J 0003/81 (Berichtigung von Unrichtigkeiten) 07-12-1981
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1. Ist bei der Benennung von Staaten in einer europäischen Patentanmeldung ein Versehen unterlaufen, so ist ein Antrag auf Berichtigung dieses Versehens durch Benennung eines weiteren Staates im Interesse der Öffentlichkeit im allgemeinen zurückzuweisen, wenn dieser Antrag nicht so rechtzeitig gestellt wird, daß der Anmeldung in der veröffentlichten Form ein Hinweis für Dritte auf die Stellung dieses Antrags beigefügt werden kann.
2. Gilt eine nach dem PCT eingereichte internationale Anmeldung als europäische Patentanmeldung, so findet diese Grundregel entsprechende Anwendung, obgleich die Veröffentlichung der internationalen Anmeldung durch das Internationale Büro zwangsläufig bereits erfolgt ist, bevor der Anmelder beim EPA einen Antrag auf Berichtigung etwaiger Unrichtigkeiten in der Anmeldung stellen kann.
3. Verfügt eine Person beim EPA über ein Guthaben, so gilt eine von dieser Person zu entrichtende Wiedereinsetzungsgebühr erst dann als entrichtet, wenn das EPA einen Abbuchungsauftrag über die betreffende Summe zur Entrichtung dieser Gebühr erhalten hat.
Internationale Anmeldung - Berichtigung der Angabe der Bestimmungsstaaten
Berichtigung von Unrichtigkeiten
Berücksichtigung des öffentlichen Interesses
Wiedereinsetzung
Abbuchungsauftrag - Entrichtung der Gebühr
Abbuchungsauftrag - Laufendes Konto
Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerdeführerin wies mit Schreiben vom 18. Oktober 1979 einen Patentanwalt in den Vereinigten Staaten an, eine internationale Anmeldung nach dem PCT einzureichen und darin die Sowjetunion, Japan, Dänemark und "alle dem Europäischen Patentübereinkommen angehörenden Staaten" zu bestimmen.
II. Der Patentanwalt, der noch keine Erfahrung mit der Einreichung internationaler Anmeldungen nach dem PCT besaß, erkundigte sich am 26. Oktober 1979 telefonisch beim Patent- und Markenamt der Vereinigten Staaten nach der Bestimmung von Staaten und hielt in einer als Beweismittel vorliegenden Notiz fest, ihm sei die Auskunft erteilt worden, daß es zur Erlangung eines regionalen Schutzes in allen Mitgliedsländern genüge, einen einzigen Staat mit dem Vermerk "regionales Patent" zu bestimmen. Artikel 4(1)(ii) PCT und Regel 4.1(b)(iv) PCT waren ihm damals anscheinend nicht bekannt. Ausgehend von seinem Verständnis der ihm erteilten Auskunft gab der Patentanwalt daher in der internationalen Anmeldung der Beschwerdeführerin, die am 16. November 1979 in den USA eingereicht wurde, die Bestimmung "Vereinigtes Königreich - regionales Patent" an und meinte, damit alle in Betracht kommenden Vertragsstaaten des EPÜ bestimmt zu haben. In der Anmeldung wurde die Priorität einer am 27. November 1978 in der Vereinigten Staaten eingereichten Patentanmeldung beansprucht.
III. Am 3. Januar 1980 teilte das Internationale Büro der WIPO dem EPA den Eingang des Aktenexemplars der internationalen Anmeldung mit (Form PCT/IB/302). Mit diesem Formblatt wurde dem EPA mitgeteilt, daß ausschließlich für das Vereinigte Königreich um ein regionales Patent nachgesucht werde und daß das EPA für diese Anmeldung Bestimmungsamt sei. Gleichzeitig übersandte das Internationale Büro dem Patentanwalt eine Mitteilung (Form PCT/IB/301), aus der nach Aussage des Internationalen Büros (Schreiben vom 28. Juli 1980) eindeutig hervorging, daß nur das Vereinigte Königreich als Bestimmungsstaat für ein regionales (europäisches) Patent bezeichnet worden war.
IV. Am 29. Mai 1980 wurde die internationale Anmeldung vom Internationalen Büro veröffentlicht, wobei die Bestimmung "Vereinigtes Königreich -regionales Patent" in "GB (europäisches Patent)" geändert wurde.
V. Am 25. Juni 1980 las der Patentanwalt die PCT Gazette Nr. 12/1980 (vom 29. Mai 1980), die Angaben über die internationale Anmeldung der Beschwerdeführerin enthielt. Dabei fiel ihm auf, daß in anderen internationalen Anmeldungen alle Staaten, für die ein europäisches Patent gewünscht wurde, einzeln benannt wurden. In diesem Augenblick stellte er erstmals fest, daß er einen Fehler begangen hatte; er beauftragte daraufhin unverzüglich den europäischen zugelassenen Vertreter der Beschwerdeführerin in England, während der regionalen Phase der internationalen Anmeldung für die Beschwerdeführerin tätig zu werden und sich insbesondere um eine Berichtigung des Fehlers zu bemühen, daß nur ein Vertragsstaat für das europäische Patent benannt worden war.
VI. Der europäische zugelassene Vertreter in England setzte das EPA am 26. Juni 1980 telefonisch von diesem Fehler in Kenntnis und erteilte ihm am 7. Juli 1980 fernschriftlich (mit Schreiben vom 10. Juli 1980 bestätigt) einen Auftrag zur Abbuchung des Betrags von 10 Benennungsgebühren (später auf 8 verringert).
VII. Am 22. Juli 1980 schrieb der europäische zugelassene Vertreter der Beschwerdeführerin an das EPA und beantragte, die Bestimmung "GB (europäisches Patent)" nach Regel 88 EPÜ durch Hinzufügung von 7 weiteren EPÜ-Vertragsstaaten zu berichtigen oder hilfsweise die Anmelderin nach Artikel 122 EPÜ wieder in den vorigen Stand einzusetzen.
VIII. Mit Schreiben vom 10. Oktober 1980 reichte der europäische zugelassene Vertreter der Beschwerdeführerin eidesstattliche Erklärungen der Beschwerdeführerin, eines die Geschäfte und Rechtsangelegenheiten der Beschwerdeführerin besorgenden US-amerikanischen Anwalts und des US-amerikanischen Patentanwalts der Beschwerdeführerin zum Sachverhalt ein. Eine weitere eidesstattliche Erklärung des US-amerikanischen Patentanwalts wurde am 3. Juni 1981 eingereicht.
IX. Mit Entscheidung vom 12. November 1980 wies die Eingangsstelle des EPA beide Anträge ab. Der Antrag auf Berichtigung wurde abgewiesen, weil (a) der Irrtum nur die rechtlichen Folgen des gewählten Verfahrensschritts betreffe und (b) der Antrag in einer sehr späten Verfahrensphase nach Veröffentlichung der internationalen Anmeldung gestellt worden sei, so daß eine Entscheidung im Sinne dieses Antrags zu Rechtsunsicherheit und zum Verlust des im EPÜ vorgesehenen Weiterbenutzungsrechts Dritter führen würde. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wurde mit der Begründung abgelehnt, daß es sich nicht um ein Fristversäumnis der Beschwerdeführerin handele.
X. Mit Fernschreiben von 31. Dezember 1980 (mit Schreiben vom 7. Januar 1981 bestätigt) wurde Beschwerde eingelegt, und die Beschwerdegebühr wurde vorschriftsmäßig entrichtet. Am 11. März 1981 wurde eine Beschwerdebegründung eingereicht. Darin wurde geltend gemacht, daß die Unrichtigkeit in Übereinstimmung mit den Entscheidungen der Juristischen Beschwerdekammer in den Rechtssachen J08/80 (Amtsblatt EPA 1980, 293) und J04/80 (Amtsblatt EPA 1980, 351) gemäß Regel 88 EPÜ berichtigt werden könne. Zur Frage des Interesses der Öffentlichkeit führte die Beschwerdeführerin aus, daß der Antrag auf Berichtigung entgegen der Auffassung der Eingangsstelle nicht in einem sehr fortgeschrittenen Verfahrensstadium gestellt worden sei. Regel 88 EPÜ sehe keine Fristen vor, und Dritte wären bei Akteneinsicht auf die Möglichkeit einer Änderung der Benennungen aufmerksam geworden. In der Frage der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei die Eingangsstelle inkonsequent gewesen: Einerseits behaupte sie, daß es sich nicht um ein Fristversäumnis handle, und andererseits erkläre sie, daß die Beschwerdeführerin versuche, die Frist für die Bestimmung von Staaten auszudehnen. Weiterbenutzungsrechte Dritter könnten durch Anwendung des Artikels 122(6) EPÜ geschützt werden. Die Beschwerdeführerin beantragte eine mündliche Verhandlung.
XI. Die Juristische Beschwerdekammer bestätigte am 13. Mai 1981 fernschriftlich den von der Beschwerdeführerin vorgeschlagenen Verhandlungstermin 11. Juni 1981 und machte auf zwei ihr besonders wichtig erscheinende Fragen aufmerksam: a) dies sei der erste Fall, bei dem um Berichtigung eines Rechtsirrtums - Auslegung eines Vertrags -nachgesucht werde, und es könnte die Anwendung des Grundsatzes angezeigt sein, daß bei jedermann die Kenntnis der Gesetze vorausgesetzt werden müsse; b) es sei nicht klar, ob bei einem Rechtsverlust in der internationalen Phase eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach dem PCT zulässig sei, und es lasse sich schwerlich behaupten, daß eine "Frist" vorliege, wenn Staaten zum Anmeldezeitpunkt bestimmt werden müßten.
XII. In der mündlichen Verhandlung am 11. Juni 1981 machte der europäische zugelassene Vertreter der Beschwerdeführerin geltend, daß das schriftliche Vorbringen der Beschwerdeführerin zur Frage der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zutreffe. Was den Antrag auf Berichtigung anbelange, so gehe aus den nicht angezweifelten Beweismitteln hervor, daß die Beschwerdeführerin eindeutig Weisungen gegeben habe, alle Vertragsstaaten des EPÜ zu bestimmen, und daß ihr US-amerikanischer Patentanwalt diese Weisungen auch in diesem Sinne verstanden und sich um ihre Ausführung bemüht habe. Das Verfahren sei jedoch für ihn ungewohnt und kompliziert gewesen. Entweder habe er die Auskunft des Patent- und Markenamts der Vereinigten Staaten falsch verstanden, oder es sei ihm eine falsche Auskunft erteilt worden. Sobald die Unrichtigkeit bemerkt worden sei, seien Schritte zu ihrer Berichtigung unternommen worden. Es handle sich bei dieser Unrichtigkeit um eine Auslassung, und die Anmeldung bringe nicht zum Ausdruck, was die Anmelderin wirklich gewollt habe. Die Anmeldung könne daher in Übereinstimmung mit der Entscheidung in der Rechtssache J08/80 berichtigt werden. Die ursprüngliche Bestimmung "Vereinigtes Königreich -regionales Patent" sei ersichtlich zweideutig; niemand erwarte, daß in einer PCT-Anmeldung nur für einen einzigen Vertragsstaat ein europäisches Patent beantragt werde. Die Beschwerdeführerin habe sich in vorbildlicher Weise unverzüglich um Berichtigung bemüht und den Sachverhalt erschöpfend dargelegt. Der Grundsatz, daß bei jedermann die Kenntnis der Gesetze vorausgesetzt werden müsse, sollte bei Verfahrensirrtümern keine Anwendung finden: Vor englischen Zivilgerichten jedenfalls werde er bei Verfahrensirrtümern nicht angewandt. In der Rechtssache J06/79 (Amtsblatt EPA 1980, 225) habe die Juristische Beschwerdekammer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt, als ein Anmelder für eine internationale Anmeldung infolge unrichtiger Auskunft des EPA eine Frist versäumt habe. Der vorliegende Fall sei vergleichbar.
XIII. Kurz vor der mündlichen Verhandlung erfuhr die Juristische Beschwerdekammer, daß es keinen Beleg für die Entrichtung der Wiedereinsetzungsgebühr in Höhe von DM 100,- gebe. Die Kammer war unter der vorläufigen Annahme, daß die Gebühr entrichtet worden war, mit einer Erörterung der Frage der Wiedereinsetzung in der mündlichen Verhandlung einverstanden. Der europäische zugelassene Vertreter der Beschwerdeführerin räumte jedoch in einem Schreiben vom 3. Juli 1981 an das EPA ein, daß er bisher noch keinen Auftrag zur Abbuchung der Gebühr vom Guthaben der Beschwerdeführerin erteilt habe, und ersuchte darum, diese Abbuchung rückwirkend vorzunehmen.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde entspricht den Artikeln 106-108 und Regel 64 EPÜ; sie ist daher zulässig.
2. Nach Artikel 122(3) EPÜ gilt ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand erst dann als gestellt, wenn die Wiedereinsetzungsgebühr entrichtet worden ist. Ferner sieht Artikel 122(2) vor, daß der Antrag innerhalb von zwei Monaten nach Wegfall des Hindernisses einzureichen und nur innerhalb eines Jahres nach Ablauf der versäumten Frist zulässig ist. Wenn der Anmelder beim EPA ein Guthaben hat, ist es nach Ansicht der Kammer zulässig, einen Auftrag zur Abbuchung des betreffenden Betrags zwecks Entrichtung der Wiedereinsetzungsgebühr zu erteilen, doch widerspräche es eindeutig Artikel 122(2) und (3) EPÜ, die Rückwirkung einer solchen Weisung zuzulassen. Im vorliegenden Fall wurde erst im Juli 1981 ein Abbuchungsauftrag erteilt, obwohl ein etwaiges Fristversäumnis bereits im Juni 1980 oder früher eingetreten war. Hieraus folgt, daß ein gültiger Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei der Eingangsstelle oder bei der Juristischen Beschwerdekammer nicht gestellt worden ist. Eine weitere Erörterung dieser Frage erübrigt sich daher.
3. Die Frage der Berichtigung einer Unrichtigkeit bei der Bestimmung von Staaten nach Regel 88 EPÜ ist von der Juristischen Beschwerdekammer bereits in drei Fällen, J 08/80, J 04/80 und J 12/80, geprüft worden. An der Rechtssache J 12/80 (Amtsblatt EPA 1981, 143) hatte sich die Kammer mit dem Problem zu befassen, daß die europäische Patentanmeldung in unberichtigter Form veröffentlicht worden war, während die Beschwerde anhängig war. Die Kammer prüfte die durch diese Veröffentlichung aufgeworfene Frage des öffentlichen Interesses, da nicht auszuschließen war, daß ein Dritter nach der Veröffentlichung der Anmeldung, aber noch vor der Entscheidung der Kammer die Benutzung der Erfindung in dem Staat aufgenommen hatte, den die Beschwerdeführerin versehentlich nicht benannt hatte. Die Kammer vertrat die Ansicht, daß es ungerecht wäre, der Beschwerdeführerin die Berichtigung der Unrichtigkeit, auf die sie grundsätzlich Anspruch habe, aus Gründen des öffentlichen Interesses zu versagen, da die Beschwerdeführerin keine Kontrolle über die Veröffentlichung hatte.
4. Der vorliegende Fall ist jedoch der erste, in dem der Berichtigungsantrag erst nach der Veröffentlichung gestellt wurde. Die Eingangsstelle vertrat die Auffassung, daß dies ein triftiger Grund sei, um die Berichtigung des Versehens zu versagen. Die Juristische Beschwerdekammer stimmt mit der Eingangsstelle hierin überein. Die Beschwerdeführerin hat zutreffend geltend gemacht, daß Regel 88 EPÜ keine Fristen enthalte, doch muß diese Regel 88 im Zusammenhang mit dem europäischen Patentsystem als Ganzes gesehen werden. Zahlreiche Bestimmungen des Übereinkommens sehen Fristen vor, und es ist klar, daß sie im Interesse der Öffentlichkeit vorgeschrieben sind. In einigen Fällen ist das Fristversäumnis nicht einmal heilbar.
5. Die Möglichkeit inhärenter Fristen für Berichtigungsanträge wurde in der Rechtssache J 08/80 angesprochen und ist im vorliegenden Fall von entscheidender Bedeutung. Eine Berichtigung unvollständiger Benennungen nach der Veröffentlichung der Anmeldung ist höchst unzweckmäßig, da sich die Öffentlichkeit auf die Veröffentlichung selbst verlassen können sollte. In der Rechtssache J 12/80 gestattete die Kammer die Berichtigung einer Benennung nach der Veröffentlichung der Anmeldung, weil die Beschwerdeführerin die Berichtigung rechtzeitig vor der Veröffentlichung beantragt und das EPA selbst den Fehler begangen hatte, die Anmeldung während der Anhängigkeit der Rechtssache zu veröffentlichen, ohne die Öffentlichkeit darauf hinzuweisen, daß die Berichtigung einer Unrichtigkeit bei der Benennung der Staaten beantragt worden war. In den Rechtssachen J 08/80 und J 04/80 erfolgte die Veröffentlichung ebenfalls während der Anhängigkeit der Beschwerden, doch wurde die Kammer in diesen beiden Fällen mit dieser Frage nicht befaßt.
6. Das Argument der Beschwerdeführerin, daß das Vorliegen eines Antrags auf Berichtigung eines Fehlers bei der Benennung bei der Akteneinsicht festgestellt werden kann, überzeugt die Kammer nicht. Man kann nicht erwarten, daß Interessenten aus aller Welt sich laufend um Akteneinsicht bemühen für den Fall, daß Benennungen vergessen worden sind. Nach Ansicht der Kammer ist ein Antrag, eine Unrichtigkeit bei der Benennung von Staaten in einer europäischen Patentanmeldung durch Hinzufügung der Benennung eines weiteren Staats zu berichtigen, in der Regel im öffentlichen Interesse abzuweisen, es sei denn, der Antrag wird so frühzeitig gestellt, daß der Anmeldung in der veröffentlichten Form ein entsprechender Hinweis für Dritte beigefügt werden kann.
7. Der vorliegende Fall betrifft eine internationale Anmeldung, die gemäß Artikel 150 EPÜ als europäische Patentanmeldung behandelt wird. Eine solche Anmeldung wird im Sprachgebrauch -wenn auch nicht amtlich - als "Euro-PCT-Anmeldung" bezeichnet.
8. Nach Artikel 26 PCT hat der Anmelder einer Euro-PCT-Anmeldung die Möglichkeit, seine Anmeldung in dem Umfang und nach dem Verfahren zu berichtigen, wie dies im EPÜ für Anmelder europäischer Patentanmeldungen vorgesehen ist. In Artikel 26 PCT ist von der Zurückweisung einer Anmeldung die Rede. Nach Ansicht der Kammer fällt die Zurückweisung der Bestimmung eines Staates in den Anwendungsbereich dieses Artikels.
9. Es stellt sich die Frage, ob die unter Nummer 6 erwähnte Grundregel auch auf Euro-PCT-Anmeldungen anzuwenden ist. Alle Euro-PCT-Anmeldungen werden vom Internationalen Büro vor dem Zeitpunkt veröffentlicht, zu dem die Anmelder beim EPA Anträge auf Berichtigung einer Unrichtigkeit in den Anmeldungen nach Regel 88 EPÜ stellen können. Nach Ansicht der Kammer muß die Grundregel im Interesse der Öffentlichkeit auch hier Anwendung finden, da der Anmelder einer Euro-PCT-Anmeldung aus Artikel 26 PCT keine weitergehenden Rechte herleiten kann als der Anmelder einer europäischen Patentanmeldung aus dem EPÜ. Der Anmelder kann das Internationale Büro ersuchen, dafür Sorge zu tragen, daß bei der Veröffentlichung der Anmeldung auf die von ihm angegebene Unrichtigkeit und die gewünschte Berichtigung aufmerksam gemacht wird. In einem solchen Fall gäbe es keine übergeordneten Gesichtspunkte des Interesses der Öffentlichkeit, die gegen einen Antrag auf Berichtigung nach Regel 88 EPÜ sprächen.
10. Im vorliegenden Fall wurde jedoch ein Antrag auf Berichtigung erst nach der Veröffentlichung gestellt, also als es bereits zu spät war. Für die Beschwerdeführerin ist es ungünstig, daß die Unrichtigkeit nicht im Januar 1980 bemerkt wurde, als ihrem Patentanwalt in den Vereinigten Staaten nach dem üblichen PCT-Verfahren das Formblatt PCT/IB/301 zugestellt wurde, aus dem eindeutig hervorging, daß nur das Vereinigte Königreich für ein regionales (europäisches) Patent benannt worden war. Wären zu diesem Zeitpunkt geeignete Maßnahmen ergriffen worden, so wäre es vielleicht möglich gewesen, den Antrag der Beschwerdeführerin nach Regel 88 EPÜ in Betracht zu ziehen.
11. Hieraus folgt, daß die Frage, ob die Berichtigung einer auf einen Rechtsirrtum zurückzuführenden Unrichtigkeit bei der Benennung von Staaten zugelassen werden soll, im vorliegenden Fall nicht entschieden werden muß.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird wie folgt entschieden:
Die Beschwerde gegen die Entscheidung der Eingangsstelle des Europäischen Patentamts vom 12. November 1980 wird zurückgewiesen.