T 1035/92 (Carbonsäurehalogenide/BASF) 04-03-1996
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Verfahren zur Herstellung von Carbonsäurehalogeniden
Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) hat gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, mit der der Einspruch gegen das erteilte europäische Patent Nr. 0 252 408 zurückgewiesen wurde, Beschwerde eingelegt.
II. Dieser Entscheidung lagen die Patentansprüche 1 bis 9 des Patents zugrunde. Anspruch 1 lautete wie folgt:
"Verfahren zur Herstellung von Carbonsäurehalogeniden der Formel I
(FORMEL) I
in der R1 Wasserstoff oder einen gegebenenfalls halogenierten Alkyl- oder Cycloalkylrest bedeutet, R2 und R3 gegebenenfalls halogenierte Alkyl- oder Cycloalkylreste darstellen, wobei R2 und R3 auch mit einander zu einem 5- bis 7-gliedrigen Ring verbunden sein können, und X für Halogen steht, durch Umsetzung von Alkylhalogeniden der Formel II
(FORMEL) II
mit Kohlenmonoxid bei erhöhtem Druck in Gegenwart katalytischer Mengen einer Lewis-Säure, dadurch gekennzeichnet, daß man die Umsetzung in Gegenwart von
a) Aluminiumbromid als Katalysator oder
b) Aluminiumbromid oder -chlorid als Katalysator sowie in Gegenwart von Halogenkohlenwasserstoffen und Carbonsäurehalogeniden der Formel III
R4-CH2-CO-Hal III
in der R4 Wasserstoff oder einen C1-C4-Alkylrest bedeutet und Hal für Halogen steht,
vornimmt und gegebenenfalls den Katalysator anschließend durch Zugabe eines Carbonsäureamids zerstört."
III. Mit dem Einspruch war das Streitpatent wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit angegriffen worden.
Zur Begründung wurde auf die folgenden Dokumente verwiesen:
(1) EP-A-0 070 463 (entspricht DE-A-3 128 445),
(2) US-A-2 411 982,
(3) US-A-2 378 048, und
(4) US-A-1 891 930.
IV. In der angefochtenen Entscheidung wird ausgeführt, daß der Gegenstand des Patents neu sei und auf erfinderischer Tätigkeit beruhe.
Aus dem nächstkommenden Stand der Technik, d. h. Dokument (1), sei bereits ein Verfahren zur Herstellung von Carbonsäurehalogeniden bekannt gewesen, wobei sekundäre oder tertiäre Alkylhalogenide mit Kohlenmonoxid in Gegenwart katalytischer Mengen von Aluminiumchlorid und/oder Eisenchlorid und gegebenenfalls in Gegenwart einer weiteren Brönsted- oder Lewissäure und gegebenenfalls in Gegenwart eines Lösungsmittels umgesetzt werden.
Dieser Lehre sei keine Anregung zu entnehmen, zur Verbesserung der Löslichkeit des Katalysators und somit zur Vermeidung von Katalysatorablagerungen und von größeren Mengen an Lösungsmitteln und/oder flüssiger Ausgangsverbindung, statt Aluminiumchlorid und/oder Eisenchlorid, das in Anspruch 1 des Streitpatents angegebene Aluminiumbromid bzw. die in diesem Anspruch definierten Katalysator/Lösungsmittel/Lösungsvermittler- Systeme einzusetzen.
Zwar sei aus den Dokumenten (2) bis (4) die Verwendung von Aluminiumbromid für die Umsetzung von primären Alkylhalogeniden mit Kohlenmonoxid bekannt gewesen, aber es sei aufgrund der Verwendung von hoch-reaktiven, sekundären oder tertiären Alkylhalogeniden als Ausgangsverbindungen im Verfahren gemäß Dokument (1) nicht naheliegend, die Lehre dieses Dokuments mit der der Dokumente (2) bis (4) zu kombinieren.
V. In der Beschwerdebegründung hat die Beschwerdeführerin weiterhin die erfinderische Tätigkeit des beanspruchten Gegenstandes bestritten.
Die geringe in Frage kommende Menge an Katalysator sei, gleich ob Aluminiumbromid oder Aluminiumchlorid, ausreichend löslich im Reaktionsgemisch, so daß sich die Frage der Löslichkeit des Katalysators gar nicht stelle.
Des weiteren sei die Äquivalenz von Aluminiumchlorid und Aluminiumbromid als Katalysator für die Carbonylierung von Halogenkohlenwasserstoffen in den Dokumenten (2) bis (4) beschrieben worden. Zudem sei aus Dokument (3) auch die Äquivalenz von Aluminiumchlorid, Aluminiumbromid und Aluminiumchlorid-Säurechlorid-Komplexen für dieses Verfahren bekannt gewesen. Der Fachmann entnehme daher der in Dokument (1) gezeigten erfolgreichen Übertragung des Katalysators Aluminiumchlorid automatisch auch die Übertragbarkeit der äquivalenten Mittel Aluminiumbromid und Aluminiumchlorid-Säurechlorid-Komplexe.
VI. Die Beschwerdegegnerin ist dieser Auffassung entgegengetreten.
Gestützt auf Vergleichsversuche (eingereicht am 26. April 1993) hat sie abermals geltend gemacht, daß Aluminiumbromid eine wesentliche bessere Löslichkeit als Aluminiumchlorid habe, so daß durch die Anwendung des beanspruchten Verfahrens gemäß Streitpatent die Nachteile des relativ schwer löslichen Aluminiumchlorids (geringe Raum-Zeit-Ausbeuten und Verkrustungen in der Reaktionsapparatur) vermeidbar seien.
Zudem hat sie, gestützt auf weitere Vergleichsversuche (ebenfalls am 26. April 1993 eingereicht) auch noch geltend gemacht, daß von einer Äquivalenz der Anwendung von Aluminiumchlorid und Aluminiumbromid als Katalysatoren zur Herstellung von in der alpha-Position zur Carbonylgruppe verzweigten Carbonsäurehalogeniden nicht die Rede sein könne und daß eine Übertragbarkeit der Verfahren der Entgegenhaltungen (2) bis (4) auf die Herstellung solcher verzweigten Carbonsäurehalogenide nicht gegeben sei.
Abgesehen von diesen Sachverhalten führe das Verfahren gemäß Streitpatent überraschenderweise zu deutlich besseren Ausbeuten als das Verfahren gemäß Dokument (1), wie aus einem Vergleich der Ausbeuten und Selektivitäten der Beispiele 2 und 3 des Streitpatents mit denen von Dokument (1) zu entnehmen sei.
VII. In einem weiteren Schreiben hat die Beschwerdeführerin betont, die Lehre des Dokuments (4) sei nicht beschränkt auf die Verwendbarkeit von in der alpha-Stelle nicht- verzweigten Ausgangsverbindungen und nenne beispielsweise Cyclohexylchlorid als ein geeignetes Substrat. Außerdem nenne dieses Dokument neben Aluminiumchlorid auch Aluminiumbromid als Katalysator.
Zudem hat sie bestritten, daß durch die von der Beschwerdegegnerin eingereichten Vergleichsversuche die Nichtgleichartigkeit der betreffenden Friedel-Crafts Katalysatoren bewiesen sei. Die Übertragung der CO- Einschiebung auf empfindliche alpha-verzweigte Ausgangsverbindungen sei gemäß Dokument (1) durch die Verwendung niedrigerer Temperaturen gelöst worden. In diesem Zusammenhang sei auch wichtig, daß das einzuschiebende CO im Reaktionsgemisch vorgelegt werde, bevor das empfindliche alpha-verzweigte Substrat dem Reaktionsgemisch zugegeben werde.
Bezüglich der von der Beschwerdegegnerin behaupteten Verbesserung der gemäß dem Streitpatent erhältlichen Ausbeuten hat sie vorgetragen, daß die Ergebnisse der Beispiele 2 und 3 des Streitpatents mit denen von Dokument (1) nicht vergleichbar seien, da nach den Beispielen des Streitpatents der Katalysator vor der Aufarbeitung des Reaktionsgemisches zerstört werde, um die Gefahr einer Zersetzung des erhaltenen Carbonsäurehalogenids in Umkehrung seiner Bildungsreaktion zu vermeiden, während diese Maßnahme in dem Verfahren gemäß Dokument (1) fehle.
VIII. Am 4. März 1996 hat eine mündliche Verhandlung vor der Kammer stattgefunden, bei der die Beschwerdeführerin - wie in einem am 18. Januar 1996 eingereichten Schreiben angekündigt - nicht vertreten war.
Im Ladungszusatz vom 3. Januar 1996 zu dieser mündlichen Verhandlung hat die Kammer u. a. darauf hingewiesen, daß es - nach ihrer vorläufigen Auffassung - im vorliegenden Fall der Praxis bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit gemäß dem sogenannten "Aufgabe-Lösung-Ansatz" entsprechen dürfte, von dem im Streitpatent erwähnten Dokument (1) als nächstem Stand der Technik und dem gegenüber diesem Dokument glaubhaft erreichten technischen Erfolg auszugehen.
IX. Die Beschwerdegegnerin hat während der mündlichen Verhandlung eingeräumt, daß die Ergebnisse der Beispiele 2 und 3 des Streitpatents durch die zusätzliche Maßnahme der Zerstörung des Katalysators vor der Aufarbeitung des Reaktionsgemisches mit denen der Beispiele des Dokuments (1) nicht ganz vergleichbar seien. Sie hat allerdings geltend gemacht, daß nach dem Verfahren des Streitpatents, jedoch ohne die betreffende fakultative Maßnahme, in Vergleich mit diesem Stand der Technik gleichwertige Ausbeuten erhältlich seien. Primäre Aufgabe gegenüber dem nächsten Stand der Technik sei immerhin - wie aus dem Streitpatent hervorgehe - die Verhinderung von Verkrustungen, insbesondere in Ventilen und Zufuhrleitungen, bei etwa gleichwertigen Ausbeuten gewesen. Die gemäß Streitpatent beanspruchte Lösung dieser Aufgabe sei im Hinblick auf den genannten Stand der Technik für den Fachmann nicht naheliegend gewesen.
X. Die Beschwerdeführerin beantragt die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents.
Die Beschwerdegegnerin beantragt die Beschwerde zurückzuweisen.
XI. Am Ende der mündlichen Verhandlung wurde die Zurückweisung der Beschwerde verkündet.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Die Kammer hat sich davon überzeugt, daß der Gegenstand des Anspruchs 1 gegenüber den entgegengehaltenen Druckschriften neu ist. Da die Neuheit des Patentgegenstandes im Beschwerdeverfahren nicht bestritten wurde, erübrigen sich weitere Ausführungen hierzu.
3. Es verbleibt daher zu prüfen, ob der Patentgegenstand auf erfinderischer Tätigkeit beruht.
3.1. Die Parteien und die Kammer betrachten Dokument (1) als den nächstkommenden Stand der Technik; es betrifft - wie das Streitpatent - ein Verfahren zur Herstellung von Carbonsäurehalogeniden, wobei sekundäre oder tertiäre Alkylhalogenide mit Kohlenmonoxid in Gegenwart von Aluminiumchlorid und/oder Eisenchlorid und gegebenenfalls in Gegenwart eines Lösungsmittels umgesetzt werden (vgl. Seite 2, zweiter Absatz bis Seite 3, Zeile 14). Durch den Einsatz dieser Katalysatoren in katalytischen Mengen, d. h. in einer Menge bis 0,3 Mol (besonders bevorzugt 0,01 bis 0,1 Mol) per Mol Alkylhalogenid, können die gewünschten Säurehalogenide in höheren Ausbeuten hergestellt werden (vgl. Seite 3, Zeilen 10 bis 12; Seite 9, letzter Absatz bis Seite 10, Zeile 1; Seite 12, letzter Absatz; und die Beispiele 2 bis 4; in Verbindung mit Seite 1, zweiter Absatz bis Seite 2, erster Absatz).
3.2. Die Beschwerdegegnerin hat gegenüber diesem Stand der Technik geltend gemacht, daß das als bevorzugter Katalysator verwendete Aluminiumchlorid (vgl. die Ausbeuten an Pivaloylchlorid in den Beispielen 2 (Aluminiumchlorid) und 16 (Eisenchlorid) von 69,0 % bzw. 36,0 %) nur in geringen Mengen in den üblichen Lösungsmitteln löslich sei, so daß das ungelöste Aluminiumchlorid zur Bildung von Ablagerungen und Verkrustungen in den Zuführleitungen und Ventilen führen könne, die letztendlich zu deren Verstopfung Anlaß geben könnten.
Zwar hat die Beschwerdeführerin zunächst behauptet, daß dieses Problem bei der Verwendung katalytischer Mengen von Aluminiumchlorid nicht bestehe und dazu ausgeführt, daß für das gemäß Streitpatent verwendete Aluminiumbromid keine wesentlich bessere Löslichkeit in den in Frage kommenden Lösungsmitteln und Substraten gegeben sei als für das Aluminiumchlorid, aber sie hat die in diesem Zusammenhang am 26. April 1993 von der Beschwerdegegnerin eingereichten Versuchsergebnisse, aus denen sich ergibt, daß Aluminiumbromid bei Raumtemperatur in den üblichen Lösungsmitteln Tetrachlorethylen, 1,2,4-Trichlorbenzol und Hexachlor-1,3-butadien um die 57,6-, 153,3- bzw. 27,4-fache molare Menge besser löslich ist als Aluminiumchlorid, nicht mehr bestritten.
Weiterhin hat die Kammer aufgrund der in dem betreffenden Versuchsbericht angegebenen Löslichkeit von Aluminiumchlorid in 1,2,4-Trichlorbenzol von 0,04 Gew.-% festgestellt, daß die nach den Beispielen des Dokuments (1) bevorzugt verwendete Menge von 9,3 g Aluminiumchlorid (vgl. die in der Tabelle auf Seite 14 dargestellte Ergebnisse des Beispiels 2 in Vergleich mit den Beispielen 1, 3 und 4) in dem betreffenden Lösungsmittel, d. h. 185 ml (285 g) 1,2,4-Trichlorbenzol (vgl. Seite 13, Zeilen 1 und 2), tatsächlich im wesentlichen nicht löslich ist.
3.3. Die Kammer sieht daher die nach dem Streitpatent bestehende Aufgabe gegenüber diesem nächstkommenden Stand der Technik darin, die aufgrund geringer Löslichkeit des Katalysators verursachte Bildung von Ablagerungen und Verkrustungen, insbesondere in Ventilen und Zufuhrleitungen, unter Beibehaltung von etwa gleichwertigen Ausbeuten, zu verhindern (vgl. auch Seite 2, Zeilen 12 bis 20, des Streitpatents).
3.4. Zur Lösung dieser Aufgabe wird das in Anspruch 1 des Streitpatents definierte Verfahren vorgeschlagen, das im wesentlichen dadurch gekennzeichnet ist, daß man die Umsetzung in Gegenwart von a) Aluminiumbromid als Katalysator oder b) Aluminiumbromid oder -chlorid als Katalysator sowie in Gegenwart von Halogenkohlenwasserstoffen und Carbonsäurehalogeniden der Formel III vornimmt (siehe Punkt II oben).
Ausweislich der Angaben im vorliegenden Streitpatent und im obengenannten (Abschnitt 3.2, zweiter Absatz), am 26. April 1993 von der Beschwerdegegnerin eingereichten Versuchsbericht wird diese Aufgabe auch glaubhaft gelöst. Im Streitpatent und auch bereits in der ursprünglichen Patentanmeldung wird ausgeführt, daß die mit der geringen Löslichkeit von Aluminiumchlorid in den in Frage kommenden Lösungsmitteln verbundenen Probleme durch die Verwendung des Aluminiumbromids bzw. der beanspruchten Katalysator-Lösungsmittel-Lösungsvermittler-Systeme vermieden werden. Durch diese Maßnahme träten keine Löslichkeitsprobleme auf und es komme zu keiner signifikanten Abnahme der Katalysatoraktivität (vgl. Seite 2, Zeilen 12 bis 20, und Seite 2, Zeile 51 bis Seite 3, Zeile 13, des Streitpatents; und Seite 1, Zeilen 17 bis 29, Seite 2, die letzten zwei Absätze, und Seite 3, die ersten beiden Absätze, der ursprünglichen Anmeldung). Außerdem hat die Beschwerdegegnerin - wie oben unter 3.2 angegeben - mit dem Versuchsbericht unwidersprochen gezeigt, daß Aluminiumbromid in den betreffenden Lösungsmitteln gegenüber Aluminiumchlorid eine wesentlich bessere Löslichkeit besitzt. Im übrigen zeigt das Streitpatent in den Beispielen Ausbeuten an Säurehalogeniden von 85,3 bis 88 % (vgl. die Tabelle auf Seite 5), während Dokument (1) Ausbeuten von höchstens etwa 70 % beschreibt (vgl. die Tabelle auf Seite 14).
Die Beschwerdeführerin hat aufgrund der gemäß den Beispielen des Streitpatents zusätzlich durchgeführten Zerstörung des Katalysators vor der Aufarbeitung des Reaktionsgemisches die von der Beschwerdegegnerin zunächst geltend gemachte Verbesserung der Ausbeuten in Frage gestellt. In Abwesenheit konkreter Beweise, inwieweit das Weglassen dieser zusätzlichen Maßnahme die aufgezeigte Verbesserung der Ausbeuten von etwa 15 % gegenüber dem nächstkommenden Stand der Technik hätte in Frage stellen können, besteht für die Kammer jedenfalls kein Anlaß, die Lösung der voranstehend definierten Aufgabe, nämlich die Verhinderung von Ablagerungen und Verkrustungen in den Zuführungen der Reaktionsapparatur unter Beibehaltung von etwa gleichwertigen Ausbeuten, durch das beanspruchte Verfahren in Zweifel zu ziehen. Es wäre nämlich Sache der Beschwerdeführerin gewesen, die sich auf die Signifikanz der Zerstörung des Katalysators vor der Aufarbeitung des Reaktionsgemisches beruft, geeignete Tatsachen und Beweismittel vorzubringen, die das mögliche Fehlen von etwa gleichwertigen Ausbeuten belegen (vgl. z. B. T 219/83, ABl. EPA 1986, 211).
3.5. Es ist nun zu untersuchen, ob der Stand der Technik dem vor der oben definierten Aufgabe stehenden Fachmann Anregungen bot, diese durch das Verfahren gemäß Anspruch 1 des Streitpatents zu lösen.
3.6. Dokument (1) offenbart - wie oben angegeben - ein Verfahren zur Herstellung von Carbonsäurehalogeniden, wobei sekundäre oder tertiäre Alkylhalogenide mit Kohlenmonoxid in Gegenwart von Aluminiumchlorid und/oder Eisenchlorid umgesetzt werden, und insbesondere den Einsatz von katalytischen Mengen dieser Katalysatoren durch den die gewünschten Säurehalogenide in höheren Ausbeuten hergestellt werden können. Außerdem beschreibt es, daß das Verfahren gegebenenfalls in Gegenwart einer weiteren Brönsted- oder Lewis-Säure durchgeführt werden kann, wobei jeglicher Hinweis auf Aluminiumbromid fehlt (vgl. Seite 9, Zeilen 5 bis 18). Bevorzugt werden jedoch ausdrücklich Aluminiumchlorid oder Eisenchlorid ohne weitere Zusätze angewandt, besonders bevorzugt ist Aluminiumchlorid (vgl. Seite 9, Zeilen 25 bis 27; die Beispiele; und insbesondere die Beispiele 2 und 16, aus denen hervorgeht, daß die Ausbeute an Säurehalogenid bei Verwendung des Eisenchlorids statt des Aluminiumchlorids als Katalysator nur etwa die Hälfte beträgt). Zudem lehrt es, daß das Verfahren gegebenenfalls in Gegenwart eines Lösungsmittels, wie eines halogenierten Kohlenwasserstoffes, durchgeführt werden kann, wobei jeglicher Hinweis auf die Verwendung eines Säurehalogenids als Lösungsvermittler fehlt (vgl. Seite 10, Zeile 17 bis Seite 11, Zeile 8). Im übrigen wird das Problem der geringen Löslichkeit des Aluminiumchlorids und die damit verbundenen Schwierigkeiten in diesem Dokument nirgendwo angesprochen. Dokument (1) bietet daher nach Überzeugung der Kammer dem Fachmann keine Anregung, zur Lösung der oben definierten Aufgabe die Herstellung der gewünschten Säurehalogenide gemäß dem beanspruchten Verfahren des Streitpatents durchzuführen.
3.7. Die Beschwerdeführerin hat geltend gemacht, daß die Äquivalenz von Aluminiumchlorid und Aluminiumbromid als Katalysator für die Carbonylierung von Halogenkohlenwasserstoffen aus den Dokumenten (2) bis (4) bekannt gewesen sei. Zudem sei aus Dokument (3) auch die Äquivalenz von Aluminiumchlorid, Aluminiumbromid und Aluminiumchlorid-Säurechlorid-Komplexen für dieses Verfahren zu entnehmen gewesen.
In diesem Zusammenhang weist die Kammer darauf hin, daß - nach ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammern - eine Erfindung nicht schon naheliegend ist, wenn ein Fachmann aufgrund des Standes der Technik zur Lehre des Erfinders hätte kommen können, sondern nur, wenn er sie aufgrund eines hinlänglichen Anlasses in Erwartung einer Verbesserung oder eines Vorteils auch tatsächlich vorgeschlagen hätte (vgl. z. B. T 02/83, ABl. EPA 1984, 265). Im vorliegenden Fall fehlt jedoch ein solcher Anlaß.
Die Dokumente (2) und (3), die übrigens die Umsetzung von primären Halogenkohlenwasserstoffen, d. h. einem Polyhalogenethan bzw. einem Polyhalogenmethan, betreffen (vgl. (2), Spalte 1, Zeilen 25 bis 35; und (3), Spalte 1, Zeilen 22 bis 30), beschreiben die Brauchbarkeit von solchen Katalysatoren, die für eine Friedel-Crafts- Kondensation geeignet sind, beispielsweise Aluminiumchlorid und Aluminiumbromid (vgl. (2), Spalte 3, Zeilen 3 bis 11; und (3), Seite 2, rechte Spalte, Zeilen 10 bis 22). Zudem beschreibt Dokument (3) noch, daß es unter bestimmten Umständen bevorzugt ist, die Aktivität dieser Katalysatoren durch die Verwendung von komplexen Salzen, beispielsweise von einem Carbonsäurechlorid, zu modifizieren, jedoch ohne jeglichen Hinweis, wozu eine solche Modifizierung nützlich sein könnte (vgl. Seite 2, rechte Spalte, Zeilen 22 bis 31). Beide Dokumente lehren aber eindeutig, daß die betreffenden Umsetzungen bevorzugt in Gegenwart von Aluminiumchlorid als Katalysator durchzuführen sind (vgl. (2), Spalte 1, Zeilen 36 bis 43, und alle Beispiele; und (3), Seite 1, linke Spalte, Zeilen 40 bis 47, und ebenfalls alle Beispiele), so daß der Fachmann beim Lesen dieser Dokumente, abgesehen davon, ob er sie für die Umsetzung von sekundären oder tertiären Halogenkohlenwasserstoffen gemäß Streitpatent überhaupt in Betracht gezogen hätte, erwarten mußte, daß bei der Verwendung von anderen Katalysatoren als Aluminiumchlorid eher schlechtere Ergebnisse erzielt würden.
Für die Angaben in Dokument (4) gilt im wesentlichen das gleiche. Dieses Dokument beschreibt in den Beispielen 1, 2. und 4 die Reaktion von halogenierten nichtaromatischen Kohlenwasserstoffen mit Kohlenmonoxid in Gegenwart von Aluminiumchlorid als Katalysator, wobei die gemäß den Beispielen 1 und 2 erhaltenen Endprodukte hauptsächlich aus einer Carbonsäure bestehen (vgl. Seite 1, rechte Spalte, Zeilen 86 und 95 bis 99), und das nach Beispiel 4 erhaltene Reaktionsgemisch u. a. Säurechloride enthält (vgl. Seite 2, linke Spalte, Zeilen 44 bis 47). Zwar ist in Beispiel 2 angedeutet worden, daß man das Ethylchlorid z. B. durch Cyclohexylchlorid und das Aluminiumchlorid u. a. durch Aluminiumbromid ersetzen könne (vgl. Seite 1, rechte Spalte, letzte Zeile bis Seite 2, linke Spalte, Zeile 9), aber irgendwelche Vorteile dieser Maßnahmen sind nicht ersichtlich.
3.8. Die Kammer kommt daher zu dem Ergebnis, daß das Verfahren nach Anspruch 1, sowie die Gegenstände der abhängigen Ansprüche 2 bis 9, die besondere Ausgestaltungen des Verfahrens nach Anspruch 1 betreffen, auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.