T 0523/88 26-02-1991
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Walzvorrichtung
Broadening (no)
Complete disclosure (yes)
Inventive step (yes)
Erweiterung (nein)
Vollständige Offenbarung (bejaht)
Erfinderische Tätigkeit (bejaht)
Sachverhalt und Anträge
I. Auf die europäische Patentanmeldung Nr. 83 102 931.9, die am 24. März 1983 unter Inanspruchnahme der Priorität aus der Voranmeldung vom 8. April 1982 (CH 2188/82) angemeldet worden war, wurde das europäische Patent 0 091 586 erteilt. Der Hinweis auf die Erteilung wurde am 7. August 1985 bekanntgemacht.
II. Gegen das erteilte Patent hat die Beschwerdeführerin (Einsprechende) am 6. Mai 1986 Einspruch eingelegt und beantragt, das Patent zu widerrufen, da a) der Gegenstand des europäischen Patents nach den Artikeln 52 bis 57 nicht patentfähig sei, insbesondere weil er nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe (Art. 100 a)), b) das europäische Patent die Erfindung nicht so deutlich und vollständig offenbare, daß ein Fachmann sie ausführen könne (Artikel 100 b)), und c) der Gegenstand des europäischen Patents über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgehe (Art. 100 c)).
Zur Stützung ihres Vorbringens bezüglich des Fehlens einer erfinderischen Tätigkeit wurden folgende Dokumente genannt:
D1: US-A-4 222 255 D3: GB-A-2 068 482 D4: GB-A-1 529 861 D5: DE-A-2 851 747.
III. Unter Berücksichtigung der vorstehend genannten Dokumente sowie weiterer auf Seite 1 der angefochtenen Entscheidung angeführter Dokumente hat die Einspruchsabteilung in ihrer Zwischenentscheidung im Sinne von Artikel 106 (3) EPÜ vom 29. August 1988 festgestellt, daß der Aufrechterhaltung des Streitpatents aufgrund der in der Mitteilung gemäß Regel 58 (4) EPÜ vom 29. Juni 1988 angegebenen Unterlagen Einspruchsgründe nicht entgegenstehen.
IV. Gegen die Entscheidung hat die Beschwerdeführerin am 11. Oktober 1988 unter Entrichtung der vorgeschriebenen Gebühr Beschwerde eingelegt.
In der am 4. Januar 1989 eingereichten Beschwerdebegründung, in der die Einwände nach Artikel 100 a) bis c) EPÜ aufrechterhalten wurden, wurde noch auf die Dokumente D8: Zeitschrift "Metall" Dezember 1976, Seiten 1179 bis 1183 und D9: DE-A-3 026 865 (parallele Anmeldung zu D3) hingewiesen.
V. Auf einen entsprechenden Hilfsantrag der Beschwerdeführerin hin wurden die Parteien für den 26. Februar 1991 zur mündlichen Verhandlung geladen.
In der mündlichen Verhandlung beantragte die Beschwerdeführerin die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents Nr. 0 091 586.
Die Beschwerdegegnerin beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen und das Patent auf der Basis der in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Unterlagen aufrechtzuerhalten (Hauptantrag), hilfsweise unter Aufnahme eines die seitliche Abdichtung der Einstellwalze betreffenden Merkmals in den Anspruch 1.
Anspruch 1 gemäß Hauptantrag lautet:
(1) "Walzvorrichtung zum Walzen von bahnförmigem Material (2) mit einem Walzgerüst (1), (3) in dem zwei, einen Walzspalt (6) bildende, in einer Pressebene (a) auf das Material wirkende Arbeitswalzen (2, 3) und gegebenenfalls Stützwalzen (7, 8) angeordnet sind, (4) wobei wenigstens eine der Walzen (7) als Durchbiegungseinstellwalze mit einem im Walzgerüst abgestützten Träger (11) und einem um den Träger drehbaren und auf dem Träger mittels mit einem Druckmittel versorgter hydrostatischer Stützelemente (13) abgestützten und in der Preßebene beweglichen Walzenmantel (12) ausgebildet ist (5) und wobei entlang der Breite des bahnförmigen Materials Dickenmeßgeber (29) angeordnet sind, (6) welche mittels einer Regeleinrichtung (28) zur Einstellung eines vorgegebenen Dickenprofils des bahnförmigen Materials nach dem Verlassen des Walzspaltes den Druck des Druckmittels in den einzelnen hydrostatischen Stützelementen (13) derart steuern, daß ein vorgegebenes Dickenprofil eingehalten wird, dadurch gekennzeichnet,
(7) daß an jedem der beiden seitlichen Ränder des Walzenmantels (12) ein Positionsgeber (16, 23) (7.1) zur Messung der Position der dem Träger (11) zugekehrten Innenseite des Walzenmantels (12) in der Preßebene (a) an der dem Walzspalt zugekehrten Seite gegen eine mit dem Walzgerüst verbundene Basis (22) vorgesehen ist, (7.2) von dessen Ausgangswert mittels der Regeleinrichtung (28) der Druck des Druckmittels der hydrostatischen Stützelemente (13) so beeinflußt wird, daß die Position des Walzenmantels (12) einen vorgegebenen Wert einnimmt, (7.3) wobei der oder die Positionsgeber (16, 23) an einem seitlichen Rand des Walzenmantels (12) in axialer Richtung außerhalb der Lage des äußersten Stützelementes angeordnet sind (7.4) und entweder die Position der Walzenmantel-Innenseite in bezug auf einen bestimmten Punkt eines Einbaustücks (9) oder der Einbaustücke messen, in denen der Träger (11) im Walzgerüst (1) gelagert ist, (7.5) oder unter Vermeidung eines Einbaustückes (9) direkt in bezug auf den Ständer (1) des Walzgerüstes."
(Die in Klammern angegebenen Ziffern 1 bis 7.5 beziehen sich auf eine von der Beschwerdeführerin vorgenommene Aufteilung der Merkmale des Anspruchs, welche im folgenden zum Zwecke der erleichterten Bezugnahme beibehalten wird.) VI. Die Beschwerdeführerin stützt ihren Antrag im wesentlichen auf folgende Argumente:
a) Mangelnde erfinderische Tätigkeit D1 offenbare dem Fachmann nach Auffassung aller Beteiligten den gesamten Oberbegriff des Anspruchs 1.
Darüber hinaus seien auch die Merkmale 7, 7.2 und 7.3 aus D1 entnehmbar, da die Drucksensoren 27 auch als Positionsmeßgeber im Sinne des Anspruchs 1 aufgefaßt werden können, über die der Druck in den hydrostatischen Stützelementen beeinflußt wird, und diese Drucksensoren an der in Merkmal 7.3 definierten Stelle liegen.
Von D1 unterscheide sich das angegriffene Patent nur durch die spezielle Lage der Positionsfühler (7.1) (Innenseite des Walzenmantels am seitlichen Rand) und durch die Messung in bezug auf Träger-Einbaustück oder Ständer des Werkgerüstes (7.4 bzw. 7.5). Hierfür ergäben sich die entsprechenden Anregungen jedoch schon aus D5. Bei Anwendung des Prinzips aus D5 auf die Konstruktion nach D1 komme man ohne erfinderisches Zutun zu dem beanspruchten Gegenstand. Eine solche Anwendung liege nahe, denn die Verwendung einer Zwischenwalze zur Durchführung der Messungen sei erkennbar kompliziert und nur eine von vielen Möglichkeiten, den Walzenspalt zu überwachen.
Zu dem gleichen Ergebnis komme man, wenn man von der D3 bzw. der D9 ausgehe. Diese Literaturstelle zeige zwar keine Dickenregelung durch nachgeschaltete Dickenmeßgeber, aufgrund allgemeinen Fachwissens, wie es z. B. in der D8 offenbart sei, lese jeder Fachmann beim Studium der D3 jedoch mit, daß auch noch Dickenmeßgeber im Auslauf angeordnet seien. Zusätzlich entnehme der Fachmann hierzu noch einen direkten Hinweis, denn in Fig. 4 werden die mittleren Stützelemente des Walzenmantels über Steuerleitungen 30 druckbeaufschlagt, von denen es heißt, daß sie in Abhängigkeit vom Betrieb der Walzvorrichtung betätigt werden. Aus Fig. 2 könne man außerdem die Merkmale 7, 7.2, 7.3 und 7.5 entnehmen. Nach dem Text der D9 auf Seite 9, Zeile 25 bis Seite 10, Zeile 5 könne der Stellungsfühler anstatt mit dem Träger mit einem hiermit fest verbundenen Konstruktionsteil in Verbindung stehen, so daß Merkmal 7.4 ebenfalls mitumfaßt werde. Da weiter die Buchse 16 den Walzenmantel abdeckt könne der Stellungsfühler nur an der Innenseite des Walzenmantels angreifen und es sei damit auch Merkmal 7.1 gegeben.
b) Unvollständige Offenbarung i) Zur Lösung des Aufgabenteils "vor Umwelteinflüssen geschützt" fehle ein entsprechendes Anspruchsmerkmal.
ii) Wie sämtliche Entgegenhaltungen zeigten, befinde sich an den Walzenenden eine Buchse, die gerade an derjenigen Stelle angeordnet sei, wo nach dem Anspruch 1 der Positionsgeber sich befinden solle. Es sei nicht ersichtlich, wie die Konstruktion des Positionsgebers in der Praxis aussehen soll.
c) Unzulässige Erweiterung Daß sich die Positionsgeber "in axialer Richtung außerhalb der Lage des äußersten Stützelementes" befinden sollen, sei nicht als erfindungswesentlich offenbart. Dieses Merkmal finde darüber hinaus in der gesamten Beschreibung keine Stütze.
VII. Die Beschwerdegegnerin vertritt demgegenüber folgende Auffassungen:
a) Zur erfinderischen Tätigkeit:
Bei der D1 seien statt Positionsfühler Druckfühler vorgesehen, über welche die Lagerblöcke 23 der Zapfen 22 der Zwischenwalzen 20 abgestützt sind. Es treffe zwar zu, daß mittels der Drucksensoren im Gleichgewichtszustand ein bestimmter Walzspalt aufrechterhalten werden kann, jedoch nicht, daß auf diese indirekte Weise ein bestimmtes gewünschtes Dickenprofil eingeregelt werden könne. Weiter verfälsche die indirekte Messung das Meßergebnis, wodurch eine genaue Regelung der Spaltweite unmöglich sei.
Die D5 zeige keine hydraulischen Stützelemente, welche eine Druckkraft direkt in Pressrichtung ausüben, sondern magnetische Zugelemente, welche auf die entgegengesetzte Seite des Walzenmantels eine Zugkraft ausüben; die dadurch erzeugten Walzenmanteldeformationen verhindern die angestrebte Kurzzeitregelung der Spaltweite. Auch die D3 führe hier nicht weiter, denn die Positionsaufnehmer seien an solcher Stelle angeordnet, daß Lagerrundfehler und Lagerdeformationen in die Messung eingehen.
Die neu eingeführte Entgegenhaltung D8 offenbare zwar einen Teil der Aufgabe, nämlich die Eliminierung des Einflusses der durch die Entfernung der auslaufseitigen Banddickenmessung vom Walzspalt verursachten Zeitverzögerung durch eine zusätzliche, früher als eine Banddickenmessung auf Dickenstörung reagierende Messung; als Lösungen werden dabei jedoch lediglich eine Dickenmessung im Bandeinlauf und die Berücksichtigung von Verformungs- und Lageänderungen von Gerüstteilen und die Anstellkraft empfohlen. Die erfindungsgemäße Lösung einer Positionsmessung der Walzenmantelinnenseite gegenüber einer mit dem Walzgerüst verbundenen Basis, welche sämtliche in der Patentschrift angeführten Nachteile vermeide, insbesondere die Fühler vor sämtlichen Umwelteinflüssen schütze und eine Temperatureinwirkung auf ein Mindestmaß reduziere, sei aus Entgegenhaltung D8 nicht zu entnehmen.
b) Zur Offenbarung:
Von einer unvollständigen Offenbarung könne keine Rede sein, denn Fig. 2 zeige im Detail, wie ein Positionssensor für die direkte Messung der Position der Walzenmantelinnenseite gegenüber einer mit dem Gerüst verbundenen Basis gestaltet sein kann.
c) Zur unzulässigen Erweiterung:
Die Beschwerdeführerin beanstande, daß das Merkmal 7.3 nicht als "erfindungswesentlich offenbart" worden sei. Die bisher bekannte Entscheidungspraxis der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts deute jedoch darauf hin, daß jedes Merkmal, welches hinreichend klar und deutlich offenbart sei, zur Einschränkung der Patentansprüche herangezogen werden könne, und zwar auch dann, wenn ein solches Merkmal lediglich der Zeichnung entnehmbar sei, wie es bezüglich des obengenannten Merkmals der Fall sei.
VIII. Während der mündlichen Verhandlung erklärte die Beschwerdegegnerin, daß die Walzvorrichtung nach der Erfindung hinsichtlich ihrer Anwendung auf das Walzen von Materialien, bei denen eine Dickenreduzierung bewirkt wird, wie z. B. von Metallen oder Kunststoffen, beschränkt sei. Das Walzen von insbesondere Papier mit der beanspruchten Vorrichtung sei ausgeschlossen.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Änderungen (Hauptantrag)
2.1. Der nun geltende Anspruch 1 basiert im wesentlichen auf dem ursprünglichen Anspruch 1 (Merkmale 1 bis 4, 6 (teilweise) und 7 (teilweise) bis 7.2), den ursprünglichen Ansprüchen 12 und 13 (Merkmale 5 und 6), dem ursprünglichen Anspruch 3 (Merkmal 7 und 7.3 (teilweise)) und den ursprünglichen Ansprüchen 6 und 7 (Merkmal 7.4 und 7.5).
Die weitere Präzisierung im Merkmal 7.3, daß die Positionsgeber in axialer Richtung außerhalb der Lage des äußersten Stützelementes angeordnet sind, ist in den Figuren 1 und 2 der Anmeldung dargestellt.
2.2. Die Einwände der Beschwerdeführerin, daß Anspruch 1 unzulässig erweitert wurde, da das Merkmal, daß sich die Positionsgeber "in axialer Richtung außerhalb der Lage des äußersten Stützelements" befinden, nicht als erfindungswesentlich offenbart wurde und dieses Merkmal in der gesamten Beschreibung keine Stütze finde, können nicht überzeugen.
Im Einklang mit der von der Einspruchsabteilung in der mündlichen Verhandlung im Einspruchsverfahren herangezogenen Entscheidung T 169/83 (ABl. EPA 1985, 193) schließt das EPÜ nicht aus, daß die Patentansprüche im Einspruchsverfahren durch Merkmale präzisiert werden können, die nur in den Zeichnungen offenbart sind. Selbstverständlich ist hierfür Voraussetzung, daß diese zur Präzisierung dienenden Merkmale bezüglich Struktur und Funktion vollständig und unmittelbar in klarer und eindeutiger Weise durch den Fachmann der Zeichnung entnommen werden können und weder Widersprüche mit den übrigen Offenbarungsstellen bestehen noch Verzichte ausgesprochen werden (siehe Punkt 3.5 der obengenannten Entscheidung).
Eine "erfindungswesentliche Offenbarung" wird vom EPÜ nicht gefordert, sondern nur, daß die im Anspruch enthaltenen Merkmale insgesamt als zum Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung und insofern zur Erfindung gehörend entnommen werden können.
Im vorliegenden Fall entspricht das von der Beschwerdeführerin beanstandete Merkmale allen diesen Forderungen, denn die in den Fig. 1, 2 und 5 offenbarte Anordnung, die das genannte Merkmal offenbart, bezieht sich auf eine in der ursprünglichen Anmeldung bevorzugte Ausführungsform der Erfindung.
2.3. Anspruch 1 erfüllt somit das Erfordernis des Artikels 123 (2) EPÜ und da der Gegenstand des veröffentlichten Patents durch die Aufnahme von Merkmalen (siehe Punkt 2.1) weiter eingeschränkt wurde (der ursprüngliche Anspruch 1 ist mit dem erteilten Anspruch 1 identisch), bestehen auch keine Bedenken bezüglich Artikel 123 (3) EPÜ.
Die sich an den Anspruch 1 anschließenden Ansprüche 2 bis 8 entsprechen den ursprünglichen Ansprüchen 4, 5, 8, 9, 10, 11 und 14.
2.4. Da auch sonst keine formalen Einwände bestehen, sind die geltenden Ansprüche nach dem Hauptantrag zulässig. (siehe auch Punkt 3.3).
3. Vollständigkeit der Offenbarung der Erfindung
3.1. Es wird bemerkt, daß die von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Gründe (siehe Punkt VI b), weshalb das angegriffene Patent angeblich die Erfindung nicht ausreichend offenbart, sich ausschließlich auf dem Anspruch 1 stützen und somit eher als ein Einwand der Unvollständigkeit des Anspruchs hinsichtlich der Lösung der gestellten Aufgabe im Sinne von Artikel 84 und nicht als ein Einwand nach Artikel 100 b) EPÜ anzusehen sind.
3.2. Die von der Beschwerdeführerin im Anspruch 1 vermißten konstruktiven Details sind der Fig. 2 des Patents zu entnehmen. Diese Figur zeigt eine Anordnung, bei der der Walzenmantel nach außen abgedichtet ist, so daß der Positionsaufnehmer von Umwelteinflüssen geschützt ist, wodurch eine praktikable Lösung der Anordnung der Positionsaufnehmer ohne irgendwelche Notwendigkeit der Anwendung einer Buchse an den Walzenenden aufgezeigt wird.
Von einer Unvollständigkeit der Offenbarung im Sinne des Artikels 100 (b) bzw. Artikel 83 EPÜ kann daher nicht die Rede sein.
3.3. Was die Vollständigkeit des Anspruchsgegenstandes im Sinne des Artikels 84 EPÜ betrifft, enthält Anspruch 1 das Merkmal 7.1, wonach die Positionsgeber sich an der Innenseite des Walzenmantels befinden. Eine solche Anordnung gibt nach Auffassung der Kammer auch ohne weitere Abdichtungsvorkehrungen schon ein gewisses Maß von Schutzwirkung gegen von der Walzstelle aufspritzende Partikel.
Im Hinblick auf die in Fig. 2 gezeigte Anordnung der Positionsaufnehmer dürfte der Fachmann ferner ohne weiteres in der Lage sein, Alternativlösungen für die Anordnung der Positionsaufnehmer zu konstruieren.
Nach Auffassung der Kammer ist daher Anspruch 1 auch aufgrund des Artikels 84 EPÜ nicht zu beanstanden.
4. Neuheit (Hauptantrag)
4.1. Die dem ersten Teil des Anspruchs 1 zugrundeliegende Druckschrift D2 (US-A-4 074 624) stellt nach Ansicht der Beschwerdegegnerin und der Kammer den dem Gegenstand des Anspruchs 1 am nächsten kommenden Stand der Technik dar.
4.2. Die Beschwerdeführerin hat allerdings die D1 als nächstkommenden Stand der Technik herangezogen und vorgebracht, daß D1 mit Ausnahme der Merkmale 7.1 und 7.4 bzw. 7.5 alle Merkmale des Anspruchs 1 offenbare.
Was die Merkmale 5 und 6 des ersten Teils des Anspruchs 1 betrifft hat sie darauf hingewiesen, daß mit der in D1 offenbarten Regelung ebenfalls ein vorgegebenes Dickenprofil eingehalten werden kann, nämlich durch entsprechende Steuerung der hydrostatischen Stützelemente, welche in mindestens zwei Zonen unterteilt sind (Spalte 1, Zeilen 62 bis 67 der D1). Da die Dickenmeßgeber "vorzugsweise" an beiden Rändern des gewalzten Materials angeordnet sind (Spalte 5, Zeilen 28, 31), könne auch impliziert werden, daß entlang der Breite des bahnförmigen Materials Dickenmeßgeber angeordnet sind, wie dies in Merkmal 5 zum Ausdruck gebracht wird.
Nach Auffassung der Kammer betrifft jedoch dem Sinne nach die Regelung nach dem Gegenstand des Patents eine direkte Regelung, anstelle der in D1 offenbarten, als indirekt zu betrachtenden Regelung, bei der erst eine mechanische Verstellung der Walze 20 (Regelung 40, 25) erfolgen muß, mit entsprechender Änderung der Lagerdrücke an den Lagerenden 22, worauf mittels einer zweiten Regelung 33 der hydrostatische Druck in den Stützelementen gesteuert wird. Deshalb kann der vorstehenden Interpretation der Beschwerdeführerin nicht beigetreten werden.
Die D1 offenbart im übrigen entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin weder Positionsgeber gemäß dem Merkmal 7 noch die Regelung nach Merkmal 7.2 oder die beanspruchte Anordnung des Positionsgebers nach den Merkmalen 7.3, 7.4 oder 7.5.
Die Sensoren in D1 sind nämlich eindeutig als Drucksensoren 27 gekennzeichnet (Spalte 4, Zeilen 37, 38) und obwohl, wie von der Beschwerdeführerin vorgebracht, es richtig ist, daß bestimmte Drucksensoren ebenfalls als Positionsgeber eingesetzt werden können, haben die Sensoren in D1 lediglich die Aufgabe und Funktion, die Lagerdrücke in den Lagerblöcken 23 zu messen.
Es mag zwar richtig sein, daß eine Änderung der Position des Walzenmantels über die Zwischenwalze 20 eine Änderung der Lagerdrücke zur Folge haben kann, doch kann, wie vorstehend ausgeführt, im Hinblick auf die in den Merkmalen 7.1, 7.3 und 7.4 oder 7.5 definierte Meßstelle des Positionsgebers nach Auffassung der Kammer die Regelung nach dem Merkmal 7.2 nur als eine direkte Regelung, welche also direkt entsprechend der gemessenen Position des Walzenmantels nachregelt, angesehen werden.
Keines der kennzeichnenden Merkmale ist daher nach Auffassung der Kammer in D1 offenbart.
4.3. Was die D3 und insbesondere die deutsche Parallelanmeldung D9 betrifft, meint die Beschwerdeführerin, daß diese Druckschrift die Merkmale 1 bis 4 und außer den Merkmalen 7.1 alle kennzeichnenden Merkmale offenbare.
Unbestritten ist, daß die D9 eine Walzvorrichtung mit den in Anspruch 1 enthaltenen Merkmalen 1 bis 4 offenbart.
Weiter zeigt die D9 Positionsaufnehmer 5, welche gemäß Seite 9, Zeile 25 und folgende die Aufgabe haben, die Lage des Walzenmantels gegenüber den Träger bzw. dem Gestell zu bestimmen und mittels einer Regeleinrichtung die Position des Walzenmantels zu steuern (Merkmale 7, 7.2, 7.3 und 7.4, teilweise). Die Kammer kann jedoch der Beschwerdeführerin darin nicht zustimmen, daß die Positionsaufnehmer 5 nach Fig. 8, welche Figur nach der Beschreibung ein Schnittbild ähnlich der Fig. 3 darstellt (Seite 5, Zeile 19), im Inneren des Walzenmantels angeordnet seien (Merkmale 7.1 und 7.4, teilweise). Eine nähere Betrachtung der Figuren 8 und 2 zeigt nach Auffassung der Kammer, daß Fig. 8 kein Schnittbild nach der Linie III-III in Fig. 2 sein kann, denn es fehlen die parallelen Führungsflächen 23 des Trägers 1, wie in Fig. 3 dargestellt. Vielmehr zeigt Fig. 8 offenbar eine Seitendarstellung der in Fig. 1 gezeigten Anordnung des Aufnehmers 5, wobei der seitliche Rand des Walzenmantels gegenüber dem Träger 1 abgetastet wird.
Auch die Merkmale 5 und 6 sind in der D9 nicht offenbart. Der Hinweis auf Seite 8, Zeile 30 bis Seite 9, Zeile 1, daß der Druck des Druckmittels in den hydrostatischen Stützelementen auch in Abhängigkeit von der Arbeitsweise der Walzenpresse beeinflußt werden kann, führt den Fachmann nicht zu der Schlußfolgerung, daß hiermit zwangsläufig eine Dickenprofilregelung nach den Merkmalen 5 und 6 gemeint sein muß, wie von der Beschwerdeführerin behauptet.
4.4. Da keine der übrigen im Verfahren befindlichen Druckschriften dem Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents näher kommt als die D1, D2 oder D3 bzw. D9, ist der Gegenstand des Anspruchs 1 neu im Sinne von Artikel 54 EPÜ.
5. Erfinderische Tätigkeit (Hauptantrag)
5.1. Wie von der Beschwerdegegnerin nach Auffassung der Kammer glaubhaft dargelegt wurde, bewirken die kennzeichnenden Merkmale eine im Vergleich zum nächstkommenden Stand der Technik, wie er in der D2 offenbart ist, verbesserte Regelung eines gewünschten Dickenprofils des gewalzten Materials ohne Zeitverzögerung und unter weitgehender Ausschaltung von die exakte Regelung negativ beeinflussenden elastischen Verformungen des Walzgerüsts. Darüber hinaus sind die Positionsaufnehmer vor Umwelteinflüssen geschützt angeordnet, so daß eine Beschädigung der Regeleinrichtung weitgehend vermieden werden kann.
Die dem Patent zugrundeliegende Aufgabe ist daher in einer diesbezüglichen Verbesserung der aus D1 bekannten Vorrichtung zu sehen (siehe auch Seite 4, 2. Absatz der geltenden Beschreibung).
5.2. Da die Nachteile der bekannten Walzvorrichtung sich unmittelbar und leicht erkennbar aus dem praktischen Einsatz ergeben, kann nach Auffassung der Kammer im Stellen der vorgenannten Aufgabe noch keine erfinderische Leistung gesehen werden.
5.3. Nach Überzeugung der Kammer beruht die im Anspruch 1 angegebene Lösung jedoch auf erfinderischer Tätigkeit.
5.3.1. Wie vorstehend unter den Punkten 4.2 und 4.3 dargelegt wurde, fehlen bei D1 bzw. D3, auch wenn die diesbezüglichen Offenbarungen in Verbindung mit D2 betrachtet werden, jeweils wesentliche Merkmale des Anspruchs 1 des Streitpatents.
5.3.2. Bei der D1 fehlen nämlich Positionsfühler, die die Walzenmantelposition am Walzspalt unmittelbar ermitteln. Gerade eine solche im Streitpatent beanspruchte direkte Positionsermittlung erlaubt es aber, den Walzenmantel schnell und genau nachzuregeln. Hinsichtlich einer direkten Positionsermittlung des Walzenmantels hat die Beschwerdeführerin noch auf die D5 hingewiesen. Die D5 offenbart eine Vielzahl von Lage-Meßwertaufnehmern, die im Inneren eines Walzenmantels über dessen Länge und Umfang verteilt angeordnet sind und dazu dienen, den Erregerstrom von Elektromagneten im Inneren des Walzenmantels derart zu regeln, daß die Lage und Querschnittsform des Walzenmantels über die gesamte Walzenlänge stabilisiert wird (Seite 7, 2. Absatz der D5).
Im Hinblick auf die unterschiedliche Problematik und den hiermit zusammenhängenden Gedanken, durch Magnetwirkung erzeugte Zugkräfte im wesentlichen an der von der Walzstelle weggekehrten Seite wirken zu lassen, um dadurch Verformungen des Walzenmantels zu induzieren, kann nach Auffassung der Kammer der Fachmann durch D5 nicht dazu angeregt werden, die Vorrichtung nach D1 dahingehend zu ändern, die bekannten Druckaufnehmer durch in dem Walzenmantel angeordnete Positionsaufnehmer zu ersetzen, zumal in der D1 nicht am Walzenmantel, sondern an den Lagerstellen einer Zwischenwalze gemessen wird.
5.3.3. Auch der Hinweis in D1 auf die D2 (Seite 1, Zeile 29) kann nach Auffassung der Kammer dem Fachmann nicht weiterhelfen. Die D2 zeigt zwar eine hydraulische Dickenprofilregelung mit entlang der Breite des gewalzten Materials angeordneten Dickenmeßgebern, konkrete Hinweise, wie eine solche Regelung mit der aus D1 bekannten, nur beidseitige Dickenmeßgeber benutzenden mechanischen Dickenregelung kombiniert werden soll, fehlen. Insbesondere wird eine Ermittlung der Walzenmantelposition im Bereich des Walzspalts und in bezug auf einen gestellfesten Punkt auch in der D2 nicht angesprochen und es fehlt jeglicher Hinweis auf die beanspruchte geschützte Unterbringung der Meßgeber auf der Innenseite der Walzenmantelenden.
5.3.4. Den als relevanter anzusehenden Druckschriften D3 bzw. D9 kann nach Auffassung der Kammer der allgemeine Hinweis entnommen werden, zum Zweck der Bestimmung der Walzenmantelposition Positionsfühler an den seitlichen Rändern des Walzenmantels anzubringen. Jedoch enthält dieser Stand der Technik nur Beispiele, bei denen die Meßstelle an der von dem Walzspalt weggekehrten Seite liegt, und vermittelt auch keine eindeutige Lehre, die Messung der Position zwischen der Innenwand des Walzenmantels und einem Einbaustück oder dem Ständer des Walzgerüstes vorzunehmen.
5.3.5. Was das Argument der Beschwerdeführerin bezüglich der in Fig. 4 der D9 gezeigten weiteren Beeinflussung der hydrostatischen Stützelemente "in Abhängigkeit von der Arbeitsweise der Walzenpresse" (Seite 8, letzte Zeile, und Seite 9, erste Zeile) betrifft, ist die Kammer ferner der Meinung, daß diese Offenbarung, objektiv gesehen, keinen ausreichenden Hinweis auf eine zusätzlichen Dickenprofilsteuerung und deren Überlagerung mit der durch die am Walzenmantel wirksamen Positionsgeber initiierten Profilsteuerung im Sinne der Erfindung gibt.
Wie auch von der Beschwerdegegnerin ausgeführt wurde, gibt es viele andere Parameter, die für die Steuerung der Mantelwalze von Bedeutung sein können. Solche Größen sind z. B. die im Bandeinlauf gemessene Banddicke, die Verformungen und Lageänderungen von Gerüstteilen und die Anstellkraft, wie dies auch in der D8 auf Seite 1179, erste Spalte angegeben ist. Eine Überlagerung der Einflüsse der beiden Steuerungen findet nicht statt, vielmehr beeinflussen die Positionsgeber lediglich die randseitigen Stützelemente, während die "in Abhängigkeit von der Arbeitsweise der Walzenpresse beaufschlagte" Steuerleitung 30 ausschließlich auf die mittlere Gruppe von Stützelementen wirkt.
5.4. Zusammenfassend kommt somit die Kammer zu dem Ergebnis, daß die Druckschriften D2, D1, D5, D8 und D3 bzw. D9 weder für sich noch in Kombination mit dem einem Fachmann zu unterstellenden Wissen dem Gegenstand des Anspruchs 1 im Hinblick auf das Erfordernis der erfinderischen Tätigkeit patenthindernd entgegenstehen. Die Druckschriften D4, D6 und D7 liegen weiter vom Gegenstand des Anspruchs 1 entfernt. Von ihnen geht ebenfalls keine Anregung in Richtung auf die aufgefundene Lösung der gestellten Aufgabe aus.
6. Das Patent hat daher im Umfang des vorstehend diskutierten, in der mündlichen Verhandlung zum Hauptantrag eingereichten Anspruchs 1 sowie der vom Anspruch 1 getragenen abhängigen Ansprüche 2 bis 8 Bestand.
Die in der mündlichen Verhandlung zum Hauptantrag vorgelegte Beschreibung entspricht im wesentlichen den Vorschriften des EPÜ, insbesondere der Regel 27 EPÜ.
7. Hilfsantrag
7.1. Da dem Hauptantrag bereits stattzugeben war, erübrigt es sich, auf den Hilfsantrag einzugehen.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Sache wird an die Erstinstanz mit der Auflage zurückverwiesen, das Patent gemäß Hauptantrag mit den in der mündlichen Verhandlung überreichten folgenden Unterlagen aufrechtzuerhalten:
Ansprüche: 1 bis 8, Beschreibung: Seiten 1 bis 10, Figuren: 1 bis 5.