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T 0152/85 (Nichtentrichtung der Einspruchsgebühr) 28-05-1986
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1. Wird eine Gebühr nicht fristgerecht entichtet, obwohl Zahlungsabsicht bestand, so liegt ein Fehler durch Unterlassung einer Handlung vor, der nicht nach Regel 88 Satz 1 EPÜ berichtigt werden kann.
2. Bevor das EPA von einem laufenden Konto einen Betrag zur Begleichung einer Gebühr abbuchen kann, muss die klare eindeutige Absicht erkennbar sein, dass diese Gebühr von einem bestimmten, genau bezeichneten laufenden Konto gezahlt werden soll.
3. Ist eine Person für die Entscheidung über eine Handlung z.B. die rechtzeitige Entrichtung einer Gebühr, verantwortlich, so ist das EPA nicht verpflichtet, diese Person vor Ablauf der Frist an die Handlung zu erinnern, auch wenn sie beim EPA ein laufendes Konto unterhält.
Einspruchsgebühr - Nichtentrichtung - Nichterwähnung
Berichtigung eines Fehlers durch Unterlassung einer Handlung
Abbuchungsauftrag
Beurteilung der Sachlage
Sachverhalt und Anträge
I. Auf die Erteilung des europäischen Patents war im Patentblatt 83/30 vom 27. Juli 1983 hingewiesen worden. Die Frist von 9 Monaten zur Einlegung eines Einspruchs lief daher am 27. April 1984 ab.
II. Am 14. April 1984 ging bei der Einspruchsabteilung eine vom 9. April 1984 datierte Einspruchsschrift des Vertreters der Beschwerdeführerin ein. Die Einspruchsschrift enthielt keinen Hinweis auf die Entrichtung der Einspruchsgebühr; die Gebühr war bis 27. April 1984 auch nicht entrichtet worden.
III. Am 4. Juni 1984 wurde dem Vertreter der Beschwerdeführerin nach Regel 69 (1) EPÜ mitgeteilt, daß die Einspruchsgebühr nicht innerhalb der vorgeschriebenen Frist von 9 Monaten entrichtet worden sei und der Einspruch damit gemäß Artikel 99 (1) EPÜ als nicht eingelegt gelte.
IV. Mit einem am 2. August 1984 eingegangenen Schreiben beantragte der Vertreter der Beschwerdeführerin eine Änderung der Einspruchsschrift nach Regel 88 EPÜ durch Aufnahme des folgenden Satzes: "Die Einspruchsgebühr in Höhe von 520,- DM ist von dem laufenden Konto Nr. 2800.0125 abzubuchen, das der Vertreter der Einsprechen den beim Europäischen Patentamt unterhält." Mit Schreiben vom 20. November 1984 machte der Vertreter der Beschwerdeführerin geltend, das EPA sei ordnungsgemäß befugt gewesen, nach Erhalt der Einspruchsfrist den Betrag der Einspruchsgebühr von seinem Konto abzubuchen.
V. Mit Entscheidung vom 22. März 1985 wies die Einspruchsabteilung die Änderung der Einspruchsschrift mit der Begründung zurück, daß die nicht rechtzeitige Entrichtung einer Gebühr ein Fehler durch Unterlassung einer Handlung und nicht eine Unrichtigkeit in "Unterlagen" sei, die nach Regel 88 Satz 1 EPÜ berichtigt werden könne; der Einspruch gelte als nicht eingelegt, weil das EPA nicht fristgerecht zur Belastung des laufenden Kontos ermächtigt worden sei.
VI. Der Vertreter der Beschwerdeführerin legte am 16. Mai 1985 unter Zahlung der entsprechenden Gebühr Beschwerde ein. Am 7. Juni 1985 reichte er eine Begründung nach, in der er folgendes vorbrachte:
(1) Der Antrag auf Änderung der Einspruchsschrift erfülle die Voraussetzungen, unter denen Regel 88 EPÜ zur Anwendung komme. Die Unterscheidung zwischen einer Unrichtigkeit in einer Unterlage und einem Fehler wegen nicht rechtzeitiger Entrichtung einer Gebühr verstoße gegen den Sinn und Zweck der Regel 88 EPÜ. Es wäre unbillig, einem Einsprechenden, dem ja Artikel 122 EPÜ nicht zu Gebote stehe, die Inanspruchnahme der Regel 88 EPÜ zu verwehren.
(2) Die (letztere) Einspruchsschrift vom 14. April 1984 sei als klare Aufforderung zu verstehen, die Einspruchsgebühr vom laufenden Konto des Vertreters der Beschwerdeführerin abzubuchen.
(3) Mit der Eröffnung eines laufenden Kontos durch einen Vertreter entstehe eine besondere Rechtsbeziehung zwischen diesem und dem EPA; das EPA hätte ihm daher zwischen dem Eingang der Einspruchsschrift und dem Ablauf der neunmonatigen Einspruchsfrist mitteilen müssen, daß keine klare Anweisung zur Abbuchung der Einspruchsgebühr vorliege.
VII. Auf den Bescheid der Beschwerdekammer vom 26. Februar 1986 führte der Vertreter der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 29. April 1986 weitere Argumente zur Stützung seines Vorbringens an.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde entspricht den Artikeln 106 bis 108 EPÜ und Regel 64 EPÜ; sie ist somit zulässig.
2. Regel 88 Satz 1 EPÜ ermächtigt das EPA eindeutig, Unrichtigkeiten in den beim Amt eingereichten Unterlagen zu berichtigen. Ebenso eindeutig ermächtigt sie das EPA jedoch nicht dazu, Unrichtigkeiten zu berichtigen, die nicht in einer Unterlage vorkommen (oder die keine sprachlichen Fehler oder Schreibfehler sind). In Artikel 99 (1) letzter Satz EPÜ heißt es, daß der Einspruch erst als eingelegt gilt, wenn die Einspruchsgebühr entrichtet worden ist. Die Entrichtung der Einspruchsgebühr ist somit eine vorgeschriebe ne Handlung, die innerhalb der neunmonatigen Einspruchsfrist vor genommen werden muß, wenn der Einspruch zulässig sein soll. Wird bei bestehender Einspruchsabsicht die Einspruchsgebühr nicht rechtzeitig entrichtet, so liegt ein Fehler durch Unterlassung einer Handlung vor, der nicht mehr berichtigt werden kann, wenn die Frist für die Einlegung eines Einspruchs verstrichen ist. Auch wenn die Einspruchsschrift entsprechend dem am 2. August 1984 ein gegangenen Schreiben des Vertreters geändert würde, würde dies nichts an der Tatsache ändern, daß die Einspruchsgebühr nicht vor Ablauf der Einspruchsfrist von 9 Monaten entrichtet worden ist. Der Umstand, daß Artikel 122 EPÜ vom Wortlaut her dem Einsprechen den keine Möglichkeit gibt, eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu beantragen, berührt die oben dargelegte richtige Auslegung des Artikels 99 (1) EPÜ und der Regel 88 EPÜ nicht. Aus dem Wortlaut der Regel 88 EPÜ ist die klare Absicht des EPA erkennbar, zwischen Unrichtigkeiten in Unterlagen und sonstigen Fehlern wie einer versäumten Gebührenentrichtung zu unterscheiden und nur die Berichtigung von Unrichtigkeiten in Unterlagen zuzulassen. Unter diesen Umständen bietet die Regel 88 EPÜ dem Vertreter der Beschwerdeführerin keine Möglichkeit, die versäumte Entrichtung der Einspruchsgebühr nachzuholen.
3. In Nummer 6 der "Vorschriften über das laufende Konto" (ABl. EPA 1982, 15 - 18) sind die Voraussetzungen für die Belastung eines laufenden Kontos beim EPA genannt. So sieht Nummer 6.2 folgendes vor;
"Die Belastung des laufenden Kontos erfolgt nur gegen Vorlage eines vom Kontoinhaber unterzeichneten schriftlichen Abbuchungsauftrages oder ggf. aufgrund eines fernschriftlichen Abbuchungsauftrages.";
Nummer 6.3 schreibt vor, daß "der Abbuchungsauftrag... die notwendigen Angaben über den Zweck der Zahlung sowie die Nummer des zu belastenden Kontos zu enthalten" hat. Im vorliegen den Fall enthält die Einspruchsschrift, wie bereits gesagt, keinerlei Hinweis auf die Entrichtung der Einspruchsgebühr. Der Vertreter der Beschwerdeführerin hat also innerhalb der neunmonatigen Einspruchsfrist keine Unterlage eingereicht, die als Abbuchungsauftrag angesehen werden könnte, so daß die Erfordernisse der Nummern 6.2 und 6.3 der obengenannten Vorschriften eindeutig nicht erfüllt sind. Unter diesen Umständen nützt der Beschwerdeführerin auch die Tatsache nichts, daß ein laufendes Konto auf den Namen des Vertreters der Beschwerdeführerin existiert, das eine für die Begleichung der Einspruchsgebühr ausreichende Deckung aufweist. Ganz allgemein gilt, daß das EPA nur dann einen Geldbetrag von einem bei ihm geführten laufenden Konto zur Begleichung einer Gebühr oder der Kosten einer Dienstleistung ordnungsgemäß abbuchen kann, wenn ihm ein vom Kontoinhaber unterzeichneter klarer, eindeutiger schriftlicher Auftrag hierzu vorliegt. Im vorliegenden Fall hat das EPA keine solche Anweisung erhalten. Der Vertreter der Beschwerdeführerin hat behauptet, es genüge, daß a) ein Konto mit ausreichender Deckung vorhanden und b) die Zahlungsabsicht aus den allgemeinen Umständen herleitbar sei, damit das EPA das betreffende Konto belasten könne. Im vorliegenden Fall enthält die Einspruchsschrift keinerlei Zahlungshinweis, so daß nicht einmal eine Zahlungsabsicht aus der allgemeinen Sachlage abgeleitet werden kann. Die bloße Tatsache, daß innerhalb der vorgeschriebenen Frist eine ausführliche Einspruchsschrift eingereicht worden ist, heißt noch nicht, daß die Einsprechende oder ihr Vertreter auch die Einspruchsgebühr innerhalb der vorgeschriebenen Frist zu entrichten beabsichtigte. Es wäre durchaus denkbar, daß der Einspruch nur vorsichtshalber eingelegt und erst dann die Entscheidung darüber gefällt wird, ob der Einspruch durch Entrichtung der Einspruchsgebühr tatsächlich eingelegt wird.
Selbst wenn eine klare, eindeutige Absicht zur fristgerechten Entrichtung der Einspruchsgebühr abgeleitet werden könnte, müßte genauso klar und eindeutig feststehen, daß die Zahlung von einem bestimmten, genau bezeichneten laufenden Konto geleistet werden soll. Wenn - wie im vorliegenden Fall - überhaupt kein Zahlungshinweis vorliegt, besteht zwangsläufig in zweifacher Hinsicht Unklarheit, nämlich erstens darüber, ob eine Zahlung beabsichtigt ist, und zweitens darüber, auf welche Weise diese Zahlung erfolgen soll.
Aus diesen Gründen kann nach Dafürhalten der Kammer im vorliegen den Fall die innerhalb der Einspruchsfrist eingereichte Einspruchsschrift nicht als Auftrag zur rechtzeitigen Abbuchung der Einspruchsgebühr vom laufenden Konto des Vertreters der Beschwerdeführerin aufgefaßt werden.
Dies stimmt voll und ganz mit der in den Sachen Abbuchungsauftrag I, II und III (T 152/82, T 17/83 und T 170/83) vertretenen Auffassung der Beschwerdekammer überein; in diesen Fällen lag jeweils eine schriftliche Erklärung vor, in der ausdrücklich angegeben war, daß die Zahlung der betreffenden Gebühr durch Abbuchung von einem laufenden Konto erfolgen sollte.
4. Die rechtlichen Verpflichtungen zwischen dem EPA und dem Inhaber eines laufenden Kontos sind in den "Vorschriften über das laufende Konto" festgelegt. Wie bereits dargelegt, liegt die Entscheidung darüber, ob die Einspruchsgebühr fristgerecht entrichtet werden soll, beim potentiellen Einsprechenden und seinem Vertreter, so daß das EPA rechtlich nicht verpflichtet ist, dem potentiellen Einsprechenden mitzuteilen, daß eine Gebühr nicht entrichtet worden ist. Artikel 99 (1) EPÜ sieht eine Frist von 9 Monaten vor, innerhalb deren Einspruch eingelegt und die Einspruchsgebühr entrichtet werden kann, wobei letzteres für die Einlegung des Einspruchs entscheidend ist. Solange die Erfordernisse von Artikel 99 (1) EPÜ nicht erfüllt sind, ist ein potentieller Einsprechender kein Verfahrensbeteiligter vor dem EPA; es ist Sache des künftigen Einsprechenden, die Voraussetzungen zu erfüllen, die ihn zum Einsprechenden machen.
Das EPA kann zwar unter bestimmten Umständen den zugelassenen Vertreter eines Beteiligten informell an eine Handlung erinnern, die innerhalb einer bestimmten Frist vorgenommen werden muß, doch kann ihm kein Vorwurf daraus gemacht werden, wenn es dies in einem Falle nicht tut, in dem die Verantwortung für die Vornahme dieser Handlung allein beim Beteiligten liegt; dies gilt insbesondere im vorliegenden Fall, wo mit der Vornahme der Handlung (d. h. der Entrichtung der Einspruchsgebühr) auch darüber entschieden wird, ob der potentielle Einsprechende Verfahrensbeteiligter vor dem EPA wird.
5. Aus diesen Gründen wird die Entscheidung der Formalprüfungsstelle der Einspruchsabteilung bestätigt.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde gegen die Entscheidung der Formalprüfungsstelle der Einspruchsabteilung vom 22. März 1985 wird zurückgewiesen.