auffassung der Beschwerdeführerin stütze sich der Begriff "durch reine spanlose Formgebung und Verformung" auf den Offenbarungsgehalt des Streitpatents auf Seite 2, Zeile 56 oder auf Seite 3, Zeile 15.
In Anspruch 9 wurde zusätzlich ein ausdrücklicher Rückbezug auf einen Lagerungskasten nach einem der vorhergehenden Ansprüche aufgenommen, was sich insbesondere auf Seite 2, Zeilen 19 und 20 der ursprünglichen Beschreibung stütze.
Da Anspruch 1 des Hauptantrags im wesentlichen dem Anspruch 1 des ersten Hilfsantrags im Einspruchsverfahren entspreche, und dieser in der vorinstanzlichen Entscheidung als neu und erfinderisch erachtet wurde, erübrige sich eine detaillierte Analyse der Neuheit und der erfinderischen Tätigkeit.
Die Beschwerdeführerin nahm diesbezüglich trotzdem Stellung.
X. Die Beschwerdeführerin beantragt zusätzlich die Rückerstattung der Beschwerdegebühr wegen eines Verfahrensmangels im Einspruchsverfahren.
Nach Auffassung der Beschwerdeführerin sei dies gerechtfertigt, da die Einspruchsabteilung in Bezug auf Anspruch 9 in der mündlichen Verhandlung ganz plötzlich und überraschend eine andere Sichtweise des Dokumentes D1 vertreten habe.
Die Einspruchsabteilung habe daraufhin der Patentinhaberin, sowohl beim Auftauchen der neuen Sichtweise sowie wiederum am Ende der Verhandlung, keine Gelegenheit gegeben auf diese geänderte Sichtweise zu reagieren, z. B. durch Vorlegen neuer Patentansprüche, die die aus dieser Sichtweise entstandenen Bedenken ausgeräumt hätten.
Die Einreichung weiterer Patentansprüchen sei bereits beim Auftauchen der neuen Sichtweise sowie wiederum am Ende der Verhandlung von der Patentinhaberin beantragt worden, und diesem Antrag wurde in Verletzung des rechtlichen Gehörs nicht stattgegeben.
Dadurch sei die vorliegende Beschwerde erst notwendig geworden. Sie hätte aber zweifelsfrei vermieden werden können, wenn der Patentinhaberin eine Gelegenheit eingeräumt worden wäre, andere Patentansprüche einzureichen.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde der Einsprechenden erfüllt die Erfordernisse der Artikel 106 bis 108 sowie der Regeln 1 und 64 EPÜ und ist daher zulässig.
2. Die am 14. Dezember 2004 erfolgte Rücknahme des Einspruchs hat für den Verfahrensgegenstand der von der Patentinhaberin eingelegten Beschwerde gegen den Widerruf des Patents durch die Einspruchsabteilung keine verfahrensrechtliche Bedeutung (vgl. T 629/90, ABl. EPA 1992, 654). Auf der Grundlage des Beschwerdebegehrens muss die Kammer die Entscheidung der Einspruchsabteilung sachlich überprüfen und sofern die Beschwerde begründet ist, diese aufheben (Artikel 110 (1) EPÜ). Macht die Kammer von ihrer Befugnis Gebrauch, gemäß Artikel 111 (1), Satz 2 EPÜ im Rahmen der Zuständigkeit der Einspruchsabteilung selbst zu entscheiden, kann sie die Aufrechterhaltung des Patents in geändertem Umfang gemäß Artikel 102 (3) EPÜ nur in Aussicht stellen, wenn das Patent und die Erfindung, die es zum Gegenstand, den Erfordernissen des EPÜ entspricht.
Diese Prüfungskompetenz der Kammer ist von der Beschwerdeführerin nicht in Frage gestellt worden.
3. Die Kammer sieht auf Grund dieser Sachprüfung keine Rechtfertigung gegeben, von den Feststellungen der Einspruchsabteilung abzuweichen, dass die geänderten unabhängigen Ansprüche 1 und 9 des der Einspruchsabteilung vorliegenden 1. Hilfsantrags die Erfordernisse der Artikel 84, 123 (2) und 123 (3) EPÜ und der Neuheit erfüllen.
4. Gegenüber dem Anspruchswortlaut des Anspruchs 1 gemäß 1. Hilfsantrag im Einspruchsverfahren wurde der Anspruch 1 gemäß nunmehrigen Hauptantrag im Beschwerdeverfahren dahingehend geändert, dass im kennzeichnenden Teil das Wort "reine" zwischen "durch" und "spanlos" eingefügt wurde.
Auch diese Änderung erfüllt die Erfordernisse des Artikels 123 (2) EPÜ, da insbesondere auf Seite 3, Zeilen 14-16 der Anmeldeschrift erwähnt wird, "dass die Herstellung des erfindungsgemäßen Lagerkastens besonders rationell und zugleich mit hoher Präzision durch reine spanlose Formgebung und Verformung erstellt werden kann."
Das geänderte Merkmal "eine reine spanlose Formgebung und Verformung" kann nur als engere Fassung des im erteilten Patent beanspruchten Merkmals, dass die Herstellung spanlos erfolgt, gelesen werden. Somit sind auch die Erfordernisse des Artikels 123 (3) EPÜ erfüllt.
In Anspruch 9 wurde der Satzteil "nach einem der vorhergehenden Ansprüche" eingefügt. Der Anspruch 9 richtet sich nun folglich ausschließlich auf ein Herstellungsverfahren, das zu einem Lagerkasten führt, der die Merkmale mindestens des Anspruchs 1 aufweist.
Diese Einschränkung ist schon aus der Anmeldeschrift Seite 2, Zeilen 19 und 20 ersichtlich, wo es heißt: "Es ist ein weiteres Ziel der Erfindung, ein kostengünstiges und zuverlässiges Verfahren zur Herstellung eines Lagerungskastens zu schaffen."
Da diese Änderung eine Einschränkung darstellt, ist sie auch nach Artikel 123 (3) EPÜ zulässig.
5. Angesichts dieser Einschränkung des Anspruchs erübrigt sich eine gesonderte Untersuchung der erfinderischen Tätigkeit seines Gegenstands, wenn der Gegenstand gemäß Anspruch 1 als erfinderisch bewertet wird.
6. Bezüglich der Frage, ob der Gegenstand gemäß Anspruch 1 als erfinderisch zu bewerten ist, ist folgendes zu sagen: Anspruch 1 gemäß Hauptantrag Beschwerdeverfahren unterscheidet sich von Anspruch 1 gemäß 1. Hilfsantrag Einspruchsverfahren nur durch das Hinzufügen des Wortes "reines", das wie weiter oben schon erwähnt eine Einschränkung bedeutet.
Die Vorinstanz hat ihre Entscheidung bezüglich der erfinderischen Tätigkeit des Anspruchs 1 gemäß 1. Hilfsantrag ausgehend von einer vorbenutzten VW Lenksäule bewertet.
Eine Lenksäule gemäß der Vorbenutzung wurde während der mündlichen Verhandlung im Einspruchsverfahren analysiert und ihre Merkmale wurden dabei festgelegt.
In T 0629/90 wurde entschieden, dass auch Beweismittel, die von der Einsprechenden vor der Zurücknahme des Einspruchs vorgebracht worden sind, berücksichtigt werden können.
Die Amtsermittlungspflicht geht aber aus verfahrensökonomischen Gründen nicht so weit, dass eine von der Einsprechenden geltend gemachte offenkundige Vorbenutzung geprüft werden muss, wenn diese aus dem Verfahren ausgeschieden ist und maßgebliche Tatsachen ohne ihre Mitwirkung schwer zu ermitteln sind (vgl. T 0129/88, ABl. EPA 1993, 598).
Im vorliegenden Fall kann die vorbenutzte Lenksäule nicht mehr durch die Beschwerdekammer in Augenschein genommen werden. Darüber hinaus hat die Einspruchsabteilung versäumt, über den von ihr vorgenommenen Augenschein ein Protokoll anzufertigen.
Da die Beschwerdeführerin aber die Merkmalsanalyse der Einspruchsabteilung bezüglich der vorbenutzten VW Lenksäule in ihrer Beschwerdebegründung nicht bestritten, also akzeptiert hat, sieht die Kammer auch keinen Anlass, diese Analyse und die in der angefochtenen Entscheidung hierzu mitgeteilten Feststellungen in Frage zu stellen.
Folgende Merkmale des Gegenstands gemäß Anspruch 1 sind somit durch die VW Lenksäule offenbart worden:
Ein Lagerungskasten für eine Lenkwelle eines Fahrzeugs, mit einem am Fahrzeug befestigbaren Führungsstück (1,2,3) zum Umgehen der Lenkwelle (15), wobei zusätzlich zwei spanlos geformte, fugenlose Lageraufnahmen (13) für die Lenkwelle (15) an den Enden des Führungsstücks vorgesehen sind.
Es wurde auch festgestellt, dass in der VW Lenksäule die obere Lageraufnahme aus einem durch Zinkdruckguss hergestellten Lenkschlossgehäuse besteht, dass die untere Lageraufnahme ein Kunststoffspritzgussteil ist, und dass diese Lageraufnahmen zwecks der Aufnahme der jeweiligen Lager nachbearbeitet wurden, so dass diese nicht durch reine spanlose Formgebung und Verformung hergestellt worden sind.
Das Führungsstück besteht bei der Vorbenutzung aus einem geschweißtem Rohr, bei dem die Schweißnaht geschliffen worden ist, und die Ränder spanabhebend bearbeitet worden sind.
Dementsprechend unterscheidet sich der Gegenstand des Anspruchs 1 von dem VW Lagerkasten dadurch, dass
a) die Lageraufnahmen durch reine spanlose Formgebung und Verformung geformt sind
b) das Führungsstück spanlos geformt ist.
Das objektive Problem kann somit darin gesehen werden, bei einem Lagerkasten gemäß der Vorbenutzung, die Herstellung der Teile zu vereinfachen, insbesondere bezüglich der notwendigen Nachbearbeitung.
Die Kammer teilt die Meinung der Einspruchsabteilung, dass, gemäß ihrer ersten Interpretation des Inhaltes des Dokuments D1, dieses Dokument das Merkmal a) weder offenbart noch nahelegt.
D1 offenbart einen Lenksäulenrohrkörper für ein Kraftfahrzeug mit einer Lenkradachse. Es wird mehrmals in dem Dokument erwähnt, und auch schematisch in Figur 2 gezeigt, dass die Lenkradachse im Rohrkörper über zwei Lager angebracht ist, die im wesentlichen an beiden Enden des Rohrkörpers angeordnet sind. Dies ist z. B. auf Seite 1, zweiter Absatz, auf Seite 2, erster Absatz oder in Anspruch 1 erwähnt.
Das Rohrstück ist aus einem rundgebogenen Blech gestaltet, wobei die gegenüberliegenden Ränder mittels Klammern und Aufnahmen verbunden werden.
In diesem Fall ist also der Rohrkörper nicht fugenlos. Als weitere oder zusätzliche Möglichkeit zum Verbinden der Ränder wird das Schweißen erwähnt.
Die Einspruchsabteilung schließt aus den Tatsachen, dass in dem Rohrkörper zwei Lager aufgenommen werden, und dass die Ränder des ursprünglichen Bleches durch Schweißen verbunden werden, dass der Rohrkörper zwei fugenlose Lageraufnahmen, die durch spanlose Formgebung und Verformung geformt worden seien, bilde, und dass die Lager direkt in diesen Aufnahmen aufgenommen würden.
Sie gibt zu, dass der Schweißarbeitsgang eine gewisse Verformung des Rohrkörpers verursachen mag, die eine spanabhebende Nachbearbeitung erforderlich machen würde. Sie meint aber, dass das hauptsächlich von dem Schweißverfahren abhänge, und da D1 diesbezüglich schweige, eine Nachbearbeitung nicht als implizit offenbart angesehen werden könne.
Die Kammer kann sich dieser Auffassung nicht anschließen. In D1 wird nur allgemein gesagt, dass die Ränder des Blechs durch Schweißen verbunden werden können, ohne dass im ganzen Dokument ein Hinweis auf die Art des anzuwendenden Schweißverfahrens zu finden ist, so dass kein spezifisches Schweißverfahren offenbart worden ist. Es kann daher nicht als zum Offenbarungsgehalt der D1 gehörend angesehen werden, dass ein Schweißverfahren, das keine Nachbearbeitung benötigt, implizit offenbart wurde, nur weil es eines von vielen möglichen anwendbaren Schweißverfahren darstellt.
Nach Auffassung der Kammer kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass der Rohrkörper gemäß D1 nicht nachgearbeitet werden muss, um die Lager aufzunehmen.
Ferner kann auch nicht die Lehre abgeleitet werden, dass die Lager direkt in den Rohrkörper zu montieren sind.
Es wird in D1 immer mit den gleichen Worten darauf hingewiesen, dass sich Lager in dem Rohrkörper befinden. Es wird nämlich gesagt, dass die Lenkradachse im Rohrkörper über zwei Lager angebracht ist, die im wesentlichen an beiden Enden des Rohrkörpers angeordnet sind.
In der D1 sind jedoch keine Hinweise darauf zu finden, wie dies im Fall der Montage der Lager im erfindungsgemäßen aus Blech hergestellten Rohrkörper konkret gestaltet werden soll.
Die Figur 2 und die entsprechende Beschreibungsstelle in der D1 sollen eine Lenksäule gemäß dem Stand der Technik betreffen, und diese Figur 2 ist eher als eine bloße schematische Darstellung zu bewerten, da die einzelnen technischen Elemente der Lenksäule nur ungenau gezeichnet sind.
Daher ist aus diesen Angaben das Merkmal, dass die Lageraufnahmen fugenlos und durch reine spanlose Formgebung und Verformung geformt worden sind, aus D1 überhaupt nicht zu entnehmen.
Es scheint der Kammer aber auch unwahrscheinlich zu sein, dass der Fachmann, der von der vorbenutzen VW Lenksäule ausgeht, bei der die Lageraufnahmen als Kunststoffspritzgussteil oder Zinkdruckgussteil geformt wurden, nun diese Herstellungsverfahren verlassen würde, um ein völlig anderes Herstellungsverfahren mit plastischer Verformung zu benutzen.
Er würde hingegen versuchen die bis dahin gebrauchten Verfahren so zu verbessern, dass er näher an sein Ziel herankommt. Er würde die bis dahin gebrauchten Verfahren um so weniger verlassen, als dass die obere Lageraufnahme teil des Lenkschlossgehäuses ist, so dass die Benutzung eines Herstellungsverfahrens mit plastischer Verformung für die Lageraufnahme, das Herstellungsverfahren für das gesamte Lenkschlossgehäuse in Frage stellen würde.
Die Kammer ist somit der Auffassung, dass der Gegenstand gemäß Anspruch 1 erfinderisch ist.
7. Die Beschwerdeführerin beantragt die Rückerstattung der Beschwerdegebühr wegen eines wesentlichen Verfahrensmangels.
Sie behauptet, dass nachdem die Einspruchsabteilung während der mündlichen Verhandlung ihre Interpretation des Dokuments D1 insofern geändert habe, dass sie zuerst das Merkmal der Lageraufnahmen als nicht offenbart und dann als offenbart angesehen habe, hätte sie der Patentinhaberin eine Gelegenheit geben müssen, einen neuen Anspruchssatz einzureichen, um diesen Einwand ausräumen zu können.
Da die Einspruchsabteilung, obwohl von der Beschwerdeführerin zweimal beantragt, ihr dies verweigert habe, habe die Abteilung einen Verfahrensfehler begangen.
In der Tatsache, dass die Einspruchsabteilung ihre Interpretation eines Dokumentes während der mündlichen Verhandlung geändert hat, kann die Kammer keinen Verfahrensfehler sehen. Eine technische Frage kann im Laufe der Diskussion aufgrund von Aussagen oder Überlegungen anders gesehen und bewertet werden, und wie im vorliegenden Fall zu dem Ergebnis führen, dass der Einspruchsabteilung eine neue Interpretation richtiger erscheint.
Aus den schriftlichen Entscheidungsgründen und der Niederschrift über die mündlichen Verhandlung kann entnommen werden, dass die Einspruchsabteilung diese neue Interpretation den Parteien auch erklärt, und ihnen die Möglichkeit zur Stellungnahme gegeben hat, so dass die Kammer hier keine Verletzung des rechtlichen Gehörs feststellen kann, zumal dieses Dokument schon im Prüfungsverfahren in Betracht gezogen wurde und es auch den in der Patentschrift identifizierten Stand der Technik bildet.
Die Kammer hat Zweifel, ob die von der Beschwerdeführerin zitierten Textstellen im Protokoll überhaupt einen Verfahrensfehler begründen können, da sie nach eigenem Vorbringen gar keinen konkreten Sachantrag, über den von der Einspruchsabteilung auch in den schriftlichen Entscheidungsgründen hätte entschieden werden müssen, gestellt hatte. Die bloße mündliche Ankündigung, einen weiteren Antrag stellen zu wollen, bei dem man noch ein weiteres Merkmal aus der Beschreibung einfügen würde, ist eine Absichtserklärung und kein formell zu berücksichtigender Sachantrag.
Ob die Prozessführung des Vorsitzenden der Beschwerdeführerin zeitlich keine Gelegenheit gab, einen geänderten Anspruchssatz schriftlich abzufassen und zum Gegenstand der Verhandlung zu machen, kann anhand des Wortlauts des Protokolls nicht eindeutig geklärt werden.
Im vorliegenden Fall braucht nicht endgültig entschieden zu werden, ob durch eine solche Verfahrensführung das Recht auf das rechtliche Gehör verletzt wurde. Selbst wenn diese Verfahrensführung unterstellt wird, rechtfertigt dies keine Rückzahlung der Beschwerdegebühr gemäß Regel 67 EPÜ, da ein solcher Verfahrensfehler die eingelegte Beschwerde nicht veranlasst hätte. Die Beschwerde hat nicht deswegen Erfolg, weil die Beschwerdeführerin erst im Beschwerdeverfahren einen geänderten Anspruchssatz vorlegen konnte, der der Auslegung der Einspruchsabteilung zu Dokument D1 gerecht wurde, sondern weil die Kammer dieser Auslegung nicht gefolgt ist.
Da die Beschwerdeführerin den von der Einspruchsabteilung zurückgewiesenen 1. Hilfsantrag auch im Beschwerdeverfahren im wesentlichen unverändert als nunmehrigen Hauptantrag weiterverfolgte, entspräche es nicht der nach Regel 67 EPÜ geforderten Billigkeit, eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr anzuordnen. Der darauf gerichtete Antrag ist als unbegründet zurückzuweisen.
8. Da die Beschwerdeführerin nur für den Fall, dass die Beschwerdekammer beabsichtigt dem Hauptantrag nicht stattzugeben, eine mündliche Verhandlung beantragt hat, braucht im vorliegendem Fall keine stattzufinden.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz mit der Anordnung zurückverwiesen, das Patent in geändertem Umfang mit folgender Fassung aufrechtzuerhalten:
Beschreibung und Zeichnungen wie erteilt,
Ansprüche 1-16 gemäß Hauptantrag vom 21. Oktober 2004.
3. Der Antrag auf Rückerstattung der Beschwerdegebühr wird zurückgewiesen.