3. Das EPA als Bestimmungsamt oder als ausgewähltes Amt
Dieser Abschnitt wurde aktualisiert, um die Rechtsprechung und Gesetzänderungen bis 31. Dezember 2023 zu berücksichtigen. Die vorherige Version dieses Abschnitts finden Sie in "Rechtsprechung der Beschwerdekammern", 10. Auflage (PDF). |
Das EPA kann für eine nach dem PCT eingereichte internationale Anmeldung mit der Bestimmung EP (Euro-PCT-Anmeldung), "Bestimmungsamt" oder "ausgewähltes Amt" sein. Tritt der Anmelder in die europäische Phase ein, ohne eine internationale vorläufige Prüfung nach Kapitel II PCT beantragt zu haben, wird das EPA als Bestimmungsamt tätig. Ist der europäischen Phase jedoch ein Verfahren nach Kapitel II PCT vorausgegangen, wird das EPA in der europäischen Phase als ausgewähltes Amt tätig. Nach Art. 153 (2) EPÜ gilt eine internationale Anmeldung, für die das EPA Bestimmungsamt oder ausgewähltes Amt ist, als europäische Patentanmeldung.
In J 26/87 (ABl. 1989, 329) stellte die Juristische Beschwerdekammer fest: Hat der Anmelder bei richtiger Auslegung des Erteilungsantrags zu einer internationalen Anmeldung einen Vertragsstaat des EPÜ bestimmt, für den der PCT am Anmeldedatum der internationalen Anmeldung in Kraft war, so ist das EPA aufgrund von Art. 153 EPÜ 1973 auch dann verpflichtet, für diesen Vertragsstaat als Bestimmungsamt tätig zu werden, wenn die internationale Anmeldung ohne die Bestimmung dieses Staates vom Internationalen Büro veröffentlicht worden ist.
J 19/93 betraf ebenfalls die Bestimmung von EPÜ-Vertragsstaaten in einer internationalen Anmeldung mit dem Ziel, ein europäisches Patent zu erlangen. Die Juristische Beschwerdekammer betonte, dass das EPA als ausgewähltes Amt oder Bestimmungsamt in vollem Umfang zur Auslegung von Anmeldungen befugt ist, für die es in dieser Eigenschaft tätig werden soll. Die Auslegung durch das Anmeldeamt oder das Internationale Büro ist für das EPA nicht bindend (s. auch J 26/87, J 17/99).
In J 3/94 konnte sich die Juristische Beschwerdekammer nicht der Auffassung des Anmelders anschließen, dass die Auswahl zweier EPÜ-Vertragsstaaten bewirke, dass das EPA von Rechts wegen ausgewähltes Amt sei. Der Anmelder hatte im PCT-Antrag unter der Rubrik "Regionales Patent" EP und unter der Rubrik "Nationales Patent" fünf PCT-Vertragsstaaten, darunter auch Deutschland und das Vereinigte Königreich, bestimmt. In dem beim EPA als IPEA gestellten Antrag auf internationale vorläufige Prüfung waren jedoch nur diese fünf PCT-Vertragsstaaten ausgewählt worden; unter der Rubrik "Regionales Patent" war EP nicht angekreuzt. Die Juristische Beschwerdekammer entschied, dass das EPA in diesem Fall nicht zum ausgewählten Amt geworden ist. Eines der in Art. 31 (4) a) PCT verankerten Prinzipien ist, dass der Anmelder die Wahl hat, für welches Amt er die Ergebnisse der internationalen vorläufigen Prüfung nutzen will. Zudem richtet es sich nicht nur nach dem EPÜ, ob die Entscheidung für den nationalen Weg auch die Auswahl des EPA bedeutet. Über die Gültigkeit einer Auswahlerklärung muss in der internationalen Phase entschieden werden, damit die Auswahlerklärung und insbesondere die Verschwiegenheitspflicht der IPEA (Art. 38 PCT) wirksam werden.
Bezüglich der Frage, ob das EPA befugt ist, eine im Antrag enthaltene Erklärung anders auszulegen als die IPEA, erklärte die Juristische Beschwerdekammer in J 4/94, dass die Auslegung des Antrags zunächst die Aufgabe der IPEA ist. Das hindert jedoch ein Amt, das mutmaßlich ein ausgewähltes Amt ist, nicht zwangsläufig daran, den Antrag ebenfalls auszulegen. Im vorliegenden Fall gab es einen formalen Mangel im Antrag (neben dem Kästchen "EP" waren zwei EPÜ-Vertragsstaaten handschriftlich als ausgewählte Ämter angegeben). Statt den Anmelder zur Berichtigung des Mangels aufzufordern, hatte die IPEA die handschriftliche Angabe gelöscht. Eine von der im Antrag bekundeten Absicht eindeutig abweichende Auslegung der IPEA ist für das EPA nicht verbindlich. Dieses kann sich deshalb als wirksam ausgewähltes Amt betrachten.