T 0317/96 (Oligomerisierung/HÜLS) 11-08-1998
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Verfahren zur Oligomerisierung von Olefinen
Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde richtet sich gegen die am 2. Februar 1996 zur Post gegebene Entscheidung der Einspruchsabteilung, mit der erfinderische Tätigkeit für den Gegenstand der erteilten Patentansprüche 1 bis 8 - insbesondere im Hinblick auf die Entgegenhaltungen (3) (DE-A-2 057 629) und (5) (DE-A-2 143 759) - anerkannt und der Einspruch zurückgewiesen wurde.
II. Die Einspruchsabteilung war der Meinung, Dokument (3) repräsentiere den nächsten Stand der Technik und das beanspruchte Verfahren unterscheide sich von der im Dokument (3) beschriebenen Oligomerisierung von Olefinen lediglich dadurch, daß das Einsatz-Kohlenwasserstoff-Gemisch (EKWG) vor der Oligomerisierung über ein Molekularsieb mit einem Porendurchmesser von größer als 4 Ångström bis 15. Ångström geleitet werde.
Sie war der Ansicht das beanspruchte Verfahren werde durch Dokument (5) nicht nahegelegt, obwohl aus diesem Dokument bekannt gewesen sei, daß Verunreinigungen wie Schwefelverbindungen aus Olefin enthaltenden EKWG mit Hilfe von Molekularsieben entfernt werden können, insbesondere da der Abtrennungsgrad von Schwefel nach dem beanspruchten Verfahren bedeutend besser sei. Außerdem habe die Beschwerdegegnerin, gestützt auf die Ergebnisse gaschromatografischer Analysen des EKWG gemäß Beispiel 2 des Streitpatentes glaubhaft gemacht, daß Olefinverluste durch Adsorption am Molekularsieb, wie sie gemäß Dokument (5) auftreten, bei dem beanspruchten Verfahren praktisch nicht zu beobachten seien.
III. Vor der Beschwerdekammer fand am 11. August 1998 eine mündliche Verhandlung statt, in der die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) einen geänderten, aus drei Ansprüchen bestehenden Anspruchssatz einreichte.
Der einzige unabhängige Anspruch lautete:
"1. Verfahren zur Oligomerisierung von Olefinen mit 2. bis 8 Kohlenstoffatomen oder deren Mischungen, die in einem Kohlenwasserstoff-Gemisch enthalten sind, in der Flüssigphase an einem heterogenen nickelhaltigen Katalysator bei Temperaturen von 0 bis 200 °C und bei Drücken von 1 bis 70 bar abs.,
dadurch gekennzeichnet,
daß man das Einsatz-Kohlenwasserstoff-Gemisch vor der Oligomerisierung bei Drücken von 1 bis 200 bar abs. und bei Temperaturen von 0 bis 200 C über ein Molekularsieb mit einem Porendurchmesser von größer als 4 Ångström bis 15. Ångström leitet und die mehrfach ungesättigten Kohlenwasserstoffe aus dem Einsatz-Kohlenwasserstoff-Gemisch vor der Oligomerisierung durch eine selektive Hydrierung entfernt, wobei aus dem Einsatz-Kohlenwasserstoff-Gemisch vor dem Überleiten desselben über das Molekularsieb mit einem Porendurchmesser von größer als 4 Ångström bis 15. Ångström im wesentlichen Wasser, Alkohole, Stickstoff-, Schwefel- und Halogenverbindungen entfernt werden."
IV. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) hat gerügt, ihr rechtliches Gehör sei dadurch verletzt worden, daß die Einspruchsabteilung ihre Entscheidung auf gaschromatografische Analysenergebnisse gestützt habe, ohne ihr Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben zu haben. Die Analysenergebnisse seien ihr lediglich zur Kenntnis gebracht worden. Da die Einspruchsabteilung diese Ergebnisse als entscheidungserheblich angesehen habe, hätte sie diese mit einer Aufforderung zur Stellungnahme zustellen müssen. Jedenfalls habe die Einspruchsabteilung ihre Entscheidung nicht treffen dürfen, bevor die dem Einsprechenden üblicherweise für eine Stellungnahme eingeräumte Frist von vier Monaten abgelaufen war. Durch den Erlaß der angefochtenen Entscheidung vor Ablauf dieser Frist sei sie überrascht worden.
In der Sache hat die Beschwerdeführerin die Klarheit des Anspruchs 1 in Zweifel gezogen. Ferner hat sie die erfinderische Tätigkeit des beanspruchten Verfahrens gegenüber der Lehre des Dokumentes (3) in Kombination mit der Lehre des Dokumentes (5) oder des Dokumentes
(6): Ullmanns Enzyklopädie der technischen Chemie; 4. Auflage, Band 17, Kapitel: "Molekularsiebe", Seiten 9 bis 18; Verlag Chemie; Weinheim 1979
bestritten. Weiterhin hat die Beschwerdeführerin sowohl bestritten, daß der Abtrennungsgrad von Schwefel nach dem beanspruchten Verfahren besser sei als nach dem aus Dokument (5) bekannten Verfahren als auch, daß die während des Einspruchsverfahrens vorgelegten Analyseergebnisse aussagekräftig seien.
V. Die Beschwerdegegnerin hat geltend gemacht, das Wesen der Erfindung sei die durch die Vorbehandlung des EKWG erzielte nachhaltige Verlängerung der Standzeit des nickelhaltigen Oligomerisierungskatalysators.
Da Dokument (3) keinen Hinweis auf diese Vorbehandlung enthalte und da weder Dokument (5) noch Dokument (6) die Feinreinigung von Kohlenwasserstoffen erwähne, sei die vorgeschlagene Lösung der bestehenden Aufgabe auch der Kombination der Lehre des Dokumentes (3) mit einer der Lehren der Dokumente (5) und (6) nicht zu entnehmen.
VI. Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents Nr. 0 395 857. Ferner beantragte sie, die Beschwerdegebühr zurückzuzahlen.
Die Beschwerdegegnerin beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen und das Patent mit den folgenden Unterlagen aufrechtzuerhalten:
Ansprüche: 1 bis 3,
Beschreibung: Seiten 2, 3, 3a, 4, 5, 6,
beides in der mündlichen Verhandlung überreicht.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Artikel 123 EPÜ
Die Kammer hat sich davon überzeugt, daß die geänderten Ansprüche durch die ursprünglichen Unterlagen gestützt sind und ihr Schutzbereich nicht über den der Ansprüche des erteilten Patents hinausgeht. Somit sind keine Einwände nach Artikel 123 (2) und (3) EPÜ zu erheben; da dies nicht bestritten wurde, ist eine detaillierte Begründung hierzu nicht erforderlich.
3. Klarheit
Die Beschwerdeführerin hat geltend gemacht, daß der geänderte Anspruch 1 nicht den Erfordernissen des Artikels 84 EPÜ entspreche, da die Zusammensetzung des EKWG, das erfindungsgemäß über das Molekularsieb geleitet wird, und somit die darin enthaltenen Mengen an Katalysatorgiften, unbekannt seien.
Die Beschwerdeführerin hat jedoch nicht vorgetragen, daß einer der technischen Begriffe, insbesondere der Ausdruck "Einsatz-Kohlenwasserstoff-Gemisch" als solches unklar sei. Ihr Einwand richtet sich vielmehr gegen die Breite dieses Ausdruckes. Die Klarheit eines Anspruches wird aber nicht schon durch die Breite eines in ihm enthaltenen Fachausdrucks beeinträchtigt (T 238/88 ABl. EPA 1992, 709, Entscheidungsgrund 5.1). Die Breite eines eindeutigen Anspruchs kann daher nicht als solche, sondern nur in Zusammenhang mit anderen Kriterien, wie z. B. der erfinderischen Tätigkeit, angegriffen werden.
Die Kammer kommt daher zu dem Ergebnis, daß die Ansprüche 1 bis 3 klar sind.
4. Neuheit
Die Kammer hat sich davon überzeugt, daß das beanspruchte Verfahren in keiner zitierten Entgegenhaltung vorbeschrieben und somit gegenüber diesem Stand der Technik neu ist; da dies nicht bestritten wurde, erübrigen sich nähere Ausführungen hierzu.
5. Erfinderische Tätigkeit
5.1. Die Kammer ist, wie die Einspruchsabteilung und die Parteien, der Ansicht, daß das in der Zeile 57 der zweiten Spalte des Streitpatents zitierte Dokument (3) den nächsten Stand der Technik beschreibt.
Es offenbart ein Verfahren zur Mischdimerisation von Propylen und n-Butenen zur Bildung eines aus C6+-Olefinen bestehenden Reaktionsgemischs, wobei der n-Butene und Propylen enthaltenden Beschickungsstrom selektiv hydriert und der hydrierte Beschickungsstrom fraktioniert wird, um einen Überkopfstrom und einen schwere sauerstoffhaltige Verbindungen enthaltenden Bodenstrom zu erhalten. Der Überkopfstrom wird dann in einen Reaktor mit einem Nickeloxidkatalysator geleitet. Mit diesem Verfahren entfernt man aus dem Beschickungsstrom die Katalysatorgifte so weitgehend, daß Reaktionsvermögen und Lebensdauer des Katalysators wesentlich verbessert werden (siehe Seite 1 und Seite 3, Zeilen 7 bis Seite 4, Zeile 3).
5.2. Gemäß den Ausführungen im Streitpatent war es bekannt, daß nickelhaltige Katalysatoren empfindlich auf die verschiedensten Katalysatorgifte reagieren und daß solche Katalysatorgifte u. a. mehrfach ungesättigte Kohlenwasserstoffe, wie z. B. Propin oder Butadien, Halogenverbindungen, Sauerstoffverbindungen, wie z. B. Wasser oder Alkohole, Schwefelverbindungen, wie z. B. Schwefelwasserstoff, Kohlenoxisulfid, Thioalkohole und Thioether sowie Stickstoffverbindungen, wie z. B. Amine, oder Spuren an Butadienextraktionsmitteln, wie z. B. Acetonitril oder N-Methylpyrolidon sein können (Spalte 2, Zeilen 31 bis 45).
Weiterhin ist dem Streitpatent zu entnehmen, daß die Verfahren gemäß dem Stand der Technik sich nur zur groben Entfernung dieser Katalysatorgifte eignen (Spalte 3, Zeilen 55 bis 57). Beispielsweise wird in Spalte 4, Zeilen 1 bis 11, erwähnt daß ein in Raffinerien anfallendes Propen/Propan-Gemisch nach Entschwefelung gemäß dem Stand der Technik noch hochsiedende Schwefelverbindungen in Konzentrationen von kleiner als 0,5 ppm enthält, aber daß diese geringen Mengen an Schwefelverbindungen bereits ausreichen, um die Lebensdauer des Oligomerisierungskatalysators bis hin zur Unwirtschaftlichkeit zu vermindern.
Aus dem Streitpatent geht auch hervor, daß Katalysatorgifte schon in Spuren wirksam sind, und daß deswegen die Grobreinigungs-Verfahren gemäß dem Stand der Technik zu ihrer Entfernung aus dem EKWG für die Oligomerisierung von Olefinen nicht ausreichen. Wegen der geringen Katalysatorlebensdauer hätten sich in der Praxis die katalytischen Verfahren zur Oligomerisierung von Olefinen, insbesondere die heterogen katalysierten Verfahren nicht durchsetzen können (Spalte 4, Zeilen 19 bis 28).
5.3. Ausgehend vom Dokument (3) ist daher, wie bereits im Streitpatent angegeben (Spalte 4, Zeilen 29 bis 35), die der Erfindung zugrunde liegende Aufgabe darin zu sehen, ein wirtschaftlicheres Verfahren zur Oligomerisierung von Olefinen zu entwickeln, in welchem etwaige Katalysatorgifte so weitgehend aus dem EKWG vor der Oligomerisierung entfernt werden, daß der nickelhaltige Katalysator eine gute Standzeit aufweist.
5.4. Zur Lösung dieser Aufgabe wird das Verfahren des geltenden Anspruchs 1 vorgeschlagen.
Im Hinblick auf die Beispiele 1 bis 3 und die Vergleichsbeispiele 1 bis 3 des Streitpatents ist es für die Kammer glaubhaft, daß damit die oben genannte Aufgabe gelöst wurde. Dies hat die Beschwerdeführerin nicht bestritten.
5.5. Es bleibt somit zu entscheiden, ob der Stand der Technik dem Fachmann Anregungen bot, die oben definierte Aufgabe dadurch zu lösen, daß das EKWG vor der Oligomerisierung wie im kennzeichnenden Teil des Anspruch 1 behandelt wird, insbesondere daß dieses Gemisch selektiv hydriert und über ein Molekularsieb geleitet wird.
5.6. Die Beschwerdeführerin hat vorgetragen, solche Anregungen seien dem Dokument (5) zu entnehmen, denn dieses Dokument betreffe ganz allgemein die Entfernung von Verunreinigungen aus Kohlenwasserstoffen durch selektive Adsorption an zeolithischen Molekularsieben (Seite 1, erster Absatz). Insbesondere lehre diese Druckschrift, daß jede unerwünschte Verbindung, die in niedriger Konzentration in Kohlenwasserstoffen vorhanden ist, aus letzteren mit Hilfe von Molekularsieben entfernt werden könne (Seite 5, Zeilen 8 bis 19), daß die hierfür geeigneten bekannten Molekularsieb-Typen Porendurchmesser von etwa 4 bis 15 Ångström hätten (Seite 6, Zeilen 20 bis 24), wie z. B. Zeolith X, und daß in einer bevorzugten Ausführungsform das EKWG zur katalytischen Alkylierung von Isoparaffinen über einen granulierten Natrium-Zeolith X geleitet werde (Dokument (5), Seite 8, Zeile 38 bis Seite 9, Zeile 5, und Seite 13, Zeile 32 bis Seite 14, Zeile 2), der eine Porengröße von 7,4 Ångström habe (vgl. Dokument (6), Seite 12, Tabelle 2).
Auch sei Dokument (5) zu entnehmen, daß die bei weitem überwiegenden Verunreinigungen wahrscheinlich Schwefelverbindungen seien (Seite 4, vorletzte Zeile bis Seite 5, Zeile 5), deren Wirkung als starke Katalysatorgifte für nickelhaltige Katalysatoren der Fachmann gekannt habe.
Die Beschwerdeführerin schloß daraus, daß Dokument (5) die wünschenswerte Abtrennung dieser schwefelhaltigen Verunreinigungen aus Kohlenwasserstoffen mit Hilfe der in ihm zu diesem Zweck als probate Adsorptionsmittel vorgeschlagenen Molekularsiebe nahegelegt habe. Daher sei auch das beanspruchte Verfahren durch die Kombination der Lehren der Dokumente (3) und (5) nahegelegt.
5.7. Dem kann die Kammer nicht zustimmen. Gemäß dem Streitpatent reichen beispielsweise Konzentrationen von weniger als 0,5 ppm Schwefelverbindungen im EKWG bereits aus, um die Lebensdauer des nickelhaltigen Oligomerisierungskatalysators bis hin zur Unwirtschaftlichkeit zu vermindern (Spalte 4, Zeilen 1 bis 11).
Entgegen der Meinung der Beschwerdeführerin ist Dokument (5) nicht zu entnehmen, daß mit dem dort beschriebenen Verfahren die zur Lösung der bestehenden Aufgabe erforderliche hohe Reinheit des EKWG erzielt werden kann. Aus Dokument (5) geht lediglich hervor, daß mit dem dort beschriebenen Adsorptionsverfahren die Konzentration von Schwefelverbindungen in saurem Erdgasbenzin von etwa 600 auf etwa 10 ppm (jeweils gerechnet als Schwefel) reduziert wird (Seite 17, Zeilen 11 bis 21), daß ein 500 ppm H2S enthaltendes Erdgas nach dem Adsorptionsverfahren nicht mehr als etwa 4. bis 5 ppm H2S, gerechnet als Schwefel, enthält (Seite 18, Zeilen 5 bis 15), und daß die EKWG zur katalytischen Alkylierung von Isoparaffinen vor dem Überleiten über einen granulierten Natrium-Zeolith X H2S oder CH3SH in Mengen von 120 bis 1230 ppm enthalten (die Tabelle auf Seite 16).
Insbesondere hat die Beschwerdeführerin niemals geltend gemacht, daß für eine Olefin-Alkylierung eine ähnlich hohe Reinheit des EKWG erforderlich sei wie bei einer Olefin-Oligomerisierung und daß deshalb in Dokument (5) bereits implizit eine Feinreinigung beschrieben sei. Sie hat vielmehr in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, daß die jeweils verwendeten Katalysatoren unterschiedliche Empfindlichkeiten gegenüber Katalysatorgiften aufweisen.
Deshalb konnte der Fachmann beim Versuch die bestehende Aufgabe zu lösen und ein wirtschaftlicheres Verfahren zur Oligomerisierung von Olefinen zu entwickeln, dem Dokument (5) keinen Hinweis darauf entnehmen, daß das jetzt beanspruchte Verfahren zu einer Verlängerung der Standzeit des nickelhaltigen Oligomerisierungskatalysators führen und so die bestehende Aufgabe lösen könnte.
5.8. Die Beschwerdeführerin hat bestritten, daß der Abtrennungsgrad von Schwefel nach dem beanspruchten Verfahren besser sei als nach dem aus Dokument (5) bekannten Verfahren, da gemäß der Lehre des zweiten Absatzes auf der Seite 17 des Dokumentes (5) das EKWG nach der Molekularsiebbehandlung nur noch 0.7 bis 0.8 % des ursprünglich enthaltenen Schwefels enthalte, wohingegen gemäß dem im Beispiel 5 des angefochtenen Patents beschriebenen Verfahren der Gehalt an Schwefel durch die Molekularsiebbehandlung auf nur 4.3 % des Ursprungsgehalt reduziert werde.
Bei der Beurteilung, ob ein Fachmann Dokument (5) für die Lösung der bestehende Aufgabe in Betracht gezogen hätte, ist jedoch der dort erreichte Abtrennungsgrad für Schwefelverbindungen nicht alleine von Bedeutung. Wichtig ist vielmehr ob gemäß dem Verfahren nach Dokument (5) alle Katalysatorgifte, beispielsweise auch Schwefelverbindungen, so weitgehend aus dem EKWG vor der Oligomerisierung entfernt werden können, daß der nickelhaltige Katalysator eine gute Standzeit aufweist. In dem spezifischen Fall von Schwefel enthält Dokument (5) keine für den Fachmann nützliche Information (vgl. Punkt 5.7), ob der Gehalt an Schwefelverbindungen bei Mengen kleiner als 0.5 ppm noch weiter bis zu einem Wert reduziert werden könnte, der den großtechnischen Einsatz des katalytischen Verfahrens zur Oligomerisierung von Olefinen in wirtschaftlicher Weise möglich mache.
5.9. Dagegen hat die Beschwerdeführerin eingewandt, es sei gemäß dem Streitpatent im Normalfall günstig, mit bekannten Mitteln Katalysatorgifte auf Gehalte bis zu etwa 1000 ppm zu reduzieren und das so gereinigte EKWG über das erfindungsgemäß einzusetzende Molekularsieb zu leiten (Spalte 5, Zeilen 46 bis 52). Somit sei es kein Merkmal des beanspruchten Verfahrens den Gehalt an Schwefelverbindungen bei Mengen von weniger als 0.5 ppm im EKWG noch weiter zu reduzieren.
Diese Lehre des Streitpatents betrifft aber nicht allein die Konzentration der Schwefelverbindungen im EKWG, sondern jene der Katalysatorgifte insgesamt. Da die Natur der anderen Katalysatorgifte, die neben Schwefelverbindungen im EKWG anwesend sein können, oft nicht bekannt ist (siehe Spalte 4, Zeilen 12 bis 18, und Spalte 6, Zeilen 30 bis 35, des Streitpatentes), steht diese Lehre nicht in Widerspruch mit der Aussage, ein Gehalt von 0.5 ppm Schwefelverbindungen vermindere bereits die Lebensdauer des Oligomerisierungskatalysators bis zur Unwirtschaftlichkeit.
5.10. Die Beschwerdeführerin war auch der Meinung, das beanspruchte Verfahren werde durch die Kombination der Lehre des Dokumentes (3) mit der Lehre des Dokumentes (6), insbesondere, mit der Lehre des Absatzes 5.3 "Adsorption an zeolitischen Molekularsieben" nahegelegt.
Dort wird ausgeführt, daß dehydratisierte zeolithische Molekularsiebe hochselektive Adsorbentien für Moleküle mit kleinerem Querschnitt als jenem der Porenöffnungen der Zeolithe seien, und daß sie besonders bei kleinen Partialdrücken hohe Adsorptionskapazität besitzen. Ebenso wird die Anwendung der Zeolithe bei der Trocknung und Reinigung von Gasen und Flüssigkeiten beschrieben (Seite 15, rechte Spalte unten und Seite 16, linke Spalte oben).
Da aber auch dem Dokument (6) keinerlei quantitative Angaben zur Adsorption von Katalysatorgiften, insbesondere von Schwefelverbindungen aus EKWG enthält, konnte der Fachmann dieser Druckschrift in Hinblick auf die Lösung der bestehenden Aufgabe nichts entnehmen, was über die aus Dokument (5) bekannten Informationen hinausgeht. Daher ist die Kammer zur Überzeugung gelangt, daß das beanspruchte Verfahren auch durch die Kombination der Lehren der Dokumente (3) und (6) nicht nahegelegt wird.
5.11. Auch aus den übrigen zum Stand der Technik gehörenden Dokumenten hat der Fachmann keinen Hinweis bekommen, daß das beanspruchte Oligomerisierungsverfahren eine weitgehende Entfernung der Katalysatorgifte aus den EKWG bewirkt und so zu einer guten Standzeit des nickelhaltigen Katalysators führt.
6. Die Kammer kommt daher zu dem Ergebnis, daß der Gegenstand des Anspruchs 1 auf erfinderischer Tätigkeit beruht. Bei dieser Sachlage erübrigt sich jede Stellungnahme zu möglichen Olefinverlusten durch Adsorption am Molekularsieb.
7. Die Gegenstände der abhängigen Ansprüche 2 und 3 betreffen besondere Ausführungsformen des im Anspruch 1 beanspruchten Verfahrens und haben daher zusammen mit diesem Anspruch ebenfalls Bestand.
8. Der Aufrechterhaltung des Patentes aufgrund der Ansprüche 1 bis 3 steht daher nichts im Wege.
9. Da der Beschwerde nicht stattgegeben werden kann, bleibt auch der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr nach Regel 67 Satz 1 EPÜ ohne Erfolg. Im Hinblick auf die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung des von der Beschwerdeführerin gerügten Verfahrensverstoßes sieht sich die Kammer jedoch veranlaßt, zur Frage der Verletzung des rechtlichen Gehörs Stellung zu nehmen.
9.1. Artikel 113 (1) EPÜ verlangt, daß eine Entscheidung nur auf Gründe gestützt werden darf, zu denen sich die Beteiligten äußern konnten. Die Kammer kann sich nicht der Auffassung der Beschwerdeführerin anschließen, es sei notwendig, die Beteiligten stets zu einer Stellungnahme aufzufordern, wenn ein entscheidungsrelevanter Sachverhalt vorgetragen wird. Vielmehr ist es Sache der Beteiligten zu bewerten, ob sie einem Vortrag des Gegners entgegentreten wollen. Das EPA ist in erster Linie dann gehalten, zu einer Stellungnahme aufzufordern, wenn es selbst einen Sachverhalt für klärungsbedürftig hält (Artikel 114 (1) EPÜ). Daher ist es nicht zu beanstanden, wenn eine Entscheidung ohne Aufforderung zur Stellungnahme ergeht, nachdem der von der Entscheidung beschwerte Beteiligte angemessene Gelegenheit hatte, sich zum entscheidungserheblichen Sachverhalt zu äußern.
9.2. Im vorliegenden Fall ist der Beschwerdeführerin jedoch keine angemessene Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden. Es kann dahinstehen, ob ein Beteiligter stets davon ausgehen kann, vier Monate für eine Äußerung zur Verfügung zu haben. Dies konnte die Beschwerdeführerin jedenfalls für ihre Stellungnahme zur Einspruchserwiderung des Patentinhabers erwarten. Hierzu weist sie zutreffend darauf hin, daß das EPA für sachliche Stellungnahmen regelmäßig eine Frist von vier Monaten gewährt (vgl. Prüfungsrichtlinien E-III, 1.2). Hinzu kommt, daß nach der Mitteilung über das Einspruchsverfahren im EPA (ABl. EPA 1989, 417, Z. 3(B)d) in der deutschen Fassung) dem Einsprechenden anheimzustellen ist, innerhalb einer Frist von regelmäßig vier Monaten zur Einspruchserwiderung Stellung zu nehmen, es sei denn, der Patentinhaber hat geänderte Unterlagen eingereicht oder beide Seiten haben mündliche Verhandlung beantragt. Beide Ausnahmen lagen hier nicht vor. Zwar sprechen die englische und französische Fassung der Mitteilung über das Einspruchsverfahren von einer Frist von regelmäßig zwei Monaten für die Erwiderung des Einsprechenden; die Beschwerdeführerin brauchte jedoch mit einer solchen Divergenz zwischen den verschiedenen Fassungen dieser Veröffentlichung nicht zu rechnen. Auch sieht die genannte Mitteilung in Z. 5 vor, daß in eindeutigen Fällen bereits nach Ablauf der Frist zur Einspruchserwiderung entschieden werden kann, jedoch unter dem ausdrücklichen Vorbehalt, daß die Entscheidung nur auf Gründe gestützt wird, zu denen sich die Beteiligten äußern konnten. Damit soll ersichtlich ausgeschlossen werden, daß eine Entscheidung ohne Gelegenheit zur Stellungnahme zur Einspruchserwiderung auf einen erst vom Patentinhaber vorgetragenen Sachverhalt gestützt wird. Aus den genannten Gründen konnte die Beschwerdeführerin davon ausgehen, vier Monate für eine Stellungnahme zur Einspruchserwiderung Zeit zu haben. Demgemäß ist die angegriffene Entscheidung unter Verletzung des rechtlichen Gehörs ergangen.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Sache wird an die erste Instanz zurückverwiesen mit der Anordnung, das Patent in geändertem Umfang mit folgender Fassung aufrechtzuerhalten:
Beschreibung: Seiten 2, 3, 3a, 4, 5 und 6, eingereicht in der mündlichen Verhandlung,
Ansprüche:: Nr. 1 bis 3, eingereicht in der mündlichen Verhandlung.
3. Der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird zurückgewiesen.