T 1423/06 04-12-2008
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Resonatorspiegel mit einem sättigbaren Absorber
Zulässigkeit des Einspruchs (ja)
Reformatio in peius (nicht zutreffend)
Erfinderische Tätigkeit (verneint)
Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde der Einsprechenden richtet sich gegen die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung das europäische Patent Nr. 1 079 483 gemäß Artikel 102(3) EPÜ im geänderten Umfang aufrecht zu erhalten.
Folgende Dokumente wurden u. a. in der erstinstanzlichen Entscheidung berücksichtigt:
D3 = IEEE Journal of Selected Topics in Quantum Electronics, Bd. 2, Nr. 3, September 1996, Seiten 435-451
D5 = WO 96/36906 A
D9 = Isabella D. Jung: "Limits of Ultrashort Pulse Generation", Series in quantum electronics; Bd. 3, Hartung-Gorre Verlag Konstanz, 1st edition 1997, Seiten 41-67
D16 = Optics Letters, Bd. 24, Nr. 8, April 15, 1999, Seiten 528-530
II. Die unabhängigen Ansprüche des aufrecht erhaltenen Patents lauten (die Merkmalskennzeichnung wurde von der Kammer zur späteren Diskussion eingefügt):
Anspruch 1:
1.1 Resonatorspiegel mit einem sättigbaren Absorber für Laserstrahlung einer Laserwellenlange (lambdaL)
1.2 zur Verwendung in einem Festkörperlaserresonator mit einer Ausgangsleistung von größer 1 Watt,
1.3 wobei auf einer Oberfläche eines Substrates (1) ein Bragg-Reflektor (2) aufgewachsen ist, welcher aus einer Vielzahl alternierend angeordneter Halbleiterschichten aus einem ersten Material (4) mit einem ersten Brechungsindex (nH) und aus einem zweiten Material (5) mit einem zweiten Brechungsindex (nL), der niedriger als der erste Brechungsindex (nH) ist, besteht,
1.4 wobei direkt auf dem Bragg-Reflektor (2) eine Dreifach-Schicht (3) aufgewachsen ist,
1.5 bei der eine Einfach-Quantenschicht (6) innerhalb von zwei Schichten (4', 4", 5', 5"), die beide entweder aus dem ersten Material (4', 4") oder aus dem zweiten Material (5', 5") gebildet sind,
1.6 und außerhalb eines Intensitätsminimums für die Laserstrahlung, nämlich im Intensitätsmaximum für die Laserstrahlung, eingebettet ist,
1.7 wobei die Dreifach-Schicht (3) ein ganzzahliges Vielfaches von lambdaL/2 optisch dick ist, und wobei lambdaL die Laserwellenlänge
1.8 und eine Entspiegelungsbeschichtung (10) auf der Dreifach-Schicht (3) aufgebracht ist, die für die Laserwellenlänge (lambdaL) ausgelegt ist.
Anspruch 14:
14.1 Festkörperlaserresonator mit einem Resonatorspiegel mit einem sättigbaren Absorber für Laserstrahlung einer Laserwellenlange (lambdaL),
14.2 wobei auf einer Oberfläche eines Substrates (1) ein Bragg-Reflektor (2) aufgewachsen ist, welcher aus einer Vielzahl alternierend angeordneter Halbleiterschichten aus einem ersten Material (4) mit einem ersten Brechungsindex (nH) und aus einem zweiten Material (5) mit einem zweiten Brechungsindex (nL), der niedriger als der erste Brechungsindex (nH) ist, besteht,
14.3 wobei direkt auf den Bragg-Reflektor (2) eine Dreifach-Schicht (3) aufgewachsen ist,
14.4 bei der eine Einfach-Quantenschicht (6) innerhalb von zwei Schichten (4', 4", 5', 5"), die beide entweder aus dem ersten Material (4', 4") oder aus dem zweiten Material (5', 5") gebildet sind,
14.5 und außerhalb eines Intensitätsminimums für die Laserstrahlung, nämlich im Intensitätsmaximum für die Laserstrahlung, eingebettet ist,
14.6 und wobei die Dreifach-Schicht (3) ein ganzzahliges Vielfaches von lambdaL/2 optisch dick ist, wobei lambdaL die Laserwellenlange ist,
14.7 dadurch gekennzeichnet, daß eine Entspiegelungsbeschichtung (10) auf der Dreifach-Schicht (3) aufgebracht ist, die für die Laserwellenlänge (lambdaL) ausgelegt ist,
14.8 und daß die Ausgangsleistung des Festkörperlaserresonator größer 1 Watt ist.
Die Ansprüche 2 bis 13 sind von Anspruch 1 abhängig.
III. Der Einspruch gegen das Patent in vollem Umfang war auf die Gründe der Artikel 100(a) und (b) EPÜ gestützt.
IV. Die Einspruchsabteilung hat entschieden, dass der Gegenstand der Ansprüche 1 und 14 aus folgenden Gründen erfinderisch sei:
- Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheide sich von dem Stand der Technik aus D5, Fig. 8c, durch Merkmal 1.8, nämlich durch das Aufbringen einer Entspiegelungsbeschichtung auf der Dreifach-Schicht. Insbesondere sei Merkmal 1.2 erfüllt, da der Resonatorspiegel lediglich als zur Verwendung in einem Festkörperlaserresonator mit einer Ausgangsleistung von größer 1 Watt geeignet sein müsse. Das unterscheidende Merkmal löse das folgende Problem: Entwicklung eines Resonatorspiegels mit sättigbarem Absorber, der die Strahlungsintensität einer im Strahlungsmaximum der Laserintensität liegenden Absorberschicht zu erhöhen ermögliche.
- Die Kombination der Merkmale des Anspruchs 1 bewirke, dass die im Resonator vorhandene Energie optimal genutzt werde, d.h. möglichst viel Resonatorenergie in die Dreifachschicht mit dem sättigbaren Absorber gekoppelt werde. Dies geschehe durch das Aufbringen einer Entspiegelungsschicht und nicht durch eine Erhöhung der Resonatorenergie, was zur Belastung von Resonatorbauteilen führen könne.
- Dokument D5 offenbare, dass die Sättigungsintensitat durch eine geeignete Lage der Absorberschicht verändert werden könne. Es stelle sich somit für den Fachmann nicht die Frage nach einem anderen Dokument zur Lösung des Problems zu suchen. Selbst wenn der Fachmann die Dokumente D3 und D9 für eine Kombination von Merkmalen in Betracht ziehen würde, so käme er bei einer Anwendung der Lehre aus diesen Dokumenten auf den Resonatorspiegel aus D5, Fig. 8c nicht ohne weiteres auf den Gegenstand von Anspruch 1. Es werde in den Dokumenten D3 und D9 zahlreiche Variationen dargestellt. Ein beliebiges Austauschen von Schichten und ihr Transfer auf andere Resonatorspiegel aus dem verfügbaren Stand der Technik sei nicht ohne weiteres möglich, da sich die dünnen Schichten in den Resonatorspiegeln der Dokumente D3, D5 und D9 gegenseitig beeinflussen würden. Es sei nicht möglich, die Übertragung eines Merkmals unabhängig von den anderen Merkmalen zu betrachten. Eine Änderung des Resonatorspiegels aus D5, Fig. 8c wäre darüber hinaus im Hinblick auf die Dokumente D3 und D9 nicht eindeutig. Eine selektive Übertragung von lediglich der Entspiegelungsschicht sei durch eine rückschauende Betrachtung geprägt.
- Anspruch 14 definiere einen Festkörperlaserresonator mit einem Resonatorspiegel der alle Merkmale von Anspruch 1 aufweise. Die zu Anspruch 1 gestellten Überlegungen träfen deshalb auch auf Anspruch 14 zu.
V. In der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer beantragte die Beschwerdeführerin und Einsprechende die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents.
Die Beschwerdegegnerin und Patentinhaberin beantragte:
Als Hauptantrag, die Verwerfung des Einspruchs als unzulässig,
Als 1. Hilfsantrag, die Zurückweisung der Beschwerde als unbegründet,
Als 2. Hilfsantrag, die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents auf der Basis des Anspruchs 1, eingereicht als 2. Hilfsantrag während der mündlichen Verhandlung und wortgleich mit Anspruch 14 des aufrechterhaltenen Patents.
VI. Zur Begründung ihres Antrags führte die Beschwerdeführerin und Einsprechende folgendes aus:
- Dem Hauptantrag der Beschwerdegegnerin, den Einspruch als unzulässig zu verwerfen, stehe das Verbot der "reformatio in peius" entgegen. Die Beschwerdegegnerin habe keine eigene Beschwerde eingelegt und könne deshalb den vor der Einspruchsabteilung gestellten Hauptantrag nicht weiterverfolgen, da das Patent auf der Grundlage des 1. Hilfsantrags aufrechterhalten wurde.
- Ferner sei der Hauptantrag unbegründet, da die Patentinhaberin und die Einspruchsabteilung die durch die Einspruchsschrift erhobenen Einwände erkannt und behandelt hätten. Somit sei der Einspruch als zulässig zu erachten.
- Die Merkmale 1.1 bis 1.7 des Anspruchs 1 seien aus D5 bekannt. Demnach unterscheide sich der Resonatorspiegel des Anspruchs 1 dadurch, dass eine Entspiegelungsbeschichtung auf der Dreifach-Schicht aufgebracht sei. Diese Entspiegelungsbeschichtung bewirke, dass weniger Licht an der Oberfläche des Resonatorspiegels reflektiert und mehr Licht eingekoppelt werde, wodurch die Strahlungsintensität am Ort der Absorberschicht erhöht werde. Es stelle sich demnach die objektive Aufgabe, den Resonatorspiegel der D5 dahingehend abzuändern, dass mehr Licht ins Innere des Resonatorspiegels eingekoppelt werde. Der auf dem Gebiet der Optik bewanderte Fachmann kenne Entspiegelungsbeschichtungen und deren Wirkung. Insbesondere wisse der Fachmann, dass Entspiegelungsbeschichtungen die Lichtdurchlässigkeit von optischen Oberflächen erhöhen und Reflexe an der Oberfläche vermindern. Zur Lösung der objektiven Aufgabe werde der Fachmann demgemäß eine Entspiegelungsbeschichtung verwenden, um die Lichtdurchlässigkeit zu erhöhen und mehr Licht einzukoppeln.
- Insbesondere offenbare D9, dass man die in einen Resonatorspiegel eingekoppelte Lichtmenge zwischen 0 und 100% wählen könne, indem man entweder eine Entspiegelungsbeschichtung (antireflection AR) oder eine hoch reflektierende Beschichtung (high-reflection HR) auf die Oberfläche des Resonatorspiegels aufbringe.
- Die vorhergehenden Bemerkungen seien auch für den Gegenstand des Anspruchs 14 gültig, dessen Gegenstand sich von demjenigen des ersten Anspruchs lediglich dadurch unterscheide, dass sich der Resonatorspiegel in einem Festkörperlaserresonator befinde (und nicht wie in Anspruch 1 lediglich für einen solchen geeignet sei). Das Anbringen des Resonatorspiegels in einem Festkörperlaser (und damit in einem Festkörperlaserresonator) werde jedoch in D5 gelehrt.
VII. Zur Begründung ihres Antrags führte die Beschwerdegegnerin und Patentinhaberin folgendes aus:
- Der Einspruch sei unzulässig, da innerhalb der Einspruchsfrist lediglich eine Einspruchsbegründung eingereicht wurde, die sich nicht mit der tatsächlich patentierten technischen Lehre auseinandersetze, sondern nur einen unvollständigen Teilaspekt davon behandele. In der Merkmalsanalyse der Einsprechenden werde das Merkmal 6, das sowohl im erteilten Anspruch 1 als auch im erteilten Anspruch 15 enthalten sein solle, wie folgt angegeben: "The single quantum layer is outside an intensity maximum for the laser radiation". Weder im erteilten Anspruch 1 noch im erteilten Anspruch 15 sei jedoch das Merkmal enthalten, wonach die Einfach-Quantenschicht außerhalb eines Intensitätsmaximums für die Laserstrahlung sei. Das richtige Merkmal der Ansprüche 1 bis 15 laute hingegen, daß die Einfach-Quantenschicht außerhalb eines Intensitätsminimums für die Laserstrahlung sei. Dies sei natürlich ein völlig anderes Merkmal als das Merkmal, das in der Einspruchsbegründung als Merkmal 6 angegeben sei. Da somit in der gesamten Einspruchsbegründung lediglich ein unvollständiger Teilaspekt der patentierten technischen Lehre behandelt werde, habe die Einsprechende den Einspruch nicht ausreichend substantiiert, so daß der gestellte Hauptantrag begründet sei.
- Die von der Beschwerdeführerin nachgereichten Auszüge aus Enzyklopädien würden die klassische Entspiegelung von Linsen, Brillengläsern, Kameralinsen, usw. beschreiben. Bei solchen optischen Elementen könne man durch Aufbringen einer oder mehrerer dünner Schichten auf einer Seite der Linsen erreichen, dass die Transmission durch die Linse erhöht und die Reflexion an der Linsengrenzfläche verringert werde. Wie angegeben, beruhe diese Wirkung auf Interferenzeffekten in der bzw. die dünnen Schichten, die auf der Linse aufgebracht seien. Dies setze natürlich voraus, dass die Linse selbst zu diesen Interferenzeffekten nicht beitrage, was nur dann der Fall sei, wenn die Linse eine Dicke aufweise, die sehr viel größer als die Wellenlãnge der entsprechenden Strahlung sei. Dies sei bei optischen Linsen für Brillen, Kameras, stets gegeben. Die vorliegende Erfindung betreffe jedoch keine klassische Linse, sondern einen Resonatorspiegel, der einen Bragg-Reflektor sowie eine Dreifach-Schicht, die eine Einfach-Quantenschicht enthalte, aufweise. Bei solchen Dünnschicht-Systemen liege die oben angegebene Bedingung nicht mehr vor, dass die Ausdehnung des optischen Elementes sehr viel größer als die Wellenlänge ist. Insbesondere beruhe ein Bragg-Reflektor gerade auf Interferenzeffekten in dünnen Schichten. Somit sei dem Fachmann klar, dass man bei einem Dünnschicht-System nicht ohne weiteres eine herkömmliche Entspiegelung vorsehen könne, da der Effekt der so vorgesehenen Entspiegelung entscheidend von dem Dünnschicht-System selbst abhänge. Die Entspiegelungsbeschichtung könne daher nicht als separate Einheit angesehen werden, die ohne weiteres auf einem Resonatorspiegel mit den Merkmalen 1.1 bis 1.7 in additiver Weise vorgesehen werden könne.
- Mit dem Vorsehen der Entspiegelungsbeschichtung auf der Dreifach-Schicht werde der Vorteil erreicht, dass der Anteil der auf den Resonatorspiegel treffenden Laserstrahlung, der in die Einfach-Quantenschicht eingekoppelt werde, erhöht sei. Dieser höhere Anteil führe nun aber dazu, dass die Energiedichte der auf den Resonatorspiegel treffenden Laserstrahlung verringert werden könne, und trotzdem am Ort der Einfach-Quantenschicht immer noch eine sehr hohe Sättigungsenergiedichte vorliege. Damit werde die energetische Belastung des Resonatorspiegels verringert. Es sei somit die objektive Aufgabe der Erfindung, einen Resonatorspiegel mit einem sättigbaren Absorber für Laserstrahlung einer Laserwellenlänge vorzusehen, bei dem die energetische Belastung des Resonatorspiegels bei gleichbleibender sättigbar absorbierender Wirkung verringert werden kann.
- Selbst wenn der Fachmann, aufgrund seines Fachwissens an Entspiegelungsbeschichtungen denken würde, würde er sie bei der Ausführungsform von Figur 8c der D5 nicht vorsehen, da ihm bekannt sei, dass eine Entspiegelungsbeschichtung mehr Strahlung und somit mehr Energie in das die Entspiegelungsbeschichtung aufweisende optische System einkoppele. Dies würde ja grundsätzlich zu einer höheren energetischen Belastung führen, so dass der Fachmann noch die weitere Überlegung anstellen müsse, die absolute Energiedichte zu verringern, um wieder zu der gleich hohen gewünschten Sättigungsenergiedichte innerhalb der Einfach-Quantenschicht zu gelangen. Für solche weitere Überlegungen erhalte der Fachmann jedoch weder aus der D5 noch aus seinem Fachwissen irgendeinen Hinweis.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Zulässigkeit des Hauptantrags der Beschwerdegegnerin
2.1 Die Beschwerdegegnerin und Patentinhaberin hat die Zulässigkeit des Einspruchs in Frage gestellt, da die am 6. Februar 2004 eingereichte Einspruchsschrift auf eine fehlerhafte Merkmalsanalyse begründet sei und keine entsprechende Korrektur innerhalb der neunmonatigen Einspruchsfrist vorgenommen worden sei.
2.2 Die Beschwerdeführerin und Einsprechende hat das Verbot der "reformatio in peius" geltend gemacht, da die Beschwerdegegnerin keine eigene Beschwerde eingelegt habe und ihr Hauptantrag, nämlich den Einspruch als unzulässig zu verwerfen, ihrem im Einspruchsverfahren gestellten Hauptantrag entspräche. Dieser Antrag sei jedoch im Einspruchsverfahren zurückgewiesen und das Patent aufgrund der in der mündlichen Verhandlung eingereichten Unterlagen aufrecht erhalten worden. Die Beschwerdegegnerin könne deshalb im Beschwerdeverfahren nur die geänderte Patentfassung verteidigen oder weiter einschränken, ihre rechtliche Stellung jedoch nicht verbessern.
2.3 Es ist jedoch die ständige Rechtsprechung der Beschwerdekammern, dass die Zulässigkeit des ursprünglichen Einspruchs als unverzichtbare Verfahrensvoraussetzung unter dem Amtsermittlungsprinzip des Artikels 114(1) EPÜ 1973 fällt und deshalb nicht dem Verbot der Schlechterstellung unterliegt (s. T 1178/04; OJ 2008, 80; insbesondere Leitsatz und Punkt 24 bis 26 der Begründung; T 240/99, Punkt 3). Der von der Beschwerdegegnerin gestellte Überprüfungsantrag ist somit zulässig.
3. Zulässigkeit des Einspruchs
3.1 In der Merkmalsanalyse des Anspruchs 1 hat die Einsprechende in der ursprünglichen Einspruchsschrift unter Merkmal 6 angegeben "The single quantum layer is outside an intensity maximum for the laser radiation". Das entsprechende Merkmal des erteilten Patents besagt jedoch "bei der eine Einfach-Quantenschicht ... außerhalb eines Intensitätsminimums für die Laserstrahlung eingebettet ist".
3.2 Regel 55 (c) EPÜ 1973 fordert, dass die Einspruchsschrift eine Erklärung enthalten muss, in welchem Umfang gegen das europäische Patent Einspruch eingelegt und auf welche Einspruchsgründe der Einspruch gestützt wird, sowie die Angabe der zur Begründung vorgebrachten Tatsachen und Beweismittel.
3.3 Im vorliegenden Fall überschneiden sich die Bereiche des in der Einspruchsschrift genannten Merkmals "außerhalb eines Intensitätsmaximums" mit dem Bereich des erteilten Patentmerkmals "außerhalb eines Intensitätsminimums" fast vollständig. Nach jedem dieser Merkmale wird nur ein einziger Punkt ausgeschlossen, nämlich entweder das Intensitätsmaximum oder das Intensitätsminimum. Der Intensitätsbereich zwischen dem Intensitätsmaximum und dem Intensitätsminimum, der nach dem Anspruchswortlaut auch geschützt wird, wird durch die in der Einspruchsschrift vorgelegten Begründung und der genannten Tatsachen und Beweismittel angegriffen. Dies wird auch nicht von der Beschwerdegegnerin bestritten, da sie angeführt hat, dass "somit in der gesamten Einspruchsbegründung lediglich ein unvollständiger Teilaspekt der patentierten technischen Lehre behandelt werde". Eine vollständige Substantiierung des gesamten Anspruchgegenstands ist jedoch kein Erfordernis eines zulässigen Einspruchs.
3.4 Ferner hat die Kammer keine Zweifel, dass die ursprüngliche Einspruchsbegründung ausreichend war, um der Einspruchsabteilung und der Patentinhaberin zu erlauben die erhobenen Einwände gegen die Patentierbarkeit des beanspruchten Gegenstands nachzuvollziehen. So zeigt z.B. Figur 11a der D3, die in der Einspruchsschrift als neuheitsschädlicher Stand der Technik angeführt wurde, eine Einfach-Quantenschicht die außerhalb eines Intensitätsmaximums oder -minimums liegt und somit das angesprochene Merkmal des Gegenstand des Anspruchs 1 trifft.
3.5 Die Einspruchsschrift ist deshalb ausreichend begründet und der Einspruch ist als zulässig zu bewerten. Dem Hauptantrag der Beschwerdegegnerin wird deshalb nicht stattgegeben.
4. 1. Hilfsantrag - Anspruch 1 - Erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ 1973)
4.1 Es ist unstrittig, dass Dokument D5 einen Resonatorspiegel mit den folgenden Merkmalen des Anspruchs 1 offenbart (die entsprechenden Bezugszeichen aus D5 wurden von der Kammer eingesetzt) (s. D5, Seite 13, Zeile 25 bis Seite 14, Zeile 36; Figur 8c):
1.1 Resonatorspiegel mit einem sättigbaren Absorber (63) für Laserstrahlung einer Laserwellenlange (lambda),
1.3 wobei auf einer Oberfläche eines Substrates ein Bragg-Reflektor (53, 55) aufgewachsen ist, welcher aus einer Vielzahl alternierend angeordneter Halbleiterschichten aus einem ersten Material (53) mit einem ersten Brechungsindex (nGaAs~3.5) und aus einem zweiten Material (55) mit einem zweiten Brechungsindex (nAlAs~2.95), der niedriger als der erste Brechungsindex ist, besteht,
1.4 wobei direkt auf dem Bragg-Reflektor (53, 55) eine Dreifach-Schicht (64, 63, 64) aufgewachsen ist,
1.5 bei der eine Einfach-Quantenschicht (63) innerhalb von zwei Schichten (64), die beide aus dem zweiten Material (55) gebildet sind,
1.6 und im Intensitätsmaximum (65) für die Laserstrahlung eingebettet ist, (s. Seite 14, Zeile 34 bis 36)
1.7 wobei die Dreifach-Schicht (64, 63, 64) ein ganzzahliges Vielfaches von lambda/2 optisch dick ist (s. Seite 14, Zeilen 33 bis 34), und wobei lambda die Laserwellenlänge ist.
4.2 Die Beschwerdegegnerin und Patentinhaberin hat hervorgehoben, dass das Merkmal 1.2, nämlich "zur Verwendung in einem Festkörperlaserresonator mit einer Ausgangsleistung von größer 1 Watt", nicht explizit in D5 offenbart sei.
4.3 Die Beschwerdeführerin und Einsprechende hat hierzu ausgeführt, dass es erstens nicht möglich sei einem Festkörperlaserresonator eine Ausgangsleistung zuzuweisen, da dies von der Art und Weise abhänge wie der Resonator betrieben werde, und zweitens, dass der aus D5 bekannte Resonator grundsätzlich auch für einen Betrieb von größer als 1 Watt geeignet sei.
4.4 Dem stimmt die Kammer zu, da sie nicht erkennen kann, welche konstruktive Eigenschaften oder Merkmale den aus D5 bekannten Resonatorspiegels für eine gegebene Laserleistung befähigen. Insbesondere kann die Kammer keinen konstruktiven Unterschied zwischen den beanspruchten, und im Patent beschriebenen, und den in D5 offenbarten Resonatorspiegel feststellen, der ihn für eine gegebene Ausgangsleistung befähigen würde. Die Kammer, wie auch schon vor ihr die Einspruchsabteilung, kommt deshalb zu dem Schluss, dass der aus D5 bekannte Resonatorspiegel auch für eine Verwendung in einem Festkörperlaserresonator mit einer Ausgangsleistung von größer als 1 Watt geeignet ist. Merkmal 1.2 beinhaltet deswegen keinen Unterschied zu dem aus Dokument D5 bekannten Resonatorspiegel.
4.5 Somit unterscheidet sich der Resonatorspiegel des Anspruchs 1 von dem aus der D5 bekannten Resonatorspiegel durch Merkmal 1.8, nämlich durch das Aufbringen einer Entspiegelungsbeschichtung auf der Dreifach-Schicht.
4.6 Es ist dem Fachmann, ein Physiker der sich mit der Forschung und Entwicklung quantenoptischer Geräte befasst, geläufig, dass eine Entspiegelungsbeschichtung Lichtreflexionen auf der Oberfläche verhindert oder mindestens verringert. Somit ist es möglich eine höhere Lichtmenge in das darunter liegende Objekt einzukoppeln.
4.7 Die zu lösende technische Aufgabe wurde von den Parteien unterschiedlich dargestellt.
Die Beschwerdeführerin und Einsprechende stellte die zu lösende technische Aufgabe dar, den Resonatorspiegel der D5 dahingehend abzuändern, so dass mehr Licht ins Innere des Resonatorspiegels eingekoppelt wird.
Die Beschwerdegegnerin sah die zu lösende technische Aufgabe darin, einen Resonatorspiegel mit einem sättigbaren Absorber für Laserstrahlung einer Laserwellenlänge vorzusehen, bei dem die energetische Belastung des Resonatorspiegels bei gleichbleibender sättigbar absorbierender Wirkung verringert werden kann.
4.8 Da die Kammer dem Antrag der Beschwerdegegnerin nicht stattgegeben hat, geht die Kammer, um die Argumentationslinie der Beschwerdegegnerin zu widerlegen, von der von der Beschwerdegegnerin gestellten technischen Aufgabe aus.
4.9 Eine Entspiegelungsbeschichtung bewirkt, dass weniger Licht an der beschichteten Oberfläche reflektiert und entsprechend mehr Licht in das beschichtete Objekt eingekoppelt wird. Dies ist die direkte Wirkung dieser Beschichtung. Ob jedoch durch die Entspiegelungsbeschichtung mehr Licht an die darunter liegende Absorberschicht geleitet wird, oder die auf den Resonatorspiegel einfallende Lichtintensität so verringert wird, dass die Intensität in der Absorberschicht konstant bleibt, ist eine Entscheidung die der Fachmann unter den gegebenen Umständen trifft und die u. a. davon abhängt, ob die Absorberschicht schon an ihrer Lichtintensitätsgrenze arbeitet, ob damit die Modulationstiefe des Resonatorspiegels erhöht werden kann, sollte dies überhaupt notwendig oder gewünscht sein, oder ob die thermische Belastung des Resonatorspiegels, durch eine entsprechende Verringerung der einfallenden Strahlung, verringert werden soll, usw.
4.10 Für den Fachmann, der vor die Aufgabe gestellt wird, die Strahlungsbelastung des Resonatorspiegels bei gleichbleibender Strahlungsintensität in der Absorber-Schicht zu verringern, ist die Verwendung einer Entspiegelungsschicht naheliegend, da man hiermit die eingekoppelte Lichtmenge beeinflussen kann, wie schon in D9 vorgeschlagen (s. Seite 41, letzter Absatz). Es ist für den Fachmann offensichtlich, dass, wenn mehr Strahlung in den Resonatorspiegel eingekoppelt wird, die Intensität in der Absorber-Schicht jedoch gleich bleiben soll, weniger Strahlung an der Resonator spiegel oberfläche erforderlich ist. Das entspricht nicht nur dem allgemeinen Fachwissen, sondern dem gesunden Menschenverstand. Diese Überlegungen bedürfen keiner erfinderischen Tätigkeit, es sei denn, es bestünde ein technisches Vorurteil gegen diese Lösung, das überwunden werden muss.
4.11 Die Beschwerdegegnerin hat indirekt auf solch ein Vorurteil unter Verweis auf Dokument D16 hingewiesen. Dieses Dokument offenbart einen 10 Watt Laser und befasst sich mit der Schwierigkeit "Q-switched mode-locking (QML)" Instabilitäten in der Absorber-Schicht zu verhindern, die auftreten, da der Querschnitt der auf den Absorber einfallenden Laserstrahlung nicht beliebig verringert werden kann (s. auf Seite 528 der Absatz der sich über die linke und rechte Spalte erstreckt). Obwohl die thermische Belastung am Reflektorspiegel verringert werden sollte, wurde in diesem Fall keine Entspiegelungsbeschichtung verwendet (s. auf Seite 530 der Absatz der sich über die linke und rechte Spalte erstreckt).
Dies belegt nach Auffassung der Kammer jedoch kein klar erkennbares Vorurteil, da ein solches explizit offenbart werden muss. Ein nicht Verwenden einer Maßnahme kann viele Ursachen haben und lässt nicht auf ein Vorurteil gegen diese Maßnahme schließen. Dies ist auch kein Beleg eines Nicht-Naheliegens dieser Maßnahme.
4.12 Die Beschwerdegegnerin hat ferner dargelegt, dass man bei einem Dünnschicht-System nicht ohne weiteres eine herkömmliche Entspiegelung vorsehen könne, da der Effekt der so vorgesehenen Entspiegelung entscheidend vom Dünnschicht-System selbst abhänge und man die Entspiegelungsbeschichtung nicht als separate Einheit ansehen könne, die auf einem Resonatorspiegel mit den Merkmalen 1.1 bis 1.7 ohne weiteres in additiver Weise aufgebracht werden könne, ohne dabei den genauen Aufbau des Resonatorspiegels zu berücksichtigen.
4.13 Die Kammer findet dieses Argument jedoch nicht überzeugend, da die Merkmale und der Aufbau der im Patent offenbarten Entspiegelungsbeschichtung einer herkömmlichen Entspiegelungsbeschichtung entsprechen und das Patent nicht offenbart, ob und wie der genauen Aufbau des Resonatorspiegels für den Aufbau der Entspiegelungsbeschichtung berücksichtigt wurde.
4.14 Aus den dargestellten Gründen kommt die Kammer zu dem Schluss, dass der Resonatorspiegel des Anspruchs 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht (Artikel 56 EPÜ 1973). Der 1. Hilfsantrag der Beschwerdegegnerin bleibt deshalb erfolglos.
5. 2. Hilfsantrag - Anspruch 14 - Erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ 1973)
5.1 Anspruch 14 bildet, in Anspruch 1 umbenannt, den einzigen Anspruch des 2. Hilfsantrags der Beschwerdeführerin.
5.2 Dieser Anspruch bezieht sich auf einen Festkörperlaserresonator mit einem Resonatorspiegel nach Anspruch 1, dessen Ausgangsleistung größer als 1 Watt ist. Es stellt sich daher die Frage, ob die Ausgangsleistung ein konstruktives Merkmal des Festkörperlaserresonators ist, oder ob dieser hierfür nur geeignet sein muss.
5.3 Wie schon unter Punkt 4.3 und 4.4 dargestellt, teilt die Kammer die Auffassung der Beschwerdeführerin und Einsprechenden, dass es nicht möglich ist, einem Festkörperlaserresonator eine Ausgangsleistung zuzuweisen. Der Resonator ermöglicht nämlich nur die Resonanz der in ihm befindlichen Strahlung und beinhaltet deshalb nur die konstruktiven Merkmale die diese Resonanz beeinflussen, d.h. die geometrische Anordnung der Komponenten. Wie stark die Strahlungsleistung jedoch tatsächlich ist, wird durch die Anordnung der Komponente nicht festgelegt und hängt u. a. von die von den Pumpdioden eingekoppelte Strahlungsmenge ab. Aus diesen Gründen muss das Merkmal der Ausgangsleistung größer als 1 Watt dahin ausgelegt werden, dass der Festkörperlaserresonator dafür geeignet sein muss.
5.4 Es stellen sich deshalb dieselben Fragen über das Vorhandensein einer erfinderischen Tätigkeit, die schon in Bezug auf den Resonatorspiegel des Anspruchs 1 behandelt wurden. Die Kammer kann nicht erkennen, weshalb diese Fragen bei einem Festkörperlaserresonator der solch einen Resonatorspiegel beinhaltet anders zu beantworten wären, insbesondere, da Dokument D5 offenbart, wie der Resonatorspiegel in einem Festkörperlaserresonator anzuordnen ist und das angegriffene Patent diesbezüglich keine eigene Lehre offenbart.
5.5 Aus den dargestellten Gründen kommt die Kammer zu dem Schluss, dass der Festkörperlaserresonator nach Anspruch 1 des 2. Hilfsantrags der Beschwerdegegnerin nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht (Artikel 56 EPÜ 1973). Der 2. Hilfsantrag der Beschwerdegegnerin bleibt deshalb erfolglos.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Das Patent wird widerrufen.