9. Zurückverweisung an die erste Instanz
9.5. Anträge auf und gegen Zurückverweisung
Art. 11 VOBK 2020 erfordert keinen Antrag auf Zurückverweisung einer Partei, da die Zurückverweisung der Angelegenheit im Ermessen der Beschwerdekammer steht und von ihr auch ohne entsprechenden Antrag entschieden werden kann (T 78/17, s. auch T 1805/14).
In vielen Fällen beantragten die Beteiligten explizit eine Zurückverweisung an die erste Instanz, s. z. B. die Ex-parte-Fälle T 1754/15, T 1966/16 und T 2519/17. Auch in den Inter-partes-Fällen T 240/16, T 1376/17, T 2908/18, T 323/18 und T 395/18 wurden die Anträge beider Beteiligten berücksichtigt.
In T 1964/17 stellten die Tatsache, dass in der angefochtenen Entscheidung eine Analyse der Einspruchsgründe mangelnde Neuheit und mangelnde erfinderische Tätigkeit völlig fehlte, sowie der Antrag beider Beteiligten auf Zurückverweisung besondere Gründe im Sinne von Art. 11 VOBK 2020 dar.
In T 194/17 stellte die Kammer fest, dass der wesentliche Verfahrensmangel prinzipiell ein ausreichender Grund zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an die Einspruchsabteilung sein kann. Der Beschwerdeführer beantragte jedoch, dass der Fall nicht an die Einspruchsabteilung zurückverwiesen und dass er von der Kammer selbst entschieden wird. Angesichts des Grundsatzes der Verfahrensökonomie, der bisherigen Dauer des Einspruchs(beschwerde)verfahrens, des bereits fortgeschrittenen Alters des Patents und der Tatsache, dass der Verfahrensmangel abhängige Ansprüche betraf, gab die Kammer dem Antrag des Beschwerdeführers statt.
In T 1655/20 verwies die Kammer die Sache zur weiteren Entscheidung an die Prüfungsabteilung zurück, obwohl der Beschwerdeführer eine Entscheidung über alle strittigen Fragen beantragt hatte. Im vorliegenden Fall hatte die Prüfungsabteilung den Hauptantrag nur aufgrund mangelnder Neuheit zurückgewiesen, d. h. ohne Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit. Daneben war der erste mit der Beschwerde eingereichte Hilfsantrag im Hinblick auf den ersten der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegenden Hilfsantrag geändert worden. Die Kammer befand, dass hier besondere Gründe im Sinne des Art. 11 VOBK 2020 vorlagen, die die Zurückverweisung des Falls rechtfertigten. S. auch T 97/14, T 568/17.