T 0039/93 (Polymerpuder) 14-02-1996
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1. Die neue Regel 71a EPÜ darf nicht als Aufforderung zur Einreichung neuer Beweismittel oder sonstiger Unterlagen ausgelegt werden, die vom rechtlichen und faktischen Rahmen der Fragen und Begründungen abweichen, welche im gesamten Verfahren bis zur mündlichen Verhandlung im Beschwerdeverfahren vorgebracht und substantiiert worden sind (Nr. 3.3 der Entscheidungsgründe).
2. Die ursprünglich nach Regel 27 (1) c) EPÜ in der Anmeldung oder dem angefochtenen Patent dargestellte technische Aufgabe, die als "subjektive" technische Aufgabe anzusehen ist, kann erforderlichenfalls auf der Grundlage objektiv relevanter Elemente neu formuliert werden, die vom Anmelder bzw. Patentinhaber ursprünglich nicht berücksichtigt worden waren. Diese Neuformulierung ergibt die Definition der "objektiven" technischen Aufgabe. Letztere stellt die letztlich verbleibende Aufgabe (den technischen Effekt) dar, die dem objektiven Beitrag entspricht, den der in dem entsprechenden Patentanspruch definierte Gegenstand (Merkmale) leistet (Nrn. 5.3.1, 5.3.2, 5.3.3 der Entscheidungsgründe).
3. In allgemein anerkannten Definitionen des Begriffs "Fachmann" werden dessen Eigenschaften zwar nicht immer mit denselben Formulierungen beschrieben, sie haben aber eines gemeinsam: Keine deutet an, daß er über erfinderische Fähigkeiten verfügt. Das Vorhandensein genau solcher Fähigkeiten unterscheidet den Erfinder nämlich vom sogenannten Fachmann (Nr. 7.8.4 der Entscheidungsgründe).
Erfinderische Tätigkeit (bejaht) - Kombination von physikalischen und Zusammensetzungsmerkmalen nicht mit der Lehre des Stands der Technik übereinstimmend
Aufgabe-Lösungs-Ansatz - Neuformulierung der technischen Aufgabe - objektive Aufgabe
Verspätet eingereichte Unterlagen bestätigen die früher eingereichten Beweismittel
Grenzen der Ermittlungspflicht der Beschwerdekammern
Wirkungen der Regel 71a EPÜ geprüft
I. Der Hinweis auf die Erteilung des europäischen Patents Nr. 0 169 674 auf die europäische Patentanmeldung Nr. 85 304 517.7, die am 25. Juni 1985 eingereicht worden war und eine GB-Priorität vom 28. Juni 1984 (GB 8416454) beansprucht hatte, wurde am 9. Mai 1990 veröffentlicht (vgl. Patentblatt 90/19). Der Anspruch 1 lautete wie folgt:
"Verfahren, in dem ein wasserlösliches oder mit Wasser quellbares Polymer mit hohem Molekulargewicht in einer flüssigen Phase dispergiert wird, damit sich eine flüssige Zusammensetzung bildet, die das Polymer in Form von Gelteilchen umfaßt, die durch die flüssige Phase miteinander verbunden sind, und das Polymer verarbeitet wird, solange es als flüssige Zusammensetzung vorliegt, dadurch gekennzeichnet, daß die Gelteilchen während der Verarbeitung eine Größe von mindestens 20 µm aufweisen und die flüssige Phase eine wäßrige Lösung eines Äquilibrierungsmittels ist, das im wesentlichen eine Aggregation der Teilchen oder eine Auflösung des Polymers während der Verarbeitung verhindert, wobei die Konzentration des Äquilibrierungsmittels in der wäßrigen Lösung im Bereich von 10 bis 70 Gewichtsprozent liegt, das Verhältnis (Trockengewicht) von Polymer mit hohem Molekulargewicht zu Äquilibrierungsmittel im Bereich von 1:0,3 bis 1:10 liegt, das (Gewichts-)Verhältnis der wäßrigen Lösung zu den Gelteilchen im Bereich von 0,5:1 bis weniger als 10:1 liegt und das Gelpolymer und das Äquilibrierungsmittel aus den folgenden Kombinationen von Gelpolymer und Äquilibrierungsmittel ausgewählt werden: a) das Gelpolymer ist ein anionisches Polymer und das Äquilibrierungsmittel ein wasserlösliches anionisches Polymer aus ethylenisch ungesättigten Monomeren, Mischungen von wasserlöslichen kationischen Polymeren aus ethylenisch ungesättigten Monomeren mit anorganischen Salzen und Polydiallyldimethylammoniumchlorid; b) das Gelpolymer ist ein kationisches Polymer und das Äquilibrierungsmittel ein wasserlösliches kationisches Polymer aus ethylenisch ungesättigten Monomeren, Polyethylenimin, ein Dimethylamin-Epichlorhydrin-Reaktionsprodukt und Mischungen von wasserlöslichen anionischen Polymeren aus ethylenisch ungesättigten Monomeren mit anorganischen Salzen; c) das Gelpolymer ist ein nichtionisches Polymer und das Äquilibrierungsmittel ein wasserlösliches anionisches Polymer aus ethylenisch ungesättigten Monomeren oder ein wasserlösliches kationisches Polymer aus ethylenisch ungesättigten Monomeren; d) das Gelpolymer ist ein Cellulose- oder Stärkepolymer und das Äquilibrierungsmittel ein wasserlösliches anionisches Polymer aus ethylenisch ungesättigten Monomeren."
Die Ansprüche 2 bis 16 bezogen sich auf Ausführungen des Verfahrens nach Anspruch 1.
II. Am 7. Februar 1991 wurde Einspruch eingelegt mit der Begründung, daß der im angefochtenen Patent beanspruchte Gegenstand nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe (Artikel 100 a) EPÜ) und außerdem über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgehe (Artikel 100 c) EPÜ).
IV. Am 30. Dezember 1992 legte der Beschwerdeführer (Einsprechende) gegen die vorstehend genannte Entscheidung Beschwerde ein und entrichtete die vorgeschriebene Gebühr.
In der am 4. März 1993 eingereichten Beschwerdebegründung und einem am 30. November 1993 eingereichten Schriftsatz argumentierte der Beschwerdeführer im wesentlichen wie folgt:
V. Der Beschwerdegegner (Patentinhaber) brachte in einem am 17. September 1993 eingereichten Schriftsatz im wesentlichen folgendes vor:
VI. Am 15. September 1995 erließ die Beschwerdekammer einen Bescheid mit einer Ladung nach Regel 71 (1) EPÜ zur mündlichen Verhandlung am 14. Februar 1996 und bestimmte nach Regel 71a EPÜ einen Zeitpunkt, bis zu dem weitere Schriftsätze eingereicht werden können, und zwar einen Monat vor der mündlichen Verhandlung. Beide Beteiligten reichten aber mehrere weitere Schriftsätze und Beweismittel ein.
VII. Die mündliche Verhandlung vor der Kammer fand am 14. Februar 1996 statt; darin nahm der Beschwerdeführer noch auf ein weiteres Beweismittel Bezug (D10), das er als graphische Darstellung der Ergebnisse bezeichnete, die mit einem Gerät zur Analyse von Teilchengrößen erzielt worden seien.
VIII. Der Beschwerdeführer beantragte, daß die angefochtene Entscheidung aufgehoben und das Patent widerrufen werde oder hilfsweise das Patent in einer Form aufrechterhalten werde, in der die Gelteilchen in Anspruch 1 durch die Aufnahme bestimmter Merkmale aus der Beschreibung enger definiert würden.
Der Beschwerdegegner beantragte die Aufrechterhaltung des Patents entweder auf der Grundlage der der angefochtenen Entscheidung beigefügten Patentansprüche und Beschreibung, wobei aber die Änderungen, die er auf der am 12. Januar 1996 eingereichten und als Hauptantrag bezeichneten Seite 12 vermerkt habe, berücksichtigt werden sollten, oder aber auf der Grundlage des "Ersten Hilfsantrags", der in der mündlichen Verhandlung vorgelegt wurde.
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Zulässigkeit des Hilfsantrags des Beschwerdeführers
Auf den Hilfsantrag des Beschwerdeführers auf Aufnahme bestimmter Merkmale in die Ansprüche des angefochtenen Patents konnte die Kammer nicht eingehen, weil sich das EPA gemäß Artikel 113 (2) EPÜ bei der Prüfung des Patents und bei den Entscheidungen darüber an die vom Patentinhaber (hier Beschwerdegegner) vorgelegte oder gebilligte Fassung zu halten hat und vom Beschwerdegegner keine entsprechende Vorlage oder Billigung erfolgt ist.
Aus diesem Grund wird der Hilfsantrag des Beschwerdeführers als unzulässig zurückgewiesen.
3. Zulässigkeit der erst vor kurzem eingereichten Beweismittel
Von den Beteiligten gingen nach Erlaß des Bescheids insgesamt sechs gesonderte Schriftstücke mit Anträgen und Beweismitteln ein, von denen vier erst nach dem gemäß Regel 71a EPÜ bestimmten Zeitpunkt eingereicht wurden.
Das vom Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung vorgebrachte Argument, der Erlaß eines solchen Bescheids stelle eine "offene Aufforderung" zur Einreichung weiterer Beweismittel dar, auch wenn dies im Widerspruch zu allen von den Beschwerdekammern in den letzten Jahren entwickelten Rechtsgrundsätzen stehe, und wenn Beweismittel, die nach dem gemäß Regel 71a EPÜ bestimmten Zeitpunkt eingereicht worden sind, "nicht berücksichtigt zu werden brauchen", dann seien aber diejenigen, die davor eingereicht würden, sehr wohl zu berücksichtigen, wurde von der Kammer vorbehaltlich der folgenden Bemerkungen zur Kenntnis genommen.
3.1 Seit dem Erlaß des oben genannten Bescheids ist die Anwendbarkeit der Regel 71a EPÜ in Verfahren vor den Beschwerdekammern in Frage gestellt und die Große Beschwerdekammer damit befaßt worden.
Unter diesen Umständen muß sich die Kammer in der Frage der erst vor kurzem eingereichten Beweismittel nicht so sehr an der Regel 71a EPÜ orientieren, sondern vielmehr an den allgemein anerkannten materiellrechtlichen Kriterien, die in solchen Fällen planmäßig Anwendung gefunden haben und die sich aus den Feststellungen der Großen Beschwerdekammer ergeben, insbesondere aus den Entscheidungen hinsichtlich des Wesens und Zwecks von Beschwerdeverfahren (G 9/91 und G 10/91, ABl. EPA 1993, 408 bzw. 420).
3.1.1 Gemäß diesen Entscheidungen hat die Regel 55 c) EPÜ eine Doppelfunktion, die darin besteht, daß sie zum einen die Zulässigkeit des Einspruchs regelt und zum anderen den rechtlichen und faktischen Rahmen festlegt, innerhalb dessen die materiellrechtliche Prüfung des Einspruchs durchzuführen ist. In beiden Entscheidungen, in denen eine Reihe früherer Entscheidungen verschiedener Beschwerdekammern sowie die Entscheidungen G 7/91 und G 8/91, ABl. EPA 1993, 356 bzw. 346 bestätigt worden sind, wird auch festgestellt, daß es sich bei Beschwerdeverfahren nicht um reine Verwaltungsverfahren, sondern um verwaltungsgerichtliche Verfahren handelt, deren Zweck hauptsächlich darin besteht, darüber zu befinden, ob die Entscheidung der ersten Instanz sachlich richtig war.
Daher muß der rechtliche und faktische Rahmen der Sache im Beschwerdeverfahren derselbe oder im wesentlichen derselbe bleiben wie der, innerhalb dessen die erste Instanz entschieden hat, denn sonst kann nicht beurteilt werden, ob die Entscheidung der ersten Instanz in der Sache zu Recht so ergangen ist. Eine berechtigte Ausnahme von diesem Grundsatz liegt jedoch dann vor, wenn der Patentinhaber mit der Prüfung eines neuen Einspruchsgrunds einverstanden ist (volenti non fit injuria); in diesem Fall sollte die Angelegenheit normalerweise an die Vorinstanz zurückverwiesen werden. Die Große Beschwerdekammer befand außerdem ausdrücklich, daß die Ermittlungspflicht nach Artikel 114 (1) EPÜ im Verfahren vor den Beschwerdekammern, anders als im administrativen erstinstanzlichen Verfahren, stark eingeschränkt ist.
3.1.2 Gemäß der Entscheidung T 1002/92, ABl. EPA 1995, 605 folgt aus beiden Entscheidungen, daß dieselben Grundsätze auch für die Zulässigkeit verspätet vorgebrachter neuer "Tatsachen, Beweismittel und diesbezüglicher Argumente" gelten, da eben diese den faktischen Rahmen des angefochtenen Falls bilden, während der Umfang, in dem gegen das Patent Einspruch eingelegt wird, und die Einspruchsgründe den rechtlichen Rahmen bilden.
Entsprechend gelangte die Entscheidung u. a. zu dem Schluß, daß in Verfahren vor den Beschwerdekammern solche "neuen Tatsachen, Beweismittel und diesbezüglichen Argumente" nur in ausgesprochenen Ausnahmefällen und nur dann zum Verfahren zugelassen werden sollten, wenn die neuen Unterlagen prima facie insofern hochrelevant sind, als sie höchstwahrscheinlich der Aufrechterhaltung des strittigen europäischen Patents entgegenstehen (Nrn. 3.3 und 3.4 der Entscheidungsgründe).
3.2 Der Vollständigkeit halber möchte die Beschwerdekammer, auf die Relevanz der Regel 71a EPÜ für das Beschwerdeverfahren zurückkommend, noch anfügen, daß sie die Rechtsmeinung des Beschwerdeführers nicht zu teilen vermag, wonach die Änderung einer Verfahrensregel (d. h. der alten Regel 71 EPÜ) Vorrang hätte vor den in den vorstehenden Entscheidungen niedergelegten allgemein anerkannten Rechtsgrundsätzen, die sich mit Wesen und Aufgabe des Beschwerdeverfahrens und vor allem Umfang und der Wirkung des Artikels 114 (1) EPÜ im Zusammenhang mit dieser Aufgabe befassen.
Nach Ansicht der Kammer kann also die Wirkung eines Artikels des EPÜ (im vorliegenden Fall Art. 114), dessen richtige Auslegung die Große Beschwerdekammer in einer Entscheidung festgestellt hat, nicht durch eine neu gefaßte Regel der Ausführungsordnung, deren Wirkung in Widerspruch zu dieser Auslegung steht, aufgehoben werden. Nach Artikel 164 (2) EPÜ gehen nämlich im Fall mangelnder Übereinstimmung zwischen den Vorschriften des Übereinkommens (Artikel des EPÜ) und denen der Ausführungsordnung die Vorschriften des Übereinkommens vor.
3.3 Auf alle Fälle sollte ein Bescheid, der den Beteiligten nach der neuen Regel 71a EPÜ zugestellt wird, nicht als Aufforderung zur Einreichung neuer Beweismittel oder sonstiger Unterlagen ausgelegt werden, die vom rechtlichen und faktischen Rahmen der Fragen und Begründungen abweichen, die im Einspruchs- und Beschwerdeverfahren vor der mündlichen Verhandlung im Beschwerdeverfahren vorgebracht und substantiiert worden sind.
3.4 Im vorliegenden Fall nahm der Beschwerdegegner, wie bereits erwähnt, ausdrücklich alle Einwände gegen die Einführung der verspätet eingereichten Beweismittel D6 bis D8 durch den Beschwerdeführer zurück, und letzterer erhob keinerlei Einwände gegen die in Erwiderung auf die verspätet eingereichten Beweismittel erfolgte Einführung des Schriftstücks D9 durch den Beschwerdegegner.
Daher liegt in Anwendung des Grundsatzes "volenti non fit injuria" die von der Großen Beschwerdekammer angesprochene rechtliche Ausnahme vor, weshalb die Kammer das Recht hat, alle verspätet eingereichten Unterlagen zuzulassen, gegen deren Vorlage der Patentinhaber keine Einwände erhoben hat.
3.5 Wichtig ist in diesem Zusammenhang die Tatsache, daß sich alle neuen Beweismittel mit dem befassen, was geschieht, wenn das in D3 offenbarte Verfahren ausgeführt wird, und dabei vor allem mit der Art der sich ggf. bildenden Teilchen. Es trifft daher nicht zu, daß sich mit diesen neuen Beweismitteln der von den Tatsachen, Beweismitteln und Argumenten gebildete Rahmen des von der Kammer zu entscheidenden Falls ändert, da es sich um praktische Erläuterungen handelt, mit denen die implizite Offenbarung dieses Dokuments, das selbst von Anfang an im Verfahren war, konkretisiert wird.
Mit der ausnahmsweisen Zulassung dieser Beweismittel ergibt sich für die Kammer also keine neue oder unterschiedliche Sachlage, so daß keine Notwendigkeit besteht, die Angelegenheit an die erste Instanz zurückzuverweisen.
3.6 In Anbetracht all dieser Erwägungen sind daher alle kürzlich eingereichten Beweismittel lediglich auf ihre Relevanz, d. h. unter dem Aspekt ihres Beweiswerts in bezug auf die anderen bereits im Verfahren befindlichen Unterlagen, und auf die allgemeine Billigkeit im Verfahren zu prüfen.
3.7 Hinsichtlich der der Kammer vorgelegten Beweismittel ist es erwähnenswert, daß sowohl D6 wie auch D7 aus einem anderen, ganz unterschiedlich gelagerten Fall stammen, in dem sie von einem Beteiligten angezogen worden waren (nämlich dem Patentinhaber), der am vorliegenden Fall nicht beteiligt ist, und in dem der jetzige Beschwerdeführer ebenfalls Einsprechender war. D6 ist ein Versuchsbericht u. a. über eine Wiederholung eines Verfahrens, wie es in D3 dargestellt ist, und D7 eine Mikrophotographie eines Erzeugnisses aus einem solchen Verfahren. Die ursprüngliche Mikrophotographie - bei der im vorliegenden Fall eingereichten Entgegenhaltung D7 handelt es sich um eine Fotokopie davon - gehört als Beweismittel zu dem Fall, in dem sie vorgelegt wurde. Diese Kammer hat nun über die vorliegende Beschwerde auf der Grundlage der Beweismittel und Argumente zu entscheiden, die im vorliegenden Fall und nur in diesem angezogen worden sind. Es wäre völlig falsch, wenn sie Unterlagen zur Kenntnis nähme, die nicht tatsächlich zum vorliegenden Fall gehören, da, wie bereits gesagt, ihr Ermittlungsauftrag erheblich durch die Tatsache eingeschränkt ist, daß sie ein verwaltungsgerichtliches und nicht ein administratives Organ ist.
Folglich hatte sich die Kammer bei D7 auf die Prüfung der im derzeitigen Beschwerdeverfahren eingereichten Kopie zu beschränken.
Ungeachtet des vorstehend Gesagten ergänzen D6 bis D9 die Offenbarung von D3, indem sie Einzelheiten und/oder Photographien und/oder Muster der Erzeugnisse liefern, die bei der Durchführung des in D3 beschriebenen Verfahrens hergestellt werden.
Folglich ist ihnen, in Verbindung mit D3, eine größere Beweiskraft zuzusprechen als D3 alleine.
3.8 Da der Beschwerdegegner auf die Beweismittel des Beschwerdeführers (D6 bis D8) hin außerdem einen Gegenbeweis (D9) eingereicht hat, liegt keinerlei Ungleichbehandlung im Verfahren vor, die als mangelnde Fairneß bezeichnet werden könnte.
Angesichts der vorstehenden Überlegungen und in Einklang mit den Anträgen beider Beteiligter hat die Kammer in Ausübung ihres Ermessens beschlossen, nach Artikel 114 (1) EPÜ die in den Schriftstücken D6, D7, D8 und D9 enthaltenen Beweismittel im Verfahren zuzulassen.
3.9 Die Beweismittel bezüglich der Teilchengrößenverteilung, nämlich die mit einem Gerät zur Analyse von Teilchengrößen erzielten graphischen Ergebnisse (D10), die der Beschwerdeführer am Tag der mündlichen Verhandlung einführen wollte, sind dagegen anderer Natur.
3.9.1 Erstens ist das Verhalten des Beteiligten, der solche Beweismittel erst einen Tag vor der mündlichen Verhandlung einreicht, nicht zumutbar, da der andere Beteiligte sie erst in der mündlichen Verhandlung prüfen und dazu Stellung nehmen kann (T 741/91 vom 22. September 1993, unveröffentlicht; Nr. 4.6 der Entscheidungsgründe).
Dies gilt erst recht dann, wenn, wie im vorliegenden Fall, die betreffenden Beweismittel erst am Tag der mündlichen Verhandlung selbst eingereicht worden sind.
3.9.2 Zweitens ist für die Kammer nicht ersichtlich, daß solche Informationen, die sich aus einer Analyse der Teilchengrößenverteilung ergeben könnten, über diejenigen Informationen hinaus relevant wären, die die anderen bereits im Verfahren zugelassenen Dokumente enthalten.
3.9.3 Folglich hat die Kammer beschlossen, das Beweismittel D10 nach Artikel 114 (2) EPÜ vom Verfahren auszuschließen.
4. Zulässigkeit von Änderungen
5. Nächstliegender Stand der Technik; die technische Aufgabe
5.1 Im angefochtenen Patent geht es um einen Verarbeitungsprozeß, in dessen Verlauf ein wasserlösliches oder mit Wasser quellbares Polymer beispielsweise zerkleinert oder in der Fabrik des Herstellers von einem Ort an einen anderen transportiert wird (Seite 2, Zeilen 3 bis 7). Ein besonderes Problem entsteht, wenn die Verarbeitung die Umwandlung eines festen wasserlöslichen Gelpolymers in Teilchen umfaßt, da die Teilchen dazu neigen, beim ersten Kontakt mit Wasser vorübergehend Klumpen zu bilden (Seite 2, Zeilen 18 bis 20 und 35 bis 37).
Um diesen Nachteil zu vermeiden, wird das wasserlösliche oder mit Wasser quellbare Polymer mit hohem Molekulargewicht in einer flüssigen Phase dispergiert, damit sich eine flüssige Zusammensetzung bildet, die das Polymer in Form von Gelteilchen umfaßt, die durch die flüssige Phase miteinander verbunden sind, und verarbeitet, solange es als flüssige Zusammensetzung vorliegt; das Verfahren ist dadurch gekennzeichnet, daß die Gelteilchen während der Verarbeitung eine Größe von mindestens 20 µm aufweisen und die flüssige Phase eine wäßrige Lösung eines Äquilibrierungsmittels ist, das im wesentlichen eine Aggregation der Teilchen oder eine Auflösung des Polymers während der Verarbeitung verhindert (Seite 3, Zeilen 12 bis 17).
Ein solches Verfahren ist allerdings aus D5 bekannt, das als nächstliegender Stand der Technik gilt, da es in diesem Dokument ebenfalls darum geht, daß bei der Auflösung eines wasserlöslichen Polymerpuders in Wasser das Polymer dazu neigt zu quellen und aufgrund der Agglomeration der Teilchen Klumpen zu bilden. Diese Klumpen, die mit einem dünnen gelatinierten Oberflächenfilm überzogen sind, können nur schwer wieder getrennt und aufgelöst werden (Seite 1, Absatz 3).
5.3 Es bestand zwar allgemeines Einvernehmen darüber, daß D5 den nächstliegenden Stand der Technik bildet; über die genaue Definition der technischen Aufgabe, die sich objektiv aus der Offenbarung von D5 ergibt, wurde in der mündlichen Verhandlung aber einige Zeit diskutiert. Insbesondere lehnte der Beschwerdeführer ohne Verweis auf einen Artikel oder eine Regel des EPÜ eine Neuformulierung der technischen Aufgabe ab.
Aus diesem Grund scheint es hier zweckmäßig, die von der Kammer bei der Formulierung einer solchen Aufgabe angewandten Grundsätze zusammenzufassen.
5.3.1 Nach Regel 27 (1) c) EPÜ ist in der Beschreibung einer Anmeldung "die Erfindung, wie sie in den Patentansprüchen gekennzeichnet ist, so darzustellen, daß danach die technische Aufgabe, auch wenn sie nicht ausdrücklich als solche genannt ist, und deren Lösung verstanden werden können; außerdem sind gegebenenfalls vorteilhafte Wirkungen der Erfindung unter Bezugnahme auf den bisherigen Stand der Technik anzugeben". Somit ist davon auszugehen, daß die Dokumente, auf die in der Beschreibung verwiesen wird, das Wissen des Anmelders in bezug auf den einschlägigen Stand der Technik zum Zeitpunkt der Einreichung der Anmeldung widerspiegeln; folglich ist die technische Aufgabe, wie sie zuerst definiert wurde, als "subjektiv" anzusehen.
5.3.2 Es ist zwar wünschenswert, bei der Definition der technischen Aufgabe denselben Ansatz anzuwenden wie der Anmelder (T 246/91 vom 14. September 1993, Nr. 4.4 der Entscheidungsgründe, T 495/91 vom 20. Juli 1993, Nr. 4.2 der Entscheidungsgründe, T 741/91 vom 22. September 1993, Nr. 3.3 der Entscheidungsgründe, alle unveröffentlicht), doch es ist nicht ungewöhnlich, daß sie angesichts der Dokumente, die im Recherchenbericht angeführt und/oder anschließend im Einspruchs-/Beschwerdeverfahren angezogen werden, eventuell neuformuliert werden muß, wenn diese Dokumente einen näherliegenden Stand der Technik darstellen als der ursprünglich in der Anmeldung beschriebene.
Ähnlich muß die technische Aufgabe möglicherweise - vor allem unter Zugrundelegung eines weniger anspruchsvollen Ziels - neuformuliert werden, wenn Versuchsergebnisse darauf hindeuten, daß die Kombination der Merkmale des Patentanspruchs diese Aufgabe nicht im gesamten im Patentanspruch definierten Bereich löst (T 20/81, ABl. EPA 1982, 217).
In beiden Fällen läßt sich mit einer Neuformulierung der ursprünglich gemäß Regel 27 (1) c) EPÜ in der Anmeldung oder dem angefochtenen Patent dargestellten technischen Aufgabe (der "subjektiven" technischen Aufgabe) auf der Grundlage objektiv relevanter Elemente, die vom Anmelder bzw. Patentinhaber ursprünglich nicht berücksichtigt worden waren, die"objektive" technische Aufgabe definieren.
5.3.3 Die somit ermittelte "objektive" technische Aufgabe stellt die letztlich verbleibende Aufgabe (den technischen Effekt) dar, die dem objektiven Beitrag entspricht, den der in dem entsprechenden Patentanspruch definierte Gegenstand (Merkmale) leistet.
5.3.4 Im vorliegenden Fall wurde dem Inhalt von D5 bereits nach Regel 27 (1) c) EPÜ in der Beschreibung des angefochtenen Patents Rechnung getragen (Seite 2, Zeile 65 bis Seite 3, Zeile 4) und daraus die technische Aufgabe abgeleitet: "Keiner dieser Vorschläge erfüllt das gewünschte Ziel, nämlich die Bereitstellung einer wäßrigen Lösung aus einem wasserlöslichen oder mit Wasser quellbaren Polymer, die stabil ist und bei ihrer Verwendung keine unerwünschten Stoffe, insbesondere keine oberflächenaktive Substanzen, in die Umwelt abgibt" (Seite 3, Zeilen 9 bis 11).
Somit gehen im vorliegenden Fall die "subjektive" und die "objektive" technische Aufgabe vom selben (nächstliegenden) Stand der Technik aus und sollten daher im wesentlichen übereinstimmen. Übrigens werden die Teilchen in der "wäßrigen Lösung" nach D5 als von nennenswerter Größe bezeichnet, in der Größenordnung von Hunderten von Mikrometern (s. Nr. 5.2.6).
5.3.5 Der Einwand des Beschwerdeführers, daß der spezielle Verweis auf "oberflächenaktive Substanzen" als unerwünschte Stoffe in der Aufgabenstellung der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung nicht erwähnt wurde, ist irrelevant.
5.3.5.1 Erstens kann aus den in den Nummern 5.3.1 bis 5.3.3 erläuterten Gründen die Beschreibung der objektiven Aufgabe in Anbetracht der herrschenden Umstände geändert werden. Eine solche Neuformulierung der technischen Aufgabe verstößt nicht gegen Artikel 123 (2) EPÜ, wenn die Aufgabe von einem Fachmann aus der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung abgeleitet werden kann (T 13/84, ABl. EPA 1986, 253).
In diesem Zusammenhang ist anzumerken, daß die oberflächenaktiven Substanzen im Hinblick auf ihre umweltverschmutzende Wirkung von allen in der Umwelt unerwünschten Stoffen vielleicht die bekanntesten sind. Die Zulässigkeit dieser Änderung, die vor der Erteilung erfolgte (Nr. 4.1), war aber ohnehin nicht angefochten.
5.3.5.2 Zweitens ist der Verweis auf die oberflächenaktiven Substanzen für die Aufgabenstellung im angefochtenen Patent ohnehin nicht von Belang, da sie darin lediglich als Beispiel für unerwünschte Stoffe erwähnt werden.
5.3.6 Dem weiteren Argument des Beschwerdeführers, daß die Definition der Aufgabe den Ersatz der oberflächenaktiven Substanz hätte umfassen müssen, steht der Einwand desselben Beteiligten gegen den Hinweis auf eine "oberflächenaktive Substanz" in der Beschreibung der Aufgabe im angefochtenen Patent (Nr. 5.3.5 usw.) entgegen. Es ist aber ohnehin unhaltbar, da der Ersatz der oberflächenaktiven Substanz selbst (im Gegensatz zur Vermeidung der von oberflächenaktiven Substanzen verursachten Probleme) ein Aspekt der Lösung ist und nicht die Aufgabe. Der ständigen Rechtsprechung zufolge ist es nach dem Aufgabe-Lösungs-Ansatz nicht gestattet, die technische Aufgabe so zu formulieren, daß sie Lösungsansätze enthält (T 229/85, ABl. EPA 1987, 237).
Zusammengefaßt bedeutet dies, daß der Hinweis auf eine "oberflächenaktive Substanz" in der Beschreibung der Aufgabe im angefochtenen Patent an sich zwar weder zu beanstanden noch ungerechtfertigt ist, aber auch nicht wesentlich oder - als direkter Parameter - notwendigerweise sachdienlich ist für die objektive Definition der technischen Aufgabe.
5.3.7 Angesichts der vorstehenden Überlegungen geht es bei der objektiven technischen Aufgabe, die sich aus der Offenbarung in D5 ergibt, nach Meinung der Kammer um die Definition eines alternativen Verfahrens für die Bereitstellung einer wäßrigen Lösung aus wasserlöslichen oder mit Wasser quellbaren Polymerteilchen von nennenswerter Größe (mindestens 20 µm), die stabil ist und bei ihrer Verwendung keine unerwünschten Stoffe in die Umwelt abgibt.
5.3.8 Die nach Anspruch 1 des angefochtenen Patents vorgeschlagene Lösung besteht darin, die oberflächenaktiven Substanzen in D5 durch eine wäßrige Lösung zu ersetzen, die mehr als 10 Gew.-%, aber weniger als 70 Gew.-% eines Äquilibrierungsmittels enthält, das ein wasserlösliches ionisches Polymer aus ethylenisch ungesättigten Monomeren umfaßt, wobei das Verhältnis (Trockengewicht) von Polymer mit hohem Molekulargewicht zu Äquilibrierungsmittel im Bereich von 1:0,3 bis 1:10 liegt und die Polarität dieser Polymere abhängig vom etwaigen ionischen Charakter und von der Art des zu stabilisierenden Gelpolymers mit hohem Molekulargewicht ausgewählt wird: a) Ist das Gelpolymer ein anionisches Polymer, dann ist das Äquilibrierungsmittel ein anionisches Polymer, eine Mischung aus einem kationischen Polymer und anorganischem Salz oder Polydiallyldimethylammoniumchlorid; b) ist das Gelpolymer ein kationisches Polymer, dann ist das Äquilibrierungsmittel ein kationisches Polymer, Polyethylenimin, Polydimethylamin-Epichlorhydrin oder eine Mischung aus einem anionischen Polymer und anorganischem Salz; c) ist das Gelpolymer ein nichtionisches Polymer, dann ist das Äquilibrierungsmittel ein anionisches oder kationisches Polymer; d) ist das Gelpolymer ein Cellulose- oder Stärkepolymer, dann ist das Äquilibrierungsmittel ein anionisches Polymer.
5.3.9 Aus der großen Zahl von Beispielen und Vergleichen im angefochtenen Patent wird offensichtlich, daß stabile Dispersionen mit nennenswerter Teilchengröße (in der Größenordnung von 1 000 µm) mit den beanspruchten Mitteln hergestellt und verarbeitet werden können. Außerdem wurde keines dieser Ergebnisse vom Beschwerdeführer angefochten.
5.3.10 Das Argument des Beschwerdeführers, daß mit der vorgeschlagenen Lösung lediglich ein in der Umwelt unerwünschter Stoff (die oberflächenaktive Substanz) durch einen anderen (das wasserlösliche Polymer aus ethylenisch ungesättigten Monomeren) ersetzt wird, ist nur eine ungestützte Behauptung, da kein Beweismittel aufgezeigt hat, daß das Vorhandensein eines wasserlöslichen Polymers mit niedrigem Molekulargewicht notwendigerweise unerwünscht ist. Ganz im Gegenteil können solche "bimodalen" Zusammensetzungen, wie einem vom Beschwerdegegner in der mündlichen Verhandlung vorgelegten und von niemandem angefochtenen Schriftstück zu entnehmen ist, äußerst wertvolle Gebrauchseigenschaften besitzen. Ohnehin verschmutzen solche Polymere nicht auf dieselbe Weise wie oberflächenaktive Substanzen, wie sie in D5 genannt sind, wenn sie in die Umwelt abgegeben werden.
Folglich geht die Kammer davon aus, daß die beanspruchten Mittel eine wirksame Lösung für die genannte Aufgabe bieten.
6. Neuheit
Es wurde nicht behauptet, daß es dem beanspruchten Gegenstand an Neuheit mangle. Auch die Kammer sieht keinen Grund für einen hiervon abweichenden Standpunkt.
Die Kammer hält den beanspruchten Gegenstand also für neu.
7. Erfinderische Tätigkeit
Zur Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit gilt es festzustellen, ob der Fachmann ausgehend von D5 erwartet hätte, daß eine stabile, verarbeitbare (z. B. zerkleinerbare) wäßrige Lösung aus Gelpolymerteilchen mit hohem Molekulargewicht und von nennenswerter Größe (mindestens 20 µm) erzielt werden kann, indem man die oberflächenaktiven Substanzen aus D5 durch ionische Polymere aus ethylenisch ungesättigten Monomeren, die ggf. mit anorganischen Salzen vermischt sind, in den speziellen unter Nr. 5.3.8 angegebenen Mengen und Verhältnissen ersetzt.
7.8 Ein wesentlicher Punkt in der Argumentation des Beschwerdeführers lautete allerdings, daß das Naheliegen der beanspruchten Äquilibrierungsmittel daraus abgeleitet werden könne, daß in der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung die oberflächenaktiven Substanzen und die Äquilibrierungsmittel, die die Lösung der genannten Aufgabe bilden, als "vollständig äquivalent" bezeichnet wurden (Nr. IV e)). Der Erfinder sei auch ein Fachmann, und wenn es klar sei, daß die Äquilibrierungsmittel für die Zwecke der Stabilisierung von Gelpolymerdispersionen einfache Alternativen zu oberflächenaktiven Substanzen seien, dann sei es auch für den Fachmann am Prioritätstag klar gewesen, einen solchen Austausch vorzunehmen.
7.8.4 Das Argument schließlich, daß das, was für den Erfinder naheliegend gewesen sei, auch für den Fachmann naheliegend gewesen sein müsse, weil der Erfinder normalerweise auch ein Fachmann sei, beruht auf einer grundlegenden Verquickung der Begriffe "Erfinder" und "Fachmann".
Es gibt eine Reihe allgemein anerkannter Definitionen des Begriffs "Fachmann" im europäischen Patentrecht, beispielsweise in Schulte, "Patentgesetz mit EPÜ" (5. Auflage, Carl Heymanns Verlag, 1994, Seite 116, Absatz 4.10), wonach Fachmann der auf dem einschlägigen Fachgebiet tätige Sachverständige ist, der über durchschnittliches Wissen und Können verfügt, also nicht ein überragender, hervorragender oder gewiefter Fachmann, und in den EPA-Richtlinien (C-IV, 9.6), wonach zu unterstellen ist, daß es sich um einen "Mann der Praxis" handelt.
In solchen allgemein anerkannten Definitionen des Begriffs "Fachmann" werden dessen Eigenschaften zwar nicht immer mit denselben Formulierungen beschrieben, sie haben aber eines gemeinsam: Keine deutet an, daß er über erfinderische Fähigkeiten verfügt. Ganz im Gegenteil ist es eben das Vorhandensein solcher Fähigkeiten, das den Erfinder vom sogenannten Fachmann unterscheidet.
Dies muß auch so sein, denn Erfindungen, wie überraschend oder erfinderisch sie auch sein mögen, waren, als sie gemacht wurden, sehr wahrscheinlich für eine Person naheliegend, nämlich für den Erfinder. Wenn man also die Fähigkeiten eines solchen Erfinders als Maßstab benutzen würde, dann würden wohl die meisten, wenn nicht gar alle technischen Entwicklungen, nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ beruhen.
Aus diesem Grund kommt es bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit nicht darauf an, ob der beanspruchte Gegenstand für eine erfinderisch tätige Person, ganz zu schweigen vom Erfinder, naheliegend gewesen wäre, sondern vielmehr darauf, ob er für eine fachkundige, aber nicht erfinderisch tätige Person, nämlich den sogenannten "Fachmann", naheliegend gewesen wäre.
7.10 Zusammengefaßt ist festzustellen, daß die Lösung der technischen Aufgabe im vorliegenden Fall für den Fachmann angesichts des Stands der Technik nicht naheliegend war. Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruht somit auf einer erfinderischen Tätigkeit. ...
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die Entscheidung der Einspruchsabteilung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die Einspruchsabteilung mit der Anordnung zurückverwiesen, das Patent mit den der angefochtenen Entscheidung beigefügten Ansprüchen und der entsprechenden Beschreibung aufrechtzuerhalten, wobei aber die Änderungen, die auf der am 12. Januar 1996 eingereichten und als "Hauptantrag" bezeichneten Seite 12 aufgeführt sind, zu berücksichtigen sind und ggf. die Beschreibung anzupassen ist.