T 1590/10 20-05-2014
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HERSTELLUNG VON ALKANOLALKOXYLATEN BEI OPTIMIERTEN REAKTIONSTEMPERATUREN
Hauptantrag:
Erfinderische Tätigkeit (ja)
Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde der Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, mit der das europäische Patent Nr. 1 542 954 widerrufen wurde.
II. Im Verfahren vor der Einspruchsabteilung war das Streitpatent von der Beschwerdegegnerin (Einsprechende) in seinem gesamten Umfang inter alia wegen fehlender erfinderischer Tätigkeit gemäß Artikel 100 a) EPÜ angegriffen worden. Der Wortlaut des unabhängigen Anspruchs 1, auf dem die angefochtene Entscheidung beruht, lautet wie folgt:
"1. Verfahren zur Herstellung mindestens eines Alkoxylats, umfassend das Inkontaktbringen von Ethylenoxid, mit 2-Propylheptanol oder einem Isomerengemisch davon, in Gegenwart mindestens einer Doppelmetallcyanid-Verbindung der allgemeinen Formel I:
M**(1)a[M**(2)(CN)b(A)c]d.fM1gXn.h(H2O).eL.kP (I),
in der
- M**(1) mindestens ein Metallion, ausgewählt aus der Gruppe bestehend aus Zn**(2+), Fe**(2+), Fe**(3+), Co**(3+), Ni**(2+), Mn**(2+), Co**(2+), Sn**(2+), Pb**(2+), Mo**(4+), Mo**(6+), Al**(3+), V**(4+), V**(5+), Sr**(2+)>, W**(4+), W**(6+), Cr**(2+), Cr**(3+), Cd**(2+), Hg**(2+), Pd**(2+), Pt**(2+), V**(2+), Mg**(2+), Ca**(2+), Ba**(2+), Cu**(2+), La**(3+), Ce**(3+), Ce**(4+), Eu**(3+), Ti**(3+), Ti**(4+), Ag**(+), Rh**(2+), Rh**(3+), Ru**(2+), Ru**(3+)ist,
- M**(2) mindestens ein Metallion, ausgewählt aus der Gruppe bestehend aus Fe**(2+), Fe**(3+), Co**(2+), Co**(3+), Mn**(2+), Mn**(3+), V**(4+), V**(5+), Cr**(2+), Cr**(3+), Rh**(3+), Ru**(2+), Ir**(3+)ist,
- A und X unabhängig voneinander ein Anion, ausgewählt aus der Gruppe, bestehend aus Halogenid, Hydroxid, Sulfat, Carbonat, Cyanid, Thiocyanat, Isocyanat, Cyanat, Carboxylat, Oxalat, Nitrat, Nitrosyl, Hydrogensulfat, Phosphat, Dihydrogenphosphat, Hydrogenphosphat oder Hydrogencarbonat sind,
- L ein mit Wasser mischbarer Ligand ist, ausgewählt aus der Gruppe, bestehend aus Alkoholen, Aldehyden, Ketonen, Ethern, Polyethern, Estern, Polyestern, Polycarbonat, Harnstoffen, Amiden, primären, sekundären und tertiären Aminen, Liganden mit Pyridin-Stickstoff, Nitrilen, Sulfiden, Phosphiden, Phosphiten, Phosphanen, Phosphonaten und Phosphaten,
- k eine gebrochene oder ganze Zahl größer oder gleich Null ist, und
- P ein organischer Zusatzstoff ist,
- a, b, c, d, g und n so ausgewählt sind, dass die Elektroneutralität der Verbindung (I) gewährleistet ist, wobei c = 0 sein kann,
- e die Anzahl der Ligandenmoleküle eine gebrochenen oder ganze Zahl größer 0 oder 0 ist,
- f und h unabhängig voneinander eine gebrochene oder ganze Zahl größer 0 oder 0 sind,
dadurch gekennzeichnet, dass die Umsetzung bei einer Temperatur von 130°C bis 155°C erfolgt, und ein Inertgas zugegeben wird, wobei der Partialdruck des Inertgases während der Umsetzung 1,5 bis 20 bar beträgt."
III. In der angefochtenen Entscheidung bezog sich die Einspruchsabteilung u.a. auf die Druckschriften
(1) WO-A-2002/42358,
(4) US-A-6 429 342,
(5) WO-A-1997/23544 und
(6) WO-A-1994/11330.
IV. Die Einspruchsabteilung stellte in ihrer Entscheidung fest, dass das beanspruchte Verfahren ausgehend von Druckschrift (6) als nächstliegendem Stand der Technik nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Dabei betreffe Druckschrift (6) ebenfalls ein Verfahren zur Herstellung von Alkoxylaten ausgehend von Alkylenoxiden und 2-Propylheptanol. Ausgehend von Druckschrift (6) werde als Aufgabenstellung nur die Bereitstellung eines Alkoxylierungsverfahrens mit verkürzter Induktionszeit gesehen. Da die mit Schriftsatz vom 23. Februar 2010 eingereichten Versuchsbeispiele der Beschwerdeführerin keinen synergistischen Effekt einer spezifischen Kombination von Temperatur und Inertgas-Partialdruck zu belegen vermögen, könne die streitpatentgemäß angebotene Lösung nur die Wahl der Reaktionstemperatur im Bereich von 130 bis 155°C darstellen. Die vorteilhafte Verwendung der DMC-Katalysatoren für die Alkoxylierung von Alkoholen, z.B. Dekanolen, sei bereits in den Druckschriften (1) und (5) offenbart. Die Reaktionstemperatur sei bereits im Stand der Technik, beispielsweise durch die Druckschrift (4), nahegelegt.
V. Mit der Beschwerdebegründung vom 14. September 2010 reichte die Beschwerdeführerin neue Vergleichsversuche und die Hilfsanträge 1 und 2 ein. Mit Schriftsatz vom 28. Februar 2014 reichte sie nochmals eine Reinschrift aller Anträge, einschließlich der zusätzlichen Hilfsanträge 3 bis 5 ein.
Im Hinblick auf den Hauptantrag brachte sie vor, dass ausgehend von Druckschrift (6) als nächstliegendem Stand der Technik die Aufgabe darin bestanden habe, ein Verfahren zur Herstellung von Alkoxylaten auf Basis von Ethylenoxid und 2-Propylheptanol bereit zu stellen, welches einen möglichst hohen Umsatz bei gleichzeitig geringem Restalkoholgehalt ermögliche. Die mit der Beschwerdebegründung eingereichten Vergleichsversuche belegten, dass nur bei einer Reaktionstemperatur im Bereich von 130°C bis 155°C und in Gegenwart eines Inertgases mit einem Partialdruck von 1,5 bis 20 bar diese Aufgabe gelöst werde. Da der Fachmann weder in Druckschrift (6), noch in Druckschrift (4) einen Hinweis darauf gehabt habe, dass durch eine Reaktionstemperatur im Bereich von 130°C bis 155°C in Gegenwart eines Inertgases mit einem Partialdruck von 1,5 bis 20 bar ein höherer Umsatz bei gleichzeitig geringerem Restalkoholgehalt erzielt werden könne, beruhe der Gegenstand des Anspruches 1 gemäß Hauptantrag auf einer erfinderischen Tätigkeit.
VI. Die Beschwerdegegnerin widersprach den Ausführungen der Beschwerdeführerin und bemängelte, dass die mit der Beschwerdebegründung eingereichten Versuchsbeispiele nicht den nächstliegenden Stand der Technik gemäß Druckschrift (6) beträfen und keine ausreichenden technischen Angaben enthielten, so dass sie nicht zweifelsfrei nachvollzogen werden können. Insbesondere fehlten die Angaben darüber, welcher Reaktor Typ und welches Inertgas gewählt wurden. Ebenso könne man nicht erkennen, worauf sich der in den Beispielen angegebene Partialdruck des Inertgases beziehe, da sich im Verlaufe der Reaktion der Druck im Reaktor zwangsläufig erhöhe. Daher sei es nicht glaubhaft, dass die behaupteten Effekte nur auf eine spezifische Auswahl von Reaktionstemperatur und Inertgas-Partialdruck zurückzuführen seien. Im Übrigen zeige das Verfahren gemäß der Druckschrift (4) bereits Ausbeuten von etwa 85 % des theoretischen Wertes, so dass ein Umsatz von 67 %, wie im nachgereichten Versuch 1 erzielt, nicht als besonders hoch zu sehen sei. Die Versuche der Beschwerdeführerin seien daher nicht geeignet, eine synergistische Wechselwirkung zwischen der Reaktionstemperatur und einem spezifischen Partialdruck des Inertgases von 1,5 bis 20 bar zu belegen. Aus den Druckschriften (1) und (5) sei bereits bekannt gewesen, dass DMC-Katalysatoren von Vorteil bei der Alkoxylierung von Alkoholen, z.B. Dekanolen, seien. Auch die beanspruchte Reaktionstemperatur sei bereits aus Druckschrift (4) bekannt gewesen. Daher sei die negative Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit, wie in der angefochtenen Entscheidung dargelegt, für den Gegenstand aller Anträge nach wie vor gültig.
VII. Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Streitpatents auf Basis der Ansprüche 1 bis 4 gemäß Hauptantrag, sowie hilfsweise auf der Basis der Ansprüche 1 bis 4 der Hilfsanträge 1 bis 5, alle Anträge wie eingereicht mit Schriftsatz vom 28. Februar 2014.
Die Beschwerdegegnerin beantragte die Zurückweisung der Beschwerde.
VIII. Am Ende der mündlichen Verhandlung am 20. Mai 2014 vor der Kammer wurde die Entscheidung verkündet.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
Hauptantrag
2. Der Wortlaut der Ansprüche gemäß Hauptantrag ist identisch mit dem Wortlaut der Ansprüche, auf denen die angefochtene Entscheidung beruht. Die Einspruchsabteilung hatte bereits festgestellt, dass die Änderungen den Erfordernissen des Artikels 123(2) und (3) EPÜ genügten und der Gegenstand der Ansprüche neu sei. Da die Beschwerdegegnerin diesbezüglich keine Einwände vorbrachte, sieht auch die Kammer keine Veranlassung, dies in Zweifel zu ziehen. Daher bleibt nur zu entscheiden, ob der Gegenstand des unabhängigen Anspruchs 1 auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.
Erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ)
3. Gemäß Artikel 56 EPÜ beruht eine Erfindung auf einer erfinderischen Tätigkeit, wenn sie sich für den Fachmann nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt. Für die Beantwortung dieser Frage ist es nach der ständigen Rechtsprechung der Beschwerdekammern erforderlich, den nächstliegenden Stand der Technik festzustellen, demgegenüber die Aufgabe zu ermitteln, die erfindungsgemäß aus objektiver Sicht gestellt und gelöst wird, und die Frage des Naheliegens der anmeldungsgemäßen Lösung dieser Aufgabe für den Fachmann angesichts des Standes der Technik zu klären (siehe u. a. T 1/80, ABl. EPA 1981, 206, Punkte 3, 6, 8, 11 der Entscheidungsgründe; T 24/81, ABl. EPA 1983, 133, Punkt 4 der Entscheidungsgründe; T 248/85, ABl. EPA 1986, 262, Punkt 9.1 der Entscheidungsgründe).
3.1 Das Streitpatent betrifft ein Verfahren zur Herstellung von Alkoxylaten auf der Basis von Ethylenoxid und 2-Propylheptanol. Beide Parteien, sowie die Einspruchsabteilung haben Druckschrift (6) als nächstliegenden Stand der Technik angesehen. Die Kammer sieht keine Veranlassung, hiervon abzuweichen.
Druckschrift (6) offenbart ein Verfahren zur Herstellung eines Alkoxylates auf der Basis einer Mischung aus Ethylenoxid und Propylenoxid als Alkylenoxiden und 2-Propylheptanol als Starteralkohol (Seite 1, Zeile 25 bis Seite 2, Zeile 2). Die Umsetzung erfolgt in Gegenwart eines Alkali-Hydroxid-Katalysators bei einer Umsetzungstemperatur von 70°C bis 180°C (Seite 2, Zeilen 11 bis 26). Die Druckschrift enthält keine Informationen, ob ein Inertgas verwendet wird.
3.2 In ihrer Beschwerdebegründung brachte die Beschwerdeführerin vor, dass ausgehend von diesem nächstliegenden Stand der Technik die Aufgabe darin bestanden habe, ein Verfahren zur Herstellung von Alkoxylaten bereitzustellen, welches u.a. einen möglichst hohen Umsatz bei gleichzeitig geringem Restalkoholgehalt ermöglicht.
3.3 Als Lösung der oben genannten Aufgabe bietet das Streitpatent das Verfahren gemäß Anspruch 1 an, welches dadurch gekennzeichnet ist, dass die Umsetzung in Gegenwart eines Inertgases mit einem Partialdruck von 1,5 bis 20 bar und bei einer Reaktionstemperatur von 130°C bis 155°C erfolgt.
3.4 Als Beleg für den Erfolg der angebotenen Lösung verwies die Beschwerdeführerin auf die mit der Beschwerdebegründung eingereichten Versuche.
3.4.1 In diesen Versuchen wurden jeweils gleiche Mengen an 2-Propylheptanol und Ethylenoxid in Gegenwart von jeweils 98 ppm eines DMC-Katalysators gemäß Streitpatent Paragraph [0056] bis [0060] und einem Inertgas umgesetzt (siehe auch Schriftsatz vom 11. Mai 2011). Die Umsetzung wurde jeweils bei unterschiedlichen Reaktionstemperaturen und unterschiedlichen Inertgas-Partialdrucken durchgeführt. Nach einer Reaktionszeit von jeweils 6 Stunden wurden der Umsatz und die Menge an nicht umgesetztem Restalkohol bestimmt.
3.4.2 In Versuch 1 wurde gemäß Streitpatent bei 140°C und einem Partialdruck von 3,3 bar gearbeitet. Der Umsatz lag bei 67 Gew.-% und der Restalkoholgehalt unter 0,1 Gew.-%. In den Vergleichsversuchen V2 und V4 wurde ein anspruchsgemäßer Partialdruck von 3,3 bar gewählt, aber als Reaktionstemperatur jeweils 110°C bzw. 180°C. Dabei wurde in beiden Fällen ein deutlich geringerer Umsatz (27 Gew.-% in V2, 30 Gew.-% in V4) bei gleichzeitig höherem Restalkoholgehalt (5,2 Gew.-% in Versuch V2, 0,92 Gew.-% in Versuch V4) erzielt. Diese Ergebnisse belegen somit, dass das anspruchsgemäße Merkmal des Inertgas-Partialdrucks, das in beiden Versuchen V2 und V4 erfüllt ist, allein nicht ausreicht, um gleichzeitig hohen Umsatz und niedrigen Restalkoholgehalt zu erzielen.
In einem weiteren Vergleichsversuch V3 wurde die Umsetzung, wie in Versuch 1, bei 140°C, also gemäß Streitpatent durchgeführt, jedoch bei einem Inertgas-Partialdruck von nur 1,0 bar. Das in Vergleichsversuch V3 erhaltene Produkt wies ebenfalls einen geringen Restalkoholgehalt von unter 0,1 Gew.-% auf, der erzielte Umsatz war jedoch mit 61 Gew.-% deutlich geringer, als in dem streitpatentgemäßen Versuch 1 mit 67 Gew.-%. Dieses Ergebnis belegt somit, dass auch die Einhaltung der Reaktionstemperatur gemäß Anspruch 1 alleine nicht ausreicht, um gleichzeitig hohen Umsatz und niedrigen Restalkoholgehalt zu erzielen. Ein weiterer Vergleichsversuch V1 wurde bei einer Temperatur von 110°C und einem Partialdruck von 1,0 bar durchgeführt, d.h. beide Parameter außerhalb des jeweils beanspruchten Bereichs. Im Ergebnis zeigte sich dabei ein Umsatz von nur 27 Gew.-% mit einem hohen Restalkoholgehalt von 9,8 Gew.-%. Somit ist nur in Versuch 1 mit beiden Parametern im beanspruchten Bereich ein hoher Umsatz bei gleichzeitig niedrigem Restalkoholgehalt festzustellen.
3.4.3 Die Beschwerdegegnerin brachte vor, dass in den Vergleichsversuchen Angaben dazu fehlten, welcher Reaktor Typ, welche absolute Ansatzgröße und welches Inertgas jeweils gewählt wurde. Ebenso könne man nicht erkennen, worauf sich der in den Beispielen angegebene Partialdruck des Inertgases beziehe, da sich im Verlaufe der Reaktion der Druck im Reaktor zwangsläufig erhöhe. Deshalb seien die Vergleichsbeispiele nicht eindeutig nachvollziehbar und der behauptete Effekt fraglich.
3.4.4 Auch wenn in die Vergleichsversuche nicht alle Details darlegen, so ist für ihre Behauptung, dass die fehlenden Angaben, wie z.B. der Reaktortyp oder die Art des Inertgases, ausschlaggebend für den erreichten Umsatz und den Restalkoholgehalt sein könnten, in jedem Fall die Beschwerdegegnerin beweispflichtig. Sie hat jedoch keine Belege vorgebracht, anhand derer ein möglicher Einfluss der als fehlend bemängelten Angaben auf den Umsatz oder den Restalkoholgehalt erkennbar wäre. Daher kann das Argument der Beschwerdeführerin nicht durchgreifen.
3.4.5 Zusätzlich bestritt die Beschwerdegegnerin, dass die Versuche der Beschwerdeführerin dazu geeignet seien, eine Verbesserung gegenüber dem nächstliegenden Stand der Technik zu belegen, da sie keinen direkten Vergleich zum nächstliegenden Stand der Technik darstellten, bei dem die Reaktion nicht durch DMC-Katalysatoren, sondern durch Alkali- oder Erdalkali-Hydroxide katalysiert werde.
3.4.6 Gemäß ständiger Rechtssprechung der Beschwerdekammern soll bei Vergleichsversuchen der Vergleich mit dem nächsten Stand der Technik so angelegt sein, dass die Wirkung überzeugend und allein auf das die Lösung kennzeichnende Merkmal zwischen beanspruchter Erfindung und nächstem Stand der Technik ursächlich zurückgeführt werden kann. Hierfür kann es auch erforderlich sein, die Vergleichselemente so abzuwandeln, dass sie nur noch in diesem Unterscheidungsmerkmal von der Erfindung abweichen (siehe T 197/86, ABl. EPA 1989, 371, Punkt 6.1.2 der Entscheidungsgründe).
3.4.7 Im vorliegenden Fall stellen die Auswahl einer spezifischen Reaktionstemperatur und die Anwesenheit eines Inertgases mit einem spezifischen Partialdruck jene Merkmale dar, welche die Lösung kennzeichnen. Der jeweils für die Umsetzung verwendete Katalysator zeigt, wie von der Beschwerdegegnerin vorgetragen, einen anderen Reaktionsmechanismus. Um dessen Einfluss auf das Ergebnis auszuschalten und damit die größtmögliche Übereinstimmung der verglichenen Verfahren zu erreichen, hat die Beschwerdeführerin daher in allen Vergleichsversuchen einen DMC-Katalysator gemäß Streitpatent eingesetzt, so dass sich die vorgelegten Vergleichsversuche lediglich durch die Reaktionstemperatur und die Anwesenheit eines Inertgases mit einem spezifischen Partialdruck unterscheiden, die gemäß Vortrag der Beschwerdeführerin die Lösung kennzeichnen (siehe Punkt 3.3 supra). Daher ist die Kammer davon überzeugt, dass diese Vergleichsversuche sich auf Vergleiche größtmöglicher Nähe zum Erfindungsgegenstand beziehen und somit als Beweismittel einer unerwarteten Wirkung geeignet sind.
3.5 Es bleibt nunmehr zu untersuchen, ob der Stand der Technik dem Fachmann eine Anregung bot, die unter Punkt 3.2 supra genannte Aufgabe durch die Auswahl einer Reaktionstemperatur von 130°C bis 155 °C und einem Partialdruck des Inertgases von 1,5 bis 20 bar zu lösen.
3.6 Die hierbei von den Parteien angezogene Druckschrift (4) betrifft ein Verfahren zur Herstellung von Alkoxylaten auf der Basis von Ethylenoxid und einem von 2-Propylheptanol verschiedenen Starteralkohol, welches in Gegenwart eines DMC-Katalysators bei einer Temperatur bis 150°C, durchgeführt wird (Ansprüche 1 bis 3; Spalte 3, Zeilen 29-35). Gleichzeitig kann ein Inertgas bis zu einem Reaktor-Gesamtdruck von etwa 1,4 bis 10 bar zugesetzt werden. Jedoch enthält diese Druckschrift keinen Hinweis darauf, dass der Umsatz und der Restalkoholgehalt optimiert werden kann, indem eine spezifische Kombination einer Umsetzungstemperatur von 130°C bis 155°C bei einem Inertgas-Partialdruck von 1,5 bis 20 bar erreicht werden kann. Folglich hätte der Fachmann, der vor die Aufgabe gestellt ist, ausgehend von Druckschrift (6) ein Verfahren zur Herstellung von Alkoxylaten bereitzustellen, welches einen höheren Umsatz bei gleichzeitig geringerem Restalkoholgehalt ermöglicht, in Druckschrift (4) keine Anregung gefunden, die zur Lösung dieser technischen Aufgabe beiträgt.
3.6.1 Die Beschwerdegegnerin brachte vor, dass das Verfahren gemäß der Druckschrift (4) bereits Ausbeuten von etwa 85 % des theoretischen Wertes zeige, so dass ein Umsatz von 67 %, wie im nachgereichten Versuch 1 erhalten, nicht als besonders hoch zu sehen sei.
3.6.2 Indessen bezieht sich der von der Beschwerdegegnerin berechnete Umsatz auf die Umsetzung von 2-Methyl-3-butyn-2-ol mit Ethylenoxid und damit auf eine völlig andere Reaktion. Das Argument der Beschwerdegegnerin kann somit nicht durchgreifen.
3.6.3 Die von der Beschwerdegegnerin im schriftlichen Verfahren angezogenen Druckschriften (1) und (5) offenbaren lediglich, dass DMC-Katalysatoren als vorteilhaft bei der Alkoxylierung von Dekanolen eingesetzt werden können. Da die Auswahl dieses Katalysatortyps, wie von den Versuchsberichten gezeigt wurde, nicht ursächlich für den Erfolg der in Paragraph 3.2 supra zitierten Aufgabe ist, können diese Druckschriften den beanspruchten Gegenstand auch in Verbindung mit Druckschrift (6) nicht nahelegen.
4. Aus den vorgenannten Gründen kommt die Kammer zum Ergebnis, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrages auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ beruht.
Die abhängigen Ansprüche 2 bis 4 betreffen weitere Ausgestaltungen des Verfahrens gemäß Anspruch 1 und werden von dessen Patentfähigkeit getragen.| |
Hilfsanträge 1 bis 5
6. Da der Hauptantrag die Erfordernisse des EPÜ erfüllt, kann diesem Antrag der Beschwerdeführerin stattgegeben werden. Eine Entscheidung über die nachrangigen Hilfsanträge 1 bis 5 erübrigt sich somit.| |
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben
2. Die Angelegenheit wird an die Einspruchsabteilung zurückverwiesen mit der Maßgabe, ein Patent auf der Grundlage der Ansprüche 1 bis 4 gemäß Hauptantrag und einer daran anzupassenden Beschreibung, aufrecht zu erhalten.