T 0780/89 (Immunstimulierende Mittel) 12-08-1991
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1. Eine allgemeine Immunstimulierung oder die Stimulierung körpereigener Abwehrkräfte durch die Verwendung bestimmter Verbindungen, die gleichzeitig mit einer spezifischen Prophylaxe gegen bestimmte Infektionen einhergeht, ist als therapeutische Behandlung zu qualifizieren und gilt damit gemäss Artikel 52(4) EPÜ als nicht gewerblich anwendbar (vgl. Punkt 6 der Entscheidungsgründe).
2. Ist die Erhöhung der Fleichproduktion lediglich die Folge einer verbesserten Gesundheit und verringerter Sterberate aufgrund einer therapeutischen Behandlung mit einem bestimmten Stoff, so wird der Verwendungserfindung durch diesen Sekundärerfolg nicht der Charakter einer gemäss Artikel 52(4) Satz 1 EPÜ vom Patentschutz ausgeschlossenen therapeutischen Behandlung genommen (vgl. Punkt 7 der Entscheidungsgründe.
Therapeutische Behandlung
Prophylaxe
Immunstimulierung
Sachverhalt und Anträge
I. Die europäische Patentanmeldung Nr. 85 102 045.3 (Veröffentlichungsnummer 0 158 075) wurde von der Prüfungsabteilung zurückgewiesen. Der Entscheidung lagen die am 28. Oktober 1989 eingereichten Ansprüche 1 bis 4 zugrunde, die wie folgt lauten:
1. Verwendung von Verbindungen der Formel (I) in welcher R für Alkyl steht; R1 für Wasserstoff, Alkyl, Halogen, Halogenalkyl, Alkoxy steht; R2 für Wasserstoff, Alkyl, Halogen, Halogenalkyl, Alkoxy steht; R3 für gegebenenfalls substituiertes Aryl oder Heteroaryl steht; X für O oder S steht; Y für O oder S steht; zur nichttherapeutischen Immunstimulierung bei Geflügel und nicht-humanen Säugetieren.
2. Verwendung von Verbindungen der Formel (I), wie voranstehend definiert, zur Herstellung eines immunstimulierenden Mittels.
3. Verwendung von Verbindungen der Formel (I), wie voranstehend definiert, zur nichttherapeutischen Stimulierung der körpereigenen Abwehr von Geflügel und nicht-humanen Säugetieren.
4. Verwendung von Verbindungen der Formel (I), wie voranstehend definiert, zur Herstellung von Mitteln zur Stimulierung der körpereigenen Abwehr.
II. Die Prüfungsabteilung gründete die Zurückweisung der Anmeldung im wesentlichen darauf, daß die geltenden Ansprüche 1 und 3, die auf die Verwendung von in den jeweiligen Ansprüchen definierten Triazin-Derivaten zur sogenannten nichttherapeutischen Immunstimulierung bzw. Stimulierung der körpereigenen Abwehr gerichtet sind, nicht die Erfordernisse des Artikels 52 (4) EPÜ erfüllen. Nach Auffassung der Prüfungsabteilung stellten diese beanspruchten Verwendungen eine prophylaktische Maßnahme dar, denn die Immunstimulierung bzw. die Stimulierung der körpereigenen Abwehr diene auch zur Vorbeugung von Krankheiten und somit fielen derartige Maßnahmen unter den Begriff der "therapeutischen Behandlung des menschlichen oder tierischen Körpers", welche nach Artikel 52 (4) EPÜ von der Patentierbarkeit ausgeschlossen seien. Insbesondere könne der therapeutisch-pharmakologische Effekt der Wirksubstanz durch linguistische Umformulierungen nicht außer Kraft gesetzt werden. Auch unterscheide Artikel 52 (4) EPÜ nicht zwischen der therapeutischen Behandlung eines menschlichen oder tierischen Körpers, was die Anmelderin durch die Umschreibung "nicht-humane" Säugetiere zum Ausdruck bringen wolle.
Gegen die geltenden Ansprüche 2 und 4, die auf die Verwendung des besagten Triazins zur Herstellung von Mitteln gerichtet ist, bestünden von seiten der Prüfungsabteilung jedoch keine Einwände, da diese Ansprüche im Einklang mit der Entscheidung G 01/83 der Großen Beschwerdekammer (ABl. EPA, 1985, 60) seien.
III. Die Beschwerdeführerin legte gegen diese Entscheidung Beschwerde ein.
IV. In der Beschwerdebegründung und in der mündlichen Verhandlung am 12. August 1991 hat die Beschwerdeführerin sinngemäß folgendes vorgetragen:
Bei den Entscheidungen T 19/86 (ABl. EPA 1989, 25) und T 116/85 (ABl. EPA 1989, 13) habe jeweils bei der Behandlung ein bestimmtes Krankheitsbild im Vordergrund gestanden, nämlich Impfung, d. h. prophylaktische Behandlung gegen eine bestimmte Krankheit sowie Behandlung gegen bestimmte Ektoparasiten. Daher seien diese als therapeutisch eingestuft worden, wohingegen die Immunstimulierung nicht gegen eine bestimmte Krankheit gerichtet sei. Vielmehr stünde im vorliegenden Falle ein rein gewerblicher Gesichtspunkt, nämlich eine Erhöhung der Fleischproduktion im Vordergrund. Auch hätten Beschwerdekammern in Sachen T 36/83 (ABl. EPA, 1986, 295) und T 144/83 (ABl. EPA 1986, 301) Anwendungen, die unter ärztlicher Aufsicht durchgeführt würden, als nicht- therapeutisch angesehen. Ferner sei bisher von Kammern in ähnlichen Grenzfällen, wie T 81/84 (ABl. EPA, 1988, 207), T 290/86 vom 13. November 1990 (wird im ABl. EPA veröffentlicht) und T 582/88 vom 17. Mai 1990 ganz individuell entschieden worden. Bei dieser unklaren Sachlage könnten unmöglich die Folgen der Wahl einer bestimmten Anspruchskategorie vorausgesehen werden. Insbesondere im Hinblick auf die Rechtsbeständigkeit europäischer Patente vor nationalen Gerichten, die sicherlich ebenso individuell entscheiden würden, könne bei einem Verzicht auf entweder die geltenden Ansprüche 1 und 3 oder 2 und 4, der Schutz für die Erfindung verlorengehen. Als Beispiel hierzu seien Entscheidungen eines niederländischen Beschwerdesenates (vgl. ABl. EPA, 1988, 405), eines deutschen Nichtigkeitssenates im Bundespatentgericht sowie des britischen High Court zu nennen, die nicht im Einklang mit der Praxis der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamtes seien. Hieraus lasse sich jedenfalls ein Rechtsschutzinteresse des Anmelders ableiten, die Gefahren eines drohenden Rechtsverlustes zu mindern. Zur gewerblichen Anwendbarkeit hat die Beschwerdeführerin insbesondere noch vorgetragen, daß man jetzt die Coccidioseprophylaxe nicht mehr zum Erfindungsgegenstand rechne und man nur im Sinne des Landwirtes aus Gewinnzwecken eine Erhöhung der Fleischproduktion als gewünschtes Ergebnis sehe.
Im Verlaufe der mündlichen Verhandlung hat die Beschwerdeführerin noch zwei neue Ansprüche in Form eines Hilfsantrages vorgelegt. Diese entsprechen den Ansprüchen 2 und 4 vom 28. Oktober 1988.
V. Die Beschwerdeführerin beantragt die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Erteilung eines Patentes mit den Ansprüchen 1 bis 4 vom 28. Oktober 1988 oder hilfsweise auf der Grundlage der in der mündlichen Verhandlung am 12. August 1991 vorgelegten Ansprüche 1 und 2.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Gegenstand der Beschwerde ist die Frage, ob der Gewährbarkeit der Ansprüche 1 und 3 Artikel 52 (4) EPÜ entgegensteht. Die Ansprüche 2 und 4 wurden von der angegriffenen Entscheidung für gewährbar erachtet. Diese ihr günstige Feststellung greift die Beschwerde nicht an. Die Kammer sieht auch keinen Anlaß, diese Frage von sich aus zu prüfen.
3. Es verbleibt daher zu prüfen, ob die beanspruchte Verwendung von Verbindungen der Formel (I) zur Immunstimulierung bzw. Stimulierung der körpereigenen Abwehr unter den Begriff der therapeutischen Behandlung des menschlichen oder tierischen Körpers im Sinne des Artikels 52 (4) fällt. Zur Beantwortung dieser Frage kann sich die Kammer auf die bisherige Rechtsprechung stützen.
3.1. Die Entscheidung T 36/83, war mit der Frage befaßt, ob eine Verwendung therapeutischen oder nichttherapeutischen Charakter hat, wenn die Wirkungen eines Stoffes oder Stoffgemisches unterschiedlich sind. Im speziellen Fall offenbarte die Beschreibung im Rahmen der komedolytischen Behandlung ausdrücklich zwei sehr verschiedene Eigenschaften einer Verbindung, nämlich ihre bakterizide und ihre hygienische Wirkung, wobei dann festgestellt werden konnte, daß die letztgenannte Wirkung nichttherapeutischer Natur sei, so daß diese Verwendung des Stoffes zu lediglich hygienischen Zwecken nicht unter die Ausschlußregelung falle.
3.2. Analoge Überlegungen finden sich in der Entscheidung T 144/83, in der die Kammer feststellte, daß zwischen der dort in Rede stehenden kosmetischen Behandlung zur Verbesserung der körperlichen Erscheinung und der medizinischen Behandlung zur Heilung von Fettsucht keine klare Grenze gezogen werden könne. Artikel 52 (4) EPÜ sei aber eng auszulegen, damit diese Bestimmung dem Anmelder, der nur für die kosmetische Behandlung Schutz begehrt, kein Nachteil entstehe. Auch in diesem Fall hatte der zur Anwendung kommende chemischen Stoff sowohl einen rein kosmetischen als auch einen therapeutischen Effekt und zeigte somit eindeutig zwei Wirkungen.
3.3. Sind die Eigenschaften eines Erzeugnisses aber nicht unterschiedlich, so wurde ein Anspruch als nicht gewährbar angesehen, da die therapeutische von der nichttherapeutischen Verwendung nicht unterschieden werden kann.
In der Sache T 81/84 ging es um die Linderung von Schmerzen oder Beschwerden und die Wiederherstellung der körperlichen Leistungsfähigkeit. Die Anmeldung bezog sich auf die Behandlung der Dysmenorrhoe, und die Ansprüche waren auf ein Verfahren zur Behandlung von Gebärmutterkrämpfen, ein Verfahren zur Linderung von Menstruationsbeschwerden beim Menschen und ein Stoffgemisch für diesen Verwendungszweck gerichtet. Die Anmelderin war der Ansicht, daß ein Verfahren zur Linderung von Menstruationsbeschwerden beim Menschen keine Behandlung einer Krankheit darstelle. Demgegenüber stellte die Kammer fest, daß es nicht möglich und auch nicht zweckmäßig sei, zwischen einer ursächlichen und einer symptomatischen Therapie zu unterscheiden, d. h. zwischen Heilung und bloßer Linderung. Die Verwendung eines Medikamentes könne immer dann angezeigt sein, wenn der menschliche Körper unter Krankheiten, Schmerzen, Beschwerden oder einer Minderung der Leistungsfähigkeit leide und die Verabreichung des Arzneimittels eine vollständige oder teilweise Heilung oder Linderung oder aber Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit bewirke oder dazu beitrage.
Diese Schlußfolgerung ging von der Überlegung aus, daß die biochemischen Wirkungen und Mechanismen, die die Arzneimittel in Gang setzen, um den Körper wieder in den normalen, leistungsfähigen, schmerzfreien Zustand zu versetzen - unabhängig von den jeweiligen Ursachen - häufig sehr ähnlich oder gar identisch seien.
3.4. Ähnlich gelagert ist die Entscheidung T 116/85, in der festgestellt wird, daß im Rahmen von Artikel 52 (4) EPÜ eine rechtliche Unterscheidung zwischen der Verwendung eines bestimmten Pestizides in einem Verfahren zur Behandlung von Ektoparasiten und dem von Endoparasiten nicht möglich sei. Ein entsprechender Verwendungsanspruch unter Einsatz eines Pestizidgemisches zur Bekämpfung von Ektoparasiten-Befall wurde daher zurückgewiesen. Demgegenüber hatte die Anmelderin vorgetragen, daß Endoparasiten eine Krankheit seien, wohingegen die Behandlung von Ektoparasiten keine medizinische Behandlung darstelle, weil sie in der Regel vom Landwirt routinemäßig durchgeführt würde.
3.5. Auch die Entscheidung T 19/86 geht davon aus, daß die Zuordnung als therapeutisch im Sinne von Artikel 52 (4) EPÜ nicht von der Form oder der Art einer Behandlung abhängig ist. Es war die Frage zu entscheiden, ob die Anwendung eines bekannten Impfstoffes bei einer neuen Gruppe von Schweinen, nämlich seropositiven Schweinen, die noch vom Muttertier her immun sind, eine neue Verwendung des Impfstoffes darstellt. Die Kammer ging von der Annahme aus, daß es sich bei der Anwendung eines Impfstoffes auf seropositive Tiere eher um eine prophylaktische Behandlung als um eine Heilbehandlung handele. Beide Behandlungsformen dienten demselben Zwecke, nämlich der Erhaltung oder Wiederherstellung der Gesundheit und fielen somit unter Artikel 52 (4) EPÜ. Da neben der therapeutischen Eigenschaft des Impfstoffes keine grundsätzlich unterschiedliche Wirkung aufgezeigt wurde, konnten in diesem Falle nur Ansprüche im Rahmen der sogenannten zweiten medizinischen Indikation zugelassen werden.
3.6. In der Sache T 582/88 vom 17. Mai 1990 (zitiert im Jahresbericht 1990 ABl. 1991, Beilage zu Heft 6, Seite 19) enthielten die Ansprüche zwar den Hinweis "nichttherapeutische Behandlung" oder "nichttherapeutische Verwendung", jedoch konnte in diesem Fall zwischen einer rein therapeutischen Eigenschaft des angewandten Mittels (nämlich eines Antibiotikums) und einem meßbaren Erfolg (nämlich der Erhöhung der Milchproduktion eines Wiederkäuers) unterschieden werden. Die Erhöhung der Milchproduktion nach T 582/88 unter Beeinflussung der Pansenfermentation ist aber eindeutig von einem bakteriziden Effekt des dort verwendeten Antibiotikums unterscheidbar, so daß die entscheidende Kammer eine Anwendung von Art. 52 (4) EPÜ nicht in Betracht gezogen hat.
3.7. In der Entscheidung T 290/86 ist nochmals dargelegt, daß bei sich überlagernden, also nicht unterscheidbaren Wirkungen einer Behandlung (nämlich scheinbar rein kosmetische Entfernung des Zahnbelages und Verhinderung periodontaler Erkrankungen), die unvermeidbar mit einer Therapie verknüpft sind, ein zusätzlicher Verwendungsanspruch außerhalb des Rahmens der zweiten medizinischen Indikation ausgeschlossen ist.
4. Aus der zitierten Rechtsprechung ergibt sich, daß eine Patentierung ausgeschlossen ist, wenn das Verfahren eine therapeutische Behandlung darstellt. Hat das Verfahren aber nicht ausschließlich eine therapeutische Wirkung, dann gilt es insoweit gemäß Artikel 52 (4) EPÜ als eine gewerblich anwendbare Erfindung im Sinne des Artikels 52 (1) EPÜ, für das ein Patent erteilt werden kann, wenn die üblichen Patentierungsvoraussetzungen erfüllt sind. Dieser Grundsatz, daß nur solche Verfahren zur therapeutischen Behandlung vom Patentschutz ausgenommen sind, die sich ausschließlich in einem nicht gewerblichen Bereich vollziehen und deshalb nicht gewerblich anwendbar sind, wird auch in der Rechtsprechung nationaler Gerichte vertreten (vgl. z. B. BGH Entscheidung "Hydropyridin", ABl. 1984, 31, 26 unter Punkt 3 d)). Auch die von der Beschwerdeführerin zitierte Entscheidung der Beschwerdeabteilung des niederländischen Patentamtes (Octrooiraad, Afdeling van Beroep vom 30. September 1987, Nr. 16673) besagt in diesem Zusammenhang nichts anderes. Nicht zuletzt auch aus Gründen der Harmonisierung der europäischen und nationalen Rechtsprechung zu inhaltsgleichen Vorschriften hält die Kammer an ihrer bisherigen Rechtsprechung fest.
5. Es ist somit die Frage zu klären, ob die Verbindungen der Formel (I) neben den coccidiociden Wirkungen und der Wirksamkeit gegenüber der Toxoplasmose, also den therapeutischen Effekten auch andere Wirkungen für das Immunsystem von Geflügel und Säugetieren haben, die nicht mit dieser therapeutischen Behandlung in Verbindung stehen.
6. Es ist richtig, daß eine Immunstimulierung nicht immer notwendigerweise mit dem Ziel eingesetzt wird, eine bestimmte Krankheit zu verhüten. Daraus folgt aber nicht, daß eine Immunstimulierung keine therapeutische Behandlung ist, denn sie dient ganz allgemein dazu, künftig mögliche Leiden möglichst zu verhindern oder zu lindern. Damit ist sie als therapeutische Maßnahme zu qualifizieren, denn jede Prophylaxe dient der Erhaltung der Gesundheit und fällt damit unter Artikel 52 (4) EPÜ. Darüber hinaus geht die von der Anmelderin als unspezifisch eingestufte Immunstimulierung oder die Stimulierung der körpereigenen Abwehr durch die Verbindungen der Formel (I) immer gleichzeitig mit einer spezifischen Prophylaxe gegen Coccidiose und Toxoplasmose Infektionen einher. Es liegen der Kammer jedenfalls keine Informationen vor, und die Anmeldungsunterlagen offenbaren auch keine konkrete Lehre, weshalb diese spezifische Prophylaxe nicht eintreten sollte. Auch das zeigt, daß es sich um eine Prophylaxe handelt, die als therapeutische Behandlung zu qualifizieren ist.
7. Die Anmelderin hat geltend gemacht, daß durch die Immunstimulierung die Fleischproduktion erhöht wird. Wenn man das als richtig unterstellt, so führt das hier zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung, denn selbst wenn mehr Fleisch produziert wird, weil weniger Tiere krank werden oder sterben, so bleibt das Verfahren, für das Schutz beansprucht wird, eine therapeutische Behandlung. Die Erhöhung der Fleischproduktion ist lediglich eine Folge der therapeutischen Behandlung. Ein reiner Sekundärerfolg einer erfolgreichen therapeutischen Behandlung nimmt aber dieser nicht den Charakter einer therapeutischen Behandlung im Sinne des Artikels 52 (4) EPÜ (zu dem anders gelagerten Fall T 582/88, vgl. oben Punkt 3.6).
8. Die Anmelderin hat unter Hinweis auf Entscheidungen in den Vertragsstaaten gemeint, daß vom EPA Verwendungsansprüche zur Immunstimulierung zugelassen werden sollten. Der Kammer sind keine Entscheidungen aus den Vertragsstaaten bekannt, die Ansprüche der hier vorliegenden Art für gewährbar halten. Das ergibt sich auch nicht aus den von der Anmelderin zitierten Entscheidungen. Aber selbst wenn es so wäre, so wäre damit die Kammer nicht von ihrer Verpflichtung befreit, Artikel 52 (4) EPÜ auf den vorliegenden Fall anzuwenden.
9. Bei dieser Sachlage ist die Kammer der Auffassung, daß die Verwendung von Verbindungen der Formel (I) zur Immunstimulierung oder Stimulierung der körpereigenen Abwehr nach den Ansprüchen 1 und 3 des Hauptantrages als therapeutische Behandlung oder als therapeutische Anwendung im Sinne des Artikels 52 (4) EPÜ von der Patentierbarkeit ausgeschlossen ist. Diese Bestimmung steht der Gewährbarkeit der Ansprüche 1 und 2 des Hilfsantrages, die den Ansprüchen 2 und 4 des Hauptantrages entsprechen, nicht entgegen, so daß die Sache insoweit an die Prüfungsabteilung zurückzuverweisen war.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Sache wird an die Prüfungsabteilung zurückverwiesen mit der Auflage, ein Patent gemäß Hilfsantrag und einer noch anzupassenden Beschreibung zu erteilen.