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T 0352/11 12-09-2013
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Verwendung einer metallisierten, opaken Folie mit Barriereeigenschaften
Hauptantrag: Zurückweisung an die Vorinstanz (nein)
Hilfsantrag: nicht zugelassen (Disclaimer nicht korrekt)
Hilfsantrag IV: zugelassen (korrekter Ausschluss von Beispielen aus Dokumenten gemäß Art. 54(3) EPÜ mittels Disclaimer)
Neuheit (nein)
Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde der Einsprechenden ExxonMobil Chemical Patents Inc. richtet sich gegen die am 28. Oktober 2010 mündlich verkündete und am 25. November 2010 schriftlich begründete Entscheidung der Einspruchsabteilung, den Einspruch gegen das Europäische Patent Nr. EP-B 1 597 072 der Firma Treofan Germany GmbH & Co. KG zurückzuweisen.
II. Die Entscheidung gründete sich auf die erteilten Ansprüche 1 bis 22, von denen der Anspruch 1 wie folgt lautete:
"1. Verwendung einer metallisierten, coextrudierten, mehrschichtigen, biaxial orientierten Polypropylenmehrschichtfolie zur Herstellung einer Verpackung mit einer Barriere gegenüber Wasserdampf und Sauerstoff, welche eine vakuolenhaltige Basisschicht aufweist, wobei diese vakuolenhaltige Basisschicht durch eine oder mehrere Schichten abdeckt [sic] ist und die Dicke dieser abdeckenden Schicht oder Schichten insgesamt mindestens 3mym beträgt und die Folie auf der äußeren Oberfläche dieser abdeckenden Schicht oder Schichten metallisiert ist und die metallisierte Folie eine Wasserdampfdurchlässigkeit < 0,5 g/m**(2)·Tag bei 38ºC und 90% relativer Luftfeuchte und eine Sauerstoffdurchlässigkeit von < 50 cm**(3)/m**(2)·Tag·bar bei 23ºC und 50% relativer Luftfeuchte, aufweist."
Nach Auffassung der Einspruchabteilung stand keiner der von der Einsprechenden im Einspruchsschriftsatz genannten Einspruchsgründe gemäß den Artikeln 100 a), 100 b) und 100 c) EPÜ der Aufrechterhaltung des Patents in der erteilten Fassung entgegen.
III. Die Beschwerde der Einsprechenden (nachfolgend: Beschwerdeführerin) ging am 28. Januar 2011 unter Zahlung der vorgeschriebenen Gebühr ein. Die Beschwerde begründung wurde am 5. April 2011 eingereicht. Die bereits im Einspruchsverfahren zitierten Dokumente
D4 US-A 4 741 950 und
D6 US-A 6 013 353
wurden auch im Beschwerdeverfahren als relevant erachtet, um die erfinderische Tätigkeit infrage zu stellen. Dagegen wurde der Einwand der mangelnden Neuheit auf die Ausführungsbeispiele der neu eingereichten Dokumente
D12 WO-A 2004/073978 und
D13 WO-A 2004/073979
als Stand der Technik gemäß Artikel 54(3) EPÜ gestützt und wie folgt begründet:
a) Das Streitpatent, D12 und D13 stammten vom selben Anmelder und beanspruchten dieselben Prioritäten, nämlich von
D14 DE 103 07 133.4 vom 20. Februar 2003 und
D15 DE 103 55 231.6 vom 26. November 2003.
Diese Dokumente seien jedoch für das Streitpatent nicht prioritätsbegründend, da darin die anspruchsgemäßen Bereiche für die Merkmale der Wasserdampfdurchlässigkeit von < 0,5 g/m**(2)·Tag bei 38ºC und der Sauerstoffdurchlässigkeit von < 50 cm**(3)/m**(2)·Tag·bar bei 23ºC nicht explizit offenbart seien. Damit sei der wirksame Anmeldetag der dem Patent zugrundeliegenden Anmeldung der 20. Februar 2004;
b) Dagegen beanspruchten D12 und D13 wirksam die Prioritäten aus D14 und D15, so dass deren Anmeldetag vor dem 20. Februar 2004 liege. D12 und D13 seien nach dem 20. Februar 2004 veröffentlicht worden (2. September 2004) und repräsentierten daher einen Stand der Technik gemäß Artikel 54(3) EPÜ;
c) Die Beispiele 1 bis 3 von D12 und 1 und 2 von D13 fielen unter den Anspruch 1 des Patents und seien daher neuheitsschädlich.
Der Einwand der mangelnden Ausführbarkeit wurde ebenfalls aufrechterhalten.
IV. In ihrem Antwortschreiben vom 5. Januar 2012 bestritt die Patentinhaberin (nachfolgend: Beschwerdegegnerin) die Unwirksamkeit der Prioritäten aus D14 und D15 nicht und reichte als Hauptantrag einen neuen Anspruchssatz ein. Anspruch 1 enthielt fünf Disclaimer, mit denen die Beispiele 1 bis 3 von D12 und die Beispiele 1 und 2 von D13 ausgeschlossen werden sollten. Ferner wurden noch Argumente zur erfinderischen Tätigkeit und Ausführbarkeit der Erfindung vorgetragen.
V. Mit der Ladung vom 7. Februar 2013 wurde für den 12. September 2013 ein Termin zur mündlichen Verhandlung anberaumt.
Im Bescheid vom 9. Juli 2013 nahm die Kammer zu wesentlichen strittigen Punkten Stellung. Bezüglich der Neuheit vertrat die Kammer die vorläufige Auffassung, dass die die Beispiele 1 bis 3 von D12 sowie 1 und 2 von D13 ausschließenden Disclaimer den Grundsätzen der Entscheidung G 1/03 entsprechen und dass nach Einführung dieser Disclaimer in den Anspruch 1 der beanspruchte Gegenstand neu erscheine. Ferner sei D6 relevant für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit.
VI. Mit Schreiben vom 31. Juli 2013 nahm die Beschwerde führerin ausführlich zu den Disclaimern Stellung. Zusätzlich wurden Argumente zur Frage der Neuheit des beanspruchten Gegenstandes gegenüber den Ansprüchen und der allgemeinen Beschreibung in den Dokumenten D12 und D13 vorgetragen. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin lässt sich wie folgt zusammenfassen:
Disclaimer
a) Anspruch 1 erfüllt nicht die Erfordernisse des Artikels 84 EPÜ, da es für den Fachmann einen unzumutbaren Aufwand bedeute, den Schutzbereich eines Anspruchs mit "positiven" Merkmalen über 11 Zeilen und fünf Disclaimern über mehr als vier Seiten zu bestimmen. Zudem sei nicht eindeutig klar, was ausgeschlossen werden soll, da beispielsweise nicht angegeben ist, dass die ausgenommenen Filme metallisierte, coextrudierte und biaxial orientierte Filme sind.
b) die Disclaimer schließen nicht nur die spezifischen Beispiele von D12 und D13 aus, sondern mehr als zur Herstellung der Neuheit notwendig ist:
- die Disclaimer sagten nichts aus über die Dicke der Basisschicht, so dass kein spezifischer Film, sondern eine Gruppe von Filmen mit variierenden Gesamtdicken ausgeschlossen werde;
- die Beispiele in D12 und D13 offenbaren spezi fische Werte für die Wasserdampfdurchlässigkeit (WVTR) und Sauerstoffdurchlässigkeit (OTR) der Filme. Diese Parameter hängen von der offenbarten Gesamtdicke des Films ab. Da die Disclaimer keine Angaben über die Gesamtdicke enthalten, sind auch Filme mit von den Beispielen abweichenden WVTR- und OTR-Werten ausgenommen;
- die in den Beispielen offenbarten Verfahrens bedingungen für die Herstellung der Filme (Extrusions- und Kühlbedingungen, Streckverhält nisse und Streckbedingungen in Längs- und Querrichtung, sowie die Fixierung des Films und die Coronabehandlung der ersten Deckschicht und die Einarbeitung von Stabilisations- und Neutralisierungsmittel in alle Filmschichten) sind nicht angegeben. Alle diese Verfahrens details sind aber spezifisch für die Filme der Beispiele in D12 und D13.
c) Aus a) und b) folgt, dass die Disclaimer nicht den in G 1/03 entwickelten Grundsätzen genügen, wonach ein Disclaimer
- nicht mehr ausschließen soll als nötig ist, um die Neuheit herzustellen (Leitsatz II.2);
- die Erfordernisse der Klarheit und Knappheit gemäß Artikel 84 EPÜ (Leitsatz II.4) erfüllen muss.
Ansprüche und Beschreibung von D12 und D13
Anspruch 1 in Verbindung mit Seite 8, Zeilen 21/22 von D12 betrifft einen Film mit einer ersten Deckschicht von mindestens 4 mym Dicke, enthaltend mindestens 80 Gew.-%, bevorzugt 98 bis <100 Gew.-%, eines Propylen-Ethylen Copolymeren. Zumindest für den bevorzugten Bereich ergeben sich die im Streitpatent beanspruchten WVTR- und OTR-Werte zwangsläufig. Dies zeigt beispielsweise ein Vergleich mit dem Beispiel 1 des Streitpatents, das einen Film mit einer Dicke der Deckschicht von 0,5 mym betrifft, die weit unterhalb des Wertes von 4 mym gemäß Anspruch 1 von D12 liegt. Trotz dieser geringen Dicke erfüllt der Film des Beispiels 1 die anspruchsgemäßen WVTR- und OTR-Werte. Damit muss der viel dickere Film gemäß Anspruch 1 von D12 diese Werte auch erfüllen.
Ähnliche Überlegungen lassen sich auch mit D13 anstellen.
VII. Im Antwortschreiben vom 9. September 2013 beantragte die Beschwerdegegnerin als Hauptantrag die Zurückverweisung der Sache an die Einspruchsabteilung. Sie begründete ihren neuen Hauptantrag unter anderem mit dem von der Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerdebegründung verspätet vorgebrachten Sachvortrag im Hinblick auf das im Einspruchsverfahren nicht zugelassene Dokument D6 sowie die völlig neuen Argumentation zur Frage der Neuheit gegenüber D12 und D13.
Der ursprüngliche Hauptantrag auf Aufrechterhaltung des Patents im Umfang des am 5. Januar 2012 eingereichten Anspruchssatzes wurde als Hilfsantrag aufrechterhalten. Ferner wurden als Hilfsanträge II, III und IV neue Anspruchssätze mit modifizierten Disclaimern eingereicht, die den von der Beschwerdeführerin im Schreiben vom 31. Juli 2013 erhobenen Einwänden Rechnung tragen sollten.
VIII. In der mündlichen Verhandlung am 12. September 2013 wurde zunächst die Gewährbarkeit der von der Beschwerdegegnerin als Hauptantrag beantragte Zurückverweisung der Sache an die Erstinstanz diskutiert. Im Zuge der anschließenden Diskussion der Disclaimer in den Anspruchssätzen der Hilfsanträge zog die Beschwerdeführerin alle im schriftlichen Verfahren eingereichten Hilfsanträge zurück und reichte zwei neue Anspruchssätze als neuer Hilfsantrag und Hilfsantrag IV ein. Nach der Entscheidung der Kammer, den Hilfsantrag nicht, jedoch den Hilfsantrag IV zum Verfahren zuzulassen, konzentrierte sich die anschließende Diskussion auf die Neuheit des Gegenstandes des zugelassenen Hilfsantrags IV gegenüber der Offenbarung in den Ansprüchen und der allgemeinen Beschreibung von D12.
IX. Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents.
X. Die Beschwerdegegnerin beantragte als Hauptantrag die Zurückverweisung der Sache an die Einspruchsabteilung, hilfsweise die Aufrechterhaltung des Patents auf der Grundlage der in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Ansprüche 1 bis 22 gemäß Hilfsantrag oder der Ansprüche 1 bis 22 gemäß Hilfsantrag IV.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Hauptantrag der Beschwerdegegnerin auf Zurückverweisung an die Einspruchsabteilung
2.1 Der Antrag auf Zurückverweisung wurde insbesondere mit der Einführung des im Einspruchsverfahren bereits genannten und von der Einspruchsabteilung als nicht prima facie relevant nicht zugelassenen Dokuments D6 und der völlig neuen Argumentation zur Frage der Neuheit auf Basis von D12 und D13 im Beschwerdeverfahren begründet.
Bezüglich D6 argumentierte die Beschwerdegegnerin, dass es die Einspruchsabteilung versäumt habe, diesem verspätet eingereichten, aber hochrelevanten, Material Rechnung zu tragen. Durch die Nichtzulassung dieses im Beschwerdeverfahren als relevant erachteten Dokuments sei die Beschwerdegegnerin in ihrem Recht auf rechtliches Gehör verletzt worden. Dies könne nur durch die Zurückverweisung geheilt werden.
Ebenso müsse der Beschwerdegegnerin Gelegenheit gegeben werden, die Relevanz der neu ins Beschwerdeverfahren eingeführten Dokumente D12 und D13 von zwei Instanzen prüfen zu lassen.
2.2 Dieser Argumentation kann sich die Kammer nicht anschließen.
2.2.1 Die Kammer weist darauf hin, dass sich die Einspruchsabteilung in Punkt 3.1.1 ihrer angefochtenen Entscheidung bereits mit der Offenbarung in D6 auseinandergesetzt hat und zu dem Schluss kam, dass diese prima facie nicht relevanter sei als die bereits im Verfahren befindlichen Dokumente. Die darauf gestützte Nichtzulassung von D6 kann logischerweise nicht deshalb das rechtliche Gehör verletzt haben, weil dieses Dokument im Beschwerdeverfahren dann doch zugelassen wurde. Zudem wurde D6 im Beschwerdeverfahren nicht erst mit Schreiben vom 31. Juli 2013 genannt, sondern bereits im Punkt 6.3.2.2 der Beschwerdebegründung im Hinblick auf seine Relevanz als (neben D4) relevanter nächstliegender Stand der Technik zur Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit diskutiert. Die Beschwerdegegnerin hatte daher ausreichend Gelegenheit, sich mit der Offenbarung in D6 auseinander zusetzen und entsprechend darauf zu reagieren. Die Einführung von D6 in das Beschwerdeverfahren kann daher eine Zurückverweisung nicht rechtfertigen.
2.2.2 D12 und D13 wurden erstmals in der Beschwerdebegründung genannt. Diese Dokumente stammen vom Patentinhaber selbst und gehen auf dieselben Prioritätsdokumente (D14, D15) zurück, die auch die Grundlage für die Inanspruchnahme der Priorität für das Streitpatent bilden. Daher musste die Beschwerdegegnerin den Inhalt dieser Dokumente schon lange kennen. Zudem lässt ihr Antwortschreiben vom 5. Januar 2012 auf die Beschwerdebegründung erkennen, dass ihr die Relevanz von D12 und D13 als Stand der Technik gemäß Artikel 54(3) EPÜ bewusst war, da sie die behauptete Unwirksamkeit der beiden Prioritäten nicht bestritt und als Hauptantrag einen neuen Anspruchssatz mit fünf Disclaimern im Anspruch 1 einreichte, um die Beispiele 1 bis 3 von D12 und 1 und 2 von D13 aus dem Schutzbereich auszuschließen. Die Beschwerdegegnerin musste auch damit rechnen, dass die Beschwerdeführerin - wie mit Schreiben vom 31. Juli 2013 dann auch geschehen - neue Argumente und Einwände gegen den Gegenstand des neuen Hauptantrags und insbesondere die Zulässigkeit der Disclaimer vortragen würde.
2.2.3 Die Kammer weist außerdem darauf hin, dass einer Partei kein Recht zusteht, einen im Beschwerdeverfahren neu vorgebrachten Sachverhalt über zwei Instanzen prüfen zu lassen. Eine Zurückverweisung liegt im Ermessen der Kammer, wobei die jeweilige Sachlage und die Verfahrensökonomie berücksichtigt werden muss.
Laut Artikel 11 der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern des EPA ist eine Zurückverweisung an die vorige Instanz insbesondere dann angebracht, wenn das Verfahren vor der Vorinstanz wesentliche Mängel aufweist. Das ist hier jedoch nicht der Fall.
Eine Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz würde zudem eine erhebliche Verzögerung des Verfahrens bedeuten, die nach Ansicht der Kammer im vorliegenden Fall unter dem Gesichtspunkt der Verfahrensökonomie nicht zu rechtfertigen wäre.
2.3 Der Hauptantrag der Beschwerdegegnerin wird daher zurückgewiesen.
3. Zulassung des Hilfsantrags
3.1 Laut Leitsatz II.2 von G 1/03 sollte ein Disclaimer nicht mehr ausschließen als nötig ist, um die Neuheit wiederherzustellen. Da die Disclaimer in den Anspruch 1 mit der Absicht aufgenommen wurden, die konkreten Beispiele 1 bis 3 von D12 und 1, 2 von D13 aus dem Schutzbereich auszuschließen, muss untersucht werden, ob die Disclaimer dieses Kriterium erfüllen.
3.2 Um ein konkretes Beispiel per Disclaimer korrekt auszuschließen, müssen alle Offenbarungen in einem Dokument, die dieses Beispiel unmittelbar betreffen, ausgenommen werden. Für die Beispiel 1 bis 3 von D12 und 1, 2 von D13 sind dies:
a) die Coextrusionsbedingungen für die Vorfolie sowie die Reckbedingungen und Fixierung (D12 S. 21, Absatz 1 und S. 22, Z. 10 bis 20; D13 S. 19/20 verbrückender Absatz und S. 21, Z. 15 bis 23);
b) die Zusammensetzung und Dicken der einzelnen Folienschichten, inklusive aller in den einzelnen Schichten enthaltenen Zusatz/Hilfsstoffe (D12 S. 21, Z. 12 bis S. 22 Z. 9 und S. 15, Z. 20 bis 25; D13 S. 20, Z. 8 bis S. 21; Z. 14 und S. 15, Z. 4 bis 9);
c) die Coronabehandlng der Oberfläche der ersten Deckschicht (D12 S. 22, Z. 21 bis 23; D13 S. 21, Z. 25 bis 27);
d) die Plasmabehandlung der Oberfläche der ersten Deckschicht und ihre nachfolgende Beschichtung mit einer Aluminiumschicht (D12 S. 26 letzter Abs; D13, S. 22/23 verbrückender Abs.);
e) die Gesamtdicke der Folien, ihre Dichte sowie ihre Werte für die Wasserdampf- und Sauerstoffdurch lässigkeit (D12 S. 27 Tabelle; D13 S. 24 Tabelle).
3.3 Die Disclaimer des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag erfüllen obige Kriterien nur unvollständig. So fehlen unter anderem im Merkmal b) die Angabe "Sylobloc 45" für den Antiblockmittel-Zusatz und der Gehalt an Stabilisator und Neutralisationsmittel. Weiterhin wird nicht angegeben, dass es sich bei der Metallschicht um eine Aluminiumschicht handelt und der Beschichtung eine Plasmabehandlung an der Oberfläche der ersten Deckschicht vorausgeht (Merkmal d)). Der Disclaimer schließt damit über die Beispiele von D12 und D13 hinausgehende Folien aus und entspricht insofern nicht dem Leitsatz II.2 der Entscheidung G 1/03.
3.4 Da der Anspruchssatz gemäß Hilfsantrag - was die Disclaimer betrifft - zumindest die Voraussetzungen des Leitsatzes II.2 von G 1/03 nicht erfüllt wurde der Hilfsantrag nicht zum Verfahren zugelassen.
4. Zulassung des Hilfsantrags IV
4.1 In den Disclaimern des Anspruchs 1 wurden alle in Punkt 3.3 genannten Mängel behoben. Damit entsprechen die Disclaimer dem Leitsatz II.2 von G 1/03. Auch sieht die Kammer, trotz des Umfangs der Disclaimer von etwa vier Seiten, für den Anspruch 1 keinen Mangel an Klarheit und Knappheit, da für den Fachmann zum einen alle technischen Merkmale der mit den Disclaimern von der beanspruchten Folie auszuschließenden Folien nachvollziehbar sind und zum anderen ein präziser Ausschluss der in D12 und D13 offenbarten Beispiele einen derartigen Merkmalsumfang erforderlich machen. Das Erfordernis des Artikels 84 gemäß Leitsatz II.4 von G 1/03 ist daher ebenfalls erfüllt.
4.2 Da somit der Anspruchssatz gemäß Hilfsantrag IV geeignet ist, den Einwand der mangelnden Neuheit gegenüber den in den Beispielen von D12 und D13 beschriebenen Filmen zu beheben, wird der Hilfsantrag IV zum Verfahren zugelassen.
5. Neuheit des Gegenstands gemäß Hilfsantrag IV gegenüber der Offenbarung in den Ansprüchen und der allgemeinen Beschreibung von D12 und D13
5.1 Es ist unstreitig, dass die gesamte Offenbarung in den Ansprüchen und der Beschreibung der Dokumente D12 und D13 Filme einschließt, die nicht in allen Merkmalen den Filmen gemäß den Beispielen entsprechen und daher nicht durch die Disclaimer ausgeschlossen wurden. Daher ist die Neuheit des Gegenstands des Hilfsantrags IV auch gegenüber der Offenbarung von D12 und D13 in ihrer Gesamtheit zu beurteilen.
5.2 Anspruch 1 des Hilfsantrags IV ist auf die Verwendung einer metallisierten coextrudierten, mehrschichtigen, biaxial orientierten Polypropylenmehrschichtfolie zur Herstellung einer Verpackung mit einer Barriere gegenüber Wasserdampf und Sauerstoff gerichtet. Die Folie ist charakterisiert durch
a) eine vakuolenhaltige Basisschicht;
b) eine oder mehrere die Basisschicht abdeckende Schicht(en) mit einer Gesamtdicke von mindestens 3 mym;
c) eine Metallschicht auf der äußeren Oberfläche der Deckschicht;
d) eine Wasserdampfdurchlässigkeit von < 0,5 g/m**(2)·Tag bei 38ºC und 90% relativer Luftfeuchte und
e) eine Sauerstoffdurchlässigkeit von < 50 cm**(3)/m**(2)·Tag·bar bei 23ºC und 50% relativer Luftfeuchte.
Eine weiterführende chemische Definition des Begriffs "Polypropylen" findet sich im Anspruch 1 nicht. Beispielhafte und bevorzugte chemische Polymerzusammensetzungen sind in den Unteransprüchen 4 bis 8 sowie in den Abschnitten [0018] bis [0021] und [0039] bis [0044] der Patentschrift angegeben.
5.3 D12 betrifft ebenfalls die Verwendung einer metallisierten coextrudierten, mehrschichtigen biaxial orientierten opaken Polypropylenmehrschichtfolie zur Herstellung einer Verpackung (D12, Ansprüche 13 bis 19 i.V.m. den Ansprüchen 1 und 2 sowie die Beschreibung, S. 4, Z. 1 bis S. 5, Z. 4). Die darin beschriebenen Merkmale der Folie werden von den im Punkt 5.2 genannten Merkmalen a), b) und c) des Anspruchs 1 des Hilfsantrags IV umfasst. Dies ist insoweit. Allerdings fehlen in den Ansprüchen von D12 explizite Angaben über die Wasserdampf- und Sauerstoffdurchlässigkeit der Folien (Punkt 5.2., Merkmale d), e)). Die in der Beschreibung auf S. 18, letzter Absatz von D12 explizit offenbarten und in den beanspruchen Bereichen liegenden Werte für die Wasserdampf- und Sauerstoffdurchlässigkeit können nicht für die Beurteilung der Neuheit herangezogen werden, da diese Merkmale den Prioritätsunterlagen der in D12 beanspruchten Priorität aus DE 103 07 133.4 vom 20. Februar 2003 (D14) nicht zu entnehmen sind und daher nicht der Offenbarung zugerechnet werden können, die D12 als Stand der Technik gemäß Artikel 54(3) EPÜ qualifiziert. Es ist daher zu untersuchen, ob die verbleibende Offenbarung in D12 diese Werte implizit und eindeutig einschließt.
5.4 Die in D12 beschriebene Lehre geht gemäß S. 2, Absatz 1 von der Beobachtung aus, dass die Barriereeigenschaften von Polypropylenfolien des Standes der Technik mit einer vakuolenhaltigen Basisschicht hinsichtlich der Wasserdampf- und Sauerstoffbarriere unzureichend sind. Der in D12 beschriebenen Erfindung lag daher unter anderem die Aufgabe zugrunde, metallisierte Folien mit hervorragenden Barriereeigenschaften gegenüber Sauerstoff und Wasserdampf zur Verfügung zu stellen, um beispielsweise das Füllgut von Beutelverpackungen vor Feuchte und Sauerstoffzufuhr zu schützen (S. 4 Absätze 1 und 2). In den nachfolgenden Absätzen und den Ansprüchen 1 und 2 von D12 wird angegeben, wie diese Aufgabe gelöst wird. Neben der Verwendung einer vakuolenhaltigen Basisschicht und einem spezifischen Propylen-Ethylen-Copolymeren mit einem niedrigen Ethylengehalt von 1,2 bis < 2,8 Gew.-% für die Deckschicht spielen auch die Dicke der Deckschicht bzw. die Gesamtdicke von Deckschicht und eventuell vorhandenen Zwischenschichten von mindestens 4 mym sowie die Metallisierung der Oberfläche der Deckschicht eine wichtige Rolle. Alle diese Merkmale werden vom Anspruch 1 des Hilfsantrags IV umfasst.
Auf der S. 6, Absätze 1 bis 4 von D12 (insbesondere die Passagen im Absatz 1, Zeilen 4 bis 8 und im letzten Absatz, Zeilen 25 bis 30) lässt sich explizit ableiten, dass die Dicke der Deckschicht bzw. der Kombination aus Deckschicht und Zwischenschicht von mindestens 4 mym in Verbindung mit der Metallisierung der Oberfläche zu hervorragenden Barriereeigenschaften der Folie gegenüber Wasserdampf und Sauerstoff führt, so dass die Folien zur Herstellung von Beutelverpackungen für wasserdampf- und sauerstoffempfindliche Füllgüter eingesetzt werden können.
Was unter "hervorragenden" Barriereeigenschaften gegenüber Wasserdampf und Sauerstoff zu verstehen ist, wird durch die Erläuterungen auf S. 26, letzter Absatz näher ausgeführt, die sich auf die Beispiele 1 bis 3 und damit auf die entsprechenden Werte in der Tabelle auf S. 27 beziehen. Damit wird klar, dass die Tabellenwerte von < 0,2 für die Wasserdampfdurchlässigkeit (WDD 38ºC, 90% rel. Feuchte) und < 20 für die Sauerstoffdurchlässigkeit (OTR 23ºC, 50% rel. Feuchte) ein Maßstab für die gesamten in D12 als erfindungsgemäß offenbarten Folien sind. Diese Werte liegen deutlich innerhalb der anspruchsgemäßen Bereiche des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag IV (WDD < 0,5; OTR < 50).
Die in D12 als erfindungsgemäß offenbarten Folien, die in ihrer Gesamtheit hinsichtlich ihrer Barriere eigenschaften als "hervorragend" eingestuft werden, werden daher vom Anspruch 1 des Hilfsantrags IV umfasst.
5.5 Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag IV ist somit gegenüber D12 nicht neu.
5.6 Der Hilfsantrag IV ist daher nicht gewährbar. Bei dieser Sachlage brauchte auf das Dokument D13 nicht mehr eingegangen zu werden.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Das Patent wird widerrufen.